Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.12.2019

Auftakt einer neuen Krimi-Reihe

Unter Wölfen
0

„Wenn die Guten nicht kämpfen, siegen die Schlechten“ - dieser Satz zieht sich durch das Buch.

Dieser Krimi ist in Nürnberg des Jahres 1942 angesiedelt. Nach der Niederlage in Stalingrad sind die Nazis ...

„Wenn die Guten nicht kämpfen, siegen die Schlechten“ - dieser Satz zieht sich durch das Buch.

Dieser Krimi ist in Nürnberg des Jahres 1942 angesiedelt. Nach der Niederlage in Stalingrad sind die Nazis entschlossener denn je, alle jene zu töten, die ihnen nicht in ihre Weltanschauung passen, allen voran natürlich die jüdische Bevölkerung.
Isaak Rubinstein, ehemals Antiquar, erhält gemeinsam mit seiner Familie den sogenannten „Evakuierungsbescheid“ wie die Nazis, das Dokument zum Abtransport in ein Vernichtungslager euphemistisch nennen. Um seine Angehörigen zu retten, wendet er sich an seine ehemalige Verlobte Clara, die dem Hörensagen nach, der geheimen Widerstandsgruppe „Fränkische Freiheit“ angehört. Clara verspricht zu helfen. Dafür muss Isaak allerdings in die Rolle des Kriminalbeamten Adolf Weissmann schlüpfen, der den Mord an Lotte Lahner, einer bekannten Schauspielerin, die eben in Nürnberg getötet worden ist, aufklären.

Meine Meinung:

Wie wir es aus den Krimis von Alex Beer rund um August Emmerich gewöhnt sind, ist auch dieser Krimi atmosphärisch dicht und fesselnd. Vor allem die Angst der Bevölkerung vor Denunziation ist deutlich greifbar. Man kann niemandem trauen, die Gefahr von Nachbarn, Blockwarten, Freunden oder Mitgliedern der eigenen Familie bespitzelt und verraten zu werden, ist authentisch dargestellt.

Nicht ganz so realistisch erscheint mir die Köpenickiade, die uns hier präsentiert wird. Dafür ist die Gestapo zu gut organisiert, als dass hier dieser Rollentausch unentdeckt bliebe. Vorallem der Boxkampf erscheint ziemlich unrealistisch. Wie sollte ein gänzlich untrainierter gegen einen Sportler reüssieren?
Dass Rubinstein die Gefangenen durch gefälschte Papier bzw. martialisches Auftreten aus dem Gefängnis herausbekommt, kann ich durchaus nachvollziehen. Hier ist die strenge Hierarchie („Ober sticht unter“) durchaus hilfreich.

Mehr als einmal wird Rubinstein beinahe enttarnt. Denn immerhin gibt es Leute, die den echten Weissmann kennen. Der taucht dann auch noch auf, was mir persönlich einen Hauch zu viel der Dramaturgie des Zufalls war.

Fazit:

Die Autorin hat gewissenhaft recherchiert wie das Nachwort beweist. Einen Stern muss ich allerdings für die nicht ganz glaubwürdige Metamorphose des feinsinnigen Antiquars in einen bösartigen Nazi und gleichzeitig ein, wenn auch anfangs unbewusstes Mitglied einer Widerstandsbewegung, abziehen. Mit Spannung erwarte ich den zweiten Teil und die weitere Entwicklung von Isaak Rubinstein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.12.2019

Ein Fußball-Krimi

Letzter Elfmeter
0

Michael Koller entführt seine Leser wieder in den Norden von Niederösterreich. Dort oben, direkt an der Grenze zu Tschechien kennt Jeder Jeden.
Der Hauptsponsor und Unternehmen Karl Maurer wird auf dem ...

Michael Koller entführt seine Leser wieder in den Norden von Niederösterreich. Dort oben, direkt an der Grenze zu Tschechien kennt Jeder Jeden.
Der Hauptsponsor und Unternehmen Karl Maurer wird auf dem Fußballplatz mit dem Kopf auf dem Elfmeterpunkt liegend, tot aufgefunden. Niemand ist wirklich überrascht, dass Maurer ermordet wurde, ist der Unternehmer ja ein umtriebiger Mann.
Der Lokaljournalist Michael Wörner, der vor Jahren den Mord an dem Landesrat Fuhrmann aufklären konnte (siehe "Fallstricke"), beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Natürlich bleibt es nicht aus, dass Wörner auf eine stattliche Anzahl von möglichen Tätern mit unterschiedlichen Motiven stößt. Hat sich doch das umtriebige Mordopfer jede Menge Feinde gemacht. Ob im Fußballverein, in der Politik oder bei gehörnten Ehemännern.
Michael Koller nimmt den Regionalfußball als Hintergund seines Krimis. Er spart nicht mit Seitenhieben auf die Vereinsmeierei, die hierorts darin mündet, dass es in der kleinen Stadt Mürren zwei Fußballklubs gibt, die sich spinnefeind gegenüber stehen. der Ausflug Richtung Fußball soll niemanden verschrecken, er ist nur Hintergrund. Es hätte genauso gut die Kegelvereine treffen können, allerdings brauchen die kein Stadion und es gibt weniger zu verdienen und zu mauscheln.
Schön sind die diversen Verflechtungen in die (Landes)Politik herausgearbeitet. Mit Augenzwinkern und Humor bringt uns der Autor Land und Leute näher. Die Auflösung hätte meiner Ansicht nach noch 20 Seiten mehr vertragen. Die Entlarvung des wahren Täters ging mir dann ein Haucherl zu schnell. Das kostet den 5. Stern.
Fazit:
"Letzter Elfmeter" - ein gut gelungener Krimi, der ohne überbordende Action auskommt. Gerne gebe ich vier Sterne.

Veröffentlicht am 30.11.2019

Gelungener 3. Fall

Starmord am Wörthersee
0

Berufsdetektiv Heinz Sablatnig soll sich „unauffällig“ darum kümmern, wer Saskia Frenzen, dem umjubelten Star, der „Starnacht am Wörthersee“ einen Drohbrief geschrieben hat. Kontaktiert wird er wieder ...

Berufsdetektiv Heinz Sablatnig soll sich „unauffällig“ darum kümmern, wer Saskia Frenzen, dem umjubelten Star, der „Starnacht am Wörthersee“ einen Drohbrief geschrieben hat. Kontaktiert wird er wieder vom Chef der „Fiducia“-Versicherung, für die er in der Vergangenheit schon einige Fälle erfolgreich gelöst hat und die die Ausfallshaftung für dieses Event trägt. Doch diesmal ist Heinz nicht ganz bei der Sache. Er wirkt unkonzentriert und ausgepowert. Dabei war er doch erst in Südamerika auf Urlaub.

Es gelingt recht bald den Urheber des Drorbriefes ausfindig zu machen. Als Saskia, Heinz und die Visagistin Anne in eine weiße Stretchlimousine steigen, wissen sie noch nicht, dass eine der beiden Frauen ermordet werden wird.

Meine Meinung:

Roland Zingerle nimmt in diesem Krimi das Show-Business ein wenig auf’s Korn. Egal welche Schlagzeilen, Hauptsache überhaupt Schlagzeilen - alles ist gut für’s Geschäft. Auch dass manche Stars ein bestimmtes Image pflegen (lassen) und in WIrklichkeit ganz anders sind, kommt zur Sprache.

Neben der Hauptfigur Sablatnig begegnen wir wieder seiner Schwester Sabine, die ja Kriminalbeamtin ist und in diesem Entführungsfall ermittelt. Das scheint jetzt ein wenig unglaubwürdig, da sie ja als Schwester befangen sein könnte. Doch die Personaldecke bei der österreichischen Polizei ist dünn, also lassen wir sie ermitteln.
Auch Beinahe-Freundin Verena Bacher und der Journalist Willi Egger haben wieder ihre Auftritte.

Wie dann der Drahtzieher ausgeforscht und überführt wird, ist wieder gut gelungen. Auf die Auflösung, warum Heinz Sablatnig diesmal nicht ganz so souverän agiert, müssen die Leser länger warten.

Gut gefällt mir, dass die traumhafte Kulisse des Wörthersees wieder eine Rolle spielen darf.

Fazit:

Ein Kärnten-Krimi, der das Showbusiness und die „Starnacht am Wörthersee“ ein wenig auf die Schaufel nimmt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 17.11.2019

Ein Thriller aus Wien

Dornen in meiner Haut
0

Mit diesem Thriller begeben wir uns nach Wien. Mehrere Welten prallen hier in verschiedenen Handlungssträngen aufeinander und verknüpfen sich zu einer spannenden Geschichte.

Wir begegnen Irina, die sich ...

Mit diesem Thriller begeben wir uns nach Wien. Mehrere Welten prallen hier in verschiedenen Handlungssträngen aufeinander und verknüpfen sich zu einer spannenden Geschichte.

Wir begegnen Irina, die sich als gehobene Prostituierte ihr Leben verdient und nebenbei so manche reiche Kundschaft ausspioniert und hiermit den Weg für den Einbrecher Ditmir bereitet. Dann ein Schwenk zu Maximilian Wolf, einem der reichen Freier Irinas, der immer wieder zu harten Drogen für seine ausschweifenden Sexspiele greift.
Letztlich begleiten wir Chefinspektor Paul Steininger, der seine eigenen Probleme hat, und sein Team bei der Aufklärung der Verbrechen.

Nun, welche Verbrechen?
Ditmir wird in Wolfs Villa ermordet aufgefunden, doch nicht nur tot, sondern bestialisch gefoltert. Neben der übel zugerichteten Leiche, der bewusstlose Hausherr, der sich an nichts oder fast nichts mehr erinnern kann, weil er bis oben hin mit Drogen und Adrenalin voll ist.

Während die Ermittler von einem Verbrechen im Ostmafia-Milieu ausgehen, erfährt der Thriller einige unerwartete Wendungen ...

Meine Meinung:

Der Autor entführt uns in eine bizarre Welt, in der arm und reich aufeinandertreffen. So kommt Irina aus Tarnopol, Ukraine, um hier im goldenen Westen ein besseres Leben zu finden. Wie häufig landen die junge Frau, von skrupellosen Menschenhändlern ausgenutzt, im nächsten Bordell. Auch Ditmir träumt von Reichtum und Glück, versucht beides in eigene Hände zu nehmen und scheitert.
Auf der reichen Seite haben wir neben den Bordellbetreibern und ihren Hintermännern auch Finanzhaie wie eben Maximilian Wolf.

Chefinspektor Paul Steininger steht so irgendwie dazwischen. Er hält sich an Vorschriften (nicht immer), hat keine finanziellen Probleme und ist dennoch unzufrieden. Seine Ehe läuft schon länger ein wenig schief. Beinahe fängt er mit Kollegin Simone Gruber ein Gspusi an.

Interessant sind auch die Figuren im Bordell: zum einen natürlich Irina, dann Carlo, der den starken Mann symbolisiert, aber letztendlich Irina hilft. Eine sehr sympathische Figur ist Samantha, eine Dragqueen, die, wie es scheint, einen Narren an Irina gefressen hat, und mit ihr ein ausgeklügeltes Ausstiegsszenario entwirft.

Der Schreibstil ist dem Milieu angepasst und recht plakativ. Ein Bespiel? “.. die Stille der Marmor gefliesten Halle durch zweikurz aufeinanderfolgende, knackende Geräusche unterbrochen, die an unter Schneelast brechende Äste erinnerten“. (S. 9) .

Die Perspektive wechselt häufig und die Erzählstränge überlappen sich daher manchmal. Die Auflösung ist schlüssig, wenn auch ein wenig überraschend.

Fazit:

Ein Thriller aus Wien, der mit interessanten Charakteren und einem überraschenden Ende aufwartet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 11.11.2019

Kirche unter dem Hakenkreuz

Der Birnbaum im Pfarrgarten
0

Im Archiv der Münchener Christuskirche schlummert ein wahrer Schatz an Dokumenten, Akten und Briefen die aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen. Dieser Fund ist ein Spiegel der Gesellschaft in der ...

Im Archiv der Münchener Christuskirche schlummert ein wahrer Schatz an Dokumenten, Akten und Briefen die aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen. Dieser Fund ist ein Spiegel der Gesellschaft in der sich die Evangelische Kirche (ebenso wie ihr katholisches Pendant) nicht wirklich mit Ruhm bekleckert hat. Autor Christoph Lindenmeyer nimmt den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 genau unter die Lupe.

Wie kann es sein, dass die Kirche den Hetzreden so unwidersprochen nachgefolgt ist? Waren es die Oberen, die verblendet die Kirche dem Regime „gleich geschalten“ haben? Gab es keinen oder nur geringen Widerstand der Seelsorger?

All diese Fragen versucht der Autor, anhand von Briefen, Dokumenten und Notizen zu beantworten. Wie bei jedem Thema der Nazi-Zeit finden sich schriftliche Unterlagen von Verblendeten, Mutigen, Angepassten und Mahnern.

Denn so wirklich vom Himmel gefallen ist das (selbst genannte) 1.000-jährige Reich, das letztendlich nur zwölf Jahre gedauert hat, ja nicht.

Das Buch berichtet von Pastoren, die anfänglich den Nazis zugeneigt waren, weil sie Arbeitsplätze schafften und Perspektiven für die Menschen boten, und dann später zu Gegnern des Regimes wurden. Es zeigt Briefe von Konfirmanden, die sich nicht indoktrinieren lassen wollten. Das Buch zeigt sehr deutlich, wie schwer es unter diesen Umständen war, seine Gottgläubigkeit und die christliche Nächstenliebe zu bewahren. Oftmals um den Preis des eigenen Lebens.

In insgesamt 19 Kapiteln erfahren wir, chronologisch geordnet, über das Schicksal einzelner Pfarrer wie Kurt Frör, Martin Niemöller und Hans Meiser (denunziert und verhaftet) oder Ernst Kutter, dessen Sohn an der Ostfront fällt. Auch das Gebäude der Christuskirche wird erwähnt, das 1944/45 große Schäden durch Bombentreffer erlitten hat.

Die Währungsreform 1948 ist der Kirche wichtiger als

„Eine Auseinandersetzung mit dem Thema „schuldig gegenüber den Juden“ findet so wenig statt, wie ein Diskurs über die Rolle der evangelisch-lutherischen Kirche und ihrer Leitung im Nationalsozialismus. Dabei hatte der bayrische Landesbischof Hans Meiser selbst die Repressionen des NS-Regimes erlebt: Predigtverbot, Absetzung, Hausdurchsuchungen, Hausarrest und das Verbot, seine Amtsräume zu betreten.“ (S.293)

Meine Meinung:

Ein nicht ganz einfach zu lesendes Buch, da es vor allem aus abgedruckten Briefen besteht. Die sind fein säuberlich mit dem Namen des Schreibers sowie dem Datum versehen und können daher in den historischen Kontext eingebunden.
Bei so manchem Schriftstück musste ich mich schon sehr wundern.

Gerne gebe ich für dieses interessante Buch, das einen wunden Punkt der Evangelische Kirche berührt, 4 Sterne.