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Veröffentlicht am 11.11.2019

Das Weiße Gold der Hanse

Das weiße Gold der Hanse
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Mit „Das weiße Gold der Hanse“ unternehmen wir eine Reise ins mittelalterliche Lübeck und folgen dem Lebensweg des Waisenjungen Moses. Zunächst habe ich ein paar kritische Worte zum Titel, Cover und Klappentext, ...

Mit „Das weiße Gold der Hanse“ unternehmen wir eine Reise ins mittelalterliche Lübeck und folgen dem Lebensweg des Waisenjungen Moses. Zunächst habe ich ein paar kritische Worte zum Titel, Cover und Klappentext, die ich jetzt, nach Abschluss der Leserunde, eher als „irreführend“ bezeichnen würde. Das weiße Gold spielt in der Geschichte allenfalls eine Nebenrolle, genauso wie die Liebe zwischen Moses und Traudi, die (zumindest von seiner Seite aus) doch sehr plötzlich auftaucht und deren Erblühen im Verlauf der Geschichte nur in Nebensätzen erwähnt wird. Wer hier also auf Grund des zwar sehr schönen aber unpassenden Covers und des Klappentextes eine romantische Liebesgeschichte erwartet (ich habe es getan), der wird leider enttäuscht.

Die kleinen Eigenarten der Charaktere ergeben interessante Persönlichkeiten, die der Story viel Lebendigkeit verleihen. Einige von ihnen, wie Frido, lassen einen schmunzeln (den Dialekt fand ich übrigens hervorragend geschrieben) oder andere, hier zum Beispiel Kapitän Jacobi, rufen Abscheu hervor. Das Spiel mit den Emotionen des Lesers ist dem Autor dabei gut gelungen und vor allem Moses und Rebecca, oder Bertram und Victoria, sind mir sehr ans Herz gewachsen. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, ihre Entwicklung zu verfolgen und zu sehen, wie aus dem kleinen Waisenjungen ein angesehener Kaufmann und Ratsherr geworden ist, bzw. wie Rebecca ihrer Vergangenheit zum Trotz eine so große Stütze für den Jungen war.

Ein wenig hat es für mich am Spannungsbogen gehapert. Während die anfänglichen Kapitel rasant beginnen und viele Fragen offenlassen, lösen sich diese im weiteren Verlauf leider sehr vorhersehbar auf und die Handlung fließt eher schleppend in die Länge – sehr zur Last von Schlüsselszenen zum Ende der Geschichte, die scheinbar nur der Vollständigkeit halber sehr knapp abgehandelt werden. Hier hätte ich mir mehr Einblicke erhofft, zum Beispiel in Moses‘ Wiedersehen mit seiner Familie und auch mit Traudi. Auch das Ende, das zwar aus der Handlung eine runde Sache macht, lässt mich eher unglücklich zurück. Das ist wohl aber persönlicher Geschmack einer Happy-End-Liebhaberin und mag andere Leser nicht besonders stören.

Ganz nebenbei erhält man detaillierte Einblicke in das Leben im 13. Jahrhundert, die Ausbildung und Arbeit eines Kaufmannes, die Schifffahrt und den Verbund der Hanse. Da ich selbst seit kurzer Zeit im Norden lebe, haben mir die Beschreibungen der Städte besonders gefallen und wenn ich das nächste Mal durch die Straßen Lübecks wandele, werde ich sicher nach „Moses“ Ausschau halten. Trotzdem würde ich das Buch eher thematisch fortgeschrittenen Lesern empfehlen. Für den Einstieg in historische Romane ist der Schreibstil meiner Meinung nach vielleicht etwas zu „distanziert“, es braucht eine Weile, bis man sich vollständig in die Protagonisten und den Schauplatz hineinversetzen kann und ein "leichter Roman" ist das Buch sicher nicht..

Trotz kleinerer Unstimmigkeiten und einem schnellen Ende hat mich das Buch total gefesselt, was wahrscheinlich größtenteils an Moses‘ Charme und dem historischen Wissen, das ich wie immer mit großem Interesse aufgesaugt habe, gelegen hat. Kompliment hierfür an den Autor, ich weiß, wie mühsam eine solche Recherche sein kann.

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