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Veröffentlicht am 03.12.2016

Roman um drei Generationen von Frauen mit viel Drama

Der Engelsbaum
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"Der Engelsbaum" ist der erste Roman, den ich von der Bestsellerautorin Lucinda Riley gelesen habe. Es ist eine Familiengeschichte über mehr als drei Generationen hinweg, die voller Schicksalsschläge für ...

"Der Engelsbaum" ist der erste Roman, den ich von der Bestsellerautorin Lucinda Riley gelesen habe. Es ist eine Familiengeschichte über mehr als drei Generationen hinweg, die voller Schicksalsschläge für die drei erwachsenen Protagonistinnen ist.

Der Roman beginnt im Jahr 1985, als die 59-jährige, nach einem Unfall vor 23 Jahren unter Amnesie leidende, Greta auf das Anwesen nach Marchmont zurückkehrt, wo sie für knapp vier Jahre als junge Frau gewohnt hat. Im Garten findet sie eine Grabstelle, wo offenbar ihr Sohn begraben ist, dessen Existenz ihr nicht mehr bewusst gewesen ist. Langsam beginnen die Erinnerungen zurückzukehren. Erinnerungen, die ihre Seele aus Selbstschutz versucht hat zu verdrängen.

Der Roman springt sodann in die Nachkriegsjahre, als Greta in London wohnte und von einem amerikanischen Offizier schwanger wurde. Treu zur Seite ist ihr David, der sich nicht traut, ihr seine Liebe zu gestehen und der sie nach der Abreise ihres Geliebten zu seiner Familie nach Marchmont bringt. Dort heiratet sie seinen Onkel Owen, der wesentlich älter ist als sie, aber bereit ist, Greta und die Zwillinge als rechtmäßige Erben anzunehmen. Nach dem Tod des "Stammhalter" im Alter von drei Jahren entwickelt sich Owen zum gewalttätigen Alkoholiker, weshalb Greta - erneut mittellos, aber mit Tochter Cheska - nach London zurückkehrt. Dort ist ihr das Glück endlich hold, als Cheska als talentierte Nachwuchsschauspielerin entdeckt wird und ab dem zarten Alter von vier Jahren vor der Kamera steht. Greta, die nach einer weiteren unschönen Beziehung von Männern abgeschworen hat, lebt nur noch für und durch ihre Tochter, die sie wie einen Augapfel hütet. Als Teenager bricht Cheska aus ihrem goldenen Käfig aus und Greta wird von ihrer Vergangenheit eingeholt....

Wer dramatische Frauenromane mag, die sich über Jahre und Generationen hinweg erstrecken, ist mit Lucinda Rileys Schmöker gut bedient. Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir von "Der Engelsbaum" mehr Spannung versprochen. Die Schicksalsjahre von Greta waren durch die vielen Unglücke, die ihr passierten und noch die nachfolgenden Generationen beeinflussten, ein wenig ermüdend. Mit Cheska nahm der Roman durch deren Rebellion an Fahrt auf, wurde allerdings durch ihre krankhaften Verhaltensweisen und das Weggucken oder Ignorieren aller Beteiligten unrealistischer. Davids Verhalten grenzte schon fast an Selbstaufgabe, indem er über Jahre hinweg selbstlos für Greta und dann auch Cheska da war, und dadurch nie die Möglichkeit hatte, ein unabhängiges, erfüllteres Leben zu führen. Greta und Cheska mangelte es beiden an Menschenkenntnis - sei es wie bei Greta aus Naivität oder wie bei Cheska aufgrund einer psychischen Erkrankung. Ob diese letztlich durch ihre fehlende Kindheit und ihr Leben, das von Film und Fernsehen geprägt war, wodurch ihr der Bezug zur Realität fehlte, ausgelöst wurde, blieb offen. Gretas Enkelin Ava, die im letzten Teil des Romans im Vordergrund steht und ohne ihre leibliche Mutter Cheska in Marchmont aufgewachsen ist, war im Vergleich zu den beiden Generationen zvor unspektakulär normal. Aber auch sie muss einiges mitmachen, als ihre Mutter Cheska plötzlich in Marchmont auftaucht, pleite und am Ende ihrer Karriere in Hollywood.

Ich fühlte mich durch den Roman durchaus unterhalten, auch wenn der Klappentext und auch der Buchtitel meiner Meinung nach am Buch vorbeigehen. "Der Engelsbaum" zog sich phasenweise etwas in die Länge zog und die beiden Familien um Greta und Davis kamen mir vom Schicksal schon arg gebeutelt vor.

Veröffentlicht am 19.11.2016

Zwei Frauen vor der Frage, wie es mit der Liebe weitergeht und auf der Suche nach Antworten auf einem Roadtrip

Sehnsucht ist ein Notfall
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Eva ist 33 Jahre alt, Physiotherapeutin, die sich auf die Therapie von Kindern spezialisiert hat und lebt mit ihrem Freund Johannes zusammen. Eigentlich sind die beiden miteinander glücklich, gehen aber ...

Eva ist 33 Jahre alt, Physiotherapeutin, die sich auf die Therapie von Kindern spezialisiert hat und lebt mit ihrem Freund Johannes zusammen. Eigentlich sind die beiden miteinander glücklich, gehen aber auch möglichen Konflikten aus dem Weg. Eva würde in ihrer Beziehung gern einen Schritt weitergehen und sehnt sich nach Kindern, Johannes scheint sie in diesem Punkt aber nicht wirklich Ernst zu nehmen.
An Silvester verkündet Evas Oma, dass sie sich nach 60 Jahren Ehe von Opa trennt. Eva ist überrascht von dieser Entscheidung, glaubte sie doch ihre Großeltern sehr gut zu kennen, da sie nach dem frühen Tod ihrer Mutter von ihnen großgezogen wurde.

Dass die Beziehung zwischen Eva und Johannes eher einseitiger Natur ist, wird auch dadurch deutlich, dass Johannes SMS von Eva gerne unbeantwortet lässt. Es handle sich schließlich nicht um einen Notfall. Für Eva, die sich nicht wahrgenommen fühlt, ist Sehnsucht jedoch ein Notfall.
So verwundert es nicht weiter, dass Eva sich in Tobias verliebt, einen Vater eines ihrer Patienten, Er ist das Gegenteil von Johannes und überschüttet sie nahezu mit kreativen und liebenswürdigen Kurznachrichten. Zudem scheint er auch besser in Evas Vorstellungen einer Zukunft mit eigener Familie zu passen. Trotzdem liebt sie Johannes noch.

Um ihre Oma aus der gemeinsamen Wohnung mit Opa zu retten, in der diese nicht mehr erwünscht ist, und um selbst Abstand zu gewinnen, machen sich die beiden auf in Richtung Meer. Was zuerst als Kurztrip nach Juist geplant war, entwickelt sich zu einer aufregenden Reise nach Italien, wo Oma und Enkelin wieder zu sich selbst finden.

Sabine Heinrichs kannte ich bisher als Einslive-Radiomoderatorin und war gespannt auf ihr Romandebüt. "Sehnsucht ist ein Notfall" handelt von zwei Frauen unterschiedlicher Generation, die beide vor schwerwiegenden Veränderungen in ihrem Leben stehen. Einerseits berührend tiefgründig, andererseits humorvoll durch spritzige Dialoge schildert die Autorin die für die beiden Protagonistinnen unerträglichen Situationen, die ab der Hälfte des Romans in einen Roadtrip münden.

Es geht um die Klärung von Beziehungsfragen, mit denen sich jeder konfrontiert sehen kann: Ist die Liebe im Alltag erloschen? Zu welchen Kompromissen muss man innerhalb einer Partnerschaft bereit sein? Gibt es noch eine Chance für die Liebe und wann ist der Zeitpunkt gekommen zu gehen?
Eines wird dabei nicht nur Oma klar: Mit der Verwirklichung seiner Träume bzw. den Mut, unangenehme Entscheidungen zu treffen, um letzten Endes glücklicher zu werden, sollte man nicht warten, bis man 79 Jahre alt ist.

Veröffentlicht am 06.11.2016

Vom Mädchen zur Frau - ein eher beklemmender Entwicklungsroman

Komm her und lass dich küssen
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Der Roman ist in drei Erzählabschnitte aus der Perspektive von Mona gegliedert. Der erste Teil spielt in den Jahren 1976 bis 1978, als Mona zwischen neun und zwölf Jahren alt ist. Von ihrer kaltherzigen ...

Der Roman ist in drei Erzählabschnitte aus der Perspektive von Mona gegliedert. Der erste Teil spielt in den Jahren 1976 bis 1978, als Mona zwischen neun und zwölf Jahren alt ist. Von ihrer kaltherzigen Mutterm die sie schon einmal in den Keller sperrt, erfährt sie keine Liebe. Der Vater flüchtet sich in die Arbeit in seine Zahnarztpraxis und kommt abends oft so spät nach Hause, dass er seine Kinder nicht mehr sieht. Um ihre Eltern zu entlasten, kümmert sich das Mädchen um ihren jüngeren Bruder Alexander, Als ihre Mutter bei einem Verkehrsunfall stirbt, verspürt Mona keine Trauer, sondern vielmehr Erleichterung über den Tod von Agnes.

Der Vater stellt den Kindern nur wenige Monate später eine neue, jüngere Frau und vor, die er bald heiratet. Marie soll Ersatzmutter für seine Kinder sein. Die junge Frau ist zwar liebevoller im Umgang mit den Kindern und sichtlich bemüht, jedoch auch im Umgang mit ihnen überfordert. Als sie selbst Mutter wird, ist es wiederum Mona, die sich um ihre kleine Schwester kümmert, sie wickelt, wäscht und beaufsichtigt. Sie leistet dies alles, als habe sie ein permanentes schlechtes Gewissen - eine unbeschwerte Kindheit kennt Mona nicht.

Der zweite Abschnitt handelt im Jahr 1991. Mona ist inzwischen Dramaturgin beim Theater und lebt mit dem älteren Schriftsteller Louis zusammen. Ihr Bruder heiratet die ebenfalls ältere Charlie, mit der er früh Vater eines Sohnes wird. Stiefmutter Marie ist anstrengend und schafft es mit ihrer fordernden Art sogar ihre Tochter zu vergraulen, die nach der Schule über Jahre nach Südamerika verschwindet.

Sie kehrt erst im dritten Abschnitt im Jahr 2002 zurück, als ihr Vater schwer erkrankt im Krankenhaus liegt. Er ist unheilbar an Darmkrebs erkrankt. Mona verbringt viel Zeit im Krankenhaus, auch wenn es schier unmöglich ist, mit ihrem Vater unter vier Augen zu sprechen, da die sich aufopfernde Marie stets präsent ist.
Beruflich hat Mona Probleme mit ihrem Intendanten, der für Kritik nicht empfänglich ist und gegen den Mona es nicht einmal versucht, sich durchzusetzen. Die Beziehung zu Louis ist auch nicht glücklich. Er ist egozentrisch und interessiert sich nur wenig für Monas Bedürfnisse.

"Komm her und lass dich küssen" ist ein Entwicklungsroman über ein Mädchen bzw. junge Frau, die ein geradezu bedauernswertes Leben führt. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die sich allerdings immer hinter die anderen stellt. Sie hat nie gelernt, sich und ihre eigenen Interessen und Wünsche ernst und wichtig zu nehmen. Sie beschwert sich nie und leidet nicht, zeigt geradezu keine Gefühlsregung.

Der erste Abschnitt ist beklemmend, aber authentisch beschrieben. Der Leser kann sich in das kindliche Denken der Neunjährigen wunderbar einfühlen, während Mona als Erwachsene eher distanziert bleibt.
Im dritten und längsten Leseabschnitt zog sich der Roman in die Länge und wurde erst gegen Ende lebendiger, als Mona selbst mehr Initiative ergreift und endlich wagt, Entscheidungen zu treffen, ohne auf alles und jeden Rücksicht zu nehmen.

Der Titel "Komm her und lass dich küssen" ist treffend und schon fast provokant gewählt. Oberflächlich betrachtet ging es Mona schließlich immer gut. Sie wuchs allem Anschein nach behütet in einer Familie auf, in der es materiell an nichts mangelte und auch die Oma und Brüder ihrer Eltern für sie da waren. Tief im Inneren war Mona jedoch ein einsamer, unglücklicher Mensch, der bereits als Kind keine Träume hatte und sich auch später scheinbar vom Leben nichts erwartete. Erst die Erkrankung ihres Vaters scheint sie wachzurütteln, dass das Leben endlich ist und bei seinem Tod kann sie dann auch zum ersten Mal in ihrem Leben weinen.

Die erste deutsche Übersetzung eines Romans von Griet Op de Beeck ist vielleicht keine große Unterhaltung, regt aber zumindest zum Nachdenken über den Sinn des Lebens an.

Veröffentlicht am 01.11.2016

Trauriger und schon fast trostlos wirkender Roman über eine Familie, die den Tod eines Angehörigen verkraften muss

Wildblumen im Schnee
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Teresa ist 38 Jahre alt als sie erfährt, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Um ihren beiden erwachsenen Kindern die traurige Nachricht mitzuteilen, bittet sie ihre Tochter Claire, die wegen ihres ...

Teresa ist 38 Jahre alt als sie erfährt, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Um ihren beiden erwachsenen Kindern die traurige Nachricht mitzuteilen, bittet sie ihre Tochter Claire, die wegen ihres Studiums nach Minneapolis gezogen ist, nach Midden zu kommen. Als es Teresa sehr schnell schlechter geht und sie auf eine Palliativstation verlegt wird, pausiert Claire ihr Studium und verbringt den ganzen Tag im Krankenhaus ihrer Mutter. Ihr Stiefvater Bruce weicht in den Nächten nicht von der Seite seiner geliebten Frau. In Gedanken plant er bereits seinen Selbstmord, wenn Teresa nicht mehr bei ihm ist. Der 17-jährige Sohn Joshua verkraftet es nicht seine Mutter im Krankenhaus zu besuchen. Er schwänzt die Schule, betäubt sich mit Marihuana und beginnt damit, Drogen zu dealen. Claire flüchtet sich in eine Affäre mit einem älteren Mann, dessen Frau auch im Sterben liegt. Ihre Beziehung zu ihrem Freund Daniel zerbricht an dem Seitensprung.

"Wildblumen im Schnee" ist ein trauriger und auf mich trostlos wirkender Roman. Er beginnt mit der niederschmetternden Diagnose der unheilbaren Krebserkrankung und dem daran anschließenden Krankenhausaufenthalt von Teresa, die aufgrund der Einnahme schwerer Schmerzmittel bald nicht mehr klar bei Bewusstsein ist. Für die Familie ist der frühe Tod von Teresa ein Verlust, mit dem sie nicht umgehen können. Jeder trauert für sich allein auf seine eigene Weise, gegenseitig sind sie sich keine Unterstützung. Josh verstrickt sich in einem Sumpf aus Drogen und Lügen und versteckt sich regelrecht vor seiner Familie und seiner Freundin Lisa. Claire nimmt ihr Studium nicht wieder auf, arbeitet als Kellnerin und versucht den Schmerz und die Trauer durch den Sex mit Bill zu übertünchen.
Beide Kinder sind entsetzt, als ihr Stiefvater, den sie wie einen leiblichen Vater geliebt haben, ihnen zwei Monate nach dem Tod von Teresa berichtet, eine Nachbarin geheiratet zu haben.

Ich empfinde den Klappentext als missverständlich, da ich nicht den Eindruck hatte, dass Claire sich um einen Zusammenhalt der Familie bemüht hat oder dass der Roman Hoffnung vermittelt. Ich empfand neben dem Tod der Mutter vor allem den Trauerprozess der Hinterbliebenen als deprimierend, hoffnungs- und perspektivlos. Es hatte fast den Anschein, als sei mit Teresas Tod auch das Leben von Bruce, Claire und Josh vorbei und jede Aussicht auf ein Fünkchen Glück verwehrt.

"Wildblumen im Schnee" ist insofern eine sehr emotionale, authentisch und eindringlich beschriebene Geschichte über eine Familie, die am Tod eines Angehörigen zerbricht.
Mir persönlich war der Roman in seiner Länge zu deprimierend, auch wenn es ganz am Ende doch noch einen Lichtblick gab.

Veröffentlicht am 15.02.2024

Zäher Handlungsverlauf im Berichtsstil, bei dem die Freundschaft zweier mutiger Frauen wenig zum Tragen kommt

Code Name Verity
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Die Geheimagentin "Verity", eine schottische Aristokratin, und die Pilotin und Funkerin Maddie, ein Arbeitermädchen aus Manchester, werden während des Zweiten Weltkriegs zu Freundinnen - eine Freundschaft, ...

Die Geheimagentin "Verity", eine schottische Aristokratin, und die Pilotin und Funkerin Maddie, ein Arbeitermädchen aus Manchester, werden während des Zweiten Weltkriegs zu Freundinnen - eine Freundschaft, die zu anderen Zeiten nicht möglich gewesen wäre, denn ihre Wege hätten sich nie gekreuzt.
Jede der beiden geht mutig ihren Aufgaben im Kampf auf Seiten der Alliierten vor. Doch im Oktober 1943 misslingt eine geheime Mission, als sie zusammen im Flug über Frankreich angeschossen werden. Verity kann das Flugzeug per Fallschirm verlassen und wird anschließend von der Gestapo aufgegriffen und gefangen genommen. Sie weiß nicht, ob Maddie notlanden konnte und den Angriff überlebt hat. In Gefangenschaft schreibt Verity ihr Geständnis und wird unter Folter gezwungen, Geheimnisse zu verraten. Während sie möglichst lange schreibt, um ihre Hinrichtung aufzuschieben, lässt sie sich von ihren Peinigern nicht einschüchtern und gibt die Hoffnung nicht auf, dass ihre Freundin überlebt hat.

Die Geschichte beginnt mit den Worten von Verity, während sie ihren Bericht für die Gestapo schreibt. In Rückblenden erfährt man aus ihrer Erzählung, wie sie Maddie kennengelernt hat und einige wenige Details aus ihrem Leben als Geheimagentin. Sie bezeichnet sich dabei selbst als Feigling und Verräterin, was allerdings nicht zu ihrem mutigen Verhalten gegenüber ihren Folterern passt. So werden Zweifel geschürt, wie viel von ihrem Bericht der Wahrheit entspricht und ob ihre Informationen für die Deutschen tatsächlich wertvoll sind. Eine zweite Perspektive, die später ebenfalls in Form eines Berichts einsetzt, geben noch mehr Details preis und schließen den Kreis zu dem, was Verity erwähnte.

Der Plot um zwei junge Frauen, die im Kriegseinsatz mutig Aufgaben übernehmen, die Männern vorbehalten waren, die eine Freundschaft knüpfen, die dramatisch mit einer Gefangenschaft durch die Gestapo endet, hat Potenzial für eine spannende und emotionale Geschichte vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs.

Die Art der Erzählweise als nacherzählter Bericht, der eingangs kindlich anmutet und der ein aktives Miterleben der Geschichte von Verity und Maddie verhindert, ist allerdings wenig einnehmend. Die Erzählung von Verity ist sprunghaft und willkürlich. Sie schreibt das nieder, was ihr gerade einfällt, unabhängig davon, ob es für die Geschichte oder für die Gestapo wichtig ist. Der Wechsel aus den Erlebnissen in Gefangenschaft und ihrem Geständnis ist genauso willkürlich und kaum von einander zu unterscheiden.
Die Sicht von Maddie ist einnehmender und lebendiger. Zudem sorgen offene Fragen nach einer möglichen Rettung von Verity und der Fortsetzung der geplanten Mission für Momente der Spannung. Zu viele Zufälle lassen die Ereignisse in Frankreich reichlich unwahrscheinlich erscheinen, zumal es an Erklärungen fehlt, wer warum auf Seiten der Résistance kämpft.

Die Geschichte über die Freundschaft von Verity und Maddie kommt in der gesamten Handlung kaum zum Tragen. Die wenigen Beschreibungen über erste Begegnungen und vage gemeinsame Erlebnisse reichen nicht aus, um tatsächlich eine enge Bindung zwischen den beiden zu spüren. Das dramatische Ende ist als Totschlagargument nicht wirklich überzeugend.

Die Handlung ist gerade in der ersten Hälfte unwahrscheinlich zäh und wiederholt sich auch später in retardierenden Gedanken der Hauptfiguren. Die Erwähnung verschiedenster Flugzeugtypen trägt darüber hinaus nicht dazu bei, die Geschichte lebendiger zu gestalten. Verity ist eine zwiespältige Figur, bei der man erst später erkennt, warum sie so handelt. Das tröstet jedoch nicht darüber hinweg, dass ihr Geständnis in Prosaform, gespickt mit Anekdoten, nicht fesseln kann.
Ein anderer Aufbau dieser Geschichte hätte aus "Code Name Verity" eine spannende und dramatische Geschichte über mutige Heldinnen und starke Frauen, die während des Krieges für Frieden und Freiheit kämpfen, machen können. So ist es ein Durcheinander aus einzelnen Erzählfragmenten mit nur wenigen verbindenden Momente von Verity und Maddie.

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