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Veröffentlicht am 01.01.2020

Fünf berührende Schicksale eines Freundeskreises, aber keine unbeschwerte Romanze, wie man erwarten könnte

So was wie Liebe
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Marys erste Liebe Robert kam vor elf Jahren ums Leben, als sie mit 17 Jahren schwanger war. Ihr Sohn Ben kam im Alter von fünf Jahren tragisch ums Leben. Mary lebt seitdem zurückgezogen mit ihrem uralten ...

Marys erste Liebe Robert kam vor elf Jahren ums Leben, als sie mit 17 Jahren schwanger war. Ihr Sohn Ben kam im Alter von fünf Jahren tragisch ums Leben. Mary lebt seitdem zurückgezogen mit ihrem uralten Hund Mr. Monkels in ihrem Cottage.
Ex-Musiker Sam zieht nach einem erfolgreichen Drogenentzug von New York in die Heimat seiner Großmutter nach Kenmare, um zur Ruhe zu kommen und sich vor einem Rückfall in die Heroinsucht zu schützen. Von seiner missmutigen Nachbarin ist er wenig angetan. Beide versuchen sich, so gut es geht, aus dem Weg zu gehen, doch in der Kleinstadt kreuzen sich ihre Wege ganz automatisch.

Der Klappentext suggeriert eine sich abzeichnende Liebesgeschichte zwischen Mary und Sam, das Buch umfasst jedoch noch drei weitere Charaktere in Kenmare, einer Kleinstadt in der Nähe von Kerry in Irland, die ebenfalls vom Schicksal gebeutelt sind. Da ist Marys beste Freundin Penny, die ihren Liebeskummer mit Alkohol zu ertränken versucht, Marys Freund Adam, der seine große Liebe verlassen muss, um seine Kinder nicht zu verlieren und Marys Cousin Ivan, der von seiner Ehefrau verlassen wurde und seine Kinder kaum sieht. Statt einer einzigen Liebesgeschichte stehen vielmehr die Problemfelder wie Trauer- und Traumabewältigung sowie ein Kampf gegen Drogensucht.

Es sind fünf berührende Schicksale, die fast zu viel für einen Roman sind. Da es sich bis auf Sam jedoch um einen Freundeskreis handelt, sind die Einzelgeschichten eng miteinander verbunden.
Mary und Sam sind die Schlüsselfiguren des Romans, die aufgrund ihrer Erlebnisse in der Vergangenheit jeweils ein einsames Leben führen. Die Kapitel sind ergänzend aus den Perspektiven der drei Nebencharaktere geschildert, die ebenfalls eine eigene Stimme haben. Es ist ein Roman der viele schwerwiegende Themen wie Tod und Trauer, Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Ehebruch und Betrug behandelt. Dabei zeigt sich, wie wichtig ein Zusammenhalt in der Familie und verlässliche Freundschaften sind, um schwere Zeiten zu überstehen.
Auch wenn der Roman aufgrund der großen Anzahl bedrückender Schicksal etwas überladen war, habe ich mich in den jeden einzelnen Charakter hineinversetzen, seine Gefühle und Handlungen nachvollziehen können. Der Schreibstil von Anna McPartlin, von der ich schon mehrere jüngere Romane gelesen habe, ist auch bei dieser schon 2006 geschriebenen Erzählung gewohnt eingängig und warmherzig. Die Handlung ist nicht auf eine vorhersehbare Liebesgeschichte beschränkt, sondern abwechslungsreich erzählt und man ist gespannt darauf zu erfahren, ob und wie jeder einzelne seine Vergangenheit hinter sich lassen kann, um seinem Leben eine neue Richtung zu geben und hoffentlich glücklicher neu anzufangen.
Das Buch ist anders als erwartet - eben nur "so was wie" Liebe und keine unbeschwerte Romanze.

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Veröffentlicht am 28.12.2019

Weihnachtliche Kurzgeschichte um Zugehörigkeit, Mutterliebe, Versöhnung und den Mut, Vergangenes hinter sich zu lassen

Weihnachten im Alten Land
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Maike verbringt nach der Trennung von ihrem Ehemann zum ersten Mal Weihnachten mit ihrem dreijährigen Sohn im Alten Land auf dem Apfelhof ihres Vaters, wo auch ihrer ältere Schwester Anne lebt.
Anne hat ...

Maike verbringt nach der Trennung von ihrem Ehemann zum ersten Mal Weihnachten mit ihrem dreijährigen Sohn im Alten Land auf dem Apfelhof ihres Vaters, wo auch ihrer ältere Schwester Anne lebt.
Anne hat an Heiligabend ihren neunen Freund Malek eingeladen, einen Asylbewerber aus Syrien, der von ihrem Vater abgelehnt wird.
Konflikte sind vorprogrammiert, gerade da an Weihnachten die schmerzlichen Erinnerungen an eine intakte Familie zurückkehren, als Maikes und Annes Mutter Katharina noch bei ihnen lebte. Sie hatte die Familie vor 17 Jahren verlassen und ist in die Schweiz gezogen. Über die Gründe wurde in der Familie geschwiegen.

Bei "Weihnachten im Alten Land" handelt es sich um eine weihnachtliche Kurzgeschichte, die man bequem an einem Abend lesen kann. Sie wird abwechselnd aus der Sicht von Maike bzw. Anne erzählt, so dass man einen Einblick in beider Gefühlswelten erhält.

Die Stimmung am Vorweihnachtsabend ist gedrückt, da jedes Familienmitglied mit seinen eigenen Sorgen und Problemen zu kämpfen hat, wobei die Feiertage keine Ausnahme machen. Die Schwestern, die sich über die Distanz entfremdet hatten, nähern sich aber schnell wieder an. Maike trifft ihre Jugendliebe wieder und die Gründe, weshalb Thees Annes Beziehung zu Malek skeptisch sieht, werden verständlich und sind längst nicht so verwerflich wie anfangs gedacht, so dass dem Fest der Liebe nichts entgegen steht. Zudem sind sie durch einen überraschenden Besuch in der Lage, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und sich mit ihrer Familienkonstellation zu versöhnen. Für beide Schwestern zeigen sich konkrete Wege für einen zufriedeneren Neuanfang auf.

Die Geschichte bleibt trotz der Kürze nicht oberflächlich. Es geht um Fragen der Zugehörigkeit, Alltagsrassismus, Mutterliebe, um Versöhnung und den Mut, Vergangenes hinter sich zu lassen und neu zu beginnen. Das Weihnachtsfest rückt dabei jedoch nicht in den Hintergrund, sondern ist durch Besuch des Weihnachtsmarkts, Baumschmücken und gemeinsames Kochen stets präsent, weshalb man sich auch ohne Kitsch und große Liebesgefühle mit diesem Buch in Weihnachtsstimmung versetzen lassen kann.
Darum ist es eigentlich schade, dass das Büchlein nur so wenige Seiten hat, Potenzial hätte die Geschichte für einen längeren Roman gehabt, gerade um die Beziehungen zwischen den Charakteren intensiver zu beleuchten.

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Veröffentlicht am 27.12.2019

romantische Liebesgeschichte voller Emotionen, Dramatik, Geheimnisse und Intrigen, die den Zeitgeist nach Ende des Ersten Weltkriegs authentisch einfängt

Der Schokoladensalon
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Alexandra Frobisher ist die Tochter von Lord und Lady Fobisher und mit 25 Jahren längst im heiratsfähigen Alter. Ihre Eltern haben bereits diverse Kandidaten für sie ausgesucht, aber aufgrund des Krieges ...

Alexandra Frobisher ist die Tochter von Lord und Lady Fobisher und mit 25 Jahren längst im heiratsfähigen Alter. Ihre Eltern haben bereits diverse Kandidaten für sie ausgesucht, aber aufgrund des Krieges ist es noch nicht zu einer Vermählung gekommen. Alex träumt nicht von einer Hochzeit, möchte unabhängig sein und arbeiten.
1915 lernt sie über ihre Eltern Matthew Britten-Jones kennen, der geschäftlich in York ist. Auch er ist zum Leidwesen seiner Eltern noch unverheiratet, aber auch nicht auf der Suche nach der romantischen Liebe. Alex findet Matthew auf den ersten Eindruck hinterlistig, erliegt dann aber seinem Charme und seinem Versprechen, dass er ihr in einer Ehe alle Freiheiten lassen würde. So heiraten sie und Alex hofft, dass sie sich noch in Matthew verlieben wird.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs begibt sich der ehemalige Soldat Captain Harry Blake nach York, um eine Kitty zu suchen. Er hatte im Schützengraben bei einem gefallenen Soldaten eine Schokoladendose gefunden, die den Soldaten vom Königreich England zu Weihnachten geschickt worden war. In der Dose des fremden Soldaten fand er die Liebesbotschaft von Kitty und möchte ihr nun mitteilen, dass ihr Geliebter nicht mehr am Leben ist. Er vermutet, dass Kitty in der Schokoladenfabrik gearbeitet hat und lernt auf diesem Weg Alex kennen, die dort als Fremdenführerin arbeitet. Alex ist ernüchtert von ihrer leidenschaftslosen Ehe und fühlt sich von dem eloquenten gut aussehenden Mann angezogen.

Der Roman beginnt etwas zäh und ereignislos und nimmt erst an Fahrt auf, als sich Alex und Harry begegnen und sich schnell näher kommen. Bei ihnen handelt es sich um Liebe auf den ersten Blick, Alex empfindet so, wie sich noch nie für einen Mann empfunden hat. Sie ist überwältigt von ihren Gefühlen, weiß aber auch, dass sie - wenn auch unglücklich - verheiratet ist und den Ruf ihrer Familie unmöglich durch eine Affäre oder Scheidung beschmutzen kann. Und auch Harry ist nicht ganz ohne Verpflichtungen, so dass eine gemeinsame Zukunft aussichtslos erscheint. Durch die Begegnung mit Harry wird Alex deutlich, wie sehr sie sich nach Liebe seht und wie egal ihr Prestige und materielle Güter sind. Neben der Liebe ist ihr einzige Traum der eines eigenen Schokoladensalons.

Die Charaktere sind nahbar und glaubwürdig, auch wenn man sich fragt, warum die intelligente und emanzipierte Alex Matthew so blauäugig geheiratet hat, ohne zu hinterfragen, was seine Gründe für die Zweckehe sind. Als das Geheimnis um Matthew nicht ganz ohne den Einfluss von Harry gelüftet wird, erhält der Roman eine spannende Dynamik.

"Der Schokoladensalon" ist eine romantische Liebesgeschichte voller Emotionen, Dramatik, Geheimnisse und Intrigen, die den Zeitgeist nach Ende des Ersten Weltkriegs authentisch einfängt. Mit Spannung erwartet man, dass die Geheimnisse und wahren Intentionen der handelnden Akteure aufgedeckt werden und was dies für die Beziehungen untereinander bedeuten und auf sie auswirken.
Mit dem Bezug zur Schokoladenfabrik erhält der Roman neben der Liebesgeschichte eine weitere interessante Komponente und sorgte für ein passendes historisches Setting. Die Beschreibung zu den Abläufen in der Fabrik, zur Herstellung der Schokolade sind ganz beiläufig eingefügt und runden die Amour fou ab.

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Veröffentlicht am 06.12.2019

Spannende Mischung aus Drama und Thriller, das nur am Ende durch unglaubwürdige Charaktere nicht ganz überzeugt

Der Unfall
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Nach zehn Wochen erwacht Maggie aus dem Koma und erfährt, dass ihre geliebte Tochter Elspeth tot ist. Die 10-Jährige ist ertrunken, als sie auf der Rückbank alleine im Auto wegen einer unsachgemäß angezogenen ...

Nach zehn Wochen erwacht Maggie aus dem Koma und erfährt, dass ihre geliebte Tochter Elspeth tot ist. Die 10-Jährige ist ertrunken, als sie auf der Rückbank alleine im Auto wegen einer unsachgemäß angezogenen Handbremse in einen See gerollt war. Maggie hatte noch versucht, ihre Tochter aus dem abgeschlossenen Wagen zu befreien, kann sich aber an nicht mehr an die tragischen Umstände des Unglücks erinnern - weder warum sie überhaupt mit ihrer Tochter unterwegs war, noch warum sie Elspeth im Auto eingeschlossen hatte. Als Maggie dann auch noch gesagt wird, dass ihr Ehemann Sean verschwunden ist, gerät sie erst recht ins Grübeln und zweifelt an der Version der Geschichte. Aus dem Krankenhaus entlassen, versucht sie herauszufinden, was sich an dem Unfalltag ereignet und weshalb Sean sie verlassen hat. Maggie glaubt nicht daran, dass Elspeth wirklich tot ist und fühlt sich darin bestärkt, als sie einen Brief erhält, der vermeintlich von Elspeth stammt.

Der Roman ist aus der Perspektive von Maggie geschrieben, so dass man als Leser keine neutrale Sicht auf die Dinge hat. Maggie bleibt dabei lange schwer einschätzbar, aber ihre Vergangenheit, die nach und nach aufgerollt wird, belegt, dass sie eine labile Persönlichkeit ist.

Die Kapitel werden durch Briefe unterbrochen, die ein entführtes Kind an seine Mummy geschrieben hat und mit "deine liebe Tochter xxx" unterzeichnet sind.

Der Roman ist eine Mischung aus Drama und Thriller. Es geht um eine traumatische Vergangenheit und die Aufklärung eines Todesfalls in der Gegenwart. Dabei kann man sich gut in Maggie als verzweifelte Mutter hineinversetzen, spürt aber genau, dass sie etwas verbirgt.
Durch die vielen offenen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Unfall stehen, die steten Enthüllungen und Wendungen, ist der Roman abwechslungsreich geschrieben und bis auf wenige Längen im Mittelteil spannend zu lesen. Lange bleibt rätselhaft, wie die Vergangenheit Maggies mit den Ereignissen der Gegenwart zusammenhängt und welche Rolle ihr Ehemann spielt.
Auch wenn man im letzten Drittel eine Ahnung bekommt, was die Hintergründe für das Unfallszenario sein könnten, bleibt es dennoch bis zum Schluss spannend, ob Elspeth tatsächlich ums Leben gekommen ist oder ob es sich um eine Verschwörung gegen Maggie handelt und die 10-Jährige wie ihr Vater verschwunden ist.
Das Ende überrascht, war mir für den bisherigen Verlauf des Romans aber zu großherzig und in Bezug auf die handelnden Akteure überzogen und nicht ganz glaubwürdig.

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Veröffentlicht am 29.11.2019

Sspannende und aufwändig konstruierte, komplexe Familiengeschichte um Lügen und Verrat und die Frage nach Recht und Gerechtigkeit

Das Erbe
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Mona Lang erbt überraschend von ihrer Großtante Klara, zu der sie nur flüchtig Kontakt hatte, ein millionenschweres Wohnhaus in München. Nachdem sich ihr Freund von ihr getrennt hat, zieht sie unmittelbar ...

Mona Lang erbt überraschend von ihrer Großtante Klara, zu der sie nur flüchtig Kontakt hatte, ein millionenschweres Wohnhaus in München. Nachdem sich ihr Freund von ihr getrennt hat, zieht sie unmittelbar in die Wohnung von Klara ein. Dabei sieht sie sich mit dem Neid ihrer Familie, insbesondere dem ihrer Mutter und ihrer beiden Geschwister konfrontiert, zu denen sie ohnehin von jeher ein schwieriges Verhältnis hatte. Ihre Mutter behauptet, dass an dem Haus Blut klebt und auch Mona selbst wird stutzig, als sie bei Nachforschungen im Grundbuch herausfindet, dass das Haus vor Beginn des Zweiten Weltkriegs das Eigentum einer jüdischen Familie war. Mona muss sich die Frage stellen, ob der Verkauf des Hauses damals unter Zwang erfolgt ist und ob sie die rechtmäßige Erbin des Hauses ist.

Der Roman gliedert sich in drei Handlungsstränge, davon einer in der Vergangenheit zur Zeit der Judenverfolgung 1938 bis zur Gründung der Bundesrepublik 1949. Die Gegenwart wird von Sommer 2018 bis Juli 2019 aus zwei Perspektiven - der Erbin Mona und der in Hamburg-Harburg wohnhaften Hartz-IV-Empfängerin Sabine - erzählt. Zu Beginn haben die Erzählstränge keine Verbindung. Erst im weiteren Verlauf des Romans wird klar, wie schicksalhaft Klara, die Jüdin Mirjam, Mona und Sabine miteinander verbunden sind.

Der Perspektivenwechsel erfolgt über weite Strecken langsam, so dass man sich gut in alle Protagonisten hineindenken kann, im letzten Drittel schneller, was dem Roman Dynamik verleiht und die Spannung steigert, da auf jeder Erzählebene immer weitere Fragen aufgeworfen werden.

Die Charaktere sind bis auf einzelne Nebencharaktere keine sympathischen Personen. Selbst Mona, die am Anfang als "moralische Instanz" eingeführt wird und etwas penetrant als durchweg integer dargestellt wird, war mir etwas zu wankelmütig in ihren Entscheidungen. Andere Charaktere, insbesondere ihre Familienmitglieder sind überzogen böse und durchtrieben, was auch unter Berücksichtigung der schwierigen Familienverhältnisse nicht überzeugend war. Sabine und ihre Familie bedienen so ziemlich jedes Klischee, die man gemeinhin über Empfänger von Sozialleistungen haben kann. Diese Schwarz-Weiß-Zeichnung störte mich, ließ die Personen weniger glaubwürdig erscheinen und den Handlungsstrang um Dummchen Sabine und ihre gewissenlose Geldgier überzeichnet und deplatziert wirken.

Die Geschichte ist spannend, auch wenn von Beginn an klar ist, dass der Hauskauf 1938 nur der besonderen Situation der Entrechtung des jüdischen Volkes durch die nationalsozialistische Gesetzgebung geschuldet sein kann. Dennoch ist nichts so, wie es auf den ersten Blick erscheint und so ist man gefesselt, wie Mona die Geschichte des Hauses und ihrer Vorfahren aufklärt und dabei immer wieder mit sich selbst und der Last des Erbes hadert.
Dabei geht es beim Streit um das rechtmäßige Eigentum am Haus nicht um Recht, sondern um Gerechtigkeit, um Fragen von Anstand und Moral. So muss Mona für sich klären, ob ihr das Haus zusteht oder tatsächlich den Nachfahren der jüdischen Familie. Möchte sie darüber lieber im Ungewissen bleiben? Könnte sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren, wenn ihre Ahnen das Haus nur unter Zwang zu einem geringen Preis erworben hätten? Müsste sie eine Schuld ihrer Verwandten übernehmen? Sind nicht alle Ansprüche, sofern es sie gäbe, längst verjährt?

Ellen Sandberg hat sich mit "Das Erbe" einem wichtigen Kapitel der deutschen Geschichte angenommen, erzählt eine spannende und aufwändig konstruierte, komplexe Familiengeschichte um Lügen und Verrat und beweist erneut, wie weit die Vergangenheit die Gegenwart - selbst 80 Jahre später - noch beeinflussen kann.

"Das Erbe" gefiel mir damit besser als "Der Verrat", reicht meines Erachtens aber nicht an "Die Vergessenen" heran.