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Veröffentlicht am 08.12.2019

Ermittlungen im australischen Sumpf

Crimson Lake
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Worum geht’s?
Es brauchte nur sechs Minuten und ein paar Zeugen, um das Leben von Streifenpolizist Ted Conkaffey zu zerstören. Er soll ein kleines Mädchen vergewaltigt haben, die Anklage wird aber nach ...

Worum geht’s?
Es brauchte nur sechs Minuten und ein paar Zeugen, um das Leben von Streifenpolizist Ted Conkaffey zu zerstören. Er soll ein kleines Mädchen vergewaltigt haben, die Anklage wird aber nach knapp acht Monaten Haft aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Um der Horde wütender Menschen zu entgehen, die es fortan auf ihn abgesehen haben, lässt er sich in dem kleinen Örtchen Crimson Lake nieder. Dort trifft er auf Amanda Pharrell, eine verurteilte Mörderin, die nach ihrer Haftentlassung eine Privatdetektei eröffnet hat. Gemeinsam ermitteln die beiden im Fall eines verschwundenen Autors, dessen geheimes Doppelleben zunächst der Grund für sein Verschwinden zu sein scheint.


Meine Meinung
Das Cover ist ehrlich gesagt nicht so wirklich mein Fall, auch wenn es theoretisch zu meiner Vorstellung von der Gegend um Crimson Lake passen würde.

Der Schreibstil ist manchmal etwas trocken und verfängt sich an einigen Stellen in Details, aber im Großen und Ganzen kann man die Geschichte trotzdem noch relativ gut runter lesen. Gerade zu Anfang läuft die Geschichte nur relativ schleppend an und beleuchtet zunächst mehr Ted und seinen Fall, was zum Kennenlernen des Charakters hilfreich, aber meiner Meinung nach nicht besonders elegant gelöst ist. Die Details seines Falles hätte man eventuell ähnlich wie bei Amanda nur stückchenweise in die Geschichte mit einfließen lassen können, um so mehr Spannung zu erzeugen.

Ted wirkt wie der nette Kerl von nebenan, dessen Leben zerstört wurde, weil er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Was mir an der Gestaltung seines Charakters wirklich gut gefallen hat war, dass er nicht völlig unberührt von den Ereignissen und seiner Inhaftierung geblieben ist. Er hat immer wieder mit Panikattacken zu kämpfen und hält sich mit der Hoffnung aufrecht, seine Tochter Lillian irgendwann wiedersehen zu dürfen. Dadurch wirkt er authentischer und hat mir als Leser wirklich Leid getan.

Amanda ist ein eher schwieriger Charakter mit sehr spezielle Ansichten und Verhaltensweisen, die so gut wie jeden vor den Kopf stößt. Ihr Auftreten wirkt auch auf den Leser sehr befremdlich, da sie alles mit übertriebenem Humor nimmt und in jedem zweiten Satz reimt. Auf Dauer war mir das etwas zu viel und ich konnte nicht so wirklich warm mit ihr werden.

Was mir insgesamt nicht ganz so gut gefallen hat, war der Aufbau der Geschichte. Der erste Teil fokussiert sich fast ausschließlich auf Teds Hintergrundgeschichte und behandelt den von mir eigentlich an dieser Stelle erwarteten Fall so gut wie gar nicht. Erst in der zweiten Hälfte wurden dann die Ermittlungen zum Thema, wobei ich auch hier teilweise das Gefühl hatte, dass man als Leser nicht wirklich mit Erkenntnissen gefüttert wird und die Handlung eine ganze Weile lang nur sehr schleppend voran kommt.

Die finale Auflösung wirkte auf mich zwar schon sehr überraschend, gleichzeitig aber irgendwie auch ein bisschen zu gewollt. Ich wäre im Leben nicht auf den Täter gekommen, und das Motiv erscheint mir dann doch etwas fragwürdig.

Auch wenn man sich meiner Meinung nach deutlich mehr mit dem Vermisstenfall hätte beschäftigen sollen, wollte ich irgendwie trotzdem wissen, wie sich der Fall auflösen würde. Insgesamt fehlte mir für einen Thriller aber eindeutig die Spannung, und da Crimson Lake als mehrteilige Reihe geplant ist, hätte man die Details der Hintergrundgeschichten der beiden Ermittler auch gut und gerne deutlich reduzieren bzw. auf die Folgebände verschieben können.


Fazit
Mit Crimson Lake hat Candice Fox einen eigentlich ganz nett zu lesenden Krimi geschrieben, der mich als Leser jedoch nicht durchgehend fesseln konnte. Der Fokus der Geschichte liegt zunächst vor allem auf den Hintergrundgeschichten der beiden Hauptfiguren und beschäftigt sich erst spät mit dem eigentlich zu behandelnden Fall.

Im Großen und Ganzen war die Geschichte eigentlich doch ganz interessant zu lesen und auch die Lösung des Falls hat mich schon interessiert. Wer hier aber einen packenden Thriller erwartet, wird mit Sicherheit enttäuscht sein.

Dafür gibt es von mir drei Bücherstapel

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.11.2019

Eine Geschichte mit Potenzial, die als Hörbuch hinter meinen Erwartungen zurück bleibt

Burning Bridges
3

Worum geht’s?
Ella, eine eher unauffällige Literaturstudentin, muss an einem Abend gleich zwei bittere Pillen schlucken. Erst offenbart ihr ihr Freund, dass er sie schon seit Monaten betrügt, und dann ...

Worum geht’s?
Ella, eine eher unauffällige Literaturstudentin, muss an einem Abend gleich zwei bittere Pillen schlucken. Erst offenbart ihr ihr Freund, dass er sie schon seit Monaten betrügt, und dann erhält sie auch noch Hausverbot in ihrem Lieblingsrestaurant. Um das Ganze noch zu toppen, wird sie auf dem Heimweg von einer Gruppe zwielichtiger Typen bedrängt und durch Zufall von einem Unbekannten gerettet. Als sie ihren Retter zufällig wieder trifft, möchte sie sich bei ihm revanchieren und lädt ihn zum Frühstück bei sich ein. Und obwohl die beiden die zwischen ihnen herrschende Anziehungskraft irgendwann nicht mehr leugnen können, steht noch immer ein großes Geheimnis zwischen ihnen, welches zunächst verhindert, dass sie sich wirklich näher kommen können.


Meine Meinung
Das Cover ist eigentlich ganz hübsch und gefällt mir deshalb, auch wenn es meiner Meinung nach auf dem Buch ein wenig besser zur Geltung kommt, als auf der CD.

Den Einstieg in die Geschichte fand ich ehrlich gesagt ein wenig holprig, und ich hatte eine ganze Zeit lang Probleme dabei, der Handlung nur durch's Zuhören zu folgen. Mit der Zeit hat sich das dann halbwegs gelegt und ich kam wesentlich besser mit, als zu Beginn.

Die Szene im Restaurant war mir als Leser schon ziemlich unangenehm, und ich war mir erst nicht wirklich sicher, ob ich mich danach überhaupt noch mit den Charakteren bzw. mit Ella anfreunden können würde. Bei ihr ist es mir zeitweise tatsächlich ziemlich schwer gefallen, nicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen zu wollen. Besonders ihre konstante Naivität, von der sie sich durch kein einziges Ereignis abbringen lassen konnte ging mir irgendwann ganz schön auf die Nerven. Sie ist zwar ein nettes Mädchen und mag die selben Fandoms wie ich, aber wer mit Drogen versetzte Getränke von einem Fremden annimmt oder einfach einen Typen bei sich einziehen lässt, den man gerade mal ein paar Wochen kennt und dann trotzdem immer noch so lebt, als wäre die Welt eine rosa Seifenblase, dem ist glaube ich auch nicht mehr wirklich zu helfen.

Darüber hinaus hatte ich auch ein wenig den Eindruck, dass sie und ihre Freundinnen sich stellenweise einfach gar nicht ihres Alters entsprechend verhalten, sondern irgendwie um einiges jünger wirken. Das hat mir jetzt nicht das ganze Buch verdorben oder so, aber auffällig war es halt schon.

Ches dagegen mochte ich wirklich gerne, er ist trotz seines mysteriösen Auftretens ein sympathischer Kerl mit viel Feingefühl. Stellenweise hat mich sein ewiges „Ich bin nicht gut genug und habe nur das Schlimmste im Leben verdient“- Gehabe schon sehr genervt, vor allem, da das ja eigentlich gar nicht stimmt und er sich selbst eigentlich völlig unnötig bestraft. Für seine Opferbereitschaft kann man ihn nun aber wirklich nicht hassen, nur bei dem ewigen Hin und Her zwischen ihm und Ella wurde es dann irgendwann etwas zu viel des Guten.

Der Aufbau der Geschichte war soweit eigentlich ganz gut gemacht, und besonders so alltäglich Szenen wie der Spielenachmittag mit der ganzen Gruppe oder der Kurs mit Ellas Tante waren sehr liebevoll gestaltet. Dann gab es jedoch auch wieder Phasen, in denen ewig auf ein und dem selben Ereignis herumgeritten wurde und sich die Handlung gefühlt gar nicht mehr vorwärts bewegen wollte. Genau diesen Eindruck hatte ich leider auch von der abschließenden Kampfszene zwischen Ella und Rory, die darüber hinaus ja auch wie schon erwähnt ein wenig erzwungen gefährlich auf mich gewirkt hat. Mit ein wenig mehr Nachdenken hätte man das halt irgendwie vermeiden oder einfach nur anders aufbauen können, dann wäre der dramatische Effekt vielleicht auch nicht ganz so unglaubwürdig geworden.

Beim Lesen wäre mir das eventuell nicht ganz so langatmig vorgekommen, da ich definitiv schneller lese als die Sprecherin vorliest. Das Vorlesetempo und leider auch die Betonung war nämlich ehrlich gesagt so gar nicht meins. Stellenweise klang es einfach nur mechanisch und unnatürlich, und besonders die Stimme von Teddy fand ich sehr unangenehm beim Hören und auch so gar nicht passend.

Die Stimme von Ches im Epilog dagegen war wirklich angenehm, und ich fand es sehr süß, ihn ein wenig aus der Zukunft der beiden erzählen zu lassen. Klar, ein Happy End kam jetzt nicht unbedingt unerwartet. Die Umsetzung finde ich aber sehr gelungen, besonders, da beide noch immer ihr eigenen Leben und auch jeweils ihre eigene Wohnung haben, um sich noch ein wenig Unabhängigkeit zu bewahren. Hätte mir der Epilog dagegen direkt was von einer gemeinsamen Wohnung, der anstehenden Hochzeit und der ersten Schwangerschaft erzählt, hätte ich vermutlich nur mit dem Kopf schütteln können.

Fazit
Auch wenn ich mit der Sprecherin und ihrer Vertonung der Geschichte mal mehr und mal weniger große Probleme hatte, ist mein Gesamteindruck durchaus in Ordnung. Manche Dinge hätte man eindeutig schneller und vor allem wesentlich logischer aufbauen können. So schwankte ich stellenweise zwischen Langeweile und ungläubigem Lachen, wobei ich stark davon ausgehe, dass diese Eindrücke durch das Hören einfach noch mal ein wenig verstärkt wurden. Beim Lesen hätte sich zumindest die Langeweile nicht so schnell eingestellt, weil ich einfach schneller vorwärts gekommen wäre als mit der CD und dementsprechend auch die langatmigen Stellen schneller hinter mich gebracht hätte.

Nichtsdestotrotz sind Ella und Ches ein süßes Paar mit einem gruppendynamisch toll aufgestelltem Freundeskreis, was besonders die Gruppenszenen zu meinen Lieblingsszenen gemacht hat. Ihre gemeinsame Entwicklung geht teilweise etwas zackig vonstatten, aber im Endeffekt haben auch sie eine tolle Dynamik und viel chemistry, womit man mich als Leser meistens doch noch irgendwie kriegt.

Insgesamt würde ich der Geschichte so ungefähr dreieinhalb, vielleicht auch vier Bücherstapel geben. Da mir die Betonung aber leider ein bisschen die Freude am Zuhören genommen hat, werde ich das Buch noch mal eigenständig betrachten und vergebe für das Hörbuch alleine drei großzügige Bücherstapel

Veröffentlicht am 23.08.2019

Und Schuld hatte Tinder

Mittwoch also
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Worum geht’s?
Hedda ist Anfang dreißig, hat ihren Job als freie Journalistin und ihre Langzeitaffäre Lukas verloren. Zur Frustbewältigung will sie nach Griechenland fliegen, entscheidet sich während einer ...

Worum geht’s?
Hedda ist Anfang dreißig, hat ihren Job als freie Journalistin und ihre Langzeitaffäre Lukas verloren. Zur Frustbewältigung will sie nach Griechenland fliegen, entscheidet sich während einer Notlandung in Sarajevo dagegen und will lieber auf dem sicheren Boden quer durch Europa zurück nach Norwegen reisen. Bei einem Zwischenstopp in Berlin lernt sie über Tinder Milo kennen, mit dem sie ein One-Night-Stand hat. Zuhause merkt sie dann, dass sie schwanger ist und möchte schnellstmöglich abtreiben, doch das Gesundheitssystem in Norwegen zwingt sie zu einer Bedenkzeit von drei Tagen. Kurzentschlossen nimmt sie sich eine Auszeit, um heraus zu finden, wie es mit ihr und ihrem Leben weiter gehen soll.


Meine Meinung
Das Cover sticht auf jeden Fall schon mal heraus und ist auch im Bücherregal ein echter Blickfang. Längere Zeit darauf zu starren, würde ich persönlich jetzt aber eher nicht empfehlen.

Die Grundidee der Geschichte finde ich super spannend zumal Abtreibung ja momentan auch eines der gesellschaftlichen Themen ist, welches äußerst kontrovers diskutiert wird. Diese Tatsache wird auch im Buch aufgegriffen, was ich persönlich schon ziemlich wichtig fand.

Den Schreibstil fand ich sehr leicht zu lesen, auch wenn ich manchmal ein wenig über die sehr zynische Art von Hedda gestolpert bin. Die teils harsche Wortwahl und den Sarkasmus der Protagonistin kann man so oder so deuten, vielleicht ist es einfach ihr Charakter, vielleicht sind es aber auch hormonbedingte Stimmungsschwankungen. Für mich hat das jedoch keinen besonders großen Aufhänger dargestellt, sondern maximal eine ab und an wiederkehrende Irritation.

Gleichzeitig gibt es jedoch auch etliche Passagen, in denen mich Heddas Art ziemlich zum Lachen gebracht hat, ebenso wie Milo, der mit seinen verrückten Geschäftsideen und dem Talent, auf die unmöglichsten Arten Geld zu verdienen eine echte Persönlichkeit darstellt.

Ob sein Lebensentwurf – oder das, was vorgibt eine Art Lebensentwurf zu sein – überhaupt in irgendeiner Art und Weise zukunftsfähig oder auch nur halbwegs realistisch ist, sei jetzt mal dahingestellt. Trotzdem wirken sein Einfallsreichtum und seine Spontanität auflockernd auf die durch die Verwirrung von Hedda sonst ein wenig konfus anmutende Geschichte.

Hedda habe ich während des Lesens als relativ verloren wahrgenommen. Ihre mehr-oder-weniger Beziehung zu Lukas wirkte auf mich sehr einseitig, vor allem in Bezug auf das Einbringen von Gefühlen. Die im Klappentext angesprochene Selbstbestimmung der Protagonistin wirkte auf mich damit ehrlich gesagt nicht wirklich authentisch, auch wenn es natürlich jedem selbst überlassen bleibt, sich für oder eben auch gegen eine glückliche und emotional gesunde Beziehung entscheiden zu können.

Ein wenig enttäuscht war ich auch davon, dass die drei Tage Bedenkzeit, die dann ja eigentlich zu sechs Tagen wurden, nur so oberflächlich behandelt wurden. Ich hätte mir ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht, oder zumindest ein paar mehr Einblicke in die Gedanken und die Gefühlswelt der Protagonistin. Dass sie eigentlich nicht nachdenken will – okay. Aber sie wird ja trotzdem Beweggründe für ihre Entscheidung haben, und die hätten mich persönlich schon ziemlich interessiert.

Ziemlich überrascht war ich deshalb auch, als sie dann auf einmal nach dem Ablauf der vorgeschriebenen Bedenkzeit und kurz bevor sie dann im Behandlungszimmer ihres Arztes sitzt einfach aufsteht und die Praxis verlässt. Sie wollte das Kind ja trotzdem nicht haben, deswegen konnte ich ihre Reaktion in dieser Situation ehrlich gesagt nicht so ganz einordnen.

Ein weiterer Punkt, der mir persönlich nicht so gut gefallen hat, war immer wieder das Auftauchen von Seiten, auf denen dann nur ein oder zwei Zeilen standen. Gerade bei den Foreneinträgen bin ich der Meinung, dass man die gut und gerne auch gemeinsam auf eine Seite hätte packen können. Wenn ich damit jetzt einen dramaturgischen Effekt verkenne, kann ich mich für meine analytische Inkompetenz nur entschuldigen. Für mich war allerdings der Lesefluss dadurch relativ häufig unterbrochen, was ich bei relativ kurzen Büchern – und dazu zähle ich Bücher mit weniger als 300 Seiten „echter“ Geschichte nun einmal – ein wenig problematisch finde.


Fazit
Obwohl ich „Mittwoch also“ an einigen Stellen ein wenig schwächeln sehe, hatte ich grundsätzlich schon Spaß beim Lesen. Die Charaktere sind – manchmal mehr, manchmal weniger gewollt – lustig, und werden mit Problemen konfrontiert, wie sie auch so ziemlich jeder Leser theoretisch kennen oder kennen lernen kann. Bei der Umsetzung der grundsätzlich viel Diskussionspotential bietenden Thematik hätte ich mir ein wenig mehr Tiefgang gewünscht, wobei ich auch durchaus verstehe, dass dies im Rahmen eines relativ kurzen Buches auch relativ schwer umzusetzen gewesen wäre. Insgesamt hatte das Buch zwar ein paar Schwächen, aber grundsätzlich hat mir das Lesen trotzdem gefallen.

Dafür gibt es drei Bücherstapel von mir.

Veröffentlicht am 19.07.2019

In der Toskana ist die Welt noch in Ordnung

Das Licht der Toskana
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Worum geht’s?
Julia, Camille und Susan, drei Frauen zwischen Ende fünfzig und Anfang sechzig, die sich bei der Besichtigung einer Seniorenwohnanlage kennen gelernt haben beschließen, ihren Lebensabend ...

Worum geht’s?
Julia, Camille und Susan, drei Frauen zwischen Ende fünfzig und Anfang sechzig, die sich bei der Besichtigung einer Seniorenwohnanlage kennen gelernt haben beschließen, ihren Lebensabend nicht dort, sondern lieber in der sonnigen Toskana verbringen zu wollen. Einmal dort angekommen, werden sie nicht nur von einer ganzen Menge an freundlichen Menschen willkommen geheißen, sie können sich auch endlich den Dingen widmen, für die sie bisher keine oder nur wenig Zeit fanden. Zwischen aufwendigen Gerichten und Kunstwerken finden die drei Grazien nicht nur Freundschaft und sogar die Liebe, sondern erkennen auch, dass das Leben auch in der zweiten Hälfte noch einige Überraschungen bereithalten kann. Das gilt nicht nur für diese drei, auch die Schriftstellerin Kit wird mit einigen Veränderungen in ihrem Leben konfrontiert und bildet trotzdem eine wichtige Stütze in der Fremde für die Auswanderinnen.


Meine Meinung
Das Licht der Toskana war für mich ein Buch, dass mich zwischenzeitlich ein wenig zwiegespalten zurückgelassen hat.

Das Cover ist zunächst einmal schön gestaltet, aber in wie weit die Früchte tatsächlich mit der Geschichte zusammen hängen, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht so ganz. Hübsch ist es trotzdem.

Beim ersten Blick in das Buch springt einem direkt das Inhaltsverzeichnis ins Auge, was ja mittlerweile kein selbstverständlicher Bestandteil eines Buches mehr ist. Ich finde das sehr praktisch, um den Überblick zu behalten, denn darauf war ich nach circa dem ersten Drittel des Buches auch definitiv angewiesen. Die Erzählung wechselt zwischen Parts aus Kits Perspektive und Parts aus den Perspektiven des drei Damen hin und her, teilweise auch schon nach sehr wenigen Seiten. Für mich persönlich war das ein wenig gewöhnungsbedürftig, auch wenn man das Buch so problemlos in mehreren Etappen lesen konnte.

Zu Anfang bin ich trotz der Stückelung eigentlich ganz gut in die Geschichte rein gekommen. Der Schreibstil in den Teilen aus Kits Perspektive ist an manchen Stellen ein wenig sperrig, besonders dann, wenn man mit Namen berühmter und einflussreicher Persönlichkeiten überschüttet wird. Insgesamt hätten es meiner Meinung nach besonders am Anfang des Buches aber ruhig noch ein paar Teile mehr aus ihrer Perspektive geben können, denn sie war mir irgendwie am sympathischsten und ihre Geschichte und ihr Schicksal haben mich von allen Protagonisten tendenziell am meisten interessiert. Besonders die Sache mit ihrer Freundin Margaret fand ich sehr spannend, auch wenn es für mich zunächst relativ lange so klang, als handele es sich bei dieser Freundin um ein Produkt ihrer Fantasie bzw. um Margaret Mitchell, die Autorin von Vom Winde verweht. Mittlerweile bin ich mir selbst nicht mal mehr ganz sicher, wie ich auf die Idee gekommen bin.

Bei der Figur Margaret bin ich mir noch immer nicht ganz sicher, was ich von ihr halten soll. Auf der einen Seite hat sie, genau wie auch die anderen Charaktere, einige harte Schläge im Leben einstecken müssen. Sicherlich wirkt sich das auf den Charakter aus, aber trotzdem macht sich Margaret in den Erzählungen von Kit nicht gerade besonders beliebt bei mir.

Camille, Julia und Susan fand ich als Protagonisten eigentlich ganz nett, auch wenn ihre Anteile an der Handlung nicht durchgehend gleichmäßig verteilt waren. Mein größtes Problem beim Lesen war tatsächlich, dass ich die drei relativ lange nicht unterscheiden konnte und immer wieder hin und her blättern musste, um ihre Geschichten und Namen nicht zu verwechseln. Dem Lesefluss in diesen Abschnitten war das absolut nicht zuträglich, was ich durchaus schade fand.
Etwas unrealistisch kam mir dann irgendwann auch vor, dass es so absolut gar keine Probleme mehr in ihrem Leben zu geben schien, seit die drei in die Toskana gezogen sind. Es gibt keine Streitigkeiten, obwohl sich die Damen alle noch nicht so lange kennen und dann direkt in ein gemeinsames Haus gezogen sind. Auch Sprachbarrieren sind kaum vorhanden und das Erlernen einer neuen Sprache klappt mit einigen Ausnahmen fast mühelos. Finanziell scheinen alle drei überdurchschnittlich gut abgesichert zu sein, denn Ausgaben gibt es wirklich viele. Seien es opulente Mahlzeiten mit Nachbarn oder kostspielige Kunstutensilien – ganz zu schweigen von dem Kauf der Villa nach dem Ablauf des ersten Jahres – alles scheint problemlos machbar zu sein.

Realistisch ist das vielleicht nicht unbedingt gerade, aber nett zu lesen ist es trotzdem. Nach einiger Zeit wäre dann etwas Abwechslung doch noch ganz schön gewesen, denn gerade im letzten Drittel zog sich die Geschichte für meinen Geschmack einfach ein wenig zu sehr hin. Im Gegensatz zum Anfang kam ich gefühlt einfach nicht vorwärts mit dem Buch und musste mich ein wenig durchbeißen. Im Prinzip war es immer das selbe: Es wurde eingekauft, aufwändige Gerichte gekocht und viel gemalt. Bei einem Roman darf man zwar nicht mit großen Spannungsbögen rechnen, und in gewissen Maßen ist das traumhafte Toskana – Leben auch angenehm zu lesen, aber nach knapp 600 Seiten war die Geschichte meiner Meinung nach dann doch einfach ein bisschen ausgekaut.


Fazit
Das Licht der Toskana war für mich vor allem ein netter Roman mit ganz viel italienischem Flair, mit sehr vielen Gerichten und einem durchgehenden Gute – Laune – Setting unter der glänzenden Sonne der Toskana, den man sicherlich gut über den Sommer lesen kann – wenn man ihn in mehreren Stücken liest. Sobald man den Überblick über die Figuren und ihre Geschichten gewonnen hat und sie wirklich sicher unterscheiden kann, leidet auch der Lesefluss nicht mehr so sehr unter der Stückelung in relativ kurze Unterkapitel.
Kit bleibt meine Lieblingsprotagonistin und rettet den etwas unnötig in die Länge gezogenen Schluss der Geschichte mit ihrer Anwesenheit ein wenig, so dass ich nicht nur mit einem monotonen Gefühl der Langeweile aus dem Leseprozess gehen musste.
Mit etwa 100 Seiten weniger und einem Verzicht auf die Wiederholung der immer gleichen Ereignisse und Tätigkeiten zum Ende hin hätte mir die Geschichte mit Sicherheit um einiges besser gefallen und nur das leichte Gefühl von ganz viel Toskana – Liebe hinterlassen.
So fand ich das Buch aber trotzdem ganz nett, um einen entspannten Nachmittag im Garten zu verbringen und ein wenig vor mich hin zu lesen.

Dafür gibt es von mir insgesamt drei Bücherstapel

Veröffentlicht am 27.05.2019

Ein Thriller mit ein paar Schwächen und vielen Flamencogitarren

Nachtschattenmädchen
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Worum geht's?
In Nachtschattenmädchen begegnet man der siebzehnjährigen Karla, die den Sommer eigentlich mit ihrer besten Freundin Lotte in Spanien verbringen wollte. Da diese aber zu beschäftigt mit ihrem ...

Worum geht's?
In Nachtschattenmädchen begegnet man der siebzehnjährigen Karla, die den Sommer eigentlich mit ihrer besten Freundin Lotte in Spanien verbringen wollte. Da diese aber zu beschäftigt mit ihrem neuen Freund ist, fährt Karla alleine nach Granada. Ihre Gastmutter Rosa schickt sie mit ihrem Neffen Naldo zu einer nächtlichen Führung durch die Alhambra, wo Karla Bruchstücke eines Streits zwischen zwei Frauen belauscht. Am nächsten Morgen wird die ausgeblutete Leiche einer Nonne gefunden, und das Phantombild der mutmaßlichen Täterin zeigt eindeutig Karla. Gemeinsam mit Naldo versucht sie herauszufinden, was tatsächlich in dieser Nacht geschah und wie es ihr Gesicht auf das Phantombild geschafft hat.


Meine Meinung
Nachtschattenmädchen ist definitiv ein Buch, das nicht ganz so verläuft, wie ich es erwartet hätte. Besonders positiv ist mir zunächst vor allem aufgefallen, dass die Geschichte nirgendwo unnötig in die Länge gezogen wird und flüssig zu lesen ist. Teilweise werden Szenen sogar relativ kurz behandelt und in einigen wenigen Nebensätzen abgehandelt. Zum Ende hin hat mich das ein wenig gestört, da einige relativ wichtige Szenen zur Auflösung der Hintergrundgeschichte für meinen Geschmack viel zu nebensächlich dargestellt wurden und den Schlussteil deshalb ein wenig hektisch erscheinen ließen.

Was ich so auch noch nicht besonders häufig in Büchern gesehen habe, waren die kleinen Erklärungen zu den spanischen Wörtern unten auf den jeweiligen Seiten. Für jemanden ohne Spanischkenntnisse war das sehr angenehm, da man nicht erst nachschlagen musste, was einem da gerade mitgeteilt werden sollte.

Etwas weniger positiv überrascht war ich dann von einigen der Figuren. Besonders Karla, aus deren Perspektive die Geschichte überwiegend erzählt wird, kam mir irgendwie nicht ganz stimmig vor. Auf der einen Seite hat sie kein Problem damit, nur mit einem Faltplan bewaffnet eine ihr unbekannte Stadt zu erkunden oder Spanisch mit Einheimischen zu sprechen. Auf der anderen Seite wird dann jedoch immer wieder betont, dass sie Angst im Dunkeln hat und sich von irgendjemandem beobachtet fühlt. Zu ihrer Mutter, die sie nur Doris nennt, hat sie kein besonders gutes Verhältnis. Aber dieser deshalb erst einen Tag vor der Abreise nach Spanien mitzuteilen, dass Karla eine Sprachreise dorthin machen wird, finde ich dann doch schon etwas extrem. Ich konnte mit Doris zwar auch nicht so richtig warm werden, dafür ging sie mir zu Anfang viel zu sehr auf die Nerven, aber als Erziehungsberechtigte einer Minderjährigen wäre es halt schon ganz nett, wenn sie wüsste, wo ihre Tochter den Sommer verbringen wird.
Auch als Karla auf Alba trifft, finde ich ihr Verhalten nicht immer ganz nachvollziehbar. Die beiden sehen aus wie Zwillinge, doch besonders Alba verhält sich zunächst fast feindselig gegenüber ihrer Doppelgängerin. Ein Zeit lang vermutet Karla, dass Alba verantwortlich für den Mord an der Ordensschwester sein könnte und sie deshalb auf dem Phantombild zu sehen ist. Aber das scheint dann auf einmal völlig egal zu sein, als Karla eine Verbindung zwischen sich und Alba erkennt, die einen nicht unbedeutenden Einfluss auf ihr Leben hat. Wer nicht völlig blind durch das Buch geblättert hat, der konnte sich auch vorher schon in etwa denken, warum sich die beiden so ähnlich sehen. Ich habe mich trotzdem gefragt, ob es wirklich normal ist, dass zumindest Karla Alba nach so kurzer Zeit nie wieder verlieren will. Mir persönlich ging diese absolute Kehrtwende der Gefühle etwas zu schnell, auch wenn ich mich natürlich gefreut habe, dass die beiden sich schlussendlich gefunden haben.

Karlas Gastmutter Rosa zählt eindeutig zu meinen Lieblingscharakteren. Sie ist eine unglaublich liebe Person, die sich gut um Karla kümmert, ohne sie dabei zu erdrücken. Ihre eigene Tochter ist elf Tage nach der Geburt verstorben, auch wenn sie nach etwas mehr als vierzig Jahren immer noch nicht so wirklich daran glaubt, sondern eine Entführung vermutet. Mir tat sie wirklich leid, da der Verlust eines Kindes sicherlich nicht leicht zu verkraften ist und sie trotzdem noch mit so viel Liebe für ihre Mitmenschen da ist.

Auch Rosas Neffen Naldo fand ich sehr sympathisch, er war immer da, wenn Karla ihn brauchte und hat sie ernst genommen, obwohl ein Altersunterschied von fünf Jahren zwischen den beiden besteht. Gleichzeitig habe ich mich manchmal jedoch auch gefragt, ob er nichts wichtigeres in seinem Leben zu tun hat, als immer sofort dahin zu kommen, wo Karla ihn gerade braucht.

Etwas zu kurz gekommen ist mir ehrlich gesagt der Mordfall, der überhaupt erst dafür gesorgt hat, dass sich Karla und Alba begegnet sind. Da Karla auf dem Phantombild zu sehen ist, hätte ich irgendwie erwartet, dass das mehr Auswirkungen auf sie und ihren Aufenthalt hat. Aber selbst, als man ihre DNA an der Leiche fand, wurde sie lediglich noch einmal befragt. Das kam mir irgendwie ein wenig unrealistisch vor, denn ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass man die Hauptverdächtige in einem Mordfall einfach so frei herum laufen lässt.
Außerdem hatte ich bei der Gewichtung von Mordfall und Familiengeschichte eher das Gefühl, dass der bzw. die Mordfälle zweitrangig waren und der Fokus eher auf den Hintergründen der Familiengeschichte von Karla und Alba lag.


Fazit
Mit Nachtschattenmädchen hat Kerstin Cantz eine nette und kurzweilige Geschichte entworfen, die uns ins schöne Granada entführt. Ohne Frage kann man damit einen schönen Nachmittag verbringen, aber das wirkliche „Thriller – Feeling“ bleibt aus. Stattdessen wird man mit zwei berührenden Lebensgeschichten konfrontiert, deren Authentizität leider nicht immer von den Protagonisten unterstützt wird. Alles in allem hat mir Nachtschattenmädchen aber trotzdem in einigen Punkten gut gefallen und darf sich jetzt einen Platz in meinem Bücherregal suchen gehen.

Dafür vergebe ich drei kleine aber feine Bücherstapel