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Veröffentlicht am 03.01.2020

Ein toter Eremit, wird für Frida und Bjarne zum mörderischen Puzzle

Sterbekammer
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Einer der unheimlichsten Orte der Marsch. Die Deichmühle ragt, mit ihrer maroden Erscheinung, dunkel in den Himmel auf. Sie wirkt verfallen und verlassen, doch seit Jahren führt der alte Hader hier sein ...

Einer der unheimlichsten Orte der Marsch. Die Deichmühle ragt, mit ihrer maroden Erscheinung, dunkel in den Himmel auf. Sie wirkt verfallen und verlassen, doch seit Jahren führt der alte Hader hier sein zurück gezogenes Leben. Er meidet jeglichen Kontakt zu anderen Menschen. Die Polizistin Frida entdeckt zufällig eines nachts die Leiche des Eremiten. Dies bleibt allerdings nicht der einzige grausige Fund in diesem alten Gebäude. Die Entdeckung lässt grausiges erahnen und Bjarne fällt ein Detail ins Auge, welches ihm nur allzu bekannt vorkommt. Doch der Fall, der verschwundenen jungen Frau liegt fast 10 Jahre zurück. Sie wurde bis heute nicht gefunden. Woher hat der kauzige Mann das Sommerkleid in dem sie verschwunden ist…?
Romy Fölck, die aus Meißen stammende Autorin, ist mittlerweile in der Elbmarsch beheimatet. Sie schafft es mit scheinbarer Leichtigkeit den Leser an die dunkelsten Orte zu entführen. Die Inspiration für ihre Bücher befindet sich quasi vor ihrer Haustür. Sie vollbringt den Spagat mit ihrer Umgebungsbeschreibung und viel Atmosphäre, Spannung zu erzeugen ohne Ausschweifend zu werden. Auch in ihrem dritten Teil gelingt es ihr Effekte so gezielt zu platzieren, dass man als Leser die Anspannung von Frida und Bjarne übernimmt und ganz in der Situation vertieft, anfängt flacher zu Atmen. Doch nicht nur im reinen Kriminalfall rasen Frida und Bjarne durch Höhen und Tiefen. Was ihre Charaktere authentisch macht und ihnen Gewicht und Farbe verleiht, ist nicht mal ein Bruch und der Story, den Romy Fölck baut sie geschickt ein und schafft es selbst in diesen Privat Sequenzen, die Spannung aufrecht zu erhalten. Auch in Sterbekammer dreht es sich für Bjarne und Frida wieder um die Ermittlungen eines aktuellen Falles und eines Coldcase. Die Spuren ins reine zu bringen und mit den Geschehnissen vor fast 10 Jahren zu verknüpfen erfordert all ihre Fähigkeiten als Ermittler. Doch genau da wird es erst recht interessant. Der Switch in der Geschichte, das Spiel mit der eignen Wahrnehmung ist ihr in diesem Teil besonders gut gelungen. Ein Fall, dessen Schilderungen sowohl schockieren als auch menschlich berühren, großartig und spannend, mit Elbmarsch Atmosphäre und viel nordischem Flair erzählt.
Fazit: ein spitzen Kriminalroman, der nicht nur eingefleischten Krimifans, sondern auch Thriller Lesern die Gänsehaut über den Rücken jagen wird. Trotz drittem Teil, lässt sich das Buch auch unabhängig zu den Vorgängern lesen.

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Veröffentlicht am 12.12.2019

Nur ein Wunder!

Eine Kiste voller Weihnachten
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24. Dezember 1980, Vincent Storch, der Hersteller der berühmten „Dresdner Pappen“, stellt am Vormittag des Heilig Abend, mit Entsetzen fest, dass die Lieferung einer Kiste vergessen wurde. Persönlich macht ...

24. Dezember 1980, Vincent Storch, der Hersteller der berühmten „Dresdner Pappen“, stellt am Vormittag des Heilig Abend, mit Entsetzen fest, dass die Lieferung einer Kiste vergessen wurde. Persönlich macht er sich auf, die Lieferung noch pünktlich vor dem Fest zu überbringen.
Unterwegs bittet Lisbeth darum, von ihm mitgenommen zu werden, doch Storch schlägt den Wunsch des Kindes kaltherzig aus. Dass das Mädchen trotzdem heimlich auf seinem Wagen mitfährt, merkt er zu nächst nicht. Doch als das Schneegestöber im Gebirge zunimmt, sind beide bald aufeinander angewiesen. Mitten im verschneiten, kalten Winterwald geschieht ein wahres Weihnachtswunder.
Ralf Günther, geborener Kölner, studierte Theater-, Film-, und Fernsehwissenschaften. Der Schriftsteller und Drehbuchautor schrieb erfolgreiche historische Romane, wie den Bestseller „Der Leibarzt“. Er lebt heute in der Nähe von Dresden.
Eine Kiste voller Weihnachten ist eine wundervolle Weihnachtsgeschichte, die aufgrund ihres gefühlskalten Protagonisten, an die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens erinnert. Storch, dessen ganze Firma auf dem Zauber dieser weihnachtlichen Zeit aufbaut, verachtet jedoch eben jenes Fest. Mürrisch löscht er an diesem Tag die Lichter in seiner Firma, als er die vergessene Kiste entdeckt. Einzig sein Streben nach Akkuratesse und den guten Ruf der Firma über ihre Pünktlichkeit zu erhalten, treibt ihn zu dem verrückten Vorhaben, die Kiste am Heilig Abend noch ins verschneite Zinnwald im Erzgebirge transportieren zu wollen. Lisbeth jedoch muss dringend nach Hause. Ein schier unmögliches Unterfangen für ein 11-jähriges Mädchen, doch Lisbeth ist voller Zuversicht und der tapfere Charakter dieser Handlung. Allerdings muss selbst sie lernen, dass es nicht nur barmherzige Menschen auf dieser Welt gibt. Am Ende haben beide dringend ein Wunder nötig um noch in dieser Nacht an ihr Ziel zu gelangen. So wird diese Reise für beide zu einer unvergesslichen Begegnung. Eine bezaubernde Weihnachtsgeschichte über die verblendete, sture Sichtweise eines Erwachsenen und den wunderbar kindlichen Glauben, Hoffnung und die Gabe in jedem Menschen gutes zu wähnen. Darüber Emotionen anderer Menschen lesen zu können und das eigen Herz nicht vor ihnen und der Welt zu verschließen. Liebevoll finden erzgebirgische Traditionen, wie das Neunerlei und das zusätzliche Gedeck, welche auch heute noch zum Teil gelebt werden, Platz in dieser Erzählung. Man fühlt sich wirklich in diesen kalten Winterwald 1890, auf diese Pferdekutsche versetzt. Doch trotz dem kalten Schneegestöber schafft Ralf Günther es, das Herz des Lesers zu erwärmen und ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Tolle, liebenswerte Charaktere, liebevolle Detailtreu und ein flüssig zu lesender Schreibstil machen die Geschichte vom alten, griesgrämigen Christbaumschmuck Hersteller und seiner zunächst ungebetenen Begleiterin, die Seite für Seite sein Herz erwärmt, zu einem puren Lesevergnügen.
Fazit: Wer Weihnachten liebt, wird auch dieses Buch und seine Charaktere ebenfalls ins Herz schließen. Wer diese Zeit hasst, sollte es umso mehr lesen, denn es zeigt auf, dass nicht alles schlecht ist auf dieser Welt und man jeden Tag aufs neue die Möglichkeit hat sich zu ändern.

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Veröffentlicht am 20.09.2019

Mein Toast auf Mr. Hannigen

Ein Leben und eine Nacht
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An der Hotelbar, in einer irischen Kleinstadt, sitzt Maurice Hannigen. Er ist 84 Jahre alt und blickt in dieser bewegenden Nacht auf sein Leben zurück. Dabei wird er fünf Mal das Glas erheben und auf Personen ...

An der Hotelbar, in einer irischen Kleinstadt, sitzt Maurice Hannigen. Er ist 84 Jahre alt und blickt in dieser bewegenden Nacht auf sein Leben zurück. Dabei wird er fünf Mal das Glas erheben und auf Personen anstoßen, die sein Leben gezeichnet, bereichert und auch verändert haben. Maurice war nie ein Mann der großen Worte, doch in dieser Nacht offenbart er Geheimnisse, die er lange vor sich selbst versteckt hat.
Anne Griffin die, für ihre Kurzgeschichten bereits ausgezeichnete, irische Schriftstellerin, legt mit „Ein Leben und eine Nacht“ ein unfassbar packendes und bewegendes Romandebüt hin. Wir begleiten Maurice durch sein Leben, werden Zeugen wichtiger Augenblicke, verweilen bei bedeutenden Personen und schreiten, dann weiter auf diesem, bei Gott, nicht gerade einfachen Lebensweg. All diese kleinen Begebenheiten bilden ein großes Ganzes, ein sehr bewegtes Leben. Diese Erlebnisse prägten und formten ihn und ließen Maurice zu dem Menschen werden, der er heute Abend in dieser Hotelbar nun einmal ist. Doch dieses Buch ist bei weitem keine Autobiografie, in der man chronologisch durch sein Leben schreitet. Es ist viel mehr wie ein Abend mit dem eigenen Vater/ Großvater. Das schwelgen in Erinnerungen, das Wiedererleben emotionaler Momente um hier und da kurz von der eigentlichen Geschichte abzukommen, weil ihm noch etwas viel Bedeutsameres in den Sinn kommt. Anne schönt absolut nichts in Maurice Leben und malt auch seine härtesten Stunden mit all ihrer Schärfe und Deutlichkeit. Er ist ein Protagonist, denn man einfach nur gernhaben kann. Sie verleiht ihm, durch ihre Ausdrucksstärke und den vielen liebevollen Details, so viel Lebendigkeit und charakterliche Tiefe, dass er unfassbar gut greifbar für den Leser wird. Er ist dickköpfig, etwas mürrisch, hat seine Fehlbarkeiten und Eigenheiten aber genau das macht ihn und seine Geschichte so authentisch. Man kann gar nichts gegen die Gefühle tun, die dieser Roman in einem auszulösen vermag. Ich habe geschmunzelt, gehasst aber vor allem habe ich geweint. Der klare Erzählstil, der ganz ohne Schnörkel, im richtigen Moment die passende Formulierung findet, um den Leser in den Bann zu ziehen. Sie lässt uns hautnah die Entscheidungen, die daraus resultierenden Konsequenzen und die damit verbundenen Gefühle spüren. Ein sehr tiefgründiger Roman, der trotz all seiner Traurigkeit auch Hoffnung macht. Ich hatte durchweg das Bedürfnis, meine Lieben in den Arm zu nehmen und „Danke für alles, ich hab dich so lieb!“ zu sagen. Für mich ist die wieder ins Gedächtnis gerufene Dankbarkeit das wichtigste, was ich aus diesem Buch mitgenommen habe. Dankbarkeit für all die lieben Menschen und der recht manierlich gemeisterten Krisen in meinem eigenen Leben. Etwas was in dieser Schnelllebigen und materiell orientierten Zeit zu oft aus dem Fokus gerät.
Fazit: Ein grandios traurig und ebenso authentischer Roman, der trotz aller Tränen, Liebe und Zuversicht bei mir hinterlassen hat. Ich kann das Buch nur empfehlen aber vielleicht sollten beim Lesen die Taschentücher Griffbereit liegen.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Im Bann von Idlewild Hall

Die schwarze Frau
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Vermont, in einem abgeschiedenen Mädcheninternat erzählen sich 1950, Schülerinnen diverse Schauergeschichten. Doch eine dieser Geschichten hält sich hartnäckig, sie handelt von der schwarzen Mary. Als ...

Vermont, in einem abgeschiedenen Mädcheninternat erzählen sich 1950, Schülerinnen diverse Schauergeschichten. Doch eine dieser Geschichten hält sich hartnäckig, sie handelt von der schwarzen Mary. Als eines der Mädchen unter mysteriösen Umständen verschwindet, ist zu befürchten, dass Mary doch mehr ist, als eine reine Spukgeschichte. 64 Jahre nach diesem Vorfall kann sich die Journalistin, Fiona Sheridan dem Bann des längst geschlossenen und verlassenen Internats kaum entziehen. Sie war selbst nie Schülerin auf Idlewild Hall, dennoch verbindet sie seit 20 Jahren nichts als Schmerzen mit diesem Ort. Als bei den Renovierungsarbeiten des alten Gebäudes eine Mädchenleiche gefunden wird, geht für Fiona kein Weg mehr an der Wahrheit vorbei. Sie muss wissen, was hier passiert ist. Doch schafft sie es, Idlewild Hall seine dunklen Geheimnisse zu entlocken?
„Die schwarze Frau“ ist der, erste in Deutschland erschienene, Roman der kanadischen Autorin Simone St. James. Schon in der High-School schrieb sie ihre erste Gruselgeschichte. Sie war 20 Jahre in der Filmbranche tätig, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. In diesem Buch switcht sie zwischen zwei Zeitebenen: 2014- Fionas Sicht und die aktuellen Geschehnisse und 1950- die Perspektive, der in 1950, in der Lehranstalt lebenden Mädchen. Auch Fionas Vergangenheit spielt eine Rolle und so interessant diese auch ist, übt das Internatsleben und die beklemmende Atmosphäre dessen, eine ganz eigene Faszination auf den Leser aus. Den Mädchen, die alle einen unterschiedlichen Grund für ihren Aufenthalt im Internat haben, fällt der Alltag an diesem Ort schwer. Idlewild Hall ist schließlich kein Elite Internat, sondern eher ein Ort für ungeliebte, ungewollte, uneheliche oder gar „schwer erziehbare“ Töchter. Doch die vier, so unterschiedlich sie auch sein mögen, raufen sich zusammen und stehen für einander ein, um diesen undenkbar tristen, fremdbestimmten Alltag und auch ihre Erinnerungen zu überstehen. Fiona will eigentlich nur eins, Gewissheit, was vor 20 Jahren mit ihrer Schwester, die Tod auf dem Sportplatz, des bereits stillgelegten Internates, gefunden wurde, passiert ist. Doch der erneute Leichenfund auf dem Grundstück und ihre Recherchen lassen ihr keine Ruhe und führen sie Stück für Stück in die düstere Vergangenheit. Durch die 440 Seiten zog sich neben der wirklich brillant konstruierten Story, dem interessanten Background und der stets unheilvollen Atmosphäre auf Idlewild Hall, auch durchweg vorhandene, stetig steigende Spannung. Der Schreibstil war sehr klar und flüssig zu lesen. Die Autorin nutzt das Potenzial ihrer Kulisse, einmal als düsteres, schauriges Mädcheninternat und zum anderen als verlassene Ruine mit spektakulärer „Lost Place“ Atmosphäre, voll aus. Trotz der Geistergeschichte um die „Schwarze Mary“ schafft sie es, sich nicht in Hokuspokus Details zu verstricken und fährt ihre Linie um die Mordfälle klar und nah an der Realität weiter. Obgleich der vielen zu Wort kommenden Charaktere, sind diese von Grund auf in ihren Wesenszügen verschieden und so wunderbar ausgearbeitet, dass man unweigerlich mit ihnen mitfühlt. Ohne sich in Einzelheiten zu verstricken oder den Leser gar mit unnötigen Informationen zu füttern, erzählt Simone St. James in ihrem Roman die Geschichte von Mut, Freundschaft, Schmerz und dem zusammen halt von 4 Mädchen, denen Fiona über den Strom der Zeit hinweg in Idlewild Hall manchmal näher ist, als sie glaubt.
Fazit: Ein Roman, der mich durchweg fesseln konnte. Tolle Story, gut durchdacht und nicht zu übertrieben. Die atmosphärischen Gruselelemente gaben dem Ganzen noch das i-Tüpfelchen. Ein durch und durch gutes, empfehlenswertes Buch.

Veröffentlicht am 20.05.2019

Vom Leben und Lieben, wenn man sich selbst nicht mehr fühlt.

All das zu verlieren
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Für außenstehende führt Adéle ein sehr wünschenswertes Leben. Sie hat alles, was sie sich laut gesellschaftlichen Konventionen wünschen könnte. Angesehener Job, einen Mann, ein Haus und ein gesundes Kind. ...

Für außenstehende führt Adéle ein sehr wünschenswertes Leben. Sie hat alles, was sie sich laut gesellschaftlichen Konventionen wünschen könnte. Angesehener Job, einen Mann, ein Haus und ein gesundes Kind. Doch all dies erfüllt sie nicht. Um der Tristesse des Alltags zu entfliehen, trifft sie sich mit Männer, hat Sex mit Fremden. Obwohl sie weiß, dass sie all dies verlieren könnte und sie davor große Angst hat, treibt es sie immer wieder um. Sie kann dem Drang, für einen kurzen Moment wieder Leben in sich zu spüren, nicht widerstehen. Bis sie im Strudel der Geschehnisse, droht die Kontrolle und sich selbst zu verlieren…
Leïla Slimani ist eine französisch- marokkanische Schriftstellerin und Journalistin. Für ihren ersten Roman „Dans le jardin de l’ogre“ (Originaltitel, Deutsche Ausgabe: All das zu verlieren) wurde sie in Marokko mit dem Prix de La Mamonia ausgezeichnet. In diesem Roman wartet sie mit einer eher ungewöhnlichen Protagonistin auf. Die Sympathischste ist sie für Menschen mit herkömmlichen Gepflogenheiten sicher nicht. Doch wer sich die Zeit nimmt tiefer in die Geschichte einzutauchen, spürt schnell, den Kampf, den sie deshalb auszufechten hat. Sie ist so gar nicht glücklich mit ihrem Leben. Obwohl sie alles erreicht hat, was die Gesellschaft uns Frauen als erstrebenswert vorgibt, spürt sie diese allumfassende Leere. Nichts von alle dem macht sie glücklich. Der Alltag, der sie doch erfüllen sollte, droht sie zu ersticken. Sie verabscheut den Müßiggang ihres Lebens und würde lieber auf Händen getragen und bewundert werden. Sie kann mit ihrem Mann nicht viel anfangen, sie will weniger geliebt als mehr begehrt werden, spüren das ihr pure Existenz etwas auslöst. Sie will genommen werden, sich selbst fühlen, die Kontrolle verlieren. Doch sie stürzt immer tiefer in den Strudel einer Spirale, die gleich eines Drogenabhängigen, nur Abwärts führen kann. Denn irgendwann reicht das alles nicht mehr aus, um ihr das Gefühl zu geben am Leben zu sein, sich selbst noch spüren zu können. Dabei riskiert sie alles zu verlieren, was ihr mehr bedeutet als sie selber ahnt. Schreckt Adéles Handeln auf den ersten Blick ab, so ist wahrscheinlich den meisten der Gedanke, unglücklich und müde des Alltags zu sein und daraus ausbrechen zu wollen mehr als bekannt. All das zu verlieren ist ein Bewegender Roman darüber, was ist wenn, dieses Gefühl übermächtig wird und man im aufrecht erhalten von Konventionen sich selbst völlig verliert und welche Wege man beschreitet um nur für einen kurzen Augenblick Luft zu bekommen. Trotz des vermeintlichen Rettungsversuches spitzt sich die Geschichte unaufhaltsam und dramatisch zu. Die Zerrissenheit von Adéle zu spüren, darüber ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein und dem Zwang dunkle Wege zu beschreiten, ließ mich während des Lesens in ein tiefes Loch stürzen. Wer denkt, hier etwas Oberflächliche, mit Sex gewürzte Unterhaltung zu bekommen, der liegt falsch. Das sexuell gezeigte Bild wandelt wahrscheinlich weit ab von der herkömmlichen Moralvorstellung und doch erkennen sich sicher einige wieder. Jede Frau, hat Momente in denen sie gehalten, genommen, begehrt werden möchte. Gefangen vom kurzen, prägnanten, schnörkellosen Erzählstil der Autorin, steht der Leser mit Adéle am Abgrund. Zurückzutreten und nicht zu Boden zu stürzen fällt hier nicht leicht, denn Frau Slimani hält einen fest und lässt so manchen auch nach dem Buch nicht mehr los.
Fazit: ein wirklich bewegendes Buch über uns Frauen, gesellschaftliche Konventionen, den Willen durchzuhalten, einer Abhängigkeit aus Begehren und Begehrt werden und der oft vergessenen aber wichtigsten Liebe, der Selbstliebe. Ein Highlight im auf und letzten Endes auch tiefen ab, der Gefühle und für mich auch ein Stück weit Augenöffner.