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Veröffentlicht am 01.09.2020

Die Schwermut überwiegt

Riviera - Der Traum vom Meer
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Dieser historische Roman, der die Jahre 1922 bis 1936 umspannt, bildet den Auftakt zur Riviera-Reihe aus der Feder von Autorin Julia Kröhn und hat mich mit derart gemischten Gefühlen zurückgelassen, dass ...

Dieser historische Roman, der die Jahre 1922 bis 1936 umspannt, bildet den Auftakt zur Riviera-Reihe aus der Feder von Autorin Julia Kröhn und hat mich mit derart gemischten Gefühlen zurückgelassen, dass die erhoffte (in einen geschichtlichen Kontext verpackte) sommerliche Leichtigkeit beinahe gänzlich ausgeblieben ist.

Die junge Salome ist Halbwaise und lebt zusammen mit ihrem stets in Tagträumen verlorenen Vater Arthur, der ein Reisebüro in Frankfurt leitet. Zunächst fällt die Betreuung des kleinen Mädchens noch in den Aufgabenbereich ihrer altmodischen, oftmals strengen Großmutter, die allerdings recht bald verstirbt. Fortan nimmt sich Untermieterin Paola, in der Salome längst eine Art Schwester sieht, der kleinen Familie an, reißt den naiven Arthur aus seiner Lethargie und fädelt einen Urlaub in ihrem Heimatland ein: Italien. Kurzum wird beschlossen, dass man sich den boomenden Tourismus im Süden zunutze machen und expandieren sollte. Unterstützt wird Familie Sommer dabei vom Hotelier Renzo Barbera, dessen unscheinbare, pummelige, von ihren zwei Brüdern schikanierte Tochter Ornella zu Salomes bester Freundin wird. Aber bald wirft der Zweite Weltkrieg seine Schatten voraus und auch die innige Freundschaft der Mädchen ist in Gefahr, als Félix, Sohn eines französischen Unternehmers, in ihr Leben tritt – Ornella ist ihm regelrecht verfallen, doch der zynische junge Mann straft sie regelmäßig mit Demütigung und Ignoranz, während Salome schon eher sein Interesse erweckt…

Zunächst möchte ich festhalten, warum ich mich mit der Beurteilung dieses Werkes schwergetan habe: Schreibstil und Impressionen zur Szenerie verdienen 5 Sterne; Handlung, Figuren und Gesamteindruck schaffen es hingegen auf 3 Sterne. Ich lese des Öfteren historische Romane, hatte mir also keine reine Happy-Sunshine-Story erwartet und wurde diesbezüglich nicht enttäuscht. Stattdessen gab es jedoch Realität, Tiefsinn und persönliche Dramen im Überfluss. Die erhoffte sommerliche Lektüre mit historischen Elementen entwickelte sich ab Mitte der Handlung in Richtung Schicksalsroman mit eher ernüchterndem Unterton. Diese Tendenz fand ich insbesondere schade, da gerade die ersten Kapitel, in denen wir Salome als junges Mädchen erleben, mit herrlich witzigen Elementen gespickt sind und mich mehrmals auflachen ließen. Ich war begeistert! Mit fortschreitender Handlung stellte sich allerdings eine gewisse Schwermut ein; die Dreiecksgeschichte zwischen Salome, Ornella und Félix habe ich als viel zu ausgedehnt empfunden, was dem Roman eine zusätzliche Langatmigkeit verlieh und zum Querlesen verleitet.

Gepunktet hat die Autorin mit ihrem sagenhaft schönen, poetisch anmutenden Schreibstil, welcher nur so strotzt vor atmosphärischen, detailreichen Beschreibungen, vor allem im Hinblick auf die Szenerie – San Remo scheint zum Greifen nah, man spürt beinahe die heiße Sonne auf der Haut und ist mittendrin im südländischen Flair. Es wird deutlich, dass dem Werk eine hervorragende Recherche zugrunde liegt; meisterhaft sind alltägliche Gegebenheiten der damaligen Zeit in die Geschichte eingeflochten worden, was sich auch im Sprachgebrauch widerspiegelt. Die auf der Recherchereise von der Autorin geschossenen Fotos zu den Handlungsschauplätzen ergänzen das liebevoll gestaltete Innencover des Romans, das dem in hellen Farben gehaltenen Buchcover in nichts nachsteht.

Von den Figuren ist mir leider keine wirklich ans Herz gewachsen, auch wenn sie überaus facettenreich gestaltet sind, was ihr Verhalten und ihre Entwicklung durchaus realistisch erscheinen lässt, da es schließlich auch im echten Leben keinen Menschen gibt, der nur gut oder nur böse ist. Das beste Beispiel hierfür ist Paola. - Die lebenslustige, kluge (- man könnte auch sagen ausgefuchste -) junge Italienerin macht das Beste aus dem Hier und Jetzt, verliert aber zeitgleich nicht ihren Masterplan aus den Augen: endlich finanziell abgesichert zu sein, nie mehr in Armut leben zu müssen. Für mich ist sie, trotz ihrer Funktion als Nebenfigur, die schillerndste Persönlichkeit des Werkes und ganz klar meine Favoritin unter den Charakteren. Ich mag ihren trockenen Humor, ihr freches Wesen und ihrem Optimismus. Gewiss, auch ihr z.T. berechnendes Verhalten ist mir nicht entgangen, doch ich habe ihre Motive durch und durch nachvollziehen können. Und sind wir nicht alle mehr oder weniger geprägt von dem Wunsch nach Sicherheit? Zudem beweist sie immer wieder, dass sie im Ernstfall für Salome da ist. Bei Salome und Ornella verhält es sich anders; je älter sie werden, umso weniger konnte ich mich mit ihnen identifizieren und es entstand eine gewisse Distanz, wodurch sich das Mitfiebern bezüglich ihres Schicksals in Grenzen hielt. Meines Erachtens hat sich die Autorin, die in der betreuten Leserunde ausführliche Hintergrundinformationen zum Buch mit uns geteilt hat, zu sehr darauf konzentriert, welche Figur welches Konzept verkörpern soll. Für eine literarische Analyse oder eine Charakterstudie wäre der Roman ideal geeignet, zum Liebgewinnen der Protagonisten eher nicht.

Fazit: Kein Sommerroman zum Träumen. Für meinen Geschmack zu zäh, schwermütig und nicht so beschwingt, wie man es aufgrund des Covers und des Klappentextes vermuten könnte. Ich habe keine Bindung zu den Figuren aufbauen können, habe sie mit wachsender Distanz wahrgenommen, was leider auch der wundervolle Schreibstil nicht ausgleichen konnte.

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Kann es eine zweite Chance für die erste Liebe geben?

Strandkorbliebe
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Als Teenager waren Antje und Michael unzertrennlich gewesen in der kurzen Zeit, die er mit seinen Eltern auf Norderney verbracht hatte, wo Antje und ihre Familie eine Ferienhaussiedlung betrieben. Die ...

Als Teenager waren Antje und Michael unzertrennlich gewesen in der kurzen Zeit, die er mit seinen Eltern auf Norderney verbracht hatte, wo Antje und ihre Familie eine Ferienhaussiedlung betrieben. Die Jugendlichen wollten sich auf jeden Fall wiedersehen und waren überzeugt davon, dass ihre Liebe die große räumliche Distanz überstehen würde. Leider erlebten beide eine bittere Enttäuschung, die auch jetzt – nach 15 Jahren – immer noch genauso wehtut wie damals. Sie haben einander nie vergessen können. Michaels Eltern wollen nun ausgerechnet auf Norderney ihr Hochzeitsjubiläum feiern – und prompt steht Antje unverhofft ihrer ersten große Liebe gegenüber…dem Mann, der sie einst so verletzt hatte, dass sie sich nach ihm nie wieder zu einer ernsthaften Beziehung hatte durchringen können. Zu ihrer Überraschung verlangt er bald darauf Antworten von ihr – dabei sollte doch Michael derjenige sein, der sich bei ihr entschuldigt! Die Wahrheit verblüfft letztlich beide. Doch hat ihre Liebe noch eine Chance?

Lotte Römers Roman, dessen Cover bereits zum Träumen einlädt, eignet sich nicht nur aufgrund des lockeren Schreibstils hervorragend als entspannende Lektüre zwischendurch. Trotz allerlei Geheimnissen und Missverständnissen in der Handlung, die abwechselnd aus der Perspektive beider Hauptfiguren erzählt wird, bleibt der Gesamteindruck unkompliziert. Es gibt einige nette Beschreibungen von Norderney und Bayern, die sich angenehm lesen, aber gerne noch etwas ausführlicher hätten ausfallen können; immerhin handelt es sich dabei um solch reizvolle Regionen.

Sowohl Anje als auch Michael sind Charaktere, in die man sich leicht hineinversetzen kann. Für mich blieben sie ein wenig blass – schon sympathisch, allerdings eben auch nicht wirklich facettenreich. Michis Eltern, die Hubers, waren zunächst zwar nicht meine Lieblinge, wirkten dafür aber am authentischsten. Als Hundeliebhaber hat mich die niedliche Fellnase "Hund" natürlich begeistert! Die enge Freundschaft zwischen Antje und Nina ist greifbar gestaltet worden; auch Antjes Unmut hinsichtlich ihrer Schwester Katja, die ein sorgloses Leben als Weltenbummlerin führt, während Antje sich auf der Insel der Übernahme des elterlichen Betriebs hatte widmen müssen, wirkt äußerst realistisch.

Die Dialoge sind recht umgangssprachlich gehalten; lediglich ein paar Wortwiederholungen gab es, die ich jedoch nicht als dramatisch störend empfunden habe. Die Handlung war schon ziemlich vorhersehbar, wobei ich hinzufügen muss, dass ich von Romanen dieses Genres ja auch das obligatorische Happy End erwarte - nur vom Weg dorthin hatte ich mir etwas mehr erhofft.

Fazit: Eine nette Geschichte für zwischendurch.

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Veröffentlicht am 09.02.2020

Anders als erwartet

Alles, was wir sind
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"Alles, was wir sind", erschienen im Rütten & Loening Programm des Aufbau-Verlags, war der erste Roman, den ich von Autorin Lara Prescott lesen durfte und noch ehe ich die Lektüre überhaupt begann, kam ...

"Alles, was wir sind", erschienen im Rütten & Loening Programm des Aufbau-Verlags, war der erste Roman, den ich von Autorin Lara Prescott lesen durfte und noch ehe ich die Lektüre überhaupt begann, kam ich nicht umhin, die überaus hochwertige und optisch aufwendige Buchausstattung zu bestaunen. – Ein bedruckter Folienumschlag, der sich wunderbar vom ebenfalls bedruckten Buchdeckel abhebt, ein edles Innencover, ein Lesebändchen…nobler geht es kaum. Es wird sofort deutlich, dass dieses Werk sich von der Masse der anderen aktuell veröffentlichten Bücher abheben wird. - "Episch!", ging es mir durch den Kopf und genau solch eine Begeisterung erwartete ich mir auch vom Inhalt. Im Vorfeld hatte ich schon viel von diesem auf wahren Tatsachen beruhenden Roman gehört, der bereits seinen internationalen Siegeszug angetreten hatte.

Vielleicht kennt nicht jeder Leser den Namen Boris Pasternak, aber sein Lebenswerk, der Roman "Doktor Shiwago", dessen Verfilmung Mitte der Sechziger Jahre gleich fünf Oscars gewann, ist ein Stück Kulturgeschichte. Tatsächlich sollte in der damaligen Sowjetunion die Veröffentlichung Pasternaks Romans mit allen Mitteln verhindert werden, wovon nicht nur er selbst, sondern vor allem seine Geliebte (und Muse) Olga Iwinskaja betroffen war. Trotz mehrerer Jahre Gefangenschaft, die sie aufgrund ihrer Bekanntschaft mit Boris in einem weit von Moskau entfernten Gulag unter desaströsen Bedingungen verbringen muss, bleibt sie ihm treu und unterstützt ihn in seinem Schaffen. In den USA leitet die CIA derweil eine sanfte Propagandawelle ein, indem sie gedruckte Exemplare des Romans heimlich nach Russland zurückschmuggeln will, um die Menschen dort aufzurütteln und somit das Sowjetregime quasi von innen, vom eigenen Volk ausgehend, zu schwächen.

Erzählt wird sowohl aus Ost- als auch aus West-Perspektive, jeweils mit immer wechselnden Protagonisten als Hauptstimme des jeweiligen Kapitels. Insbesondere die Beleuchtung des Alltags und der Spionagetätigkeiten diverser Agenten/-innen in den USA fand ich unheimlich spannend, da das alte Washington D.C. der 50er Jahre faszinierend real von der Autorin zum Leben erweckt wurde, auch im Hinblick auf die damalige Gesellschaftsordnung. Frauen waren noch weit von der heutigen Gleichberechtigung entfernt und vor allem in den Kapiteln der Stenotypistinnen wird dies deutlich. Die junge Irina wird aufgrund ihrer russischen Abstammung von der Agency für Spionagetätigkeiten angeworben und von der charismatischen Agentin Sally (die meine Lieblingsfigur in diesem Roman war) entsprechend ausgebildet. Hierbei lag der Fokus allerdings größtenteils auf Irinas Privatleben – sie verliebt sich in jemanden, mit dem eine Beziehung unmöglich scheint…

So interessant die Hintergrundgeschichte zur Veröffentlichung des legendären Romans Pasternaks ist, so fremd blieben mir die Charaktere in Lara Prescotts Werk. Möglicherweise lag es an der Vielzahl der Figuren oder am permanenten Wechsel der Erzählstimme - oftmals hatte ich zu Kapitelbeginn Probleme zu erkennen, aus wessen Perspektive gerade erzählt wird. Beinahe alle Protagonisten waren mir schlichtweg unsympathisch. Olga opfert ihr Lebensglück auf mehr als nur eine Weise für Boris (- der wiederum nur für seinen Roman lebt -), vernachlässigt sogar ihre Kinder darüber. Boris Pasternak mag ein großer Schriftsteller gewesen sein, aber menschlich wird er hier als selbstsüchtiger, rücksichtsloser Narzisst dargestellt; sein Erfolg geht ihm über alles, bedeutet ihm mehr als Olga. Sein Ego ist ihm wichtiger als Olgas Sicherheit, wichtiger als das Wohl seiner (sowie ihrer!) Familie. Ich hätte Olga vor Wut über ihre devote, naive Haltung ihm gegenüber am liebsten schütteln wollen!

Über das Werk "Doktor Shiwago" hatte ich mir insgesamt mehr Detailinformationen erhofft. Warum genau war der Roman der Sowjetregierung solch ein Dorn im Auge? Welche Kritik hat er am Staat geübt? Stattdessen nahmen allerlei 'Nebenschauplätze' einen dermaßen großen Raum ein, dass die Hauptthematik etwas verblasste und die Geschichte mich letztlich nicht so fesseln konnte, wie ich es mir erhofft hatte. Speziell im Mittelteil zogen sich einige der Passagen in die Länge und lenkten vom Hauptfokus ab. Leider hat der wundervolle, mal poetisch schöne, mal nüchterne Schreibstil der Autorin nicht ausgereicht, um diese negativen Punkte auszugleichen. Den realen, in die fiktive Rahmenhandlung eingebetteten geschichtlichen Fakten liegt gewiss eine aufwendige Recherchearbeit zugrunde, das wird mehr als deutlich; dennoch hatte ich das Gefühl, als Leserin gerade mal an der Oberfläche der Informationen zu kratzen. Für Kenner von "Doktor Shiwago" ist das Werk sicherlich interessant, sozusagen als Ergänzung. Im allgemeinen Vergleich mit anderen historischen Romanen würde "Alles, was wir sind" (aufgrund der bereits angesprochenen Oberflächlichkeit und Emotionslosigkeit) allerdings den Kürzeren ziehen.

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Veröffentlicht am 12.12.2019

Ganz und gar anders als erwartet bzw. erhofft

Das kleine Glück am Weihnachtsabend
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Als ich das herrlich weihnachtlich anmutende Cover zum ersten Mal gesehen habe (- ja, ich bin schon immer ein Fan von Schneekugeln gewesen -), war ich sehr angetan. Hinzu kam ein Klappentext, der mehr ...

Als ich das herrlich weihnachtlich anmutende Cover zum ersten Mal gesehen habe (- ja, ich bin schon immer ein Fan von Schneekugeln gewesen -), war ich sehr angetan. Hinzu kam ein Klappentext, der mehr als vielversprechend schien. Erwartet habe ich eine heimelig-kuschelige Weihnachtsstory voller Herzenswärme, angesiedelt im wunderschönen Irland, das schon seit langer Zeit mein Traumreiseziel ist.

Inhalt: Claire und ihr Gatte Neil führen ein Luxushotel in der Nähe von Dublin, die Sugar Loaf Lodge. In diesem Jahr stehen die Finanzen allerdings schlecht und die Zukunft des Hotels scheint ungewiss. Zum Glück trudeln pünktlich zu Weihnachten doch noch jede Menge Hotelgäste ein, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Eltern und ihre Kinder, langjährige Paare, frisch Verliebte und Seitensprung-Partner.

Hat es an meinen hohen Erwartungen gelegen, dass der Roman der irischen Bestsellerautorin Sheila O’Flanagan mich nicht vollends überzeugen konnte? Leider muss ich festhalten, dass der Klappentext etwas irreführend, bestenfalls enorm wohlwollend formuliert gewesen ist. Das von mir erhoffte Weihnachtsfeeling blieb leider gänzlich aus. Ebenso das irische Flair – die Ereignisse hätten auch an jedem anderen Ort stattfinden können. Lediglich die Tatsache, dass es (wie angepriesen) um "Eifersucht, Beziehungskrisen und Familiengeheimnisse" geht, trifft zu. Für meinen Geschmack war der Roman zu schwermütig und unterkühlt; er hat mich weder sonderlich berührt, noch gab es Szenen, die mir ein Schmunzeln entlockt hätten. Vielleicht trifft es die Beschreibung 'auf Krampf gewollt-tiefgründig' am besten. Scheinbar polarisiert das Werk, denn in meiner Leserunde hat es auch ein paar begeisterte Stimmen gegeben.

Das Buch besteht aus einer Aneinanderreihung einzelner Geschichten, die kaum Berührungspunkte haben und in denen das Thema 'Weihnachten' lediglich eine Randerscheinung ist. Die einzelnen Mini-Stories sind relativ zusammenhanglos gehalten; der einzige gemeinsame Nenner war die Tatsache, dass alle Figuren (= Gäste) zufällig im selben Hotel wohnten und sich gelegentlich über den Weg liefen bzw. Blicke austauschten. Auch die Hotelbesitzerin Claire kommt maximal einer Nebenrolle gleich, dabei sollte sie doch im Mittelpunkt stehen. Weniger wäre mehr gewesen: mehr Fokus auf eine Handvoll Charaktere hätte mehr Sinn gemacht als all diese Momentaufnahmen zahlreicher Gäste. Das eigentliche Drama ist: die Autorin schreibt, abgesehen von ein paar Wortwiederholungen, wirklich nicht schlecht. Nur der Story-Inhalt selbst…naja, da ist noch viel Luft nach oben.

Jedes Kapitel trägt, wie auch die Zimmer des Hotels, den Namen eines irischen Berges. Für die einzelnen Kapitelüberschriften ist eine verschnörkelte Schriftart ausgewählt worden, die zwar nett aussieht, aber eine Entzifferung zum Ratespiel macht. Eine Aufklärung diesbezüglich ermöglicht allerdings das Inhaltsverzeichnis im Anhang.

Für die Grundidee zum Roman - aus der man eine wundervolle Geschichte hätte machen können - und für den unkomplizierten Schreibstil der Autorin vergebe ich jeweils einen Stern; der dritte Stern basiert auf der ansprechenden Covergestaltung.

Fazit: Eine nette (inoffizielle) Ansammlung von Kurzgeschichten über die Irrungen und Wirrungen des Lebens, die zufällig zur Weihnachtszeit in einem Hotel spielen.

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Veröffentlicht am 15.11.2019

Spannender historischer Roman mit Politikfokus

Die Dirne und der Bischof
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Autorin Ulrike Schweikert hat mit "Die Dirne und der Bischof" einen soliden Auftakt zur Elisabeth-Reihe erschaffen.

Bereits das wunderschöne, farbintensive Cover lässt das Genre erahnen. Der Titel ist ...

Autorin Ulrike Schweikert hat mit "Die Dirne und der Bischof" einen soliden Auftakt zur Elisabeth-Reihe erschaffen.

Bereits das wunderschöne, farbintensive Cover lässt das Genre erahnen. Der Titel ist treffend gewählt worden und verrät bereits vor der Lektüre eine wichtige Information.

Die Handlung ist schnell zusammengefasst. - Als eine junge Frau bewusstlos und halbnackt im Flussgraben der Stadt entdeckt wird, liegt die Vermutung nahe, sie stamme aus dem örtlichen Hurenhaus. Zwar kennt Hurenwirtin Else die hübsche Frau nicht, wittert allerdings eine großartige zusätzliche Einnahmequelle, denn das Mädchen ist umwerfend schön. Praktischerweise erinnert sich die junge Dame, der man spontan den Namen Elisabeth gibt, an nichts aus ihrer Vergangenheit und wird bald darauf von Else zur Arbeit gezwungen. Aufgrund ihres Bildungsstandes (– im Gegensatz zu den anderen Dirnen kann sie lesen und schreiben -), ihrer tadellosen Manieren und Gottesfürchtigkeit lässt sich erahnen, dass Elisabeth aus einem guten Hause stammen muss. Als ihr dämmert, womit sie ihre Schulden bei Else abarbeiten soll, ist das Mädchen entsetzt und verzweifelt, denn es gibt scheinbar keinen anderen Ausweg. Doch nach und nach beginnt Elisabeth sich zu erinnern, wer sie wirklich ist…

Ort der Handlung ist Würzburg im 15. Jahrhundert. Der Alltag im Hurenhaus ist sehr intensiv und authentisch geschildert worden. Im Grunde hätten die Beschreibung der verschiedenen Mädchen und ihre Hintergrundgeschichten genügend Inhalt für einen eigenen Roman geliefert. Sehr gerne hätte ich mehr darüber erfahren, warum es die einzelnen Dirnen einst ins Hurenhaus verschlagen hatte; bis auf Ausnahmen wird dies nicht erwähnt. Das Mittelalter war keine frauenfreundliche Zeit, schon gar nicht, wenn man als Abschaum der Gesellschaft betrachtet wurde und sich als Dirne den widerwärtigsten Wünschen der Kundschaft beugen musste. Elisabeth tat mir anfangs unheimlich leid. Es ist bewundernswert, dass sie nie an Güte und Hilfsbereitschaft eingebüßt hat. Eine besonders interessant gestaltete Figur ist Else, die Eselswirtin, welche das Hurenhaus leitet; einerseits kümmert sie sich um ihre Mädchen, andererseits nutzt sie diese schamlos aus. In jedem Fall wirkte sie auf mich äußerst realistisch.

Den Schreibstil der Autorin sowie die Kapitellänge habe ich als sehr angenehm empfunden. Für meinen Geschmack nahm die Referenz zu politischen Entwicklungen, Kriegsgeberichten und Machtspielen/Intrigen jedoch zu sehr Oberhand. Vor allem der Mittelteil des Romans hat dadurch an Dynamik und Mitfieber-Faktor verloren. Elisabeth wurde über viele Kapitel zu einer Nebenfigur und ihre persönliche Geschichte rückte in den Hintergrund, weil unheimlich viel Zeit darauf verwendet wurde, politisches Geplänkel in die Story miteinzubinden. Hier wäre weniger mehr gewesen; speziell bei solch einer sympathischen Protagonistin sollte der Fokus nicht von ihr abrücken. So habe ich zwar das Beste für Elisabeth gehofft, wirklich emotional berührt war ich letztlich aber nicht. Das Ende ist mir ein wenig sauer aufgestoßen – für mich war es kein runder Abschluss.

Fazit: Super Grundidee, sympathische Hauptfigur, spannender Plot – leider etwas langatmig im Mittelteil und für meinen Geschmack zu Politik-lastig.