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Veröffentlicht am 15.12.2019

Arena der Grausamkeiten

Die Arena: Grausame Spiele
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London in naher Zukunft:
Die Gesellschaft ist in zwei Klassen gespalten: Die Pures als Elite führen ein komfortables und luxuriöses Leben, während die Dregs als Ausgegrenzte und mittellose Geächtete ein ...

London in naher Zukunft:
Die Gesellschaft ist in zwei Klassen gespalten: Die Pures als Elite führen ein komfortables und luxuriöses Leben, während die Dregs als Ausgegrenzte und mittellose Geächtete ein Dasein am Rande der Gesellschaft fristen. Viele talentierte Kinder der Dregs werden ihren Familien entrissen, um in einem Wanderzirkus für die sensationslüsternen Pures aufzutreten. Die jungen Artisten blicken jedoch bei ihren Auftritten stets dem Tod ins Auge, denn in der Arena müssen sie sich gegen hungrige Löwen behaupten oder waghalsige Hochseilakte absolvieren.
Auch die junge Dreg Hoshiko muss jeden Abend als Hauptattraktion auf dem Hochseil Unglaubliches vollbringen. Jeder Auftritt könnte ihr letzter sein, denn sie muss ihre Kunststücke in 15 Meter Höhe ohne Fangnetz vorführen.
Der Teenager Ben, Sohn einer hochrangigen Pure-Politikerin, besucht zum ersten Mal den Zirkus, fühlt sich sofort zu der faszinierenden Hoshiko hingezogen und ist schockiert vom dekadenten Amüsement der Pures. Ben beginnt das Leben der privilegierten Klasse immer mehr zu hinterfragen und möchte Hoshiko helfen. Doch er ahnt nicht, dass er sich damit in tödliche Gefahr begibt…
„Die Arena - Grausame Spiele“ von der Engländerin Hayley Barker ist der fesselnde erste Teil einer dystopischen Dilogie für jugendliche Leser*innen ab 12 Jahren. Die Autorin hat für ihren Jugendroman ein originelles, vielversprechendes Zirkus-Setting vor der düsteren, bedrückenden Kulisse einer rassistischen Zweiklassengesellschaft in einer nicht allzu fernen Zukunft gewählt. Allerdings kommt ihre Geschichte mit einigen sehr grausamen und brutalen Szenen daher, die verstören und nichts für empfindliche Gemüter sind. Es ist aber auch eine aufrüttelnde und sehr aktuelle Geschichte, die auch junge Leser sensibilisiert und zum Nachdenken über Klassenunterschiede, Rassismus und die Ausgrenzung Andesartiger in der Gesellschaft anregt.
Das besondere Flair der faszinierenden Zirkuswelt konnte mich anfangs sehr fesseln, auch wenn doch einiges an „Hunger Games“ erinnert. Die Autorin führt uns die intolerante und menschenverachtende Einstellung der elitären Pures gegenüber den Dregs sehr anschaulich vor Augen, die in der reinrassigen Gesellschaft als minderwertig angesehen, diskriminiert und ausgebeutet werden.
Leider ist es Barker aber nicht gelungen, ihre interessante Ausgangsidee in eine außergewöhnliche und stimmige Geschichte umzusetzen. Die von ihr aufgezeigten gesellschaftskritischen Aspekte werden nur oberflächlich angerissen und die Hintergrundgeschichte ist insgesamt zu wenig ausgearbeitet. So werden zum Beispiel die Ursprünge für die Rassentrennung und menschenverachtende Politik der Pures nicht näher erläutert. Auch der eigentliche Handlungsverlauf erscheint oft wenig einfallsreich, vorhersehbar und ist ohne große Überraschungen oder Wendungen umgesetzt.
Durch die oft kurzen Kapitel und raschen Szenenwechsel kommt schnell Tempo und Spannung auf. Der mitreißende Schreibstil der Autorin ist zwar einfach gehalten, lässt sich aber angenehm lesen.
Die Autorin erzählt ihre Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive der Hauptfiguren Hoshiko und Ben, wobei sich die Erzählperspektiven teilweise auch überlappen. Sehr fesselnd ist es mitzuerleben, wie die so gegensätzlichen Welten der beiden zusammentreffen und die beiden Protagonisten schließlich zusammenfinden.
Hoshi ist eine interessante Protagonistin, die eine knallharte, nervenstarke und mutige Seite hat, aber zugleich auch sehr mitfühlend und verletzlich ist – eine sympathische Heldin und Kämpferin, die man schnell ins Herz schließt. Ben hingegen lernen wir als angepassten, verwöhnten Pure kennen, der erst durch die schockierenden Erlebnisse beim Zirkus-Besuch und die schicksalhafte Begegnung mit Hoshi sein Leben zu hinterfragen beginnt. Schon bald setzt bei Ben eine erstaunliche Entwicklung ein, die sich in seinem aufmüpfigen Verhalten seiner dominanten Mutter gegenüber und seiner Auflehnung gegen das ungerechte Klassensystem zeigt. Schade, dass die Ausarbeitung der beiden Charaktere doch etwas flach geraten ist, denn hätte ich gerne noch mehr über Bens innere Konflikte und Ängste erfahren.
Trotz der zwei Erzählperspektiven ist der Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden Hauptfiguren aber leider sehr oberflächlich. So konnte ich einige charakterliche Entwicklungen der Figuren und Beweggründe nicht ganz nachvollziehen, während einige Reaktionen in der geschilderten Situation sehr unpassend scheinen. Vor allem wirkte ihre plötzliche Insta-Love-Geschichte auf mich sehr überstürzt und klischeehaft.
Der erste Band der Dilogie endet in einem ziemlich rasanten Finale, das an Spannung und Dramatik kaum zu überbieten ist. Der fiese Cliffhanger am Ende macht neugierig auf eine Fortsetzung der Dystopie. Ich bin gespannt, wie es für das ungleiche Paar weitergehen wird und hoffe sehr, dass die Autorin nach diesem durchwachsenen Auftakt das Potential ihres tollen Settings nutzt und ihre vielversprechende Geschichte im 2. Teil etwas tiefgründiger und stimmiger umsetzen wird.
MEIN FAZIT
Ein nicht ganz überzeugender Auftakt einer neuen YA-Dystopie mit einem faszinierenden Setting - aber leider auch einigen Schwächen bei der Charakterzeichnung und im Plot. Schade hier wäre mehr dringewesen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.05.2019

Enttäuschender YA-Roman zu einem wichtigen Thema

Elite
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An der altehrwürdigen Fullbrook Academy, einem Elite-Internat für die Sprösslinge der Reichen und Mächtigen Amerikas, dreht sich vieles um Tradition und Prestige. ”Es ist eine Jungenschule, die auch Mädchen ...

An der altehrwürdigen Fullbrook Academy, einem Elite-Internat für die Sprösslinge der Reichen und Mächtigen Amerikas, dreht sich vieles um Tradition und Prestige. ”Es ist eine Jungenschule, die auch Mädchen aufnimmt” - so bringt es Jules Devereux auf den Punkt, die seit einiger Zeit versucht, sich gegen die überholten Regeln, fragwürdigen Traditionen und still tolerierten Sexismus aufzulehnen. Fast allein kämpft sie gegen jede Form von alltäglicher Diskriminierung und wird von den meisten Schülern als radikale Feministin und Rebellin belächelt und abgekanzelt.
Der neue Schüler James Baxter, ein hochtalentierter Eishockey-Torwart, stammt aus bescheidenen Verhältnissen. Jamie fühlt er sich unter all den reichen Privilegierten mit ihren blöden Machosprüchen als absoluter Außenseiter und ziemlich fehl am Platz. Nach einem tragischen Zwischenfall in seiner alten Schule durfte er dank eines Sportstipendiums nach Fullbrook kommen und hat so noch einmal eine 2. Chance bekommen sich zu bewähren. Doch schon bald wird ihm klar, dass er in dieses Umfeld einfach nicht hineinpasst und freundet sich mit der aufmüpfigen Jules an.
Als eine Internatsparty gewaltig aus dem Ruder läuft und Jules Opfer von sexueller Gewalt wird, ist es an der Zeit, gemeinsam das Schweigen zu durchbrechen, sich mutig gegen die Macht der Elite zu stellen und endlich das Richtige zu tun …

Der US-amerikanische New York Times- Bestsellerautor Brendan Kiely packt mit seinem neuen YA-Roman „Elite“ eine hochaktuelle und sehr wichtige Thematik an, indem er sich der immer stärker verbreiteten „Vergewaltigungskultur“ und den Folgen der sexualisierten Gewalt in unserer Gesellschaft widmet.
In seiner Geschichte konfrontiert er uns mit einer beklemmend sexistischen, frauenfeindlichen und homophoben Internatskultur, die hinter dem Deckmantel von uralten, untragbaren Traditionen zelebriert und in den Institutionen und unserer Gesellschaft toleriert wird. Mit sexistischen Sprüchen, Demütigungen und sexuellen Übergriffen demonstrieren die Schüler ihre männliche Vormachtstellung und Privilegien im Internat und kaum jemand wagt es, diese schockierende Zustände, ihre beklemmenden Auswirkungen auf die Schülerinnen und das frauendiskriminierende Klima anzusprechen. Sehr einfühlsam beleuchtet der Autor die vielfältigen Aspekte aus Opfersicht und zeigt anschaulich das typische Täterverhalten auf. Viel Mut gehört dazu, gegen diese von den meisten Mitschülern aber auch der Lehrerschaft tolerierte Mentalität vorzugehen und auf die Missstände hinzuweisen, so wie es im Roman die beiden Protagonisten tun.
Obwohl man deutlich merkt, dass dem Autoren das Thema unter den Nägeln brennt, ist es ihm leider nicht besonders gut gelungen, sein Anliegen in eine richtig packende Geschichte mit dem gewissen Etwas umzusetzen. Nach einem packenden Einstieg plätschert die Handlung lange Zeit sehr ereignislos und spannungsarm vor sich hin. Viele Geschehnisse werden äußerst zäh und wenig plastisch geschildert, so dass ich oft dem Handlungsverlauf nicht richtig folgen konnte. Erst zum Ende hin nimmt die Handlungen immer mehr an Fahrt auf. Der als Highlight angelegte Showdown ist viel zu schnell abgehandelt und verpufft bereits nach wenigen Seiten. Als sehr enttäuschend habe ich auch den zwar realitätsnahen, aber viel zu ernüchternden Ausklang des Buchs empfunden. Hier hätte ich mir eine deutlich ermutigende Botschaft an die Leserschaft gewünscht.
Der Perspektivwechsel zwischen den beiden sympathischen Protagonisten Jules und Jamie gibt zwar interessante Einblicke in ihre Charaktere, doch bleibt ihre Charakterisierung seltsam distanziert. Einige ihrer Beweggründe und ihr Verhalten konnte ich einfach nicht nachvollziehen, so dass ich mich oft nur schlecht in sie hineinversetzen und mit ihnen mitfiebern konnte.

FAZIT
Trotz der vielversprechenden Ausgangskonstellation und wichtigen Thematik konnte mich dieser YA-Roman wegen deutlicher Schwächen nicht wirklich überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
  • Spannung