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Veröffentlicht am 25.01.2020

Großartige, vielschichtige Fantasy-Saga

Die Spiegelreisende 3 - Das Gedächtnis von Babel
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INHALT

Fast drei Jahre sind vergangen, seit Ophelia Thorn das letzte Mal gesehen hat. Nachdem er verschwunden ist, musste sie wieder nach Anima zurückkehren. Um Thorn zu finden und mehr über Gott herauszufinden, ...

INHALT

Fast drei Jahre sind vergangen, seit Ophelia Thorn das letzte Mal gesehen hat. Nachdem er verschwunden ist, musste sie wieder nach Anima zurückkehren. Um Thorn zu finden und mehr über Gott herauszufinden, reist sie zur Arche Babel.
Dort angekommen, hat sie mit den strikten Regeln der roboterähnlichen Bewohner und deren Welt zu kämpfen. Sie schleicht sich in eine Schule ein, wo sie schnell zu einer der wenigen »Auserwählten« wird. Als in dem Secretarium der Arche eine Zensorin umkommt, die noch kurz vor ihrem Tod Werke eines Kinderbuchautors verbrannt hatte, wird Ophelia klar, dass sie selbst schon tief verstrickt ist in die tödliche Geschichte.
In Babel, wo Menschen mechanisch absurden Gesetzen folgen, muss sich Ophelia durch ein immer bedrohlicheres Geflecht an Lügen kämpfen – und kommt auf der Suche nach Thorn der »letzten Wahrheit« gefährlich nah.
(Quelle: Insel Verlag – Erscheinungstermin: 17.11.19)

MEINE MEINUNG

Das Jugendbuch „Die Spiegelreisende – Das Gedächtnis von Babel“ von der jungen Bestseller-Autorin Christelle Dabos ist bereits der dritte Teil ihres vielschichtigen, vierteiligen Fantasy-Epos, der uns mit einem unglaublich vielschichtigen, einzigartigen Universum in seinen Bann zieht.
In dieser gelungenen Fortsetzung begleiten wir erneut die liebenswerte Heldin Ophelia auf ihrer abenteuerreichen Reise in die faszinierenden Welten der Archen und rivalisierenden Familienclans – eine gut durchdachte Fantasy-Welt, die zunehmend komplexer, undurchsichtiger und gefährlicher wird. Um bei den vielfältigen Verwicklungen und Hintergrundgeschichten noch mitzukommen, empfiehlt es sich sehr, auch die Vorgängerbände gelesen zu haben.
Mit Dabos’ bildhaften, mitreißenden Schreibstil gelingt es recht schnell, wieder in die Handlung abzutauchen und sich in einer völlig neuen Ausgangssituation zurecht zu finden. Drei Jahre sind inzwischen vergangen, seit Ophelia von ihrem untergetauchten Mann Thorn getrennt ist – drei Jahre ohne ein Lebenszeichen von ihm, gefangen auf ihrer Heimatarche Anima.
Kein Wunder, dass Ophelia die Chance zur Flucht von Anima nutzt, sich zur Arche Babel begibt, um dort inkognito und vollkommen auf sich allein gestellt nach Thorn zu suchen. Freundlich und voll interessanter Schauplätze präsentiert sich die Welt von Babel zunächst, doch schon bald stellen sich Ophelia bei ihren Nachforschungen immer neue Hindernisse in den Weg und hat gegen Missgunst, hinterlistige Intrigen und offene Drohungen anzukämpfen.
Babel ist ein totalitärer Staat, der sich als düster, sehr bedrohlich und abgründig erweist. Doch Ophelia wäre nicht Ophelia, würde sie nicht wild entschlossen fast unlösbare Herausforderungen anzunehmen und sich durch ihre hartnäckigen Nachforschungen in höchste Gefahr begeben. Stets ihr Ziel vor Augen, endlich wieder ihren Mann Thorn aufzuspüren und mehr Erkenntnisse über die rätselhaften Hintergründe zur „Letzten Wahrheit“ zu gewinnen, muss unsere Heldin so einiges erdulden und über sich ergehen lassen.
Die Autorin hat Ophelia als eine lebendige, vielschichtige Protagonistin angelegt, die mit ihren Unzulänglichkeiten und Verletzlichkeiten sehr authentisch und sympathisch wirkt. Im Laufe der Geschichte hat die eigensinnige, eher tollpatschige und zurückhaltende junge Frau eine erstaunliche Entwicklung durchlaufen und ist zu einer starken Persönlichkeit herangereift, die trotz aller Rückschläge selbstbewusst und unbeugsam ihren Weg geht.
Auch die verschiedenen, facettenreich und undurchsichtig angelegten Nebenfiguren sind hervorragend gelungen und immer wieder für eine Überraschung gut.
Die wendungsreiche Handlung entwickelt sich erst sehr behutsam, nimmt dann aber immer mehr an Tempo und Spannung auf und gipfelt in einem nervenaufreibenden, sehr fesselnden Finale.
Zudem versteht es die Autorin in einem Nebenstrang zusätzliche Spannung aufkommen zu lassen, indem wir durch eingestreute Episoden spannende Einblicke in die interessanten Entwicklungen am Pol erhalten. Am Hofe des unberechenbaren Hausgeists Faruk scheint klammheimlich eine neue Heldin heran zu wachsen, und ich bin schon sehr gespannt, welche tragende Rolle sie im finalen Kampf zwischen Gut und Böse im Abschlussband spielen wird.
Immer komplexer scheint diese wundervolle Saga mit ihrer originellen, faszinierend ausgestalteten Fantasywelt und mit all ihren skrupellosen Intrigen, politischen Verschwörungen und fatalen Feindschaften der Urahnen zu werden.
Die überraschenden, sehr dramatischen Entwicklungen zum Abschluss des dritten Bands machen sehr neugierig auf das große Finale dieser tollen Fantasy-Saga und ich kann es kaum noch abwarten bis “Im Sturm der Echos” herauskommt.

FAZIT

Eine gelungene Fortsetzung dieser originellen, mitreißenden und hoch komplexen Spiegelreisende-Saga. Großartige, vielschichtige Fantasy-Unterhaltung, die nicht nur Jugendliche begeistern kann!

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Veröffentlicht am 25.01.2020

Fesselnder und sehr lehrreicher historischer Thriller

Der Attentäter
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INHALT
Juni 1914. Es ist die Woche, die alles entscheidet. Die Woche, in der sich drei junge Serben auf den Weg nach Sarajevo machen. Dort soll Franz Ferdinand, Thronfolger Österreich-Ungarns, einem Militärmanöver ...

INHALT
Juni 1914. Es ist die Woche, die alles entscheidet. Die Woche, in der sich drei junge Serben auf den Weg nach Sarajevo machen. Dort soll Franz Ferdinand, Thronfolger Österreich-Ungarns, einem Militärmanöver beiwohnen - und sterben. Gavrilo Princip und seine Gefährten haben sich seit Monaten auf diesen Tag vorbereitet. Doch dem Geheimdienst sind Gerüchte zu Ohren gekommen, und Major Rudolf Markovic tut alles, um den Thronfolger zu retten und eine diplomatische Katastrophe zu vermeiden...
(Quelle: Bastei Lübbe - Erscheinungstermin: 27. November 2019)

MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen historischen Roman „Der Attentäter“ ist dem deutschen Autor Ulf Schiewe erneut ein beeindruckendes, mitreißend erzähltes Werk gelungen, das mich bis zur letzten Seite fesseln konnte.
Hierin lässt uns Schiewe eine äußerst fatale Woche der vergangenen, europäischen Geschichte im Juni 1914 hautnah miterleben, an deren Ende das hinterhältige Attentat auf den Thronfolger Österreich-Ungarns Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in Sarajevo steht.
Dieses geschichtliche Ereignis war „der zündende Funke, der den Großbrand auslöste“ (Zitat Schiewe) und so schließlich den Ersten Weltkrieg entfachte.
Neben der glaubwürdig ausgearbeiteten Rahmenhandlung und den fiktiven Anteilen der Geschichte rund um die Attentäter und ihren Häschern gelingt es Schiewe hervorragend, dem Leser die teilweise recht komplizierten politischen Hintergründe jener Zeit und ethnischen Konflikte in diesem Vielvölkerstaat näher zu bringen. Zudem versteht er es, die vielen sorgsam recherchierten Fakten zur Chronologie der damaligen Geschehnisse äußerst lehrreich und zugleich packend zu inszenieren, so dass man zu Recht auch von einem historischer Thriller sprechen kann.
Geschickt steigert der Autor durch ständige Perspektiv- und Schauplatzwechseln sowohl Spannung als auch Tempo und treibt das Geschehen unaufhaltsam voran, so dass man einfach mitfiebern muss. Schiewe lässt die Handlung zum einen aus der Perspektive des erzherzogliches Ehepaares, jener der jungen Attentäter während der Vorbereitung ihres Anschlags und zum anderen aus Sicht der fiktiven Hauptfigur Major Markovic, der als Geheimdienstchef von Bosnien-Herzegowina verzweifelt versucht, die Attentäter zu stellen und die feige Bluttat zu verhindern. Zur besseren Einordnung der Chronologie der Ereignisse wurden die Kapitel mit Zeit- und Ortsangaben versehen. Zudem hat der Autor geschickt Auszüge aus Pressemeldungen eingestreut, die über das Weltgeschehen und in der k. u. k. Monarchie berichten.
Mit viel Geschick und Empathie erweckt Schiewe die jungen Attentäter zum Leben und verdeutlicht sehr anschaulich und plausibel deren Beweggründe. Als gesellschaftlich marginalisierte Burschen handeln sie in ihrem naiven Idealismus als verblendete Fanatiker, die bereit sind ihr Leben zum Wohle der richtigen Sache zu opfern.
Ulf Schiewe gelingt es hervorragend, seine unterschiedlichen Figuren mit ihren Kanten und Fehlern herauszuarbeiten und uns das ganze Spektrum menschlicher Schwächen vor Augen zu führen. Durch diese Vielschichtigkeit wirken die Figuren sehr lebendig und glaubwürdig in ihrem Handeln.
Sehr gelungen sind auch die Anmerkungen des Autors im Anschluss an den Roman, in dem er uns sehr detailliert und nachvollziehbar die politischen Zusammenhänge und historischen Hintergründe rund um das Attentat von Sarajewo erläutert. Zudem erklärt er, welche Figuren und Ereignisse seiner eigenen Fiktion entsprungen sind und verweist auf einige dramaturgische Änderungen im Handlungsverlauf.
FAZIT
Ein erstklassig geschriebener, gut recherchierter und fesselnder historischer Roman und zugleich eine sehr lehrreiche und unterhaltsame Geschichtsstunde zum Attentat von Sarajevo!
Absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 23.01.2020

Brandaktueller, spannender Krimi

Im Netz des Lemming
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INHALT
Ein tragischer Suizid und ein Nachtwächter in Bedrängnis
Der Lemming versteht sie nicht mehr, die Welt. Und noch weniger versteht er das Kauderwelsch aus Internet-Sprache und Englisch, das sein ...

INHALT
Ein tragischer Suizid und ein Nachtwächter in Bedrängnis
Der Lemming versteht sie nicht mehr, die Welt. Und noch weniger versteht er das Kauderwelsch aus Internet-Sprache und Englisch, das sein Sohn Ben mit seinem Freund Mario spricht. Als der Lemming sich mit ebendiesem Mario durch Zufall eine Straßenbahn teilt, passiert das Unfassbare: Auf Marios Handy-Display erscheint eine offenbar schockierende Nachricht, der Bub rennt unvermittelt aus der Bahn und springt von einer Brücke in den Tod.
Der Lemming ist fassungslos. Noch mehr, als plötzlich ein Shitstorm auf ihn einprasselt: Die Medien haben aus dem Mann, der mit dem unglücklichen Burschen vor dessen Suizid gesprochen hat, einen pädophilen Triebtäter gemacht. Und plötzlich sind sein Foto und sein Name überall. Auch Chefinspektor Polivka, der dem Lemming vertraut und mit ihm herausfinden will, was wirklich hinter Marios Tod steckt, gerät ins Kreuzfeuer der Öffentlichkeit. Bald ranken sich auch wilde Spekulationen um Marios Familie - denn die engagiert sich in der Flüchtlingshilfe - während Wien im Zeichen von dirty campaigning und politischer Hetze steht.
Der Lemming indes droht sich in verschiedensten Netzen zu verwickeln: Im World Wide Web, mit dessen Gefahren er es zu tun bekommt, in den Verstrickungen korrupter Politiker, die nicht nur im Internet Fake News verbreiten, und in den feinen Fäden, die die Boulevardpresse spinnt, wenn sie mit haltlosen Behauptungen eine möglichst große Leserschaft einfangen möchte.
(Quelle: Haymon Verlag – Erscheinungsdatum 11.12.2019 – ISBN: 9783709939116)

MEINE MEINUNG
Für seine Kriminalromane um den Antihelden Leopold "Lemming" Wallisch wurde der österreichische Autor Stefan Slupetzky mehrfach ausgezeichnet. Inzwischen ist mit „Im Netz des Lemming“ bereits der 6. Band dieser ausgezeichneten Krimi-Reihe erschienen.
Mit seinem fesselnden Kriminalfall, der es aufgrund seiner brandaktuellen Thematik wahrhaft in sich hat und äußerst nachdenklich stimmt, konnte mich Slupetzky sehr beeindrucken. Gekonnt führt er uns die schockierenden Auswirkungen und Folgen von Cyber-Mobbing vor Augen und beschreibt sehr realitätsnah wie sich ein bösartiger Shistorm - befeuert von Trollen und verleumderischen Fake News der sensationslüsternen Boulevardmedien – ausbreitet. Einem traurigen, immer stärker um sich greifenden Phänomen unserer heutigen Zeit, das unter Deckmantel der Meinungsfreiheit auch in dieser Geschichte völlig aus dem Ruder läuft!
Ich kannte den Ex-Polizisten und ehemaligen Detektiv Lemming als Kultfigur des humorigen österreichischen Kriminalromans bislang noch nicht. Auch wenn immer wieder der geniale Wiener Schmäh des Autors aufblitzt, witzige Wortspielereien und sehr amüsante Episoden eingestreut sind, die einen schmunzeln oder sogar laut auflachen lassen, ist der Grundtenor dieser sehr gesellschaftskritischen Geschichte doch eher ernsthaft und beklemmend.
Slupetzky zeichnet nicht nur seine eigenwilligen Protagonisten, die man mit all ihren Macken einfach ins Herz schließen muss, sondern auch seine Nebenfiguren sehr vielschichtig und mit viel Liebe zum Detail, so dass man sich sehr gut in ihr Innenleben hineinversetzen kann. Die in den Mittelpunkt einer schonungslosen, existenzgefährdenden Hetzkampagne gezogenen Hauptfiguren Lemming und sein Ex-Kollege Polivka begeben sich mit ihren recht eigenwilligen Methoden auf die Suche nach den skrupellosen Drahtziehern im Hintergrund. Auch wenn ihre Ermittlungen nur mittelmäßige Spannung aufweisen und die Auflösung für meinen Geschmack etwas zu plötzlich kam, haben mich die unfassbaren Hintergründe der Taten dann doch überraschen können. Hier setzt der Autor schließlich zu einem Rundumschlag an gegen die politischen Parteien des Landes, die Rechtspopulisten, Korruption und demokratiegefährdende Manipulationen. Obwohl Slupetzky hier ganz speziell die aktuelle österreichische Politik anprangert, so sind dies keineswegs nur für Österreich typische Missstände!
Sehr anschaulich sind ebenfalls die verschiedenen Schauplätze in Wien beschrieben, die eine wundervolle Kulisse für diesen Krimi darstellen.
FAZIT
Ein spannender Kriminalfall mit brandaktueller Thematik – witzig, tiefgründig, bitterböse und nachdenklich stimmend!
Außergewöhnlicher, sehr lesenswerter Krimi!

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Veröffentlicht am 12.01.2020

Packender, düsterer Fantasy-Thriller – einfach “extra-ordinär”

Vicious - Das Böse in uns
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INHALT
Victor Vale und Eli Ever wollen sterben. Allerdings nicht, um tot zu bleiben, sondern um mit außergewöhnlichen Fähigkeiten wieder aufzuerstehen. Als junge, brillante Medizinstudenten wissen sie ...

INHALT
Victor Vale und Eli Ever wollen sterben. Allerdings nicht, um tot zu bleiben, sondern um mit außergewöhnlichen Fähigkeiten wieder aufzuerstehen. Als junge, brillante Medizinstudenten wissen sie genau, was sie tun. Sie planen das Experiment minutiös und haben Erfolg: Beide kommen verwandelt wieder ins Leben zurück. Eli entwickelt eine erstaunliche Regenerationskraft und wird praktisch unsterblich, Victor kann anderen Schmerz zufügen oder nehmen.
Was sie nicht unter Kontrolle haben, ist die Tragödie, die durch ihr Experiment ausgelöst wird. Denn Superkräfte allein machen keine Helden …
(Quelle: Fischer Tor)
MEINE MEINUNG
Mit „Vicious: Das Böse in uns“ ist nun der vielversprechende Auftakt einer faszinierenden, übernatürlichen Fantasy-Dilogie der Bestseller-Autorin V. E. Schwab erschienen, der im Original bereits 2013 veröffentlicht wurde.
Es ist ein äußerst fesselnder, düsterer und recht blutrünstiger Thriller, der für mich thematisch mal etwas wirklich Neuartiges zu bieten hatte.
In „Vicious“ setzt sich die Autorin mit dem aus Actionfilmen oft so glorifizierten Superhelden-Mythos auseinander und beleuchtet den Kampf zwischen Gut und Böse aus verschiedenen Blickwinkeln. So wird bald klar, dass es gar nicht so einfach ist, eine klare Abgrenzung zwischen Heldenhaftigkeit und Oberschurkentum zu ziehen und die Grenzen zwischen Gut und Böse oft fließend sind.
Äußerst glaubwürdig, bildgewaltig und atmosphärisch dicht beschwört Schwab ihre faszinierende Version der „realen“ Welt herauf, in der auch das „Über-Natürliche“ ganz selbstverständlich seinen Platz hat.
Schon die außergewöhnlich packende, düstere Atmosphäre auf dem Friedhof als Einstieg in die Geschichte konnte mich auf Anhieb in den Bann ziehen, denn die vielschichtigen Zusammenhänge offenbaren sich erst nach und nach. Die komplexe Handlung mit ihren stetigen Wechseln zwischen der gegenwärtigen und vergangenen Zeitebene, die uns an den verhängnisvollen Ereignissen vor etwa zehn Jahren teilhaben lässt, ist sehr geschickt angelegt und sorgt für zunehmende Spannung. Die jeweilige Perspektive hat Schwab durch Kapitelüberschriften gekennzeichnet, die Angaben zu Handlungsort und Zeit beinhalten, so dass man sie stets zuordnen kann und den Überblick behält. Die clever gesetzten Zeit- und Perspektivwechseln sorgen für einen perfekten Spannungsaufbau und viel Nervenkitzel. Häppchenweise erfahren wir in Rückblenden, was sich in der Vergangenheit zwischen den beiden Protagonisten Victor und Eli zugetragen hat und warum die ehemaligen Freunde einander derart hassen. Einem Countdown gleich nähern wir uns schrittweise dem nervenaufreibenden Finale, bei dem schließlich alle Handlungsfäden zusammenlaufen. Vorhersehbar ist der Handlungsverlauf zu keiner Zeit, und immer wieder gelingt es Schwab uns mit unvorhersehbaren Wendungen zu überraschen.
Äußerst interessant und vielfältig hat Schwab auch ihre verschiedenen Charaktere mit ihren Hintergrundgeschichten und Eigenarten angelegt, so dass ihr Handeln insgesamt nachvollziehbar ist. Vor allem die kleine Sydney mit ihrem traurigen Schicksal habe ich bald ins Herz geschlossen.
Die beiden männlichen Protagonisten Victor und Eli hingegen sind zwar mit ihrem komplexen Charakter und ihren übernatürlichen Fähigkeiten sehr interessant aber alles andere als sympathisch – was sich bei dieser Geschichte aber nicht als störend erweist. Beide sind weder sympathischer Superheld noch skrupelloser Bösewicht, sondern tragen eine gute wie eine böse Seite voller Abgründe in sich. Sehr deutlich führen sie uns mit ihrem Handeln vor Augen, dass sich das Böse oft auch in vermeintlich guten Absichten verstecken kann bzw. es auf die individuelle Betrachtungsweise ankommt, mit der man seine Taten moralisch rechtfertigt. Schade, dass die Autorin ihre starken Protagonisten nicht noch mit etwas mehr Tiefgang versehen und ihre inneren Konflikte etwas eingehender herausgearbeitet hat.
Herausragend hingegen ist der bildreiche, atmosphärische und mitreißende Schreibstil von V.E. Schwab, der immer wieder gewürzt ist mit einem herrlichen schwarzen Humor. Aufgrund einiger brutaler Szenen ist das Buch jedoch nichts für allzu zart besaitete Leser.
Ich bin schon sehr gespannt, wie es in dem zweiten Band der Dilogie „Vengeful“ weitergehen wird, denn auch nach dem Showdown ist die Geschichte zwischen Victor und Eli noch nicht zu Ende.
FAZIT
Ein faszinierender, sehr düsterer Fantasy-Thriller, der mich mit seiner originellen, clever komponierten Handlung und seinem tollen Schreibstil bestens unterhalten konnte. Sehr lesenswert – auch wenn mich die Protagonisten mich nicht völlig überzeugen konnten!

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Veröffentlicht am 12.01.2020

Neuer packender Cold Case für Kommissar Wisting

Wisting und der fensterlose Raum
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INHALT
William Wisting bekommt einen äußerst heiklen Auftrag: Im idyllischen Wochenendhaus eines an Herzinfarkt plötzlich verstorbenen Spitzenpolitikers wurden Umzugskisten mit achtzig Millionen Kronen ...

INHALT
William Wisting bekommt einen äußerst heiklen Auftrag: Im idyllischen Wochenendhaus eines an Herzinfarkt plötzlich verstorbenen Spitzenpolitikers wurden Umzugskisten mit achtzig Millionen Kronen gefunden. Die Kisten standen im innersten, fensterlosen Raum des Hauses. Stammt das Geld etwa aus einem Raubüberfall, der fast zwanzig Jahre zurückliegt? Unterstützung bekommt Wisting von Adrian Stiller, der sich gerade mit dem ungeklärten Verschwinden des möglichen Täters befasst.

Doch wie gelangte das Geld in den Besitz des Politikers? Oder stammt es gar aus einer ganz anderen Quelle?

(Quelle: Piper Verlag)

MEINE MEINUNG
Nach dem gelungenen Auftakt ist nun mit „Wisting und der fensterlose Raum“ der zweite Band der viel versprechenden, neuen Cold Case-Reihe des norwegischen Krimi-Autors Jørn Lier Horst herausgekommen.
Diesmal muss sich der norwegische Ermittler Wisting mit den mysteriösen Hinterlassenschaften des verstorbenen Spitzenpolitikers Bernard Clausen beschäftigen, die er in dessen Hütte in Pappkartons auffindet. Einbezogen in die Untersuchungen zu dem heiklen Fall, bei dem strenge Geheimhaltung und viel Fingerspitzengefühl vonnöten ist, werden lediglich Wistings Kollege Mortensen, seine Tochter Line, die als freiberufliche Journalistin arbeitet, und schließlich auch der Leiter der neuen EU-Einheit zu Cold Cases, der junge ambitionierte Kommissars Adrian Stiller.
Die clever konstruierte, mitreißende Handlung ist geschickt verwoben mit ungelösten Fällen und Ereignissen aus der Vergangenheit, gewinnt zusehends an Tiefe und nimmt allmählich immer mehr an Fahrt auf. Im Mittelpunkt dieses Krimis steht erneut die sehr authentisch wirkenden, oft kleinteiligen Ermittlungen des Teams mit all seinen Irrwegen und Trugschlüssen und zahlreichen Verdächtigen. So ist er bestens geeignet zum vielfältigen Kombinieren und Miträtseln. Man merkt deutlich, dass Jørn Lier Horst vom „Fach“ ist und seine langjährigen Erfahrungen als Kommissar in seinen hoch komplexen Fall mit eingearbeitet hat.
Geschickt lässt uns der Autor an der akribischen, clever angelegten Ermittlungsarbeit von Wistings kleinem Team teilhaben, bei der auch seine Tochter Line als investigative Journalistin eine tragende Rolle spielt und wichtige Hinweise zutage befördert. Faszinierend ist es mitzuerleben, wie sehr sich bisweilen die strategische Vorgehensweise der Polizei von den eher unkonventionellen Befragungsmethoden der Journalistin unterscheidet.
Die Geschichte lebt von den vielschichtig ausgearbeiteten, lebensnahen Charakteren der sympathischen Ermittlergruppe um Wisting, die mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen ist. Erneut hat mich vor allem die differenzierte, glaubwürdige Charakterisierung der sehr sympathischen Hauptfigur William Wisting mit seiner tiefgründigen Persönlichkeit und seiner einfühlsamen Seite als Familienmensch sehr überzeugen können. Es macht großen Spass mitzuverfolgen, wie er mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen aber dennoch mit dem notwendigen Biss und Durchblick bei seinen Ermittlungen in diesem schwierigen Fall vorgeht. Leider spielt der junge ambitionierte Stiller, der mit seiner gänzlich anderen Vorgehensweise beim vorherigen Band ein faszinierender Gegenpart zu Wisting war, bei diesem Fall nur eine Nebenrolle.
Mit seinem mitreißenden Schreibstil, überraschenden Wendungen und geschickt gesetzten Szenenwechseln treibt der Autor seine packende Geschichte voran. Er lässt uns stets an neuen Ergebnissen der Untersuchungen und Befragungen teilhaben, zieht gekonnt den Spannungsbogen immer weiter an und lässt den Krimi schließlich in einem unglaublich fesselnden, hochdramatischen Showdown gipfeln. Die Auflösung des verwickelten Cold Case ist zwar überraschend, aber durchaus plausibel. Ganz zufriedenstellen konnten mich die Erklärungen für die psychologischen Hintergründe des Motivs allerdings nicht. Dies ist aber Mäkeln auf hohem Niveau, denn insgesamt konnte mich der neue Fall für Kommissar Wisting wieder sehr begeistern.
Ich freue ich schon sehr auf eine Fortsetzung mit dem sympathischen Ermittlungsteam um Wisting und bin schon sehr gespannt auf einen neuen Cold Case, bei dem hoffentlich auch Adrian Stiller wieder mehr zum Zuge kommt!

FAZIT
Eine gelungene Fortsetzung der neuen Cold-Case-Reihe rund um Kommissar Wisting mit einem sehr fesselnden, clever konstruierter Fall und einem sehr sympathischen Ermittlerteam!
Lesenswert – wenn auch etwas schwächer als der erste Band!

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