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Veröffentlicht am 17.01.2020

Ich lächle weil ich glücklich bin, weil ich das Leben liebe

Auschwitz # 34207
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"Sie töteten sie, die Kinder ... Hunderte und Hunderte von ihnen. Sie brachte sie einfach um, weil sie keine Verwendung für sie hatten. Sie schlugen sie. Sie töteten sie. So wie Tiere ... das habe ich ...

"Sie töteten sie, die Kinder ... Hunderte und Hunderte von ihnen. Sie brachte sie einfach um, weil sie keine Verwendung für sie hatten. Sie schlugen sie. Sie töteten sie. So wie Tiere ... das habe ich mit eigenen Augen gesehen, was sie da getan haben." (Aussage Joe Rubinstein)
In der Nacht vom 30. April 1942 klopfte es an die Tür der Familie Rubinstein. Als der 21-jährige Joe öffnet, wird er mit hundert anderen Juden nach Auschwitz deportiert. Joe hatte bis dahin niemand etwas getan, er war ein junger Mann wie viele anderen und trotzdem ereilte ihn ein fürchterliches Schicksal. Abtransportiert in einem Viehwaggon muss er Fürchterliches mitmachen, eher er in Auschwitz ankommt und dort die Nummer 34207 verpasst bekommt. Dass er diese damalige Nacht in der Kälte, bekleidet nur mit Unterhemd, Pyjamahose und nackten Beinen überlebt hat, grenzt schon an ein Wunder. Nie verliert er die Hoffnung, auch wenn die Misshandlungen und Qualen noch so schlimm sind. Sein Glaube an Gott, die Zuflucht im Gebet, sein eiserner Lebenswillen und die Liebe zu den Menschen, die er zurücklassen musste, geben ihm in dieser Zeit die Kraft zum Überleben. Doch der Gedanke an seine Familie und was mit ihr geschehen ist, quält ihn noch heute.


Meine Meinung:
Ein nachdenkliches und vom Alter gezeichnetes Gesicht erblickt mich auf dem Cover dieses Lebensberichts. Als ich den Klappentext und die Überschrift las, war mir klar, dieses Buch muss ich unbedingt lesen. Der einfühlsame, emotionale und lebendige Schreibstil macht es mir einfach in die Geschichte von Icek Jakub Rubinsztejn, dem späteren Joe Rubinstein einzutauchen. Eine Lebensgeschichte wie ich sie schon einige gelesen habe, und trotzdem ist jedes Schicksal ein wenig anders und jedes bewegt mich wieder aufs Neue. Ich bin fassungslos, wie man Joe in dieser einen Nacht einfach so abholt, ohne das er sich von seiner Familie verabschieden, geschweige den sich was anziehen durfte. Dass er die Nacht auf dem Lastwagen in der Kälte überlebt hat, war schon für mich ein Eingreifen Gottes. Genauso wie die Zugfahrt, bei denen viele Menschen in seinem Waggon gestorben sind. Wie menschenunwürdig die SS damals war, erschüttert mich jedes Mal aufs Neue. Männer die wahrscheinlich selbst Familie und Kinder zu Hause haben erschlagen Kinder, so das Joe diesen Anblick noch heute vor Augen hat. Was Joe in Auschwitz und anderen Lagern erlebt, ist einfach unfassbar und er stand mehr als einmal kurz vor dem Tod. Doch Gottes Plan für Joe ist ein ganz anderer, sicher hat er ihm deshalb zum richtigen Zeitpunkt geholfen. Seine Gebete und der Gedanke an die Familie zu Hause hat ihm oft die Kraft gegeben weiterzuleben, wenn er eigentlich nicht mehr mochte. Schön ist es, dass er nach Kriegsende gute Freunde gefunden hat und die Familie Gusenda kennenlernt. In diesem Buch bekomme ich Einblick in das Leben von Joe Rubinstein, der durch den Holocaust nicht nur seine gesamte Familie verlor, sondern selbst Schlimmes erleben muss. Nancy Sprowell Geise interviewt Joe, recherchiert vieles zu den Zusammenhängen der Familie und sucht Nachweise. Joes Geschichte beweisen die vielen Nachweise am Ende des Buchs. Dort befinden sich zudem Endnoten, die Chronologie der Familie und eine detaillierte Aufführung von Konzentrationslagern und einigen Personen, die im Buch erwähnt werden. Außerdem ist Bildmaterial vom Museum Yad Vashem und dem Holocaust Memorial Museum im Buch enthalten. Bewegend für Joe war, dass man in diesem Zusammenhang drei Bilder seiner Familie gefunden hat. Der inzwischen hochbetagte Joe lebt mit seiner wunderbaren Familie in den USA, doch die Vergangenheit ist noch immer schmerzlich für ihn. So ist die Autorin bisher eine von wenigen, der Joe einen solchen detaillierten Bericht seiner Vergangenheit erzählt hat. Dass seine Familie wahrscheinlich alle in Treblinka ums Leben gekommen sind, kann man bis heute nicht hundertprozentig nachweisen. Lediglich dass die alle Juden aus den Ghetto in Radom im August 1942 abgeholt und in das Vernichtungslager nach Treblinka gebracht wurden, fand man. Trotz allem, was Joe erlebt hat, ist er ein Mann geblieben, der die Menschen und das Leben liebt. Dieses Buch kann ich nur jedem empfehlen, der sich mit dem Holocaust, KZs und einem starken Glauben an Gott auseinandersetzen möchte. Den nicht nur Joe gibt hier ein Zeugnis seines Glaubens, sondern ebenso die Autorin selbst. Für mich der bewegendsten Lebensberichte, den ich nur empfehlen kann und dem ich 5 von 5 Sterne gebe.

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Veröffentlicht am 12.01.2020

Kann die Zeit wirklich alle Wunden heilen?

Wenn Donner und Licht sich berühren
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"Das Leben war manchmal hart, aber vielleicht hatte Gott uns die Musik gegeben um sich dafür zu entschuldigen." (Buchauszug)
Die 16-jährige Jasmine Greene wollte immer nur eines in ihrem Leben eine Mutter, ...

"Das Leben war manchmal hart, aber vielleicht hatte Gott uns die Musik gegeben um sich dafür zu entschuldigen." (Buchauszug)
Die 16-jährige Jasmine Greene wollte immer nur eines in ihrem Leben eine Mutter, die sie liebt, so wie sie ist. Stattdessen drängt sie Jasmine in ein Leben hinein, das sie nicht möchte. Umso mehr freut sich Jasmine, dass sie in New Orleans endlich eine Schule besuchen darf, statt dem sonstigen Privatunterricht. Dort lernt sie dann den schüchternen, verängstigten Elliot kennen, den sie als Straßenmusiker entdeckt hatte. Selbst sein Stottern ist ihr egal, den sie spürt, das Elliot ein Seelenverwandter ist. Elliot hat kein einfaches Leben, er wird von einigen Schülern, gemobbt, drangsaliert und misshandelt. Doch dann trennen sich die Wege der beiden, weil ihre Mutter wieder einmal eine Musikkarriere in England für ihre Tochter anstrebt. Als sich Jasmine und Elliot nach Jahren wiedersehen, ist alles anders als zuvor. Können sie sich gegenseitig ihre Wunden heilen und einen Neuanfang finden?


Meine Meinung:
Das schöne wolkenverhangene Cover ist mir schon recht früh aufgefallen, allerdings konnte ich mit dem Klappentext wenig anfangen. Den dieser spiegelt in meinen Augen viel zu wenig wider, was hinter dieser berührenden, emotionalen Geschichte steckt. Trotzdem machte mich das Buch neugierig, sodass ich mehr erfahren wollte. Die beiden Sprecher Yesim Meisheit und Nicolás Artajo machen dieses Hörbuch zu einem wahren Erlebnis. Besonders die warmherzige Stimme der Sprecherin berührte mich sehr und ließ mich so richtig in die Geschichte eintauchen. Im Plot geht es um zwei Teenager, die es nicht gerade einfach in ihrem Leben haben. Jasmine mit ihrer einnehmenden, unsympathischen Mutter und Elliot hingegen mit einigen Mitschülern. Doch die beiden finden in der Musik einen Ort, der sie verbindet und bei dem sie ganz in ihre eigene Welt abtauchen können. Sie erleben die schönste Zeit miteinander, trotzdem es Jasmine sehr verletzt, was man Elliot antut. Dann müssen sie sich leider trennen, wollen jedoch weiter Kontakt halten, was jedoch durch die Zeitverschiebung USA-England schwierig wird. Eines Tages bleiben dann die Nachrichten von Elliot aus. Sechs Jahre vergehen, bis Jasmine wieder zurückkehrt. Sie trifft auf einen ganz veränderten Elliot wieder, bis sie die Wahrheit erfährt. Mit dieser berührenden, emotionalen Geschichte habe ich hier ein wahres Highlight gefunden. Wem bei dieser Geschichte die Augen trocken bleiben, den kann ich nicht verstehen, den die Leben von Jasmine und Elliot berühren mich zutiefst. Ich werde regelrecht wütend bei dem, was Todds Freunde und er Elliot und seiner Familie antun, nicht nur da treibt es mir die Tränen aus den Augen. Ich frage mich wieder einmal, was ist bei so jungen Menschen schiefgelaufen, dass sie Schwächere manipulieren oder gar missbrauchen? Dazu kommt noch die hartherzige Mutter von Jasmine, die ihre Tochter regelrecht spüren lässt, wie wenig sie ihr Kind liebt. Die Karriere in der Musikbranche ist ihr wichtiger, sie tut alles um diese bei ihrer Tochter voranzutreiben. Selten habe ich so eine kalte Mutter erlebt, es tut mir regelrecht im Herzen weh zu sehen, wie sehr Jasmine leidet. Nur gut, dass sie mit Ray einen Ziehvater hat, der bei mir sofort mein Herz erwärmt, er liebt Jasmine wie sein eigenes Kind und nennt sie liebevoll Snow. Ich ringe hin und her zwischen Freudentränen und Tränen des Schmerzes, während ich dieser Geschichte zuhöre. Mich beeindruckt besonders, mit wie viel Emotionen und Herzblut die Autorin sie geschrieben hat. Die Stimme der Sprecherin bringt dann diese Emotionen ganz besonders gut zum Ausdruck. Doch trotz aller Widrigkeiten kämpfen beider weiter an ihrem Leben. Ich bin froh, dass ich dieses Meisterwerk der Autorin anhören durfte, und freue mich schon auf das nächste Buch von ihr. Ich denke zudem das die Emotionen beim Hörbuch noch besser zur Deutung kommen. Deshalb eine klare Empfehlung von mir und 5 von 5 Sterne für dieses Hörerlebnis, bei dem man viele Taschentücher braucht.

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Veröffentlicht am 05.01.2020

Die Liebe aber ist das größte unter ihnen

Zwischen Liebe und Hass
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"Wer liebt, der hat den Schlüssel zur letzten Wahrheit gefunden; wer hasst, steht vor dem Nichts." (Martin Luther King)
England 1553:
Der Glaubenskrieg zwischen den Katholiken und Protestanten geht weiter, ...

"Wer liebt, der hat den Schlüssel zur letzten Wahrheit gefunden; wer hasst, steht vor dem Nichts." (Martin Luther King)
England 1553:
Der Glaubenskrieg zwischen den Katholiken und Protestanten geht weiter, doch dazwischen gibt es die Liebe des Geistlichen William Wakefield, Myles Sohn und der jungen Blanche Holly. Der viel zu junge, kränkliche König Eduard VI. stirbt und William wird wenig später wegen seines Glaubens hingerichtet. Zudem stirbt Blanche kurz nach der Geburt ihres Sohnes Robin, doch sie bittet Myles, darum ihn Liebe zu lehren. Als Robin alt genug ist, bricht er zusammen mit seinem Onkel Thomas auf, die Weltmeere zu erobern. Er stürzt sich in gefährliche Abenteuer, um Rache am Tod seines Vaters zu nehmen. Robins Hass gegen die Katholiken ist einfach zu groß geworden, bis er erneut in eine lebensgefährliche Lage kommt. Jedoch die Liebe und der Glaube, den er von der Familie mitbekommen hat, können ihm schlussendlich den Frieden bringen.


Meine Meinung:
Das Cover spiegelt ein wenig Robins abenteuerliches Leben wider, bei dem er zur See geht. Die Wakefield Saga geht weiter und anders als von mir erwartet, macht der Autor einen größeren Zeitsprung. Den eigentlich hätte ich gefreut noch etwas mehr von Myles und Hannah zu erfahren, stattdessen erlebe ich hier schon seinen Sohn William. Der Schreibstil ist schon wie beim ersten Band flüssig, lebendig und sehr informativ. Bisher habe ich mich recht wenig mit der Geschichte Englands auseinandergesetzt. Doch hier erlebe ich nicht nur die Geschichte um Englands Thronfolger, sondern vor allem die Geschichte rund um den Glauben Englands. Traurig macht mich besonders der frühe Tod von Eduard VI, William und seiner Frau Blanche. Doch Robin findet ohne Mutter und Vater seinen Halt bei seinen Großeltern, sie lehren ihm den Glauben und die Liebe. Man spürt, dass die Zeiten um das 16. Jahrhundert nicht gerade einfach waren, besonders in Bezug auf den Glauben gab es immer wieder Konflikte. Beeindruckt hat mich insbesondere das Myles und Hannah all ihren Kindern die Liebe als das höchste lehren. Überhaupt spürt man hier den großen Zusammenhalt der Familie Wakefield. Für Robin hätte es keinen besseren Ort geben können, um aufzuwachsen. Für Robin hätte es keinen besseren Ort geben können, um aufzuwachsen. Besonders beeindruckte mich der Glaube von Hannah, Blanche und Allison, wie schon Myles Mutter führen sie das starke Frauengeschlecht in puncto Glauben weiter an. Sie geben nicht nur ihren Männern Halt und ein gutes zuhause, sondern sie lehren besonders ihre Kinder mit einer Hingabe den Glauben. Beeindruckt hat mich Hannahs Aussage für Robin: „Das Leben ist für die Liebe da, nicht für den Hass“. Sie und Myles waren sicher maßgebend dafür, dass Robins Hass nicht die Oberhand über in bekommt. Ich bin erstaunt wie Myles und Hannah den Tod ihres Sohnes hinnehmen sicher, weil sie wissen, dass er für seine Überzeugung sterben musste. Und das für sie ebenso die Liebe über allem steht, haben sie nachdrücklich ihrem eifrigen Glauben zu verdanken, den sie von ihren Eltern erhalten haben. Besonders die englische Geschichte in einer Romanform zu verfolgen gefällt mir sehr gut. Dazu noch die starken Charaktere der Familie Wakefield runden auch hier wieder den zweiten Band dieser Reihe ab. Mit viel Hingabe und Liebe vermittelt der Autor dem Leser nicht nur detailliert die Geschichte Englands, sondern auch das Glaubensleben der Familie Wakefield über Generationen hinaus. Für mich wieder ein beeindruckendes, historisches Erlebnis, das Lust auf mehr macht und dem mich 5 von 5 Sterne gebe.

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Veröffentlicht am 30.12.2019

Hauke Sötje ermittelt in der Speicherstadt

Tod in der Speicherstadt
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"Die Anfänge der Speicherstadt im Hamburger Hafen werden im Jahre 1881 datiert. In diesem Jahr begann der Bau der historischen Gebäude. Anlass des Baus war die Angliederung des Viertels an den Deutschen ...

"Die Anfänge der Speicherstadt im Hamburger Hafen werden im Jahre 1881 datiert. In diesem Jahr begann der Bau der historischen Gebäude. Anlass des Baus war die Angliederung des Viertels an den Deutschen Zollverein, welcher von Otto von Bismarck veranlasst wurde. Die Speicherstadt sollte der Lagerung und Veredelung exklusiver Rohstoffe wie Gewürze, Kaffee, Tee und Kakao aus aller Welt dienen." (speicher-consorten)
Hamburg 1896:
In der Elbe im Kieler Raum wird bei einem Brand der Wilhelmine ein unkenntlicher Toter geborgen. Lediglich ein Siegelring führt Kommissar Hauke Sötje deshalb nach Hamburg und zu den Bellingroth einer großen Kaffeehändlerfamilie. Wie sich schnell herausstellt, scheint Johann Bellingroth der Tote zu sein, dieser wurde von seinem Vater verstoßen und nach Südamerika gesandt. Als Hauke der Familie den Tod ihres Sohnes mitteilt, gerät er in ein gefährliches Netz aus Intrige, Macht, Gier und einer Liebe zwischen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Zu allem Überfluss gerät Sophie ebenfalls in die Kreise der Bellingroths, da sie Claras Abschiedsball organisieren muss. Das Amelie Bellingroth, Sophie bietet Johanns Geliebte und ihr Kind zu suchen, um ihr einen Brief zu übergeben, bringt Sophie zu den Abgründen Hamburgs und in große Gefahr.


Meine Meinung:
Ein beeindruckendes, historisches Bild der Hamburger Speicherstadt ziert das Cover dieses bemerkenswerten vierten Falls von Kommissar Hauke Sötje. Der wunderbare Schreibstil, der sich hier wieder sehr lebhaft und locker präsentiert, wird wie schon in den Bänden davor durch mehrere Kapitel unterteilt. Mit viel Liebe zum Detail ziert jedes Kapitel ein gut recherchierter Zeitungsartikel, bei dem ich interessante Meldungen von damals erfahre. Diesmal erlebte ich Hauke Sötje nicht in Kiel, wo er sonst arbeitet, sondern in der Hansestadt Hamburg. Erneut hat sich die Autorin mit der Speicherstadt ein beeindruckendes Lokalkolorit ausgesucht. Durch die damaligen Kontore und Warenlager war dieser Ort eine Stadt in der Stadt, wo oft andere Gesetze herrschten. Dies bekommt nicht nur Hauke, sondern auch die Kripo Hamburgs zu spüren, die einigen ein Dorn im Auge ist. Bildhaft beschrieben Szenen lassen mich wieder spüren, was für harte Zeiten damals oft für die ärmliche Bevölkerung bestand. Die Beschreibung des damaligen Gängeviertels, in das sich selbst die Polizei nicht gerne traut, hat mich schwer erschüttert. Zudem fieberte ich meist mit Sophie mit, die sich mal wieder zwar ungewollt, aber eigenmächtig in Haukes Fall einmischt. Diesmal spürt man jedoch, dass aus der schüchternen, ruhigen Sophie inzwischen eine durchsetzungsfähige, robuste Frau geworden ist. Ich könnte mir sie durchaus als eine gute Ermittlerin vorstellen, auch wenn dies zur damaligen Zeit noch unvorstellbar war. Hauke besticht wieder durch seine ruhige, kompetente Art, selbst wenn er gelegentlich wieder in seine Vergangenheit abtaucht. Dass er Sophie eigentlich fürsorglich beschützen möchte, gelingt ihm auch diesmal wieder nicht. Trotzdem ist er immer in den entscheidenden Moment an ihrer Seite und für mich bleiben die beiden weiter mein Traumpaar, denen ich eine gute Zukunft wünsche. Sehr unsympathisch empfand ich Wilhelm und Alfons Bellingroth, besonders bei Wilhelm spürt man den Patriarchen, der nicht nur seine Familie im Griff hat, sondern auch maßgebend die Speicherstadt beherrscht. Seine Frau Amalie hingegen ist eine liebevolle Frau, bei der ich sofort die Ängste einer Mutter spüre und die trotz ihres Standes, keinerlei Privilegien zu haben scheint. Die Atmosphäre der alten Speicherstadt mit ihren damaligen Aufgaben gibt diesem Kriminalfall wieder ein ganz besonderes Flair. Ich bin wieder einmal total begeistert, mit wie viel Liebe und Leidenschaft die Autorin dieses Buch geschrieben hat. Lasst Euch die Hauke Sötje Reihe nicht entgehen, sie ist eine einmalige Gelegenheit in die Zeiten Otto von Bismarcks und des deutschen Kaiserreichs zu reisen. Darum gibt es von mir 5 von 5 Sterne und eine Leseempfehlung nicht nur für Krimi-Fans, sondern auch für Leser von historischen Romanen.

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Veröffentlicht am 25.12.2019

Eine eingeschworene, verschwiegene Dorfgemeinschaft

Nebeljagd
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"Zu frühe Urteile sind Vorurteile, aus denen der Irrtum emporsteigt wie der Nebel aus dem Meere." (Johann Heinrich Pestalozzi)
In Ochsenwang einem Dorf auf der Schwäbischen Alb wird die in die Jahre gekommene ...

"Zu frühe Urteile sind Vorurteile, aus denen der Irrtum emporsteigt wie der Nebel aus dem Meere." (Johann Heinrich Pestalozzi)
In Ochsenwang einem Dorf auf der Schwäbischen Alb wird die in die Jahre gekommene Ines Schneider ermordet. Der vorbestrafte Pflegesohn Johann Haug wird vom ganzen Dorf verdächtigt, sie getötet zu haben. Den alle scheinen ihn nicht nur am Tod seiner Pflegemutter schuldig zu sehen, sondern ebenfalls für den Tod seiner vor über 20 Jahren getöteten Freundin Vanessa Beckmann. Als sie dann in seiner Wohnung Beweise für Ines Schneiders Tod finden steht, fest nur er kann es gewesen sein. Für seine Anwältin Dr. Linn Geller scheinen diese Vorteile erst einmal nicht zu gelten, doch je länger sie in dem Fall nachforscht, desto verunsicherter wird selbst sie, dass Johann schuldig sein könnte. Linn lässt jedoch nichts unversucht, um weiter in Johanns Vergangenheit zu graben und wird dadurch immer öfter zur Zielscheibe der Dorfgemeinschaft. Doch die eingeschworene Gemeinschaft bleibt weiter verschwiegen und so begibt sich Linn ein weiteres Mal in große Gefahr, um ihrem Mandanten zu helfen.

Meine Meinung:
Das Cover mit dem einsamen Haus passt sehr gut zum Inhalt dieses Buches. Bisher kannte ich die Autorin noch nicht und war durch den Klappentext schon sehr neugierig auf diesen Kriminalfall. Der Schreibstil ist flüssig, unterhaltsam, sehr spannend, wundervoll bildhaft beschrieben und in mehrere kürzere Kapitel eingeteilt. Für mich war es neu eine Anwältin als Ermittlerin zu erleben, jedoch dadurch das Julia Hofelich selbst Juristin ist, kann sie Linn Geller sehr gut darstellen. Man spürt sofort das die Autorin sich sehr gut in diesem Metier auskennt und viel juristische Grundlagen hat, ohne das sie kompliziert dargestellt werden. Da ich die Schwäbische Alb gut kenne, konnte ich mir die eingeschworene Dorfgemeinschaft sehr gut vorstellen. Wobei man sicher solche kleineren, verschworenen Dörfer überall finden kann. Im Plot geht es um einen Mord an der Pflegemutter, die ihren Sohn Johann schon als Kind gehasst und drangsaliert hat, da er aus einem schwierigen Elternhaus kam. Von daher ist man als Leser immer wieder hin- und hergerissen, ob Johann nun schuldig ist oder nicht. Zudem geht es um den Tod von Vanessa, die man vor über 20 Jahren brutal erschlagen und ausgeweidet hat. Da man zudem erdrückende Beweise in Johanns Haus gefunden hat, liegt die Schuld schwer auf ihm, obwohl er vehement beteuert unschuldig zu sein. Als Linn feststellt, dass die Staatsanwaltschaft relevanten Beweise zurückhält, kann sie erst einmal Johann aus dem Gefängnis holen. Doch immer noch scheinen alle von seiner Schuld überzeugt zu sein. Obwohl es in Ochsenwang durchaus noch andere Tatverdächtige gibt, die nicht nur für den Tod von Ines, sondern auch für Vanessa verantwortlich sein könnten. Ich muss sagen die Autorin weiß, wie man uns Leser packen kann, in dem man den Spannungsbogen kontinuierlich hochhält. Zwar gab es zwischen den einzelnen Passagen, immer wieder ruhigere Momente zum Verschnaufen, doch dann kamen wieder Überraschungsmomente, bei denen ich förmlich mit Linn mitgefiebert habe. Dass man für einen Krimi nicht unbedingt einen Ermittler der Kripo braucht, um spannend zu sein, erlebe ich hier in diesem Buch. Trotz ihres Handicaps dem kaputten Bein, scheint Linn eine ausgesprochen engagierte, sympathische Anwältin zu sein. Sie scheut sich selbst nicht davor vor Ort zu ermitteln und sogar trotz ihrer Ängste sich in Gefahr zu begeben. Mit ihrem netten Kollegen Götz betreibt sie eine Kanzlei. Leider wird ihre Freundschaft ein wenig auf die Probe gestellt, da Götz mehr für Linn empfindet, sie jedoch nicht für ihn. Linns Faible für den englischen Polizisten Harris scheint hingegen ebenfalls Risse zu bekommen. Für mich war dies jedenfalls ein wirklich gelungener Krimi, der sich zu lesen lohnt und der von mir 5 von 5 Sterne bekommt.

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