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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2017

Alleine bist du nie

Alleine bist du nie
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Zoe Walker führt ein ganz normales Vorstadtleben. Ihre fast erwachsenen Kinder, ihr Lebenspartner Simon, ihr eintöniger, aber solider Job bei einem Immobilienmakler. Zweimal täglich Pendeln mit der Bahn. ...

Zoe Walker führt ein ganz normales Vorstadtleben. Ihre fast erwachsenen Kinder, ihr Lebenspartner Simon, ihr eintöniger, aber solider Job bei einem Immobilienmakler. Zweimal täglich Pendeln mit der Bahn. Alles nichts Außergewöhnliches. Bis zu dem Tag als Zoe ihr eigenes Konterfei unter den Kleinanzeigen in der Zeitung wiederfindet, ausgerechnet in der Rubrik für sexuelle Kontakte. Ein makabrer Scherz? Mitnichten, denn auch andere Frauen sind in den Kleinanzeigen aufgetaucht; bald darauf findet man sie im Fernsehen, als Opfer eines Verbrechens.

Clare Mackintosh hat bereits mit „Meine Seele so kalt“ gezeigt, dass sie gute Geschichten erzählen kann. Auch ihr neuestes Buch „Alleine bist du nie“ hat mich sofort gefesselt. Es ist weniger eine haarsträubende Spannung, die die Autorin aufbaut, sondern eine unterschwellige, nicht greifbare Gefahr, die den Leser in den Bann zieht. Geschickt eingesetzte Perspektivwechsel (mal zur ermittelnden Kelly Swift, mal zum Täter) bieten zusätzlichen Antrieb schnell weiter zu lesen. Die Autorin schreibt sehr flüssig und angenehm. Ihre Figuren sind ihr unterm Strich gut gelungen, Zoe erscheint manchmal etwas naiv, was aber ja sehr gut zu ihrer Rolle als etwas langweiliger Durchschnittsmensch passt. Auch für die anderen Haupt- und Nebenfiguren lässt sich die Autorin genug Einführungszeit, was u.a. dazu führt, dass die Story etwas langsam startet. Mackintosh hat selbst jahrelang bei der Polizei gearbeitet und das merkt man der Geschichte an, die Ermittlungsarbeit war sehr authentisch dargestellt. Die utopisch-rasanten Ermittlungen, die manch andere Autoren ihren Figuren andichten waren hier nicht zu finden, stattdessen plagen sich die Ermittler mit falschen Fährten und der berühmten Nadel im Heuhaufen. Die Autorin lässt den Leser lange im Dunkeln und kann so immer wieder überraschen.
Insgesamt hat mir „Alleine bist du nie“ sehr gut gefallen, eine spannende Story, der allenfalls eine Prise Tempo fehlt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Recherche
  • Spannung
  • Schreibstil
Veröffentlicht am 08.01.2017

Spannender Krimi

Kaninchenherz
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Gesine Cordes war einst ein aufgehender Stern in der Kripo, bis vor zehn Jahren der eigene Sohn unter ungeklärten Umständen aufgrund einer Pflanzenvergiftung zu Tode gekommen ist. Für Gesine war klar, ...

Gesine Cordes war einst ein aufgehender Stern in der Kripo, bis vor zehn Jahren der eigene Sohn unter ungeklärten Umständen aufgrund einer Pflanzenvergiftung zu Tode gekommen ist. Für Gesine war klar, ihre Schwester Mareike trägt die alleinige Schuld. Und so bricht sie mit ihrer Familie, zieht sich aus ihrem Beruf zurück, trennt sich vom Ehemann. Inzwischen hat sie sich als Friedhofsgärtnerin ein neues Leben aufgebaut, das zwar fragil ist, aber doch genug Halt gibt. Bis sich Gesine plötzlich unfreiwillig auf der Beerdigung ihrer eigenen Schwester wiederfindet. Alte Wunden werden wieder aufgerissen…

Kaninchenherz ist der erste Band mit Gesine Cordes und hat mich überzeugt, dieser Reihe treu zu bleiben. Wieners zeichnet einen sehr spannenden Kriminalfall, parallel werden der Tod von Gesines Schwester Mareike und von Gesines Sohn aufgearbeitet. Beiden gemein ist ein dicker Mantel aus Schweigen und Vertuschen, aus unterdrücktem Hass und falscher Liebe. Die Autorin bringt alle Gefühle der Protagonisten sehr authentisch an den Leser heran, und obwohl man Gesines Handlungen vielleicht selbst so nicht durchlebt hätte, kann man sie doch immer gut nachvollziehen. Ihre Besessenheit was Giftpflanzen angeht, scheint auf den ersten Blick Selbstkasteiung (starb ihr Sohn doch daran), auf den zweiten Blick erkennt man, dass sie nur für die Zukunft gerüstet sein will. Gesine besitzt ein Notizheft, in dem sie alles über Giftpflanzen niederschreibt. Kurze Einträge dieses Heftes dienen der Strukturierung der Handlung, was mir gut gefallen hat. Auch sonst ist Wieners Erzählstil sehr angenehm zu lesen; ein guter Spannungsbogen, eine runde Geschichte und einige Überraschungen machen Kaninchenherz zu einem gelungenen Krimi.

Veröffentlicht am 28.12.2016

Des Kaisers neue Uhren

Cox
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Alistair Cox, der weltbeste Spielzeug- und Uhrmacher, hat den weiten Weg von England nach China auf sich genommen, denn dort wartet ein besonderer Kunde auf ihn: der Kaiser höchstpersönlich. In der verbotenen ...

Alistair Cox, der weltbeste Spielzeug- und Uhrmacher, hat den weiten Weg von England nach China auf sich genommen, denn dort wartet ein besonderer Kunde auf ihn: der Kaiser höchstpersönlich. In der verbotenen Stadt soll Cox mit seinen Gehilfen wahrhaft kaiserliche Uhren bauen und der Zeit ganz nebenbei ein Schnippchen schlagen.
Christoph Ransmayr nimmt den Leser mit in die mystische und prunkvolle Atmosphäre der kaiserlichen Stadt. Die zahlreichen Regeln und Vorschriften werden für die Engländer zwar verbogen und gebeugt, trotzdem bleibt die zurückhaltende Stimmung erhalten. In der Verbotenen Stadt darf sich nur einer frei bewegen – der Kaiser – auch sonst ist der Alltag von vielen Zwängen beherrscht. Die Uhrmacher sind völlig fehl am Platze und werden nur geduldet – zwar höflich umsorgt, aber nur geduldet. Cox hat zusätzlich noch mit persönlichen Schicksalsschlägen zu kämpfen und sieht die Aufträge des Kaisers bald als lebensverändernde Aufgaben an. Ransmayr zeichnet seine Charaktere ganz zart, trotzdem sind sie stark genug um die schon fast märchenhafte Geschichte zu tragen. Cox beschäftigt sich naturgemäß viel mit der Zeit und stellt dazu viele fast schon philosophische Betrachtungen an. Diese Gedankenspiele machten für mich den großen Reiz des Buches aus. Zusammen mit dem wunderbaren, subtilen Erzählstil, ergibt Cox eine lesenswerte Mischung, die den Leser schnell in ihren Seiten gefangen nimmt; bis der die Zeit beim Lesen völlig vergisst.

Veröffentlicht am 21.12.2016

Toller Ausflug in die Bismarckzeit

Der Jahrhundertsturm (Jahrhundertsturm-Serie 1)
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Paul hat einen großen Traum, er will nach England und dort beim Meister der Eisenbahn persönlich lernen. Doch sein Traum wird jäh zerstört, auch wenn ihn die Macht und Möglichkeiten der Dampfloks in den ...

Paul hat einen großen Traum, er will nach England und dort beim Meister der Eisenbahn persönlich lernen. Doch sein Traum wird jäh zerstört, auch wenn ihn die Macht und Möglichkeiten der Dampfloks in den nächsten Jahren nicht loslassen sollen. Alvin hat ebenfalls einen Traum, der bald auf tönernen Füßen steht. Die Wege der beiden kreuzen sich, ebenso wie sie immer wieder auf die junge Französin Louise treffen. Und auf einen gewissen Otto von Bismarck, der diese Zeit ebenso prägen soll wie die Bahn und die deutsch-französischen Querelen.

Die Bismarckzeit ist wirklich eine spannende Epoche, viele Veränderungen prägen diese Zeit. Dübell hat seine Protagonisten geschickt gewählt, sodass man sowohl beim industriellen Fortschritt als auch bei politischen Umbrüchen live dabei ist. Es handelt sich dabei aber beileibe nicht um bloße Statisten, die der Darstellung von historischen Gegebenheiten dienen, alle sind sehr gut getroffen und geben ein plastisches Bild ab. Was mir an der Geschichte so gar nicht gefallen hat, war die Ménage à trois, die sich zwischen Louise, Paul und Alvin entspinnt. Das entwickelte sich für mich etwas unrealistisch und hat die Charaktere auch nicht wirklich vorangebracht. Das ist aber auch so ziemlich mein einziger Kritikpunkt, ansonsten habe ich sehr wohl gefühlt in der Geschichte. Der Autor schreibt sehr ansprechend, hat auch immer eine Portion Humor mit im Gepäck und so sind die gut drei Jahrzehnte, die die Handlung umspannt, doch sehr schnell ausgelesen. Ein aufregender und trotzdem informativer Ausflug in die deutsche Vergangenheit, der mich sehr neugierig auf die Fortsetzung gemacht hat.

Veröffentlicht am 16.12.2016

Zeitlos gut

1933 war ein schlimmes Jahr
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Dominic hat seinen weiteren Lebensweg genau vor Augen, nämlich sein Talent als Baseballspieler zum Beruf machen. Der Armut daheim entfliehen, vor der kaputten Ehe seiner Eltern weglaufen, sein Leben als ...

Dominic hat seinen weiteren Lebensweg genau vor Augen, nämlich sein Talent als Baseballspieler zum Beruf machen. Der Armut daheim entfliehen, vor der kaputten Ehe seiner Eltern weglaufen, sein Leben als Spaghettifresser hinter sich lassen. Doch sein Vater hat andere Pläne, Dominic soll ins Maurergeschäft einsteigen. Und da wäre auch noch seine heimliche, unerreichbare Liebe in Gestalt der Schwester seines besten Freundes…

1933 war wirklich kein gutes Jahr für den Ich-Erzähler von Fantes Roman. Mit seinen hochfliegenden Träumen und typischen Teenieschwärmereien ist Dom ein ganz normaler Jugendlicher, der mit dem Erwachsenwerden und der Welt der Erwachsenen hadert. Seine naive Art, aber auch sein sturer Trotz machen ihn zum Inbegriff eines Heranwachsenden, dessen Figur zeitlos ist. Der Roman spielt im Jahre 1933, Dom hätte aber ebenso ins Jahr 2016 gepasst. Fante erzählt in einer recht einfach gehaltenen Sprache, die den bodenständigen Hintergrund von Dom widerspiegelt und den Leser trotzdem mitnimmt. Mir hat der kurze, aber starke Roman gut gefallen, es wird sicherlich nicht das letzte von Fantes Werken sein, das einen Weg in mein Regal findet.