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Veröffentlicht am 14.03.2020

Unter falscher Flagge

Im Namen der Lüge
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Wird tatsächlich der Linksterrorismus reaktiviert? Diese Frage stellt sich die Referatsleiterin für Linksextremismus beim Inlandsgeheimdienst Düsseldorf. Melia Khalid hat Kenntnis von einem Traktat erhalten, ...

Wird tatsächlich der Linksterrorismus reaktiviert? Diese Frage stellt sich die Referatsleiterin für Linksextremismus beim Inlandsgeheimdienst Düsseldorf. Melia Khalid hat Kenntnis von einem Traktat erhalten, mit dem genau das behauptet wird. Die Beamtin beginnt mit den Nachforschungen, schließlich hat es in letzter Zeit Überfälle gegeben, die darauf hindeuten, dass das Schreiben nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Doch möglicherweise kommt die Gefahr auch aus einer ganz anderen Ecke. Etwa zur gleichen Zeit beginnt Hauptkommissar Vincent Che Veih mit den Ermittlungen in einem Mordfall. Es scheint sich um eine Eifersuchtstat zu handeln, allerdings bewegte sich der Tote in einem rechts Milieu.

In Gedanken ist Melia der Meinung, sie muss ihre Position verteidigen, denn sicher glauben viele Kollegen, sie habe hier Position nur der Einflussnahme ihres Vaters zu verdanken, der ein bekannter Politiker ist. Auch Vincent hat immer unter seiner Herkunft gelitten, obwohl er sich inzwischen einigermaßen mit seiner Mutter, einer ehemaligen Terroristin, versteht. Doch Brigitte Veih ist unter anderen eine der Personen, die von Melias Behörde beobachtet werden könnten. Möglicherweise gibt es auch noch mehr Zusammenhänge. Vincent und seine Kollegen finden heraus, dass ihr Toter eigentlich als Journalist tätig war, der sich bei den Rechten eingeschleust hatte.

Heutzutage sind die extremen Linken fast vergessen, könnte man meinen. Und so ist der Ansatz, diese könnten sich neu formieren, ausgesprochen spannend. Wie es allerdings in die heutige Zeit passt, so ist bei Extremen meist auch der Rechte nicht weit. Eine Gefahr, die möglicherweise lange unterschätzt wurde. Unter dem Mäntelchen des Konservativen kann sich ein Rechter für eine Weile gut verstecken und die eher konservativen Institutionen unterwandern. Aus diesem Spannungsfeld strickt der Autor einen ausgesprochen packenden Politthriller, bei dessen Lektüre man es tatsächlich mit der Angst zu tun bekommen kann. Je länger man liest, desto mehr fragt man sich, wie nahe an der Realität sich die Handlung entlang hangelt. Gefühlt wirkt das Szenario jedenfalls sehr authentisch. Dazu noch eine Innenansicht aus der Geheimdiensttätigkeit, die sonst doch eher wie der Name schon sagt im Geheimen abläuft. An diesem Buch saugt man sich fest und es lässt einen auch nach der Lektüre lange nicht los.

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Veröffentlicht am 14.01.2020

Letzte Junitage

Der Attentäter
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Der österreichisch-ungarische Thronfolger soll im Juni 1914 in der Nähe von Sarajevo einem Manöver beiwohnen. Seine Frau Sophie begleitet ihn auf der Reise, denn es soll auch einen angenehmen Teil geben, ...

Der österreichisch-ungarische Thronfolger soll im Juni 1914 in der Nähe von Sarajevo einem Manöver beiwohnen. Seine Frau Sophie begleitet ihn auf der Reise, denn es soll auch einen angenehmen Teil geben, während dessen er nicht auf seine geliebte Gattin verzichten möchte. In Sarajevo kursieren Gerüchte, dass Mitglieder der „Schwarzen Hand“, einer geheimen serbischen Terrororganisation, einen Anschlag auf das Thronfolger-Paar planen. Major Markovic vom österreichisch-ungarischen Geheimdienst versucht zum einen herauszufinden, ob an den Gerüchten etwas dran und falls ja, das Attentat zu verhindern. Gleichzeitig sind jedoch wenige Polizisten und andere Sicherheitsleute vor Ort, so das keine lückenlose Absicherung des hohen Besuches gewährleistet ist.

Aus Sicht von Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie, der Sicherheitsdienste und der Attentäter wird über die Woche vor dem Attentat und über das Attentat berichtet. Die Gruppe von Attentätern hat die Tat ausgiebig geplant und geübt. Der Geheimdienst erfährt von den Plänen und seine alle Kraft des Apparates in Bewegung, um das Attentat zu verhindern und die mutmaßlichen Täter zu verhaften. Die glücklich verheirateten Thronfolger freuen sich auf die Reise wie auf einen Urlaub. Besonders Franz Ferdinand mag nicht glauben, dass ihnen jemand nach dem Leben trachten könnte.

Man glaubt gar nicht, dass ein historisch verbürgtes Ereignis zu einem so spannenden Roman führen kann. Von dem Attentat auf den Thronfolger weiß man aus dem Geschichtsunterricht und man erinnert sich, dass es als Auslöser für den ersten Weltkrieg genommen wurde. Dass mit Franz Ferdinand einer getötet wurde, der eher gegen einen Krieg war, ist schon eine bitterböse Ironie. In diesem historischen Roman wird das Thronfolger-Paar sehr menschlich und auch sympathisch dargestellt, nicht so herrschaftlich von oben herab, wie man sich es vielleicht vorstellt. Doch auch die Attentäter werden nicht als dumme Mörder beschrieben, sondern eher wie junge Menschen, denen eine schwere Krankheit, die Tuberkulose, die Zukunft genommen hat. Da sie eh nichts mehr zu verlieren hatten, haben sie sich der „Schwarzen Hand“ angeschlossen. Ein besonderes Spannungsmoment besteht darin, dass der Geheimdienst immer wieder knapp davor ist, das Attentat zu verhindern. Und so läuft die packende Handlung auf ihr bedauerlicherweise unausweichliches Finale hin. Ein toller Roman über ein geschichtliches Ereignis, das dem Leser so ungemein nahe gebracht wird.

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Veröffentlicht am 29.11.2019

Fünf rockt

Freaks
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Mit über 70 sollte Opal die ideale Babysitterin sein. Ob das die Eltern von Ember sagen würden, wenn sie wüßten, was die alte Dame und das kleine Mädchen so unternehmen, muss man mal dahingestellt sein ...

Mit über 70 sollte Opal die ideale Babysitterin sein. Ob das die Eltern von Ember sagen würden, wenn sie wüßten, was die alte Dame und das kleine Mädchen so unternehmen, muss man mal dahingestellt sein lassen. Luster führt gern Selbstgespräche und hasst seinen Job schon seit zehn Jahren. Ray kam aus dem Irak, um den Man um Verzeihung zu bitten, den er im Krieg angeschossen hat. Aurora, die nuttige Schönheit, fährt mit ihrem Rollstuhl durch die Gegend. Gemeinsam machen sie Musik und gehen gelegentlich in den örtlichen Hähnchengrill-Imbiss.

Fünf schräge Typen und Typinnen, die überall anecken und die vielleicht gerade deshalb zusammengefunden haben. Sie sind laut und schrill und irgendwie lieb. Alle haben sie ihre Probleme. Ihre Nichten wollen Opal ins Pflegeheim stecken. Aurora hadert mit ihrer Herkunft als Pfarrerstochter. Ember ist so anstrengend, dass ihre Eltern lieber in Urlaub fahren als sich um sie zu kümmern. Luster ist ein Mittlerer unter zwölf Brüdern, wobei die anderen alle mit Drogen zu tun haben. Und Rays Frau ist alles andere als einverstanden, in diesem komischen amerikanischen Land zu sein. Doch gemeinsam halten sie es aus und suchen im amerikanischen Middle of Nowhere nach einem Probenraum für ihre Musik.

Zu Beginn fragt man sich, wie man solch schräge Typen leiden können soll. Und bevor man zu Ende gedacht hat, tut man es schon. Die Fünf sind einfach herzzerreißend schräg. Sie wecken Mitgefühl, aber nicht allzu sehr. Schließlich packen sie es an, wenn die anderen nicht zu ihnen halten, halten sie eben zueinander. Sie rocken ihre Welt und haben es nicht leicht. Und wenn sich der Polizist die Welt so zurechtbiegt, wie sie in sein Weltbild passt, dann ist es einfach tragisch und komisch und bitter. Dieses Buch nimmt Anlauf und schwupp hat man seine Protagonisten im Herzen und möchte sie nicht mehr loslassen. Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 25.04.2019

Jeder Tag ist gut

Im Leben bleiben
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Er ist oben, einer der Trance-Pioniere der ersten Stunde. Paul van Dyk reist um die Welt, seine DJ-Sets sind gesucht und gebucht. Doch bei dem Utrecht Festival im Februar 2016 stürzte Paul van Dyk wegen ...

Er ist oben, einer der Trance-Pioniere der ersten Stunde. Paul van Dyk reist um die Welt, seine DJ-Sets sind gesucht und gebucht. Doch bei dem Utrecht Festival im Februar 2016 stürzte Paul van Dyk wegen einer ungesicherten Gefahrenstelle von der Bühne. Mit schwersten Verletzungen wurde er ins nahegelegene Krankenhaus gebracht. Die Prognose war nicht gut. Seine Freundin Margarita reist aus Los Angeles an, seine Mutter aus Berlin. Der Ernst der Lage ist klar erkennbar. Mit der Energie der Liebe hält Margerita alles Negative von Paul fern und Schritt für Schritt kämpft sich der DJ ins Leben zurück.

Man kennt sie, die DJs, mit deren Namen man den Beginn der elektronischen Musik verbindet. Man hat die Zeit miterlebt, Techno, Rave, Trance, House und wie die Stile heißen. Nicht jede Richtung ist für jeden angenehm. Musik ist halt, was gefällt und das ist individuell verschieden. Doch es gibt die Lieder, bei denen man abhebt, bei denen der Rhythmus sofort ins Blut beziehungsweise in die Beine geht. Man hat einige Sets besucht und sich den Wind der unvergessenen Love-Parade in Berlin um die Nase wehen lassen. Natürlich ist die Zeit irgendwann vorbei und man genießt die Musik eher am Computer. Dennoch bleibt einem die Musik nahe und man hört von den Festivals und man hört auch von dem Unfall. Nicht in seinem ganzen Ausmaß.

Und nun drei Jahre später hat Paul van Dyk mit seinem Buch das Leben nach dem Unfall beschrieben. Zum Teil aus seiner eigenen Sicht und zum anderen aus Sicht Margaritas wird dem Leser die schwere Zeit nahegebracht. Margarita, der zunächst niemand so richtig erzählt, was geschehen ist. Paul, schwer verletzt im Krankenhaus. Mit emotionalen und mitreißenden Worten wird geschildert, wie es um Paul stand, wie Margarita mit dem Mut einer Tigerin alles unternimmt, um Paul ins Leben zurückzuhelfen. Ein schwerer Weg, der mit der Zeit wohl etwas leichter wird, der aber nie aufhört. Doch Paul van Dyk nimmt die Einschränkungen an, die ihm der Unfall auferlegt. Er akzeptiert, dass es gewisse Grenzen gibt und er versucht doch immer wieder sie zu verschieben. Und in kleinen Schritten glückt es. Es gibt keinen Tag ohne Schmerzen, doch jeder Tag am Leben, jeder Tag, an dem er seine Musik leben kann, ist ein guter Tag.

Paul van Dyk ist einer der sich aus einfachen Verhältnissen hochgekämpft hat. Vielleicht hat er zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, das richtige Thema erwischt. Doch sein begünstigtes Leben konnte ihn nicht vor dem Unfall schützen. Er musste beinahe von Null anfangen, mit dem Beistand vor allem seiner Freundin kam er ins Leben zurück. Aufgeben ist keine Option und so kann das Beispiel Pauls jedem in einer schwierigen Situation Mut machen.

Veröffentlicht am 07.03.2018

Polittalk

Der Preis des Todes
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Immer wieder wagt es Sarah Wolf in ihrer Talk Show brisante Themen anzupacken. Meist gelingt es ihr, hochkarätige Gäste einzuladen. Doch wie jedes Jahr im Herbst wird Bilanz gezogen und der Folgevertrag ...

Immer wieder wagt es Sarah Wolf in ihrer Talk Show brisante Themen anzupacken. Meist gelingt es ihr, hochkarätige Gäste einzuladen. Doch wie jedes Jahr im Herbst wird Bilanz gezogen und der Folgevertrag ausgehandelt. Noch ist nichts beschlossen. Doch immerhin hat Sarah eine Einladung zum ARD Hauptstadtreff. Dort trifft sie den Bundestagsabgeordneten Christian Wagner, mit dem sie mehr verbindet als nur eine lose Bekanntschaft. Wenn es läuft, läuft es, oder hat der Programmchef sie etwas unterkühlt behandelt? Inzwischen wird in Düsseldorf die Leiche einer als vermisst gemeldeten jungen Frau gefunden. Und bald darauf muss Sarah den Tod von Christian Wagner verkraften.

Als Freundin des Opfers gerät Sarah Wagner näher an die Ermittlungen heran als gewünscht. Aber hat Christian einen Grund gehabt, sich umzubringen. Sarah beginnt nachzuforschen und stößt tatsächlich auf eine Spur nach Afrika. Gleichzeitig muss sie professionell bleiben und ihre Show durchziehen. Freie Themenwahl, präzise Hintergrundrecherche, neutraler Journalismus, der manchmal polarisieren soll. Doch über allem steht die Quote. Mit ihrer neuesten Sendung allerdings ist sie bei den Senderchefs und in der Politik angeeckt, obwohl sie das Publikum und die Fernsehzuschauer fesseln konnte. Mit dem Ermittlungen zum Todesfall der jungen Frau geht es zunächst schleppend voran, obwohl der Ermittler der Vermisstenstelle schnell ahnt, dass es sich bei der Toten um Johanna Kling handeln könnte, die von ihren Eltern als vermisst gemeldet wurde.

Sie stehen einem beinahe alle vor Augen, die Talk Shows, die es wöchentlich zu mittelspäter Stunde zu sehen gibt. Themen, Politiker,Talkmaster - alle streben danach klare Kante zu zeigen und doch im besten Licht dazustehen. Welche Fäden da im Hintergrund gezogen werden und wie viel Freiheit die Journalisten bei ihren Nachfragen haben, bedenkt man oft nicht. Geht es zu hart her, besucht natürlich kein bekanntes Gesicht mehr eine solche Sendung. Doch der Publikumsmagneten bedarf es schon, sonst kuckt ja keiner. Garnicht so leicht, hier die Balance zu finden. Und wenn man bei aller Balance als Journalist noch auf ein wirklich brisantes Thema trifft, wie soll man die Gratwanderung bestehen. Sarah Wolf wechselt aus dem Bedürfnis heraus, die Hintergründe des Todes ihres Freundes ans Licht zu bringen, in den investigativen Journalismus. Wie ein Detektiv geht sie vor und hat keine Scheu ihre Kontakte zu nutzen. Gleichzeitig entsteht der Eindruck, dass die Polizei einen vordergründigen Aktionismus betreibt und nur das Offensichtliche feststellt. Soll da etwas im Verborgenen bleiben? Wie weit reicht der Arm von Industrie und Lobbyisten? In diesem fesselnden und mit treffenden Worten geschriebenen Politthriller scheint hinter jeder Seite eine neue Enthüllung zu lauern, die den Politikzirkus als solchen erkennen lässt und die die Skrupellosigkeit in gewissen Wirtschaftszweigen entlarvt.

Die Bücher des Autors gehören wahrlich ins unbedingt lesen Regal.