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Veröffentlicht am 28.02.2020

Sind wir nicht alle das Produkt unserer Vergangenheit?

Die Tochter – Deiner Vergangenheit entkommst du nicht!
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Die Alleinerziehende Kathi lebt mit ihrer Tochter in dem heruntergekommenen Haus ihrer Mutter in Lohausen, einem Düsseldorfer Vorort. Kathi stammt aus schwierigen Verhältnissen und wurde deshalb während ...

Die Alleinerziehende Kathi lebt mit ihrer Tochter in dem heruntergekommenen Haus ihrer Mutter in Lohausen, einem Düsseldorfer Vorort. Kathi stammt aus schwierigen Verhältnissen und wurde deshalb während ihrer Schulzeit von anderen Mädchen wie ihrer Klassenkameradin Gabi gehänselt, ja richtiggehend drangsaliert. Nun scheint sich das Schicksal zu wiederholen und es ergeht ihrer Tochter Lucy genauso. Ausgerechnet Annabell, Gabis Tochter, macht Lucy gemeinsam mit ihrer besten Freundin Charlotte das Leben schwer. Als plötzlich Charlotte verschwindet, eskaliert die Situation. Unglücklicherweise hat Kathi das Mädchen auch noch zuletzt lebend gesehen. Die Erinnerungen an die Vergangenheit kommen wieder hoch und Kathi gerät unter Verdacht. Glücklicherweise findet sie in der neuen Schwimmlehrerin Judith eine Verbündete und zuverlässige Freundin.....

Rose Klay schreibt angenehm klar, strukturiert und sehr flüssig, mein Einstieg in die Geschichte gelang daher mühelos. Die Handlung des Thrillers hat mich von der ersten Seite an gefesselt und ich habe den Roman in kürzester Zeit regelrecht inhaliert. Im Verlauf der Geschichte dringen immer mehr Geheimnisse aus Kathis Vergangenheit und deren Familie an die Oberfläche und auch im Entführungsfall tauchen sukzessive neue Details auf. Trotzdem kam das Ende für mich ziemlich unvorhergesehen.

Klays Charaktere haben alle einen ambivalenten, leicht mysteriösen Touch, niemand scheint hier ganz unschuldig zu sein, weder der harmlos anmutende Rolfie, noch Tochter Lucy oder Hauptperson Kathi selbst. Für Kathi hegte ich große Sympathie aber nicht alles an ihrem Verhalten war für mich nachvollziehbar. Ihre Tochter Lucy tat mir sehr Leid. Kein Kind sollte von seinen Klassenkameraden so behandelt werden wie sie. Klay sät gezielt geschickt Misstrauen gegen ihre eigenen Figuren, die sich auch immer wieder gegenseitig hinterfragen. Das macht die Geschichte umso interessanter und spannender.
Klays Krimi, der in Deutschland spielt, mutet fast ein wenig amerikanisch an: nicht leise zurückhaltend und bodenständig, sondern recht spektakulär und mit viel Effekt, hier wird ordentlich Staub aufgewirbelt. Der Plot macht definitiv was her und könnte auch ein Drehbuch für einen Spielfilm darstellen.
Ein packender Psychothriller, den ich jedem empfehlen kann, der spannende fesselnde Unterhaltung zu schätzen weiß.

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Veröffentlicht am 27.02.2020

Harry Potter meets die Schule der magischen Tiere

Die Tierwandler 1: Unser Lehrer ist ein Elch
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Merkwürdige Dinge gehen kurz vor Beginn des neuen Schuljahres vor: Merle bemerkt plötzlich, dass sie die Sprache der Tiere verstehen kann. So kündigt ihr eine Eule nachts an, dass das nächste Schuljahr ...

Merkwürdige Dinge gehen kurz vor Beginn des neuen Schuljahres vor: Merle bemerkt plötzlich, dass sie die Sprache der Tiere verstehen kann. So kündigt ihr eine Eule nachts an, dass das nächste Schuljahr etwas ganz Besonderes wird. Und tatsächlich am nächsten Tag stellt sich Tove Olsson als neuer Lehrer in der Schule vor. Sein Schwein Melusine wählt die Teilnehmer für die AG Sport für besondere Talente aus und Merle ist überraschenderweise unter ihnen. Leider aber auch der neue Mitschüler Finn, den Merle zunächst ziemlich unsympathisch findet. Bald stellt sich heraus, dass alle Mitglieder der AG in Wahrheit Tierwandler sind, das heißt, sie können sich in Tiere verwandeln. Tove Olsson, der die Gestalt eines Elchs annehmen kann, soll ihnen lehren, mit der neuerkannten Fähigkeit richtig umzugehen. Damit geht das Abenteuer erst richtig los.....

Martina Baumbachs Buch „Die Tierwandler - Unser Lehrer ist ein Elch“ liest sich flüssig und gut verständlich. Die Sätze sind einfach, kurz und klar formuliert. Für Achtjährige dürfte der Text zum Selberlesen keine große Herausforderung darstellen. Zum Vorlesen ist er sicherlich auch schon für Jüngere geeignet. Imke Sönnichsens hübsche Illustrationen runden die Geschichte stimmig ab und sorgen für Abwechslung.

Die Handlung der Geschichte erinnert ein wenig an „die Schule der magischen Tiere“. Statt auf ihre sprechenden Tierfreunde zu warten, sehnen die Kinder hier herbei, dass sich ihr verborgenes inneres Tier „offenbart“. Eine ganz ähnliche Dramaturgie. Dass die Mitglieder der AG gemeinsam einen Schwur sprechen, war mir dann fast etwas zu nah am Vorbild, zu abgekupfert. Auch gewisse Parallelen zu Harry Potter sind übrigens nicht von der Hand zu weisen. Insgesamt war die Geschichte trotzdem sehr spannend. Neben der alles überschattenden aufregenden Frage um ihre Tierpersönlichkeiten müssen Merle und Co sich noch als Detektive betätigen und drei Rätsel wie z.B. das um die verschwundenen Schulpokale lösen. Langweilig wird es auf keinen Fall und am Ende geht es Schlag auf Schlag.

Das Buch ist sowohl für Jungen, als auch für Mädchen geeignet, was mir sehr gut gefällt. Mädchen identifizieren sich sicherlich eher mit Merle, Jungen mit Finn. Ich habe die Geschichte meinen drei Kindern vorgelesen. Meine achtjährige Tochter fand die Vorstellung faszinierend, auch mal ein Tier sein und vielleicht sogar fliegen zu können. Ihre Phantasie wurde definitiv angeregt. Der sechsjährige Sohn war am Schluss etwas enttäuscht, weil nicht aufgelöst wurde, in welche Tiere sich die anderen Kinder denn nun verwandeln können. Bleibt uns nur eins übrig: Den nächsten Band lesen. Den ersten können wir definitiv schon einmal weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 20.02.2020

Kein alltäglicher Roman über Beziehungsalltag

Kann mein Herz nicht mal die Klappe halten?
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Nina und Steffen sind schon lange verheiratet, haben zwei wohlgeratene Töchter und ein schönes Heim. Äußerlich stimmt alles. Doch der Schein trügt, irgendwie läuft es in ihrer Beziehung in letzter Zeit ...

Nina und Steffen sind schon lange verheiratet, haben zwei wohlgeratene Töchter und ein schönes Heim. Äußerlich stimmt alles. Doch der Schein trügt, irgendwie läuft es in ihrer Beziehung in letzter Zeit nicht mehr so richtig, vor allem im Bett herrscht relative Flaute. Als beide sich bei einem Spiel und viel Schnaps ihre intimen Wünsche anvertrauen, gesteht Steffen, dass er insgeheim von einem Partnertausch mit einem anderen Paar träumt. Schneller als ihr Verstand eingreifen kann, begibt sich Nina online auf die Suche nach Gleichgesinnten, obwohl sie mit Steffens Vorschlag eigentlich gar nichts anfangen kann. Das setzt eine Reihe von Ereignissen in Gang, die die Beziehung von Nina und Steffen auf eine harte Probe stellt...

Julia Greve schreibt in der Ich-Perspektive aus Ninas Sicht so leicht und locker, dabei immer glaubwürdig und plausibel, als würde ich mich mit einer guten Freundin unterhalten.
Nina trifft fragwürdige, kopflose Entscheidungen, die sie hinterher selbst bereut, aber im Großen und Ganzen konnte ich mich sehr gut mit ihr identifizieren und sie und ihre Situation nachvollziehen. Nina denkt viel zu sehr an die anderen und achtet zu wenig auf eigene Bedürfnisse, ist aber - vielleicht gerade deswegen- eine sehr sympathische und authentische Protagonistin. Ich habe mich selbst gewundert, wie sehr ich Nina verstehen konnte und wie nahe ich mich ihr fühlte. Mit ihrem Mann Steffen hingegen wurde ich nicht richtig warm, er wurde mir ein wenig zu oberflächlich und einseitig dargestellt.

Der Roman bringt ein altbekanntes Beziehungsdilemma auf den Punkt: Nina und Steffen schweben nach fast 20 gemeinsamen Jahren nicht mehr auf Wolke sieben, der Alltag hat sie eingeholt. Das ist so weit sicherlich nicht ungewöhnlich und kommt in den besten Familien vor. Ungewöhnlich ist aber, welche Anstrengung Nina unternimmt, die Beziehung zu retten: Partnertausch, aber nur dem Partner zuliebe. Trotzdem Ninas Verhalten merkwürdig und fast absurd anmutet, bleibt die Handlung erstaunlich realistisch. Selbstverständlich wirkt alles, was passiert, ein wenig überspitzt und übertrieben, es ist ja auch Fiktion, aber trotzdem kann ich mir vorstellen, dass auch das echte Leben solche Geschichten schreiben könnte.

Selten habe ich einen Titel als derart passend empfunden wie im Falle dieses Romans. Julia Greve hat mich mit ihrem Buch wirklich prima unterhalten, mitgerissen, aber auch ziemlich nachdenklich gestimmt. Ein Beziehungsroman der etwas anderen Art, nicht ganz so leicht und oberflächlich, sondern stellenweise ganz schön tiefgründig. So kommt es zum Schluss zu einem stimmigen runden Ende, aber zu keinem klassischen Happy End. Sehr lesenswert!

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Veröffentlicht am 31.01.2020

Lieber Dreck am Stecken als im Dreck stecken..

Was sie nicht wusste
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... davon ist Neve Connolly überzeugt. Eigentlich wollte sie ihren heimlichen Geliebten und Chef Saul zu einem Stelldichein in dessen Wohnung treffen, doch als sie dort ankommt, ist er tot, mausetot. Ermordet ...

... davon ist Neve Connolly überzeugt. Eigentlich wollte sie ihren heimlichen Geliebten und Chef Saul zu einem Stelldichein in dessen Wohnung treffen, doch als sie dort ankommt, ist er tot, mausetot. Ermordet durch einen Schlag auf dem Kopf mit einem Hammer. Neve beseitigt ihre Spuren und reinigt den Tatort akribisch, um nicht mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht zu werden. Doch die Polizei, allen voran Detective Inspector Hitching, arbeitet überaus gründlich.....

Ein wenig Zeit habe ich gebraucht, um von Nicci Frenchs Thriller mitgerissen zu werden, aber nach kurzer Eingewöhnung war ich von der Geschichte gefangen und habe gebannt jede Seite, jede kleinste Entwicklung, jedes neu aufgedeckte dunkle Geheimnis verfolgt. Der Schreibstil liest sich - wie von Nicci French gewohnt - unkompliziert, lebendig, angenehm und flüssig.

Neve macht sich durch ihre Tat - obwohl eigentlich unschuldig- schuldig und verstrickt sich dadurch in immer größere Lügen. Trotzdem ich Neves Verhalten oft nicht gutheißen konnte, habe ich mit ihr gefiebert und gehofft, dass sie ungeschoren davonkommt und es ihr gelingt, sich und ihre Lieben zu schützen. Auch die anderen Charaktere des Romans polarisieren, allen voran der penetrante Ermittler Hitching, der ständig zu unangemeldeten Besuchen erscheint, die labile unberechenbare Tochter Mabel, die Neve und ihrem Mann Fletcher solche Sorgen bereitet, und Neves anstrengende nervende immer präsente Freunde wie Renata, die Neve in ihrem Zuhause regelrecht belagern und ihr kaum eine Pause ohne deren Anwesenheit gönnen. Die besonderen Beziehungen der speziellen Figuren untereinander machen einen wesentlichen Reiz der Geschichte aus. Der Protagonistin Neve bleibt kaum Raum für sich alleine, um ihre Situation zu verarbeiten. Der Stress, den sie dabei empfindet, war für mich als Leser selbst deutlich zu spüren. Mit der Bandbreite menschlicher Gefühle und deren fast greifbare, überaus plastische Darstellung kennt sich Nicci French zweifelsohne bestens aus, dadurch entsteht eine unverwechselbare explosive Atmosphäre.

French‘ gut gemachter Thriller hat mich prima unterhalten, seine interessante packende Handlung vermochte mich bis zuletzt zu überraschen. Meiner Meinung nach ein Buch, das sich nahtlos in die früheren erfolgreichen Kriminalromane des Autorenduos einreiht. Ich hoffe, die Zwei schreiben noch lange so weiter.

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Veröffentlicht am 15.01.2020

Tiefsinniger Wohlfühlroman, der durch außergewöhnlichen Sprachstil auffällt

Das schräge Haus
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Das schräge Haus“ wohnt tief drinnen in ihrer Enkelin Ella, findet zumindest Mina, die die Häuser der Menschen genau erkennt, wenn sie lange genug in eine Person hineingesehen hat. Schrägheiten sind Ella ...

Das schräge Haus“ wohnt tief drinnen in ihrer Enkelin Ella, findet zumindest Mina, die die Häuser der Menschen genau erkennt, wenn sie lange genug in eine Person hineingesehen hat. Schrägheiten sind Ella daher bestens vertraut. Einen besonders schrägen Tag erlebt sie in ihrer Kindheit am 22. Juni 1986, als in der Schrebergartenkolonie ein Fest gefeiert wird. Der Tag endet mehr als tragisch und verfolgt Ella bis ins Erwachsenenalter. Viel später, mit 34 Jahren, arbeitet sie als Psychotherapeutin und die Auseinandersetzung mit schrägen Menschen wie ihrem Patienten Herrn Oebing, der immer wieder von Frau Traurigkeit heimgesucht wird, ist ihr täglich Brot. Ganz langsam wagt sich Ella aus ihrem schrägen Haus heraus und merkt dabei, dass es sich lohnt, sich dem Leben mitsamt seinen Herausforderungen zu stellen und sich auf Beziehungen zu anderen Menschen einzulassen.

Susanne Bohnes Roman ist besonders, das ist schon seinem Cover in ungewöhnlicher Streifbroschur anzusehen. Der erste Teil, in dem es um den 22.Juni 1986 geht, war für mich sehr anstrengend zu lesen. Der Sprachstil, voller schräger Bilder und Sätze war derart verworren, dass ich Mühe hatte, dem Inhalt zu folgen. Manche Sätze musste ich mehrmals lesen, um sie zu verstehen. Ich war versucht, den Roman in die Ecke zu pfeffern und aufzugeben. Doch ich hielt durch und es zahlte sich aus, ab dem zweiten Teil hatte ich mich an den Schreibstil gewöhnt und erkannte dabei, dass gerade das Spiel mit der Sprache eine Besonderheit des Romans darstellt. Die Sprache dieses Romans ist hier nicht nur Mittel zum Zweck, nicht reines Instrument, sondern ein ganz entscheidender Teil der Komposition. Jedem Satz ist die Freude und Leidenschaft, die die Autorin am Schreiben hat, deutlich anzumerken.
Nicht nur der Schreibstil der Autorin ist ungewöhnlich, ihre Figuren sind es auch. Allen voran Ella, die sich nach einem dramatischen Erlebnis in der Kindheit nicht mehr fängt und sich aus Angst vor Verlust nicht aus ihrem Schneckenhaus traut, ihr Patient Herr Oebing, der besessen von To- Do- Listen ist und eine intensive Beziehung zu Frau Traurigkeit pflegt, Ellas Freundin Yvonne, die Worte ausatmet und ihr großes Herz am rechten Fleck hat und natürlich die unkonventionelle Mina, die Ella wie niemand sonst versteht und die ihr alles bedeutet.
Es passiert nicht viel in der Geschichte, zumindest äußerlich nicht. Viel mehr passiert aber in den Figuren, am meisten in Ella. Sie lernt im Laufe des Romans einiges über Ängste, die es zu überwinden gilt, Schuld, Selbstvertrauen und natürlich über Schrägheiten. Manche Dinge sind von Anfang an verloren, manche Dinge gehen verloren, aber nicht alles geht verloren. Und wer etwas wagt, kann auch etwas gewinnen.

Der Roman ist nicht perfekt. Für mich kam das Ende zu glatt und zu übereilt daher. Stellenweise ging es mir wahrlich zu schräg zu, mit einigen Sprachbildern konnte ich wenig anfangen und manches Verhalten der skurrilen Figuren war für mich nicht nachvollziehbar. Nein, kein perfekter Roman, aber perfekt abgestimmt: Alles in allem passen nämlichen die schrägen Formulierungen, die schrägen Figuren, das schräge Verhalten ideal zusammen, es ergibt eine schräge, aber sehr stimmige Geschichte. Ein unkonventioneller Wohlfühlroman mit Tiefsinn. Es lohnt sich nach dem ersten anstrengenden Teil dranzubleiben, denn man bekommt danach ganz viel geboten: Eine Schatzkiste voller Sprachperlen und kostbarer kleiner Weisheiten, manche glänzen ganz intensiv, andere nur ein kleines bisschen.






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