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Veröffentlicht am 23.02.2020

Skurril, außergewöhnlich und nichts für Zwischendurch

Milchmann
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Dieses Buch ist weder etwas für jeden noch etwas für Zwischendurch. Der Klappentext faßt lediglich die Rahmenhandlung zusammen, bereitet den Leser aber nicht auf den Schreibstil der Autorin vor, denn der ...

Dieses Buch ist weder etwas für jeden noch etwas für Zwischendurch. Der Klappentext faßt lediglich die Rahmenhandlung zusammen, bereitet den Leser aber nicht auf den Schreibstil der Autorin vor, denn der hat es in sich.

In einer namenlosen Stadt agieren Personen ohne Namen, die nach ihrem verwandtschaftlichen Verhältnis zur Protagonistin oder ihrem Beruf benannt werden. Es herrscht ein gewalttätiger Konflikt vor, der sich nach und nach als Nordirland-Konflikt herauskristallisiert. Die 18jährige Ich-Erzählerin beschreibt ihr Umfeld, das durch diesen Konflikt geprägt ist.
Die Autorin bedient sich dabei diverser sprachlicher Stilmittel, wie der reihenweise Aufzählungen und Verwendung von Synonymen und langer, verschachtelter Sätze. Sprünge in der Handlung entsprechen den Gedankensprüngen der Ich-Erzählerin. Der Gedankenfluss bringt die Handlung nur langsam voran, unterfüttert sie aber laufend mit neuen Details. Die Autorin spickt den Text mit schwarzem Humor, Übertreibungen und Vergleichen, die wirklich originell und unterhaltsam sind.

Letztlich dient der Nordirland-Konflikt hier auch als Beispiel für alle Arten von derartigen Konflikten, von Unterdrückung (von Frauen und Andersdenkenden) und Gewaltspiralen.

Das Buch ist ohne Frage anstrengend und braucht Zeit. Wer sich aber die Zeit nimmt und sich auf die Sprache einläßt, wird auf echte Sprachkunst stoßen. Hut ab vor der Übersetzungsleistung.
Die Meinungen zum Buch werden auseinander gehen. Ich vergebe vier Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die etwas Anspruchsvolles suchen und gerne mal ihre Komfortlesezone verlassen möchten.
Mein Tipp: Ein paar Seiten im Buch lesen und dann entscheiden.

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Veröffentlicht am 13.02.2020

Wenn Unmögliches gelingt - Blanche Peyron und ihr Erbe in Paris

Das Haus der Frauen
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Nach ihrem großen Erfolg „Der Zopf“ hat Laetitia Colombani ein weiteres Mal Frauen und deren Schicksale zum Thema eines Romans gemacht.

Solène, erfolgreiche Anwältin in Paris, durchlebt nach dem Selbstmord ...

Nach ihrem großen Erfolg „Der Zopf“ hat Laetitia Colombani ein weiteres Mal Frauen und deren Schicksale zum Thema eines Romans gemacht.

Solène, erfolgreiche Anwältin in Paris, durchlebt nach dem Selbstmord eines Mandanten eine Krise und stellt ihr bisheriges Leben in Frage. Als Therapie wird ihr empfohlen, durch gemeinnützige Arbeit den Focus von sich auf andere zu lenken. So kommt Solène in das titelgebende Haus der Frauen, das vielen hundert obdachlosen Frauen Zuflucht gewährt. Solènes Arbeit als öffentliche Schreiberin stößt anfänglich auf Misstrauen, in dem Frauenhaus, das vor hundert Jahren von Blanche Peyron ins Leben gerufen wurde.

Colombani erzählt die Geschichten von Solène und Blanche auf zwei Zeitebenen und wechselt zwischen 1925/26 und der Gegenwart.

Blanche Peyron, die Leiterin der Heilsarmee in Frankreich war, und ihr unglaublicher Kampf für Bedürftige waren mir bisher unbekannt. Ihr gelang es, eine riesige Summe einzuwerben, um für die Heilsarmee ein leerstehendes Hotel in Paris zu kaufen und es dann als Frauenhaus, den Palast der Frauen, zu nutzen. Diesem unermüdlichen, leidenschaftlichen Einsatz hat Colombani ein Denkmal gesetzt.

Die Charaktere bleiben aber etwas distanziert. Dies mag auch am Schreibstil liegen, der sich zwar sehr gut lesen läßt, aber gerade in den historischen Passagen oft wie eine Biografie wirkt. Eher knapp gehalten und um Wissensvermittlung bemüht. Hier hätte ich mir bei aller Leidenschaft, die Blanche für ihre Sache aufbringt, mehr Leidenschaft in der Figur gewünscht. Der Roman hat „nur“ gut 250 Seiten, da wäre noch Platz gewesen.

Soléne ist, wie bereits die Anwältin in „Der Zopf“, ein Klischee. Ihr bin ich aber gerne in den Palast der Frauen gefolgt. Dort trifft man auf viele verschiedene Schicksale, das war sehr interessant und emotional.



Ingesamt habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Es rückt eine Frau in den Mittelpunkt, die es verdient hat, nicht in Vergessenheit zu geraten. Der Roman ist auch ein Aufruf, nicht wegzusehen und sich für die Schwachen und Bedürftigen einzusetzen.

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Veröffentlicht am 05.02.2020

Skurrile und phantastische Suche nach einem entführten Mädchen

Die Ewigkeit in einem Glas
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Der Klappentext gibt den Plot des Buches im Kern wieder: Die Londoner Privatdetektivin Bridie Devine wird Mitte des 19. Jahrhunderts damit beauftragt, die verschwundene Tochter von Sir Edmund Berwick zu ...

Der Klappentext gibt den Plot des Buches im Kern wieder: Die Londoner Privatdetektivin Bridie Devine wird Mitte des 19. Jahrhunderts damit beauftragt, die verschwundene Tochter von Sir Edmund Berwick zu suchen.

Wer jedoch eine glatte, unkomplizierte und rasch zu lesende Krimilektüre erwartet, wird nicht zufrieden sein. Wer hingegen nichts gegen einen satten Sprachstil, skurrile Figuren und mystische Elemente hat, den erwartet eine spannende Geschichte.

Die Handlung wird auf zwei Zeitebenen erzählt, der Entführungsfall spielt 1863, die Vorgeschichte, die Bridies Vergangenheit erzählt, geht zurück in die Jahre 1841-43. Ich habe nicht so leicht in die Geschichte hineingefunden, man muss sich auf den opulenten Sprachstil und die merkwürdigen Personen, Ereignisse und Zusammenhänge einlassen. Der Einstieg, die Szene auf dem Friedhof, war zunächst verwirrend und ich konnte sie gar nicht richtig einordnen. Wenn aber diese Klippe geschafft ist, nimmt die Handlung Gestalt an.

Mein Tipp ist daher, größere Abschnitte zu lesen. Kleine Häppchen würden meines Erachtens die Lesefreude trüben, es fällt dann teilweise schwer, wieder in die Geschichte zu finden.

Insgesamt eine faszinierende Geschichte voller dunkler und mysteriöser Erscheinungen. Völlig zu Recht als Roman und nicht als Krimi deklariert. Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, vor allem Bridie, Cora, Prudhoe und Ruby. Die Schilderung Londons im Jahre 1863 ist wahnsinnig interessant und detailreich.

Der Titel taucht auch im Buch auf und ist durchaus stimmig. Das Cover ist mir etwas zu dunkel, der Autorenname zu groß gegenüber dem Titel - ich dachte zunächst Jess Kidd wäre die Protagonistin. Was der geschliffene Edelstein aussagen soll, hat sich mir bisher nicht erschlossen.

Die mystischen Elemente sind nicht ganz meins, das Buch habe ich aber gerne gelesen und vergebe vier Sterne.

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Veröffentlicht am 30.01.2020

Spannende Mördersuche in einem eingeschneiten Hotel

Der zehnte Gast
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Endlich mal wieder ein Klappentext, der hält, was er verspricht. In typischer Whodunit-Manier wird in einem einsam gelegenen, von der Aussenwelt angeschnittenen Hotel ein Mörder gesucht.
Am einem Freitagnachmittag ...

Endlich mal wieder ein Klappentext, der hält, was er verspricht. In typischer Whodunit-Manier wird in einem einsam gelegenen, von der Aussenwelt angeschnittenen Hotel ein Mörder gesucht.
Am einem Freitagnachmittag trifft eine Gruppe von zehn Gästen im Mitchell‘s Inn ein. Eine sehr gemischte Gesellschaft will dort ein entspanntes Wochenende verbringen. Von der traumatisierten Kriegsreporterin über die glamouröse Schönheit bis zum Strafverteidiger sind zahlreiche interessante Personen - ja auch Klischee-Typen - vertreten. Der Hotelbesitzer und sein attraktiver Sohn sind das einzige Personal an diesem Wochenende, da ein Unwetter mit Schnee und Eisregen einsetzt. Strom- und Telefonverbindungen werden unterbrochen. Was romantisch altmodisch und erholsam beginnt, verwandelt sich bald in eine Todesfalle. Nicht alle Gäste werden wieder nach Hause reisen ...

Das Buch hat mich sehr gut unterhalten. Es war ohne Frage spannend zu lesen, ich würde es aber eher als Krimi denn als Thriller bezeichnen wollen. Es kommt meines Erachtens auch rasch in Fahrt. Zunächst müssen natürlich die Personen vorgestellt werden, im Hotel ankommen und etwas interagieren. Als Leser will man sich ja zunächst mit allen etwas vertraut machen. Dann gibt es bereits am Samstagmorgen eine Leiche und es bleibt kontinuierlich spannend bis zur Auflösung. Die kam ein bisschen flott daher am Ende, aber tatsächlich hat die Autorin Hinweise eingestreut, die man hätte bemerken können.

Der Schreibstil ist etwas nüchtern und ich hätte ihn mir atmosphärischer gewünscht, aber man kann die Geschichte sehr rasch und gut lesen.

Für Krimifans eine sehr gute Empfehlung.

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Veröffentlicht am 28.01.2020

Verhängnisvolles Gerücht setzt dramatische Ereigniskette in Gang - hochspannend

Das Gerücht
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Ein wirklich spannendes Erstlingswerk hat die Britin Lesley Kara hier vorgelegt. Ihre Geschichte über die Kindermörderin Sally McGowan, die als zehnjährige einen fünfjährigen Jungen getötet hat, erinnert ...

Ein wirklich spannendes Erstlingswerk hat die Britin Lesley Kara hier vorgelegt. Ihre Geschichte über die Kindermörderin Sally McGowan, die als zehnjährige einen fünfjährigen Jungen getötet hat, erinnert auf erschreckende Weise an eine reale Tat aus 1993. Damals wurde in Großbritannien ein zweijähriger Junge aus einem Einkaufszentrum entführt und von zwei Zehnjährigen umgebracht.

Die alleinerziehende Joanna lebt in dem beschaulichen Küstenort Flinstead. Zufällig hört sie vor der Schule ihres Sohnes von dem Gerücht, dass die Kindermörderin Sally McGowan ausgerechnet hier mit einer neuen Identität leben soll. Eigentlich will Joanna von dem Gerücht nichts hören. Allerdings trägt gerade sie kurz darauf dazu bei, dass es sich rasch weiter verbreitet. Ganz schnell wird jede ältere Dame mit anderen Augen betrachtet. Ist sie es oder nicht? Misstrauen und Spekulationen heizen die Stimmung in Flinstead an.

Kara erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Joanna. Durch ihre inneren Dialoge erfährt man, warum sie wie handelt. Das ist immer nachvollziehbar, aber gelegentlich auch etwas naiv. Ihr Charakter ist mir nicht ganz zu 100% sympathisch gewesen. Dennoch habe ich mit ihr mitgefiebert.
Es dauert nicht lange, bis die Autorin etliche Damen in der Handlung auftauchen lässt, die alle die Gesuchte sein könnten. Das ist ziemlich raffiniert gemacht. Joannas Neugier lässt sie im Internet nach Informationen suchen und die gefundenen Artikel, die auch als solche abgedruckt sind, bringen den Lesern zusätzliches Hintergrundwissen.

Die Geschichte liest sich leicht und flüssig. Kein hochkomplexer Schreibstil aber optimal an Zweck und Zielgruppe ausgerichtet.
Wer eine wirklich spannende Geschichte lesen möchte und sich von einem sehr gut durchdachten Schluss überraschen lassen möchte, kann mit „Das Gerücht“ nichts falsch machen.
Ich kann das Buch nur empfehlen und vergebe vier sehr gute Spannungssterne.

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