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Veröffentlicht am 30.03.2020

Ein Traum vom Glück

Ein Traum vom Glück
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Der historische Roman "Ein Traum vom Glück" bildet den ersten Teil der Ruhrpott-Saga von Eva Völler, der mitten ins Revier, nach Essen, im Jahre 1951 führt.

Nach der Flucht aus der Kriegshölle Berlin ...

Der historische Roman "Ein Traum vom Glück" bildet den ersten Teil der Ruhrpott-Saga von Eva Völler, der mitten ins Revier, nach Essen, im Jahre 1951 führt.

Nach der Flucht aus der Kriegshölle Berlin hat die junge Katharina Unterschlupf bei der Familie ihres verschollenen Mannes gefunden. Aber das Zusammenleben mit der barschen, zupackenden Schwiegermutter auf engem Raum fällt der lebenshungrigen Frau schwer. Sie will ein besseres Leben für sich und ihre beiden Töchter. Mit trotziger Entschlossenheit versucht sie, ihrem ärmlichen Umfeld zu entfliehen. Doch dann begegnet sie dem traumatisierten Kriegsheimkehrer Johannes ...

Das schlichte Cover ist überwiegend in verschiedenen Grau-Tönen gehalten und führt jedem Betrachter vor Augen, in welcher Epoche dieser historische Roman spielt. Es ist Nachkriegszeit, das Dritte Reich liegt in Schutt und Asche, und alle Überlebenden des Zweiten Weltkriegs müssen sich ein neues Leben inmitten von Ruinen aufbauen. Eine unbekannte Frau mit einem kleinen Mädchen an der Hand macht sich symbolisch auf den Weg, Sie wendet dem Betrachter den Rücken zu, hält sich aufrecht und geht unbeirrbar vorwärts. Vielleicht ist es die Hoffnung, sich ihren persönlichen Traum vom Glück erfüllen zu können, wie der aussagekräftige Titel nahelegt.

Es ist ein entbehrungsreiches, hartes Leben von mehreren Generationen in engen Siedlungshäuschen im Schatten der Zechen, wo die meisten heimgekehrten Männer ihr Auskommen finden, während ihre Frauen sich um ihre Kinder kümmern und alle häuslichen Pflichten übernehmen müssen. Die Arbeit unter Tage ist anstrengend und gefährlich, bleibende gesundheitliche Schäden und schwere Unfälle gehören zum täglichen Leben. Dennoch ist der erste Aufschwung der Wirtschaftswunderjahre zu spüren, die Menschen wollen wieder das Leben genießen und träumen vom sozialen Aufstieg.

Dies gilt auch für Katharina, die nach der Flucht aus Berlin mit ihren zwei Töchtern in dem kleinen Haus ihrer Schwiegermutter in Essen untergekommen ist und ihren Lebensunterhalt mit ihren Nähkünsten bestreitet. Ihr Mann ist vermisst, sie weiß nichts über sein Schicksal, kann nicht mit ihrer Ehe abschließen und ist in dieser schwierigen Situation gefangen. Sie möchte unbedingt auf ihren eigenen Füßen stehen und ihren Wunsch nach einem eigenen Modeatelier verwirklichen, um ihren zwei Töchtern eine gute Ausbildung zu sichern. Katharina ist eine kämpferische, sympathische junge Frau, die viele harte Schicksalsschläge ertragen musste, aber ihre Lebenslust und ihren Mut nicht verloren hat.

Dieser historische Roman von Eva Völler hat mich von der ersten Seite an gefangengenommen. Nicht zuletzt dank der direkten, unverfälschten Sprache fühlt man sich mitten ins Revier versetzt. Alle Protagonisten wirken lebendig und vertraut und wachsen jedem Leser im Laufe des Geschehens ans Herz. Exemplarisch möchte ich zwei Figuren erwähnen. Katharinas verwitwete Schwiegermutter Mine ist eine patente Frau, die unermüdlich für ihre Lieben sorgt und hinter einer herrischen Art ein riesengroßes Herz verbirgt. Auch der Kriegsheimkehrer Johannes ist durch seine Erlebnisse in der russischen Kriegsgefangenschaft schwer traumatisiert, kämpft sich ins normale Leben zurück und unterstützt den gemeinsamen Haushalt dank seines handwerklichen Geschicks.

"Ein Traum vom Glück" ist eine mitreißend erzählte, packende Lektüre mit viel Lokalkolorit, die mir aufgrund der emotionalen Achterbahnfahrt sehr nahe gegangen ist. Sie erzählt nicht nur eine anrührende Familien - und Liebesgeschichte, sondern spiegelt ein wichtiges Stück Zeitgeschichte. Ich bin von diesem gelungenen Auftakt der Ruhrpott-Saga begeistert und freue mich auf die weiteren Teile!

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Veröffentlicht am 24.02.2020

Ein Hund fürs Herz

Die Liebe gibt Pfötchen
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"Die Liebe gibt Pfötchen" ist bereits der 4. Band aus der "Lichterhaven"-Reihe der deutschen Schriftstellerin Petra Schier, die sich nicht nur durch ihre maritimen Wohlfühl- und romantischen Weihnachtsromane, ...

"Die Liebe gibt Pfötchen" ist bereits der 4. Band aus der "Lichterhaven"-Reihe der deutschen Schriftstellerin Petra Schier, die sich nicht nur durch ihre maritimen Wohlfühl- und romantischen Weihnachtsromane, sondern auch durch ihre historischen Romane und (unter dem Pseudonym Mila Roth) ihre packenden Krimis einen festen Platz in den Buchhandlungen meines Vertrauens gesichert hat. Streng genommen, ist es sogar der 6. Denn wir dürfen die Ebooks "Auf den Wellen des Glücks" und "Hundeherz und Liebesglück" nicht vergessen, welche die Wohlfühlromane mit Herz und Hund vervollständigen.

In dem maritimen Lichterhaven hat Thorsten ein Zuhause gefunden. Gemeinsam mit seinem Halbbruder baut er in der Familienwerft hochwertige Holzboote - und erfüllt sich damit einen lang gehegten Traum. Alles, was ihm jetzt noch zu seinem Glück fehlt ist ein Date mit Martina. Doch seit ihrer ersten Begegnung weiß er: Er wird kämpfen müssen, wenn er diese umwerfende Frau für sich gewinnen will. Aber er scheint einen Verbündeten zu haben. Martinas vierbeiniger Begleiter, der ungarische Hirtenhund Capone, schafft es irgendwie immer wieder, dass die beiden sich wie zufällig treffen

Ehrlich gestanden, sind es die wunderschönen Cover der "Lichterhaven"-Reihe, die mein Herz sofort höher schlagen lassen. Auf dem Roman "Die Liebe gibt Pfötchen" sieht man einen entzückenden Hund mit einem hellem Fell, einen ungarischen Mudi, wie ich im Laufe dieses Romans gelernt habe. Das quirlige Fellbündel hört (mal mehr, mal weniger) auf den schönen Namen "Capone", stammt aus dem Tierschutz, passt auf die verwitwete Geschäftsfrau Martina Claussen und ihre Kinder Annika und Basti auf und spielt in diesem Roman eine wichtige Rolle.

Mit Martina Claussen hat Petra Schier eine starke Frauengestalt in den Mittelpunkt ihres neuen Romans gestalt. Sie ist 33 Jahre alt, hat ihren Mann vor einigen Jahren durch einen tragischen Unfall verloren und die Liebe nach diesem Schicksalsschlag aus ihrem Leben gestrichen. Sie lebt für ihre Kinder und das Lebenswerk ihres Mannes, das sie um jeden Preis fortführen möchte. Wie für alle Allelinerziehenden ist es für Martina nicht einfach, Beruf, Haushalt und Kinderziehung zu wuppen. Auf den ersten Blick scheint sie eine erfolgreiche kluge Geschäftsfrau zu sein, die ihre Interessen vertreten kann. Hinter dieser Maske verbirgt sich eine sensible Frau, die starke Minderwertigkeitskomplexe wegen einer kurvigen Figur und ein nicht bewältigtes Trauma mit sich herum schleppt.

Nach und nach gelingt es Thorsten Brunner den eisernen Panzer, mit dem Martina sich vor allen Versuchungen schützt, mit seinem behutsamen Werben zu durchbrechen. Auch er hat es nicht leicht gehabt; als unehelicher Sohn eines gutsituierten Geschäftsmannes ist er in ärmlichen Verhältnissen bei seiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen und hat sich seine berufliche Karriere aus eigener Kraft aufgebaut. Seit zwei Jahren lebt er in Lichterhaven und führt eine Werft in Lichterhaven mit seinem Halb-Bruder Lars, den er zufällig in den USA kennen- und schätzen gelernt hat. Thorsten ist ein attraktiver, sympathischer, tierlieber Mann, der sich in Lichterhaven gut eingelebt und durch seine ausgeprägte Hilfsbereitschaft viele Freude gewonnen hat.

Wieder ist es Petra Schier gelungen, mich mit einer glaubhaft erzählten, charmanten, mit einer feinen Prise Erotik gewürzten Geschichte mit erwachsenen Protagonisten, die Ecken und Kanten besitzen und sich auf Augenhöhe begegnen, einzufangen. Dank ihres bildhaften, mitreißenden Erzählstils fühlte ich mich gleich in den idyllischen (fiktiven) Ort Lichterhaven an der Nordsee versetzt und konnte ein Wiedersehen mit vielen lieb gewonnen Figuren (und ihren Haustieren!) aus den zuvor erschienen Bänden feiern.

Für mich ist dieses wunderschöne Buch mein klares Highlight im Monat Februar, das mein Herz in der kalten Jahreszeit gewärmt und die kräftigen Sturmböen weit weggeweht hat!

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Veröffentlicht am 08.02.2020

Tanz der Gestirne

Sonne, Mord und Sterne
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Nein, ich habe das Erscheinungsdatum dieses Buches nicht in den Sternen gesehen. Endlich ist es soweit: Mit der Ruhrpott-Krimödie "Sonne, Mord und Sterne" hat Lotte Minck den dritten Band ihrer erfolgreichen ...

Nein, ich habe das Erscheinungsdatum dieses Buches nicht in den Sternen gesehen. Endlich ist es soweit: Mit der Ruhrpott-Krimödie "Sonne, Mord und Sterne" hat Lotte Minck den dritten Band ihrer erfolgreichen Reihe um die Astrologin Stella Albrecht vorgelegt.

Beim Bochumer Astrologiekongress versammelt sich alles, was in der Branche Rang und Namen hat, vom Geistheiler über den Engelsbotschafter bis zum Jenseitsmedium. Um zu erkennen, dass Marlene Silberstein tot ist, braucht man allerdings weder hellseherische Fähigkeiten noch muss man des Auralesens mächtig sein: Der Star der Astrologenszene wurde erschlagen, und zwar mit dem ihr gerade erst verliehenen "Saturn". Während der zunehmend genervte Kommissar Arno Tillikowski bei seinen Befragungen mit Engelskontakten als Alibi konfrontiert wird, begibt sich Stella auf die Suche nach dem Täter - wie immer mit himmlische Hilfe, aber auch ganz bodenständig unterstützt von ihren Freunden.

Das Cover von Ommo Wille ist wieder eine Klasse für sich. Der Betrachter schaut in ein Hotelzimmer, das in völlige Dunkelheit getaucht und lediglich von dem schwachen Licht mehrerer Kerzen erhellt wird. Im angrenzenden Badezimmer mustert sich eine junge Frau selbstgefällig im Spiegel und zieht sich sorgfältig die Lippen nach. Offensichtlich erwartet sie Besuch; denn sie ist aufreizend mit knallroten Dessous bekleidet. Auf einen Eindringling, der sich mit einem schweren Gegenstand in der Hand auf leisen Sohlen ins Badezimmer scheint, kann sie kaum vorbereitet sein. Auch der Titel "Sonne, Mord und Sterne" ist schlichtweg genial. Denn er nimmt das zentrale Motiv "Astrologie" auf eine lässige, selbstironische Art auf, in dem er ein bekanntes Kinderlied kurzerhand umdichtet.

Wie die Vorgänger "Planetenpolka" und "Venuswalzer" spielt das Buch "Sonne, Mord und Sterne" wieder mitten im Ruhrpott. Lotte Minck, die ungekrönte Queen of Crimedy, hat sich ein ausgefallenes Setting einfallen lassen. Sie gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen eines Astrologie-Kongresses in Bochum, zu dem die seriöse Astrologin Stella Albrecht und ihre flotte Oma Maria Schmidt, besser bekannt als geheimnisumwitterte "Madame Pythia", geladen sind. Dort lernen sie Marlene Silberstein, den atraktiven, berühmt-berüchtigten Star der Astrologie-Szene, kennen, die sich weniger durch Fachwissen denn durch Cleverness auszeichnet. Sie ist sehr geschäftstüchtig, manipuliert ihre Mitmenschen nach Belieben, hat einige Leichen im Keller und ist mit allen Wassern gewaschen. Demzufolge ist es keine große Überraschung, das sie den ersten Preis des Events abräumt und mit dem "Saturn" für ihre Verdienste ausgezeichnet wird. Dass sich diese Statue als Tatwerkzeug entpuppt, mit dem sie selbst hinterrücks in ihrem Badezimmer erschlagen wird, dürfte sie nicht vorhergesehen haben. Verdächtige gibt es mehr als genug. Statt das schillernde Event in ihrer Heimatstadt zu genießen, steckt Stella Albrecht mitten in einem komplizierten Mordfall und unterstützt ihren Freund, Kommissar Arno Tillikowski, auf der Suche nach dem Täter...

Wieder einmal bin ich restlos begeistert von dem neuen Buch meiner Lieblingsautorin Lotte Minck. Es ist witzig-spritzig geschrieben und bietet vergnügliche, spannende Unterhaltung mit viel Lokalkolorit und tollen, schrägen Protagonisten, die jeden Leser in ihren Bann schlagen wird. Einfach eine großartige Mischung aus Krimi und Kömodie! Bitte mehr davon!

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Veröffentlicht am 29.01.2020

Gerüchteküche

Das Gerücht
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Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht. (Mark Twain)

Als ich den Klappentext dieses Buches gelesen habe, fühlte ich mich an den authentischen Fall ...

Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht. (Mark Twain)

Als ich den Klappentext dieses Buches gelesen habe, fühlte ich mich an den authentischen Fall "Mary Bell" aus den späten 1960er Jahren in Großbritannien erinnert, in dem ein heranwachsendes Mädchen zu einer Kindsmörderin wurde. Die Resozialisierung von jugendlichen Straftätern ist ein extrem heikles Thema. Haben sie eine zweite Chance verdient, wenn sie die vorgesehene Strafe abgesessen und für ihr Verbrechen gebüsst haben? Oder sollen sie lieber für immer weggesperrt werden, um die Gesellschaft vor ihnen zu schützen? Deshalb hat es mich sehr gereizt, dieses literarische Debüt von Lesley Kara zu lesen.

Joanna zieht mit ihrem Sohn Alfie von London in eine Kleinstadt am Meer. Zunächst ist es die pure Idylle – dann hört sie, dass die Kindermörderin Sally McGowan, die als Zehnjährige einen Spielkameraden umbrachte, unter anderem Namen in der Stadt leben soll. Vor Jahrzehnten machte der Fall Schlagzeilen, inzwischen ist Sally längst aus dem Gefängnis entlassen worden. Unbedacht erzählt Joanna anderen Müttern von dem Gerücht und ihrem Verdacht, wer die Mörderin von damals sein könnte. Sie ahnt nicht, was für eine verheerende Spirale von Ereignissen sie damit in Gang setzt. Und wie sehr sie selbst in diese Geschichte verstrickt ist.

Von dem in dunklen Farben gehaltenen Cover geht eine bedrohliche, düstere Atmosphäre aus. Alles ist in tiefes Schwarz getaucht, am Himmel ziehen dunkle Wolken auf, die nichts Gutes verheißen. Automatisch bleibt der Blick des Betrachters an dem in Großbuchstaben gesetzten schlichten Titel des Buches hängen, der schwachen Lichtschein in den altmodischen Häusern aufnimmt.

"In unserer Stadt lebt eine Mörderin." Dieser kurze Satz ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt, um den dieser spannende Psychothriller kreist. Das Geschehen wird überwiegend aus der Perspektive von Joanna, einer alleinerziehenden Immobilienmaklerin, vermittelt, deren Gedanken und Gefühle wir hautnah miterleben. Durch eine unbedachte Bemerkung hat sie das Interesse der Klatschbasen in einem kleinen Dorf angefacht und eine ganze Lawine ins Rollen gebracht, die sie selbst zu vernichten droht. Sensationslüsterne Bewohner zerreissen sich ihr Maul und wühlen die Erinnerung an ein vor langer Zeit begangenes, gesühntes Verbrechen auf. Es bleibt nicht bei gewisperten Verdächtigungen; nein, bald kommt es zu Protestaktionen von 'besorgten Bürgern', die sich in brutaler Gewalt gegenüber unschuldigen Dritten entladen, die - aus welchen Gründen auch immer - aus der breiten Masse hervorstechen. Was wird geschehen?

Lesley Kara hat ein beeindruckendes literarisches Debüt vorgelegt, das ein wahres Schreckensszenario entwirft, in dem es unsere gesellschaftliche Realität spiegelt. Es ist nicht nur spannend zu lesen, sondern vermittelt eine wichtige Botschaft. Deshalb gibt es eine klare Lese-Empfehlung.

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Veröffentlicht am 23.01.2020

Faust auf Faust

Jenseits von tot
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Mit dem Krimi "Jenseits von tot" legt die Friedrich-Glauser-Preisträgerin Lucie Flebbe den dritten und letzten Teil ihrer Trilogie um die Kriminalkommissarin Edith "Eddie" Beelitz und den Security-Experten ...

Mit dem Krimi "Jenseits von tot" legt die Friedrich-Glauser-Preisträgerin Lucie Flebbe den dritten und letzten Teil ihrer Trilogie um die Kriminalkommissarin Edith "Eddie" Beelitz und den Security-Experten Joseph "Zombie" Rheinhart vor, der - ebenso wie ihre fesselnde Reihe um die Amateurdetektivin Lila Ziegler - wieder in Bochum, mitten im Revier, spielt.

Privat läuft es für Kriminalkommissarin Eddie Beelitz. Dem beruflichen Vorankommen allerdings steht ihre Teilzeitregelung im Weg. Das ändert sich schlagartig, als auf einem alten Zechengelände eine Leiche gefunden wird und die Staatsanwältin Eddie ausdrücklich ins Ermittlerteam beruft. Nachforschungen ergeben, dass die Tote, die in der Immobilienbranche arbeitete, etliche Feinde hatte. Zudem stößt Eddie auf eine Intensivpflege-Wohngemeinschaft, in der die Mutter der Ermordeten untergebracht werden sollte. Da die Polizei dort alles andere als willkommen ist, bittet Eddie ihren Freund Jo Rheinhart alias »Zombie« um Hilfe, der den Leiter der Einrichtung kennt. Als Zombie während der Ermittlungen auf einen alten Feind trifft, holt ihn sein dunkelstes Geheimnis ein. Wird ihm seine Vergangenheit zum Verhängnis?

Das Cover hat definitiv einen hohen Wiedererkennungswert. Es sticht ins Auge und hebt sich von der Masse der Kriminalromane ab, die man in den Buchhandlungen findet. Nicht zuletzt durch die verwendeten Farben strahlt der letzte Band der Reihe einen gewissen Optimismus aus, spiegelt aber auch die Zerrissenheit und Verletztlichkeit der Protagonisten. Auf den ersten Blick will die krakelige Kinderzeichnung am äußeren Bildrand gar nicht zu einem packenden Krimi passen. Sie strahlt etwas Kindliches und Unschuldiges aus, und ihre Bedeutung erschließt sich im Laufe der Lektüre.
Der Einstieg in das Buch ist mir leicht gefallen. Viele Figuren kannte ich aus den vorausgegangenen zwei Bänden, insoweit war es wie ein Wiedersehen mit guten Bekannten. Das Geschehen wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive der Polizistin Eddie Beelitz und des Security-Experten und ehemaligen Boxers Joseph Rheinhart vermittelt, die sich während der Ermittlungen in komplizierten Mordfällen in den Bänden "Jenseits von Wut" und "Jenseits von Schwarz" kennen- und lieben gelernt haben.


Eddie Beelitz und Joseph Rheinhart sind zwei starke Protagonisten, die sich definitiv jenseits des Mainstreams bewegen. Allen Widerständen zum Trotz ist es ihnen gelungen, mit ihren Kindern eine kleine glückliche Patchwork-Familie in einem etwas gewöhnungsbedürftigen, stabilen sozialen Umfeld zu gründen, die gegen den alltäglichen Rassismus kämpft.


Nach einem schwierigen Wiedereinstieg ins Berufsleben hat Eddie gelernt, sich nicht mehr von ihren männlichen Kollegen unterbuttern zu lassen. Auch in ihrem Privatleben versucht sie, gegen ihr ausgeprägtes Helfer-Syndrom anzugehen Zombie hat die Schatten der Vergangenheit weitgehend hinter sich gelassen. Er ist kein einfacher Mensch. Wie sein Spitzname "Zombie" andeutet, sieht der dunkelhäutige, groß gewachsene Mann durch seine eigenwilligen, entstellenden Tattoos furchterregend aus, und man könnte glatt vor ihm davonlaufen. Psychisch gesehen, ist er angeschlagen. Er hat negative Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen aufgrund seiner Hautfarbe und schwierigen Familienverhältnisse gemacht und schleppt viele Altlasten und ein hohes Aggresionspotential mit sich herum. Trotzdem ist er ein liebevoller Partner, und er opfert sich für seine Familie auf, die alles andere als "gewöhnlich" ist.

Der neue Roman "Jenseits von tot" ist sehr vielschichtig. Lucie Flebbe ist es gelungen, nicht nur einen fesselnden, gut recherchierten Krimi, sondern gleichzeitig die private Liebesgeschichte ihrer Protagonisten glaubhaft fortzuschreiben. Ganz nebenbei werden noch soziale und gesellschaftliche Missstände wie die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Missstände in der Pflege thematisiert. Dieser letzte Fall führt weit in die Vergangenheit zurück und bringt Eddie und Zombie an ihre Grenzen, und sie gehen nicht ganz unbeschädigt aus ihm heraus. Als liebenswerte Helden jenseits des Mainstreams, die man in sein Herz geschlossen hat, wünscht man ihnen eine glückliche gemeinsame Zukunft.

Alles in allem gibt es eine klare Lese-Empfehlung von mir - und 5 Sterne. Natürlich wünsche ich mir viele weitere Bücher von Lucie Flebbe. Was sonst.

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