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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2020

Kann man lesen, muss man aber nicht

Ein Tag und eine Nacht
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Meine Meinung:

Oda und Till haben sich seit dreizehn Jahren nicht gesehen, aber Till hat nie aufgehört, an Oda zu denken, obwohl er ein scheinbares Bilderbuchleben lebt. Eine Begegnung aus der Vergangenheit ...

Meine Meinung:

Oda und Till haben sich seit dreizehn Jahren nicht gesehen, aber Till hat nie aufgehört, an Oda zu denken, obwohl er ein scheinbares Bilderbuchleben lebt. Eine Begegnung aus der Vergangenheit konfrontiert ihn mit längst unterdrückten Gefühlen und er beginnt, nach Oda zu suchen. Schnell findet er sie online und ohne gross nachzudenken, willigt er ein, sie zu treffen. Dieses Treffen verläuft nicht ganz einfach und nicht ganz glücklich und schnell wird klar, dass da zwei Menschen zusammensitzen, die in ihrem Leben sehr viele Themen, Menschen und Beziehungen gestreift haben, ihren Platz aber eigentlich immer noch suchen. Dies ist einerseits die grösste Stärke, aber zugleich auch Schwäche dieses Buches. Während Oda und Till so herrlich unperfekt sind und ganz viel Identifikationspotenzial für jegliche Leser*innen bieten, sind sie zugleich auch sehr nachtragend, ein wenig einfach gestrickt und vor allem ängstlich. Wäre ein einziges Mal von Anfang an offen miteinander gesprochen worden, hätte sich diese Geschichte ganz anders - aber natürlich auch wesentlich unspektakulärer - entwickeln können. Immer mal wieder hätte ich die arrogante und absolut kindische Oda sehr gerne geschüttelt, den unentschlossenen und rückgratlosen Till angestupst (oder auch ein wenig getreten), aber obwohl mich die beiden Protagonisten mit ihrer insgesamt sehr anstrengenden Art auch genervt haben, konnte ich doch auch ein wenig nachvollziehen, welche Missverständnisse, Ängste und Lebenssituationen sie zu ihrem jeweiligen Handeln (oder manchmal auch untätigen Herumsitzen) bewogen haben.



Schreibstil:

Die Figuren haben es mir nicht immer ganz einfach gemacht, aber trotzdem war dieses Buch kein totaler Schuss in den Ofen. Die Beschreibungen der Orte waren wundervoll und zeugen von einer tiefen Liebe des Autorenduos zur Lüneburger Heide und Hamburg. Besonders gut gefallen hat mir auch die Erzählweise. Die Kapitel sind nämlich abwechslungsweise aus Odas und Tills Sicht geschrieben und eine kunterbunte, aber nicht zu überzogene Mischung aus Tagebuch, Briefroman und erzählter Handlung. Die einzelnen Personen sind sehr detailliert und äusserst authentisch beschrieben, die Schwierigkeiten und Höhenflüge im Leben einer jeden Figur sind nachvollziehbar und stimmig konstruiert und beim Lesen bin ich nur so durch die Seiten geflogen. Dennoch werden einige schwierige Themen, wie Krebs, Burn-out, Ehestreitigkeiten und Arbeitslosigkeit gestreift.



Meine Empfehlung:

Dieses Buch kann man lesen, muss man aber nicht. Ich empfehle es allerdings sehr gerne für entspannte Stunden im Zug oder am Strand weiter und bin mir sicher, dass einige von euch sich besser mit Oda und Till verstehen werden, als ich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.02.2020

Unterhaltsam und kurzweilig aber eher vorhersehbar

Das Glück ist zum Greifen da
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Inhalt:
Anas drohende Abschiebung nach Serbien hängt wie ein Damoklesschwert über ihr und ihren Zwillingen. Die kleine Familie, die doch in Köln so wunderbar integriert ist, wird wohl bald des Landes verwiesen, ...

Inhalt:
Anas drohende Abschiebung nach Serbien hängt wie ein Damoklesschwert über ihr und ihren Zwillingen. Die kleine Familie, die doch in Köln so wunderbar integriert ist, wird wohl bald des Landes verwiesen, weil Ana einfach keinen Job findet. Der Kindsvater, der als Hornist durch die ganze Welt reist und sich seit jeher aus jeglicher Verantwortung gezogen hat, ist auch keine grosse Hilfe. Doch der Klavierlehrer der Zwillinge, Anas beste Freundin Ella und die vielen Nachbarn aus ihrem Wohnblock nehmen Anas Glück in die Hand und stehen mit Rat und Tat zur Seite.

Meine Meinung:
Der Februar ist bei mir buchtechnisch nicht ganz so gut gestartet und ich kam bei vielen Büchern - ich lese ja immer parallel - nicht so richtig vom Fleck, weshalb ich dann schliesslich "Das Glück ist zum Greifen da" als leichte Lektüre zwischengeschoben habe. Das hat wunderbar geklappt und das humorvolle - wenn auch total vorhersehbare Buch - hat mich gut unterhalten. Besonders gut gefallen haben mir der lockere Schreibstil, die Dialoge und der liebevolle Bezug zu Köln, sowie die Verarbeitung einiger eher ernster Themen. Weniger toll fand ich, dass so gar keine Überraschungen anzutreffen waren und dass dieses Buch ohne grosse Umschweife zum Ziel führt. Dass es dabei aber sehr kurzweilig ist, relativiert diesen Aspekt wieder ein wenig.

Schreibstil:
Das Buch liest sich nur so weg und es werden auch ernste Themen intensiv verarbeitet. Obwohl handlungsmässig für keinerlei Überraschungen gesorgt worden ist, wird mit liebevollen Details erzählt. Deloys Liebe zu Köln und zum Erzählen ist in jedem Abschnitt spürbar. Die schrägen und auch sehr charmanten Nebenfiguren sorgen für eine Wohlfühlatmosphäre, Anas Angst vor der Abschiebung, ihre gesamten Existenzängste und die enge Beziehung zu ihren Kindern werden einfühlsam geschildert. Genau so wie die Hilfsbereitschaft der Nachbarn und Freunde, was mir persönlich sehr gut gefallen hat.

Meine Empfehlung:
Wer sich nicht daran stört, dass ein Buch vor allem mit der Atmosphäre und der liebevollen Erzählsprache punktet, inhaltlich aber nicht sehr originell daherkommt, ist mit "Das Glück ist zum Greifen da" sicher sehr gut beraten. Aus der Masse an unterhaltsamer Literatur herauszustechen vermag das Buch aber nicht wirklich, weshalb es in den offenen Bücherschrank wandern und sicher bei weiteren Leser*innen für kurzweilige Lesestunden sorgen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.09.2019

Ein wenig zu düster, aber sehr philosophisch

Der andere Ort
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Erste Eindrücke:
Dieses Buch beinhaltet zehn Kurzgeschichten unterschiedlicher Länge. Besonders zu erwähnen ist die erste Geschichte, welche auch dem Buch den Namen gegeben hat und mit Abstand die längste ...

Erste Eindrücke:
Dieses Buch beinhaltet zehn Kurzgeschichten unterschiedlicher Länge. Besonders zu erwähnen ist die erste Geschichte, welche auch dem Buch den Namen gegeben hat und mit Abstand die längste Geschichte ist. Auf hundert Seiten entführt uns Stefan Stergiannis in das Leben eines zehnjährigen Jungen, welcher von seinem alkoholabhängigen Vater nur Zurückweisung und Gewalt erfährt und auch in der Schule von seinen Mitschülern gehänselt wird. Als Tom sich einmal wehrt, werden zwei Mitschüler leicht verletzt und er muss als Strafe Freiwilligenarbeit leisten. Seine Aufgabe ist es, den alten Mann Vladjo zu besuchen, dessen Einkäufe in die Mietwohnung zu schleppen und sich mit ihm zu unterhalten. Und die beiden unterschiedlichen Menschen werden bald so etwas wie Freunde und es ist Vladjo, der eine Lösung für Toms Probleme hat. Tom soll lernen, sich an den "anderen Ort" zu flüchten.
In seinen anderen Kurzgeschichten lässt uns Stefan Stergiannis tief in die Gedanken von Bäumen einblicken und er scheint sogar einen heissen Draht zu Gott zu haben. Auch ein Serienkiller aus dem Mittelalter und ein Heckenmonster kommen in den Geschichten vor und lassen jede einzelne Erzählung zu einem schaurig schönen und philosophischen Märchen werden.

Meine Meinung:
Vor allem die erste und längste Geschichte "der andere Ort" gefällt mir sehr gut. Auch einige der anderen Erzählungen wie "0800-Gott" und "die Rast" sprachen mich sehr an. Insgesamt sind mir die Geschichten in Kombination und somit das ganze Buch ein wenig zu düster und fatalistisch. Es fehlen mir dazwischen einige lebensbejahende und hoffnungsvolle Geschichten mehr. Ansonsten muss ich aber den Schreibstil sehr loben. Alles in allem ein Buch, welches ich neben und zwischen anderen Büchern lesen würde um immer wieder genug Pausen zwischen die einzelnen Geschichten machen zu können.
Mein herzlicher Dank gilt noch einmal dem C. F. Portmann Verlag für dieses philosophische Buch.

Veröffentlicht am 12.09.2019

Eine letzte Reise durch halb Eurpa, Roadtrip und Abschied zugleich

Die vorletzte Reise der Ewa Kalinowski
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Darum geht es:

Ewa Kalinowski hat Krebs und bittet ihren guten Freund Lukas, sie und ihren Hund Zizou auf eine Reise durch halb Europa zu begleiten. Der junge Mann, der sich trotz abgeschlossenem Studium ...

Darum geht es:

Ewa Kalinowski hat Krebs und bittet ihren guten Freund Lukas, sie und ihren Hund Zizou auf eine Reise durch halb Europa zu begleiten. Der junge Mann, der sich trotz abgeschlossenem Studium von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob hangelt, tut ihr den Gefallen und fährt das Wohnmobil, das Ewa sich eigens dafür gekauft hat, sicher durch diverse Länder und Städte Europas. Auf dieser Reise erfährt Lukas viele Geschichten aus Ewas Kindheit in Polen und die beiden diskutieren und philosophieren über Politik, Geschichte, das aktuelle Weltgeschehen und den Tod und nehmen uns Leserinnen und Leser mit auf eine spannende Reise, die uns nicht nur zu historischen Sehenswürdigkeiten, sondern auch ein wenig zu uns selber finden lässt.


Meine Meinung:

Regina W. Egger hat dieses Buch in nur drei Wochen geschrieben, weil sie selber schwer erkrankt war und sie das Buch unbedingt fertigstellen wollte, um es für einen Schreibwettbewerb einzureichen, den sie damit sogar gewann. Dies beeindruckt mich einerseits sehr, wenn auch ich mir doch immer mal wieder ein paar Beschreibungen und Vertiefungen mehr gwünscht hätte, die aber wohl aufgrund des Zeitmangels gar nicht mehr eingebaut werden konnten. Trotzdem ist eine tiefgründige und insgesamt sehr gut ausgearbeitete Geschichte entstanden, die mich in ihren Bann gezogen hat. Ewa war mir sofort sympathisch und die vielen Reiseorte, die sie noch ein letztes Mal besuchen wollte, sind so beschrieben, dass auch bei mir ein sanftes Feriengefühl aufgekommen ist. Besonders gut gefallen haben mir übrigens die detaillierten Beschreibungen von kulinarischen Spezialitäten aus aller Welt. Aber nicht nur die Esswaren selber haben mir das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, auch die schönen Beschreibungen der gesellschaftlichen Aspekte des gemeinsamen Essens und Geniessens waren meiner Meinung nach wundervoll dargestellt.

Auch wurde zu allen besuchten Orten einiges an (historischem) Hintergrundwissen eingebaut, das beim Lesen sowohl unterhaltsam als auch lehrreich war und mich vor allem die einzelnen Orte in Gedanken noch besser miteinander verbinden liess.



Was mir nicht ganz so gut gefallen hat:

Leider habe ich doch etwas zu bemängeln, das sich durch dieses Buch durchgezogen hat und zeitenweise ein wenig ermüdend war: Ewa kritisiert nämlich Lukas und seinen Lebensstil permanent. Sie hält ihm vor, dass er sich ab und an einen Joint gönnt, dass er nichts aus seinem Studium gemacht und keine Frau und Kinder hat und ist somit nicht besser als all die anderen in Schubladen denkenden alternden Menschen, die ihren eigenen stereotypen Lebensstil mit (Ehe-)Partnern und einer langweiligen Arbeit, die man nur des Prestiges wegen ausübt, der jüngeren Generation aufzwingen wollen. Dass Ewa Lukas dazu bringt, sein Leben und seine Lebensentscheide zu hinterfragen, hat mich überhaupt nicht gestört. Dass sie, die sonst so eine aussergewöhnliche Frau ist, nun aber null Verständnis für ihn zeigt, überhaupt nicht ausserhalb ihres vorgefassten Lebensrasters denken kann und vor allem nicht realisiert, dass er diese Reise mit ihr gar nicht hätte antreten können, wenn er in einer Beziehung gesteckt oder an einen Job gebunden gewesen wäre, ist sehr eindimensional gedacht. Ausserdem werden die politischen Ansichten der Figuren ein wenig zu plakativ aueinanderdividiert, was insgesamt ein wenig plump wirkt.


Schreibstil:

Mit ihrer sehr schlichten Sprache hat es Regina W. Egger geschafft, mich zu berühren, mich zu unterhalten und ein wenig Fernweh bei mir auszulösen. Zufällig haben Ewa und Lukas nämlich Orte und Regionen besucht, die ich selber sehr gut kenne, oder die ich gerne bald einmal besuchen möchte. Die nicht ganz einfachen Unterhaltungen, die man mit todkranken Menschen führt und manchmal führen muss, aber auch der normale und unbeschwerte Alltag während eines Roadtrips werden einfühlsam beschrieben und stimmig kombiniert. Ausserdem ist auch Ewas körperliches Wohlbefinden immer wieder ein Thema, schliesslich gibt sie das Reisetempo vor. Und vor allem gegen Ende spürt man förmlich die Eile, welche Ewa hat (und wahrscheinlich auch unsere Autorin hatte) um zum Ziel zu kommen. Man spürt die Zeit, welche durch Ewas Finger rinnt, was mir persönlich sehr nahe gegangen ist.


Meine Empfehlung:

Trotz kleiner Schwächen empfehle ich euch dieses Erstlingswerk, das mit charmantem Roadtripcharakter aber auch sehr viel Tiefgang zu überzeugen vermag, sehr gerne weiter. Die schönen Beschreibungen der einzelnen Reiseziele und der kulinarischen Höhenflüge haben mir es dabei besonders angetan.

Veröffentlicht am 28.05.2019

Oberflächlich, aber einigermassen unterhaltsam

Eine Frau für alle Fälle
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Meine Meinung:
Sandy hat mir als Protagonistin anfangs gut gefallen. Nur leider verliert sie gegen Ende mehr und mehr ihre Würde und ihre Selbstbestimmtheit, wird als blondes Naivchen dargestellt und begibt ...

Meine Meinung:
Sandy hat mir als Protagonistin anfangs gut gefallen. Nur leider verliert sie gegen Ende mehr und mehr ihre Würde und ihre Selbstbestimmtheit, wird als blondes Naivchen dargestellt und begibt sich in eine zu traditionelle, veraltete Frauenrolle hinein, die ihr wirklich nicht gestanden hat und die sie auch nicht nötig gehabt hätte.
Ausserdem ist die Handlung ein wenig entartet und die so guten Anlagen von Sprache und Grundidee verpufften aufgrund der übertriebenen Entwicklungen im letzten Drittel des Buches. Schade, schade, schade. Der unglaublich witzige Schreibstil, der mich einige Male laut hat lachen lassen, hat dies dann aber nicht mehr wettmachen können.

Schreibstil und Handlung:
Die Idee zu diesem Buch hat mir sehr gut gefallen. Auch fand ich einige der Figuren schön ausgearbeitet. Vor allem der Polizist Cuffy mit seiner ein wenig verstockt-charmanten aber bestimmten Art und die herzensgute und mutige Marla, welche Sandy bald zur linken und rechten Hand werden, haben mich für sich einnehmen können.
Die Erzählsprache kam leicht und locker, aber natürlich auch sehr oberflächlich daher, hat aber für einige Lacher sorgen können.
Nur die Handlung entwickelte sich immer absurder und die einzelnen Enden und Erzählstränge wurden fast mit Gewalt wieder vereint, was so gar nicht hätte sein müssen und einfach nicht mehr zusammengepasst hat. Eigentlich wäre alles da gewesen und Laura Wagner hätte einfach ein wenig vorsichtiger dosieren und abwägen müssen, dann wäre dieses Buch wirklich ein unterhaltsames Lesevergnügen für den Strand geworden.

Fazit:
Die leichte Erzählsprache, die (irr-)witzige Handlung und die skurrilen Figuren sorgen für beste, wenn auch sehr oberflächliche Unterhaltung. Nur leider wiederholen sich die Witze mit der Zeit ein wenig, die Protagonistin wird zu naiv dargestellt und die Handlung wird konstruiert und konstruierter. Da wäre weniger mehr gewesen, weshalb ich dieses Buch eher nicht weiterempfehlen möchte.