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Veröffentlicht am 03.05.2020

Venedig löst seine Probleme nicht, ersetzt sie aber durch andere

Der freie Hund
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Viel Flair (dazu später), Mafia und klassische Polizeiermittlungen bietet dieser launige Venedig-Krimi. Die Hauptperson, Antonio Morello, seines Zeichens titelgebender Commissario in Cefalù, wird in den ...

Viel Flair (dazu später), Mafia und klassische Polizeiermittlungen bietet dieser launige Venedig-Krimi. Die Hauptperson, Antonio Morello, seines Zeichens titelgebender Commissario in Cefalù, wird in den Norden versetzt und kann dem vielen Wasser (und den Persönlichkeiten?) wenig abgewinnen.

Das Verbrechen holt ihn jedoch schnell ein und lässt ihm erst einmal keine Zeit, Venedig zu mögen oder nicht zu mögen. Morello kümmert sich um alles, wo es an Gerechtigkeit zu mangeln scheint Taschendiebstahl, Mord, ominöse Geschäfte im Hafen und so weiter.

Er kommt nach und nach mit den neuen Kollegen zurecht und entdeckt auch die Kulinarik (sehr gut eingeflochten) sowie Kunst, Architektur und Straßen beziehungsweise Kanäle (etwas zu langatmig) für sich. Ob alle Ortsangaben et cetera genau stimmen, ist für die Handlung weniger relevant und wird nur diejenigen stören, die dort leben oder einen Stadtplan ausbreiten.

Zusätzlich gibt es auch Episoden aus Cefalù (aktuelle und vergangene) und von Morello entsteht so langsam das Bild des grundsätzlichen Gesetzestreuen mit der nötigen Flexibilität. Zudem liebt er seine Familie, tut für wahre Freundschaft alles und ist Musik-Fan.

Alles in allem wirkt das authentisch, für Nicht-Kenner der betreffenden Musik(-richtung) aber mitunter weniger interessant.

Die aufgegriffenen Themen wie Umwelt, Schmuggel und Touristenmassen sind leider schon viel zu lange aktuell und werden es wohl auch noch länger bleiben. Sie sind daher glaubhaft vermittelt und runden das Gesamtbild ab. Und auch wenn die grundsätzlichen Themen real sind - es bleibt Belletristik und also solche sollte man den Krimi auch sehen.

Veröffentlicht am 18.04.2020

Mitgehangen, mitgefangen?

Der Empfänger
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Josef Klein, ein vor dem Krieg ausgewanderter junger Mann aus dem Rheinland, kommt nach New York und ist dabei, sich in dieser für damalige Verhältnisse verrückten Großstadt ein Leben aufzubauen. Doch ...

Josef Klein, ein vor dem Krieg ausgewanderter junger Mann aus dem Rheinland, kommt nach New York und ist dabei, sich in dieser für damalige Verhältnisse verrückten Großstadt ein Leben aufzubauen. Doch als Hitler in seinem Heimatland an die Macht kommt, muss er feststellen, dass Deutschland ihm in gewisser Weise über den Atlantik gefolgt ist.

Anhand seines Schicksals gibt Autorin Ulla Lenze all denen eine Stimme, die schon vor oder während der NS-Zeit aus Deutschland und Mitteleuropa nach Amerika gekommen waren in der Hoffnung, den politischen Wirren entkommen zu können.

Doch plötzlich betrachteten die Amerikaner sie mit anderen Augen. Und als Immigrant musste man sich auf eine Seite schlagen: entweder zu den Hitler-Unterstützern, die darauf hofften, dass er nach Europa auch die USA unterwerfen würde oder auf die Gegenseite. “Joe”, wie er nun genannt wird, will sich da heraushalten, aber die Realität wirft seine Pläne dann durcheinander.

Ein paar naive Entscheidungen und seine ganz persönliche Unentschlossenheit sind der Nährboden für eine bewegte Lebensgeschichte, von der der Leser nur einen kleinen Teil erfährt, 1939-1953. Diese Zeitspanne wird in drei Ebenen erzählt und spielt in New York, Neuss und Südamerika.

Was vorher und danach passiert, erfahren wir nicht. Das Ende bleibt relativ offen und nimmt etwas Spannung raus. Der Fokus auf das eine Jahrzehnt wirft aber dennoch genug Fragen auf: Ist Josef nun “Opfer” oder “Täter”?

Und welche Theorie trifft nun zu - war er tatsächlich Teil des deutschen Geheimdienstes oder sollte er das nur glauben, weil im Hintergrund die echten Agenten unerkannt arbeiten wollten? Die Antwort auf diese Fragen muss jeder für sich selbst finden, hier bezieht die Erzählung keine Stellung.

Die reduzierte, zur damaligen Zeit passende Sprache ist etwas ungewohnt und lässt einen nicht gleich ins Buch finden. Ein fiktiver, sehr kompakter Roman, der auf den Erlebnissen und Biografien vieler realer Personen aufbaut.

Veröffentlicht am 08.04.2020

Ein junger Mann gibt nicht auf

1965 - Der erste Fall für Thomas Engel
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Die erste Überraschung im Plot gibt es schon zu Beginn - man erwartet, dass Thomas Engel, der Protagonist dieses Krimis, ein doch einigermaßen arrivierter Ermittler ist, aber es kommt anders.

Thomas, ...

Die erste Überraschung im Plot gibt es schon zu Beginn - man erwartet, dass Thomas Engel, der Protagonist dieses Krimis, ein doch einigermaßen arrivierter Ermittler ist, aber es kommt anders.

Thomas, ein friedliebender und analytisch denkender Tagträumer und kommt als gerade Volljähriger zur Kriminalpolizei. Der “erste Fall” ist dann tatsächlich sein erster Fall. Dieser beginnt leider etwas spät im Buch. Der Erzählstrang des titelgebenden Jahres 1965 zieht sich lange dahin, wichtige Figuren müssen eingeführt werden, das Lebensgefühl zu dieser Zeit wird gut eingefangen.

Abwechslung bietet da der zweite Erzählstrang aus dem Jahr 1939. Ein Unbekannter begeht ein schändliches Verbrechen an einem jungen Mädchen. Trotz der 26 Jahre dazwischen hängen diese Teile des Buchs natürlich zusammen und erst langsam kann der Leser oder Hörer herausfinden, wer von den aktuellen Protagonisten auch damals schon involviert war.

Es ist ein klassischer “die Vergangenheit kann dich immer einholen, auch wenn du sie noch so sehr verharmlost”-Krimi der bewegte Zeiten miteinander verbindet. Der Hörer oder Leser erfährt zwischendurch etwas mehr als Thomas und kann so gut mitermitteln.

Der Protagonist erfährt während seiner Arbeit und durch die Steine, die ihm in den Weg gelegt werden, eine sehr deutliche Wandlung, beißt sich am Fall fest und ermittelt auch weiter, als er den Dienst quittiert. Kann man so machen, gefällt aber nicht jedem.

Das Hörbuch ist gekürzt, ich hatte das Gefühl an 2-3 Stellen, dass etwas fehlt, weil zum Beispiel ein Name wo auftauchte, wo er davor nicht vorkam und nicht erklärt wurde wie eine Person davon wissen konnte. Aber alles in allem hält sich das in Grenzen und die Handlung ist stimmig. Das Ende lässt offen, ob und wo genau in Deutschland es einen zweiten Fall für Thomas Engel geben wird.

Der Sprecher arbeitet die verschiedenen Charaktere gut heraus, nimmt sich aber in der Lautstärke zurück. Es wird zwischen den Charakteren oft mal lauter, Streits oder Befehle werden “gebrüllt”. Nicht so auf der CD, wohl um allzu krasse Lautstärkewechsel und Hörschäden zu vermeiden.

Veröffentlicht am 03.04.2020

Santa mordet

Der Schmetterling
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Dieses E-Book musste ich schnell von meinem virtuellen Stapel befreien, da ganz aktuell der dritte Band dieser Reihen bei mir ankam. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, starte ich gerne mit Teil 1, um die ...

Dieses E-Book musste ich schnell von meinem virtuellen Stapel befreien, da ganz aktuell der dritte Band dieser Reihen bei mir ankam. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, starte ich gerne mit Teil 1, um die Charaktere optimal kennenlernen zu können.

In diesem Fall sind das Johan Rokka, Pelle Almén, Janna Weissmann und noch ein paar wenige Kollegen. Im kleinen nordschwedischen Hudiksvall passiert sonst auch nicht allzuviel, aber kaum tritt Johan seine neue Stelle an, häufen sich die Straftaten und sie könnten zusammenhängen.

Da eines der Opfer lange in Italien gelebt hat, gibt es neben dem typischen schwedischen Flair auch etwas südländische Kost in diesem Krimi, auch wenn die Geschichte Ende Dezember spielt. Genauer gesagt zu Weihnachten, denn genau an diesem Abend wird die Frau eines erfolgreichen schwedischen Fußballers ermordet. Vom Weihnachtsmann, wie die Kinder sagen, die alles mitansehen mussten.

Die Ermittler beginnen also in der Vergangenheit des Opfer zu graben und passend dazu erfährt der Leser durch Auszüge aus einem Brief ebensolche Einblicke. Leider flaut die Spannung, die zuerst in diesen Auszügen geschürt wird, dann auch wieder etwas ab, weil diese beiden Erzählstränge einfach viel zu parallel verlaufen und nur Informationen, die man in dem einen Abschnitt bekommt, im anderen bestätigt werden.

Das E-Book lässt sich flott lesen, auch wenn es keine Kapitel im eigentlichen Sinn gibt, sondern alles nach Tagen gegliedert ist. Die Abschnitte bis zur nächsten großen Unterbrechung sind daher teilweise recht lang.

Über die Protagonisten erfährt man einiges, kann sie gut einschätzen. Manche kleinen Nebenschauplätze werden nicht ganz zu Ende erzählt, möglicherweise weil eine Fortsetzung (“Der Läufer”) schon feststand? Bei längeren Serien passiert es ja manchmal, dass der Start sehr stark ist und im Verlauf etwas die Luft raus ist. Da ich in diesem Start noch Potential sehe, bin ich gespannt auf den dritten Teil (“Der Todgeweihte”) und eine mögliche Steigerung.

Veröffentlicht am 20.02.2020

Schnurre und sei glücklich

Die Katze des Dalai Lama und die Kunst des Schnurrens
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Nach "Die Katze des Dalai Lama" hab ich auch diesen Folgeband gelesen. Auch hier lehrt wieder die Katze seiner Heiligkeit, genannt "KSH", die Leser über die Weisheiten des Buddhismus nachzudenken.
Die ...

Nach "Die Katze des Dalai Lama" hab ich auch diesen Folgeband gelesen. Auch hier lehrt wieder die Katze seiner Heiligkeit, genannt "KSH", die Leser über die Weisheiten des Buddhismus nachzudenken.
Die Frage nach der "Kunst des Schnurrens" steht für die Frage nach der Kunst glücklich zu sein. Und wer weiß besser, wie sehr das stimmt, als jeder Katzenbesitzer!

Der Dalai Lama muss für längere Zeit verreisen und so macht sich die KSH täglich auf ins Himalaja Buchcafé um dort die Geschehnisse zu beobachten, die Personen zu studieren und philosophischen Gedanken nachzuhängen. Bei diesen Beobachtungen ist der Leser fellnah dabei und es gibt einies zum Schmunzeln und sehr treffende Beschreibungen.

Ganz nett wird außerdem die Entwicklung vom einfachen Cafe mit Buchhandlung zu einem Spezialitätenlokal mit Curry-Abenden und Verkauf von exklusiven Gewürzmischungen erzählt. Somit gibt es auch eine sehr "weltliche" Romanhandlung. Insgesamt hat mir aber das erste Buch besser gefallen, denn die philosophischen Gedanken wirkten hier nicht mehr wirklich neu auf mich, sondern eher wie ein zweiter Aufguss.