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Veröffentlicht am 21.03.2020

Herausragende Qualität

Die Geheimnisse meiner Mutter
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Als ich das Cover von „Die Geheimnisse meiner Mutter“ gesehen habe, war ich sofort schockverliebt und wollte das Buch unbedingt lesen. Schon nach wenigen Seiten merkte ich, dass der Roman genauso herausragend ...

Als ich das Cover von „Die Geheimnisse meiner Mutter“ gesehen habe, war ich sofort schockverliebt und wollte das Buch unbedingt lesen. Schon nach wenigen Seiten merkte ich, dass der Roman genauso herausragend ist, wie sein Titelbild.
Jessie Burton spinnt ein wortgewandtes und bildgewaltiges Porträt dreier Frauen.
In den 80er Jahren trifft Elise auf die einige Jahre ältere Constance und verliebt sich in sie. Während Conny mit beiden Beinen im Leben steht und als Schriftstellerin erfolgreich ist, ist Elise noch völlig ohne Perspektiven. Zunehmend leidet sie an der Tatsache, dass sie sich nur treiben lässt.
35 Jahre später ist Elises Tochter Rose in einer ähnlichen Situation. Weder ihr berufliches noch ihr privates Leben erfüllen sie. Bis heute hat sie mit dem spurlosen Verschwinden ihrer Mutter zu kämpfen. Als sie von Elises Verbindung zu Constance Holden erfährt, sucht sie unter einem Vorwand Kontakt zu der Schriftstellerin.

Die Autorin benötigt kein übertriebenes Drama oder schockierende Details um ihre Geschichte fesselnd zu gestalten. Sie erzählt ein ehrliches Porträt über das Streben nach Erfüllung, Glück und Selbstfindung. Die Handlung wirkt nie konstruiert sondern zu jeder Zeit lebensnah und realistisch. Am Ende können nicht alle Details über Elises Verschwinden geklärt werden aber genauso passt es zu diesem Roman, denn im Leben bekommt man nicht auf jede Frage eine Antwort.

Jessie Burton hat ein großes sprachliches Talent, dass mich knapp 600 Seiten lang begeistert hat. Im letzten Absatz wächst sie ein weiteres Mal über sich hinaus und schließt mit fast schon poetischen Worten, die mich tief berührten. Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte Jessie Burton applaudiert. „Die Geheimnisse meiner Mutter“ ist für mich ein Buch von herausragender Qualität und hat einen Platz auf meiner Liste der Jahreshighlights sicher.

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Veröffentlicht am 15.03.2020

Internatsroman für Erwachsene

Die Schule am Meer
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„Die Schule am Meer“ handelt von einem Internat auf Juist, welches es tatsächlich gegeben hat. Dort wurde für die 20er Jahre (und eigentlich auch für die heutige Zeit) ein sehr moderner pädagogischer Ansatz ...

„Die Schule am Meer“ handelt von einem Internat auf Juist, welches es tatsächlich gegeben hat. Dort wurde für die 20er Jahre (und eigentlich auch für die heutige Zeit) ein sehr moderner pädagogischer Ansatz verfolgt. Die Schüler durften die Lehrer mit „du“ ansprechen, es wurde viel Zeit in der Natur verbracht und der Fokus lag auf musikalischer und sportlicher Ausbildung. Da bereits ganz am Anfang die Familie eines neu ankommenden Lehrers mit Judenhass konfrontiert wird, hatte ich angenommen, dass es in diesem Buch vor allem darum geht, wie der Nationalsozialismus auf Juist eingezogen ist und welche Auswirkungen dies auf das Internat hatte. Tatsächlich war das nur ein Randthema, dass erst gegen Ende an Wichtigkeit gewann. Der Fokus liegt hauptsächlich auf dem Leben der Schüler und Lehrer. Ich habe als Kind Internatsromane geliebt und für mich kamen bei „Die Schule am Meer“ Hanni und Nanni Vibes auf. Heimweh, erste Liebe, geheime Treffen um Mitternacht, Mutproben... darüber zu lesen hat mir Spass gemacht, weil ich mich wie gesagt an die Romane meiner Kindheit erinnert fühlte.
Des Weiteren beschäftigt sich das Buch mit einigen Erwachsenen, wie den Lehrern und dem Dorfbewohner Gustav Wenniger, der eine zweifelhafte Karriere hinlegt.
„Die Schule am Meer“ ist vor allem eine tragische Geschichte. Es gibt Momente der Ausgelassenheit aber überwiegend ist das Leben der Protagonisten nicht leicht. Das Klima ist rau und die Ambitionen des Schulleiters kosten immer mehr Geld. Auch Krankheit und Tod suchen die Insel heim. Mit knapp 600 Seiten ist das Buch ein richtiger Wälzer. Manchmal habe ich Lust auf so dicke Romane und Sandra Lüpkes gelingt es wunderbar so interessant zu schreiben, dass mir niemals langweilig wurde. Die Einzelschicksale der verschiedenen Charaktere werden wunderbar zu einem stimmigen Gesamtbild verflochten. Ich war richtig traurig, als ich auf der letzten Seite ankam. Insbesondere über Moskito, Anni, Marja und Zuck hätte ich noch lange weiterlesen können.

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Veröffentlicht am 22.02.2020

Überraschungshit

Echo des Schweigens
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Durch den Klappentext hatte ich mich auf ein Buch eingestellt, welches sich hauptsächlich um einen Gerichtsprozess dreht. Tatsächlich ist der Fall Okeke nur ein kleiner Teil des Romans, denn hier wird ...

Durch den Klappentext hatte ich mich auf ein Buch eingestellt, welches sich hauptsächlich um einen Gerichtsprozess dreht. Tatsächlich ist der Fall Okeke nur ein kleiner Teil des Romans, denn hier wird noch viel mehr erzählt. Es geht um die Pathologin Sophie, die sich auf die Suche nach ihrem Vater macht und verzweifelt versucht zu verstehen, warum dieser sympathische Mann sie und ihre Mutter im Stich gelassen hat. Parallel dazu lernt Sophie den Anwalt Hannes kennen, doch die junge Liebesbeziehung gerät ins Wanken, als sich die beiden im Gerichtssaal begegnen. In Rückblicken wird zudem noch die Geschichte der Jüdin Lea erzählt, die 1941 versucht, Deutschland zu verlassen.

„Echo des Schweigens“ ist vollgepackt mit verschiedenen Handlungssträngen, die sich allesamt sehr fesselnd lesen. Es ist kein Buch, dass man mal eben nebenbei liest. Der Autor fordert seine Leser durchaus und man sollte sich in jedem Fall die Zeit und die Ruhe nehmen, den Roman konzentriert zu lesen. Zum einen um nichts zu verpassen und zum anderen, weil das Buch einfach die volle Aufmerksamkeit verdient. Ich hatte davor einen sehr seichten Roman gelesen und so war der Schreibstil von Markus Thiele sprachlich ein absoluter Genuss.

Auch die optische Gestaltung finde ich großartig. Entfernt man den Schutzumschlag, so findet man darunter ein identisches Motiv mit umgekehrten Farben. Diese Spielerei passt perfekt zur Handlung. Es ist nicht alles schwarz oder weiß. Schwarz kann genauso weiß sein, es kommt auf die Sichtweise des Betrachters an.

Der auf dem Klappentext beschriebene Prozess ist zwar im Grunde nur ein Randthema, aber das Buch beginnt und endet mit diesem Fall der verdeutlicht, dass in einem Rechtsstaat Gerechtigkeit nicht unbedingt bedeutet, dass alles gerecht endet, sondern dass bestimmte Regeln eingehalten werden. Es ist erschütternd und interessant gleichermaßen, dass man von jeder Schuld freigesprochen werden kann, wenn man nur den richtigen Rechtsanwalt hat.

Lange Zeit war mir nicht ganz klar, wie die einzelnen Handlungsstränge nun zusammenhängen. Am Ende wird alles miteinander verwoben, auf eine Art, die etwas zu unwahrscheinlich erscheint, was aber an meiner Gesamtbewertung nichts ändert.
„Echo des Schweigens“ war für mich ein Überraschungshit. Weder vom Autor noch vom Verlag hatte ich zuvor gehört. Das Buch übertraf meine Erwartungen bei weitem und ich vergebe sehr gerne 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 10.01.2020

Eingeholt von der Vergangenheit

Das andere Haus
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Die Rezensionen von „Das andere Haus“ gehen ja überwiegend ins Negative. Da mich der Klappentext angesprochen hat, habe dem Buch eine Chance gegeben und mir hat es sehr gut gefallen. Die Autorin hat einen ...

Die Rezensionen von „Das andere Haus“ gehen ja überwiegend ins Negative. Da mich der Klappentext angesprochen hat, habe dem Buch eine Chance gegeben und mir hat es sehr gut gefallen. Die Autorin hat einen flüssigen und lebendigen Schreibstil und es war leicht für mich, in die Geschichte hineinzukommen.
Die Handlung ist etwas anders, als der Klappentext vermuten lässt. Im Grunde geht es um Eheprobleme und eine Affäre.
Erzählt wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen. Einmal im Jahr 2013 und zwei Jahre später. Überwiegend erleben wir die Ereignisse aus der Sicht von Caroline. In kürzeren Kapiteln kommen auch ihr Mann Francis und eine anonyme Person zu Worte.
In 2013 ist Caroline unglücklich mit Francis verheiratet. Francis leidet an einer Tablettensucht und ist fast jeden Tag high. Zur Ablenkung beginnt Caroline sich mit ihrem Kollegen Carl zu treffen und verliebt sich in ihn.
2015 haben Caroline und Francis sich wieder zusammengerauft. Für ihren ersten Urlaub ohne ihren kleinen Sohn Eddy haben sie sich für einen Haustausch entschieden. Im Feriendomizil angekommen stößt Caroline immer wieder auf Kleinigkeiten, sei es eine CD oder ein Rasierwasser, das sie an Carl erinnert.
Die Affäre dominiert die Handlung des Buches. Sowohl damals als auch in der Gegenwart kreisen Carolines Gedanken fast nonstop um Carl. Die Treffen der beiden werden in allen Einzelheiten beschrieben und es lag auf der Hand, dass etwas schreckliches passiert sein muss, dass zum Bruch führte. Ich hatte meine eigene Theorie entwickelt, die sich auch in etwa bewahrheitet hat.
Auf 2/3 des Buches passiert eigentlich gar nicht so viel, trotzdem war mir zu keiner Zeit langweilig.
Die Autorin schließt „Das andere Haus“ für einen Psychothriller überraschend traurig und ab, was gleichzeitig sehr stimmig ist.
Ich hoffe, dass weitere Thriller von Rebecca Fleet in Deutschland erscheinen und würde diese garantiert lesen.

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Veröffentlicht am 27.12.2019

Suche nach den Wurzeln

Geteilt durch zwei
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Barbara Kunraths Roman „Geteilt durch zwei“ überfiel mich mit einer bedrückenden Stimmung, kaum dass ich mit dem Lesen begonnen hatte. Kurzzeitig hatte ich mich gefragt, ob ich so ein schwermütiges Buch ...

Barbara Kunraths Roman „Geteilt durch zwei“ überfiel mich mit einer bedrückenden Stimmung, kaum dass ich mit dem Lesen begonnen hatte. Kurzzeitig hatte ich mich gefragt, ob ich so ein schwermütiges Buch über die Feiertage lesen will. Gleichzeitig war ich von der Handlung so schnell gefesselt, dass ich es doch nicht mehr auf die Seite legen wollte.

Die Geschichte spielt hauptsächlich aus der Sicht von Nadja. Ihr Leben ist geprägt von der Suche nach Anerkennung. Obwohl sie glücklich verheiratet ist und liebevolle Adoptiveltern hat, fällt es ihr oft schwer, glücklich zu sein. Kleine Unstimmigkeiten und Abweichungen können für sie ein Auslöser sein, ihr Leben zu hinterfragen und eine Krise auslösen. Nadja wusste immer, dass sie adoptiert ist, an ihren leiblichen Eltern hatte sie bisher kein übermäßiges Interesse. Doch als sie durch einen Zufall herausfindet, dass sie eine Zwillingsschwester hat, wird die Suche nach ihren Wurzeln zur Essenz ihres Lebens. Es beginnt eine Odyssee durch verschieden Städte Deutschlands und bis nach Griechenland.
Der Hauptfokus liegt auf Nadja. Auch die Begegnungen mit ihrer Schwester Pia werden aus Nadjas Sicht beschrieben. In Rückblicken erfahren wir mehr über Corinna, die Mutter der Zwillinge, erzählt von deren Schwester Sibille.
„Geteilt durch zwei“ ist eine durch und durch tragische Geschichte. Das Leben dieser Familie wird dominiert von Depressionen, Verlust, falschen Entscheidungen und Einsamkeit.
Barbara Kunrath gelingt es sehr gut, die Gefühle der Protagonisten zu beschreiben. Sie hat großes schriftstellerisches Talent und überzeugt durch einen wortgewandten und abwechslungsreichen Schreibstil.
Nadja und Pia sind schwierige, manchmal anstrengende Charaktere. Die Suche nach den Wurzeln ist insbesondere für Nadja wichtig. Sie bekommt Antworten auf ihre Fragen, aber diese sind nicht gleichzusetzen mit einem Happy-End, was die Handlung sehr realistisch macht.
Ich empfand „Geteilt durch zwei“ als einen tiefgründigen Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.

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