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Veröffentlicht am 17.03.2020

Mit Glas aufgewachsen, aber nicht aus Glas

Die Glasschwestern
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sind die beiden Zwillingsschwestern Dunja und Saphie, die bei Romanbeginn kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag stehen und tatsächlich am selben Tag - einem unwirtlichen Tag im Januar - ihre Männer verlieren. ...

sind die beiden Zwillingsschwestern Dunja und Saphie, die bei Romanbeginn kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag stehen und tatsächlich am selben Tag - einem unwirtlichen Tag im Januar - ihre Männer verlieren. Wobei der von Dunja eigentlich nur (noch) der Vater ihrer bereits erwachsenen Kinder ist - sie hatte sich ein Jahr vor seinem Tod von Winne getrennt und verheiratet waren sie sowieso nicht gewesen. Ganz im Gegensatz zur kinderlosen Saphie, die nun Erbin eines Hotels ist. Auch sie hat sich jung gebunden und das Hotel fast im Alleingang geschmissen und dazu hat sie nun keine Lust mehr. Umso besser, dass Dunja, die in ihren Heimatort zurückkehrt und bei Saphie einzieht, überraschend großes Interesse am Hotel zeigt. Es bahnt sich ein Wechsel der Rollen an - Saphie gibt das Organisieren und Führen auf und entgegen ihrem bisherigen Ansatz schlägt sich Dunja ganz gut damit. Immer erfolgreicher sogar.

Auch wenn Dunja und Saphie nicht aus Glas sind, sondern durchaus ihre Geheimnisse haben - durchaus auch voreinander (uns Lesern werden sie von der Autorin Franziska Hauser dankenswerterweise sukzessive offengelegt) sind ihre Charaktere glasklar vor Augen. Ich habe die beiden immer so unterschiedlich reagierenden und auch agierenden Zwillinge stets deutlich vor Augen, ebenso wie Dunjas Kinder, den folgsamen und gelegentlich auch formbaren Jules und die eigenwillige Augusta. Nicht ganz so klar erschliesst sich mir das Wesen der dritten Glasschwester, der um zehn Jahre jüngeren Lenka. Wieso das so ist und wieso sie so anders ist als ihre beiden "großen" Schwestern Saphie und Dunja - auch das wird uns von der Autorin glasklar vermittelt.

Ebenso wie wir so einiges über die Eltern der Drei erfahren, ihre Mutter Brigäne und den Vater, einen Glasbläser, der nach der Wende diese Tradition seiner Familie nicht mehr aufrechtzuerhalten vermochte.

Ein Roman ganz nach meinem Geschmack, ich konnte direkt ganz wunderbar darin eintauchen. Sehr komplex schildert Franziska Hauser das neue Leben der beiden Schwestern und ihrer (Wahl)Verwandten - ja, es gibt noch Jorge, einen ehemaligen Schulkameraden, der vor allem in Dunjas Leben eine entscheidende Rolle spielt sowie seinen Onkel, der auch nicht ganz "ohne" ist.

Mir gefallen auch die kleinen eingefügten Familiengeschichten, bspw. dass Jules als Kleinkind auf eine (etwas anders formulierte) Anweisung seiner Mutter Augustas Gesicht ableckte und sie daraufhin aufhörte zu weinen. Eine köstliche kleine Episode, die Sie erst verstehen werden, wenn sie in den Roman versinken.

Dies fiel mir überhaupt nicht schwer und ich konnte das Buch auch nicht aus der Hand legen, bevor ich am Ende angelangt war. Was für Ideen, was für ein Stil! Dass Franziska Hauser nicht nur Autorin, sondern auch Fotografin ist, merkt man an den vielen Bildern, die sie auch mit Worten darzustellen vermag. Tatsächlich hat sie eine ganz eigene Art des Schreibens, die mir sehr nahegeht, entwickelt.

Insgesamt ein wirklich wundervolles Buch ganz nach meinem Geschmack - eine bittersüße Familiengeschichte der besonderen Art! Ich glaube, ich habe eine neue Lieblingsautorin: die Gewitterschwimmerin hat es mir ja schon angetan und dieses Buch gefällt mir noch besser!

  • Einzelne Kategorien
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  • Geschichte
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Veröffentlicht am 23.02.2020

Ein Dilemma

Ein wenig Glaube
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Lyle und Peg sind überglücklich: ihre Adoptivtochter Shiloh ist zurückgekehrt zu den Eltern, bei ihr ist ihr fünfjähriger Sohn Isaac, ein entzückender kleiner Junge, der sofort beide Großeltern verzaubert. ...

Lyle und Peg sind überglücklich: ihre Adoptivtochter Shiloh ist zurückgekehrt zu den Eltern, bei ihr ist ihr fünfjähriger Sohn Isaac, ein entzückender kleiner Junge, der sofort beide Großeltern verzaubert. Wie schön wäre es, wenn sie für immer bei ihnen wohnen blieben!

Zu Beginn war ich voll von Begeisterung für Lyle, der alles dafür tut, dass sich Shiloh und der kleine Enkel bestmöglichst im ländlichen Wisconsin einleben. Und meine Meinung von ihm ändert sich nicht, auch wenn Shiloh sich von ihm abwendet - durch den Einfluss, die die Kirchengemeinde, der sie sich angeschlossen hat, auf sie ausübt. Es ist nicht die evangelische Gemeinde, der die Familie seit Jahrzehnten angehört, sondern eine neue, deren Pfarrer begeistert Predigt - und mindestens dreimal länger, als Lyle und Peg es gewohnt sind. Pfarrer Steven fasziniert Shiloh so sehr, dass sie überglücklich seinen Heiratsantrag annimmt. Auch wenn Lyle ihm nicht traut, ist er bereit, das Glück seiner Tochter zu unterstützen. Bis herauskommt, dass Steven den kleinen Isaac als Heiler einsetzt, wenn jemand in der Gemeinde erkrankt.

Und irgendwann, als Isaac bei den Großeltern ist, erkrankt er schwer und sie bringen ihn in die Klinik und laden damit den Zorn von Shiloh und Steven auf sich. Sie geben Lyle die Schuld an der Erkrankung des Jungen, der dann angeblich wieder gesundet - nur für eine kurze Zeit, dann geht es um Leben und Tod.

Ein wunderbar warmherzig geschriebener Roman, den ich nicht aus der Hand legen konnte. Der Leser sieht die Handlung aus Lyles Perspektive und ich habe es sehr genossen, meine Zeit mit diesem sympathischen älteren, ein wenig unkonventionellen Mann, dem Freunde und Familie alles bedeuten, zu verbringen. Und sein Dilemma zu teilen - wie soll er agieren, was kann er tun?

Eine Familie, die durch den Glauben zu zerbrechen droht. Ein wichtiges und schweres Thema, denn religiöser Fanatismus in unterschiedlichen Facetten droht derzeit immer wieder die Oberhand zu gewinnen. Eine in mehrerer Hinsicht aktuelle Handlung - wie schade, dass der Roman so schnell zu Ende war!

Veröffentlicht am 23.02.2020

In der Ferne

Tage des Lichts
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Der dritte Band um Ruth Meyer, die ältere von zwei Töchtern einer wohlhabenden jüdischen Familie in Krefeld, spielt sich hauptsächlich in England ab. Dorthin konnte sich nämlich Ruth Meyer, die ältere ...

Der dritte Band um Ruth Meyer, die ältere von zwei Töchtern einer wohlhabenden jüdischen Familie in Krefeld, spielt sich hauptsächlich in England ab. Dorthin konnte sich nämlich Ruth Meyer, die ältere Tochter der Familie, als Haushaltshilfe auf einem Bauernhof am Meer absetzen und müht sich nun, ihre anderen Familienmitglieder nachzuholen. Fernziel der Familie Meyer ist die Auswanderung in die Vereinigten Staaten.


Ruth, die ja aus wohlhabendem Elternhaus kommt und in Krefeld ein komfortables Leben führte, hat jetzt in England einen schweren Alltag - auf dem Hof wird sie als Mädchen für alles mißbraucht und hat quasi keine Freizeit, obwohl diese ihr zustehen würde. Das liegt vor allem an der Dame des Hauses, die sich selbst - soweit möglich - aus allem heraushält und ihrem Vergnügen fröhnt. Sogar die Erziehung der kleinen - erfreulicherweise absolut reizenden Tochter obliegt fast ausschließlich ihr.

Dazu kommt die Angst vor dem drohenden Krieg - wird Ruth es schaffen, ihre Familie rechtzeitig aus Deutschland herauszubekommen? Zwischendurch gibt es immer mal kurze Einblendungen des Alltags in Krefeld in den ausgehenden 1930er Jahren - Ruth kann wahrlich froh sein, es herausgeschafft zu haben, so schwer sie es auch haben mag!
Autorin Ulrike Renk beschreibt hier eindringlich und authentisch das Leben einer jüdischen Familie in der Zeit des Nationalsozialismus, genauer: in den Jahren 1938/39 in einer mittelgroßen Stadt, nämlich Krefeld. Besondere Glaubwürdigkeit gewinnt ihre Darstellung dadurch, dass sie auf wahren Begebenheiten beruht.

Auch wenn nicht ununterbrochen etwas geschieht, liegt durchgehend eine Spannung in der Luft. Sehr gut gelingt es der Autorin, eine Atmosphäre von Angst und Gewalt, in der sich noch das letzte bisschen Hoffnung gehalten hat, zu zeichnen. Diese hat auch die Menschen in England auf ihre eigene Art und Weise ergriffenl Alles wurde sehr gut rechererchiert und eindringlich erzählt.Ein Roman, den ich verschlungen habe! Nun erwarte ich ungeduldig den vierten und letzten Teil!

Veröffentlicht am 23.02.2020

WG mit Frau B

Kater Liam
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Kater Liam berichtet über sein Zusammenleben mit Frau B. Es gibt vieles, was aus seiner Sicht verbesserungswürdig oder gar nicht nachzuvollziehen ist. Warum man zum Arbeiten aus dem Haus gehen muss. ...

Kater Liam berichtet über sein Zusammenleben mit Frau B. Es gibt vieles, was aus seiner Sicht verbesserungswürdig oder gar nicht nachzuvollziehen ist. Warum man zum Arbeiten aus dem Haus gehen muss. Oder was Frau B. zum Beispiel gegen lebendige Mäuse in ihrer Wohnung hat. Und warum es nur so selten was zu essen gibt. Und auch nicht immer das, worauf man Lust hat. Wobei "man" in diesem Falle immer Liam ist.

Er überlegt immer wieder, Frau B. ein bisschen was beizubringen an Savoir vivre, solchem, wie es Katern eben ziemt, aber letztendlich ist er dazu doch zu bequem. Und außerdem - so schlecht ist es dann ja doch nicht in seiner WG mit Frau B..

Ein wunderschönes, kleines, feines Bilder- und Geschichtenbuch für Erwachsene, das gute Laune bringt!


Veröffentlicht am 21.02.2020

Sternentreffen

Sonne, Mord und Sterne
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Im neuesten Band um Astrologin Stella und ihre Großmutter widmen sich die beiden Damen ganz ihrem Beruf: Ausgerechnet in ihrer Heimatstadt Bochum findet der Astrologiekongress statt, zu dem sich alles, ...

Im neuesten Band um Astrologin Stella und ihre Großmutter widmen sich die beiden Damen ganz ihrem Beruf: Ausgerechnet in ihrer Heimatstadt Bochum findet der Astrologiekongress statt, zu dem sich alles, was in der Branche so kreucht und fleucht, versammelt. Durchaus auch eher undurchsichtige Gesellinnen und Gesellen.

Auch die - mehr oder weniger selbst ernannte - Königin der Branche, nämlich Astrologin Marlene Silberstein, bekannt aus Funk und Fernsehen, gibt sich die Ehre. Nicht zuletzt um einen neu kreierten Preis einzuheimsen.

Dessen sie sich jedoch nicht allzu lange erfreuen kann, denn bald findet sich in ihrer luxuriösen Hotelsuite ihre Leiche. Wie immer gerät Stella eher zufällig in die Ermittlungen - und damit in die Quere des nicht unattraktiven Ruhrpottkommissars Arno Tillkowski.

Wie auch in den Krimödien um Loretta Luchs, Mitarbeiterin eines Call-Centers der besonderen Art und ebenfalls Bochumerin, findet sich hier also ein munteres Trüppchen zum gemeinsamen Ermitteln zusammen. Wobei das manchmal auch eher nebenher läuft. Aber immer wieder sind sie Arno einen Schritt voraus - mindestens.

Dies ist bereits der dritte Band um Astrologin Stella freue mich schon sehr auf den nächsten, weil ich gespannt bin, wie sich die Dynamik unter diesen ganzen Figuren so weiter entwickelt. Und weil ich Stella und Maria, ebenso das weitere Stammpersonal schon richtiggehend in mein Herz geschlossen habe. Eine toll(kühn)e und witzige Ruhrpottstory mit dem gewissen Pfiff!