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Veröffentlicht am 17.03.2020

Opulenter Historienschmöker

Die brennenden Kammern
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INHALT
Carcassonne, 1562:
Minou Joubert wächst als Tochter eines katholischen Buchhändlers auf. Eines Tages erhält sie einen versiegelten Brief mit den Worten: "Sie weiß, dass du lebst." Noch bevor sie ...

INHALT
Carcassonne, 1562:
Minou Joubert wächst als Tochter eines katholischen Buchhändlers auf. Eines Tages erhält sie einen versiegelten Brief mit den Worten: "Sie weiß, dass du lebst." Noch bevor sie herausfinden kann, was hinter der mysteriösen Botschaft steckt, wird die Begegnung mit dem jungen Piet Reydon ihr Leben für immer verändern. Denn der Hugenotte hat eine gefährliche Mission, und er zählt auf Minous Hilfe, um aus der Stadt zu fliehen.

(Quelle: Lübbe Verlag)


MEINE MEINUNG
Mit dem historischen Roman „Die brennenden Kammern“ hat die britischen Bestseller-Autorin Kate Mosse den fesselnden Auftakt einer neuen Historien-Saga vorgelegt, die vor dem Hintergrund der blutigen französischen Religionskriege angesiedelt ist und ihren Ausgang während des 16. Jahrhunderts im Languedoc nimmt. „Die brennenden Kammern“ ist eine fesselnde, opulente und sehr vielschichtige Geschichte von verbotener Liebe, dunklen Familiengeheimnissen, Verschwörungen und verhängnisvollem Verrat.
Bei der geplanten Romanreihe, die wahrscheinlich vier Bände umfassend wird, handelt es sich um eine episch angelegte Familiengeschichte, die vom Frankreich des 16. Jahrhunderts bis ins Südafrika des 19. Jahrhunderts reichen wird und in deren Mittelpunkt das Schicksal der Hugenotten, ihr Überlebenskampf und ihre Vertreibung durch die Glaubenskriege steht.
In einem dem Roman vorangestellten Vorwort „Anmerkungen zu den Hugenottenkriegen“ erläutert die Autorin die historischen Hintergründe und greift mit den Glaubenskriegen ein dunkles Kapitel in der Geschichte Frankreichs auf. Kurz umreißt sie für die Leser die düstere, konfliktreiche Zeitepoche, in der das Land eine religiöse Spaltung erfuhr und die protestantische Minderheit der Hugenotten einer gnadenlosen Verfolgung und Vertreibung ausgesetzt war. Somit erhält ihre Geschichte durchaus auch nachdenklich stimmende Bezüge zu unserer krisengeschüttelten, heutigen Zeit.
Zur besseren Orientierung findet sich im Anschluss an das Vorwort eine Ausschnittskarte, in die Carcassonne, Toulouse und Puivert als wichtigste Schauplätze der Geschichte eingezeichnet sind. Um einen Überblick über zahlreichen Figuren zu behalten, gibt es zudem eine Auflistung der in der Geschichte vorkommenden fiktiven Hauptfiguren sowie der historischen Personen. Die etwas verwirrende Vielzahl der Charaktere lässt sich dennoch nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten gut zuordnen.
Der lebendige und sehr ausdrucksvolle Schreibstil der Autorin ist angenehm zu lesen. Sehr anschaulich führt uns die Autorin die verschiedenen Facetten des Alltagslebens der Bevölkerung in den mittelalterlichen Städten von Carcasonne und Toulouse vor Augen, so dass man sich rasch in die damalige Zeit hineinversetzen kann. Sehr feinfühlig vermittelt sie die sich zuspitzenden religiösen Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken und fängt gekonnt die schwelenden Animositäten und die unheilvolle Stimmung ein. Teilweise sehr detailgenau und recht schonungslos werden allerdings auch Episoden von brutalen Folterungen, blutigen Schlachten und Szenen der Gewalt beschrieben, die zartbesaitete Gemüter sicher schockieren werden. Die Handlung wechselt geschickt zwischen verschiedenen Schauplätzen und unterschiedlichen Akteuren ab und gibt in eingeschobenen, kursiv gedruckten Passagen Einblicke in rätselhafte Tagebucheinträge, deren Urheber und Bedeutung sich erst allmählich erschließen. Zudem werden in einigen Episoden auch historisch verbürgte Ereignisse wiedergegeben, die in die fesselnde, fiktive Geschichte um die beiden Protagonisten, die junge Minou Joubert und den Hugenotten Piet Reydon, eingebettet sind.
Die Spannung der gut durchdachten Geschichte baut sich immer weiter auf, beginnend mit der geheimnisvollen Vergangenheit der Familie Joubert, dem mysteriösen Verbleib des wertvollen gestohlenen Grabtuchs von Antiochia und Piets gefährlicher Mission bis hin zu den komplexen politischen Verwicklungen und den zunehmenden Konflikten zwischen Katholiken und Protestanten, die in den gewaltsamen Unruhen von 1562 in Toulouse gipfeln. Im Laufe der ereignis- und wendungsreichen Handlung müssen sich die Charaktere vielen abenteuerlichen Herausforderungen stellen und gefährliche Situationen bewältigen. Allmählich verdichten sich die Erzählstränge immer mehr und offenbaren dem Leser viele Zusammenhänge. Nach einigen überraschenden Verwicklungen und einem packenden, hochdramatischen Finale kommt es am Ende zu einem stimmigen Abschluss dieses gelungenen Romanauftakts. Der 10 Jahre später angesiedelte Epilog gibt bereits einen unheilvollen, aber vielversprechenden Ausblick auf die Fortsetzung dieser fesselnden Familiengeschichte.
Die zahlreichen Figuren der Geschichte sind detailreich dargestellt und werden dem Leser rasch nahe gebracht. Im Mittelpunkt des Romans stehen die gebildete, 19-jährige Buchhändlerstochter und Katholikin Minou Joubert, die nach dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Vater und ihren beiden Geschwistern in der okzitanischen Festungsstadt Carcassonne leben, und der junge Protestant Piet Reydon. Sehr lebensnah und ausführlich die Autorin ihre beiden Protagonisten angelegt, die ich mir allerdings noch etwas tiefgründiger und weniger glatt gewünscht hätte. Weitgehend glaubhaft hat Mosse ihre Entwicklungen und Handlungsweisen herausgearbeitet, so dass man sich recht gut in sie hineinversetzen kann. Die zwischen ihnen langsam entstehende Liebesgeschichte wirkt zwar etwas klischeebehaftet, gibt der Handlung aber zusätzliche Würze und hält sich insgesamt angenehm im Hintergrund.
Am Ende des Romans erläutert die Autorin in „Anmerkungen zur Sprache“ noch einige wissenswerte Details zu der „Langue D’Oc“ – der Sprache des Midi, und ihrer Verbreitung im Laufe der Jahrhunderte.

FAZIT
Ein fesselnder und unterhaltsamer historischer Roman mit einer opulenten Geschichte von Liebe, Geheimnissen, Verschwörungen und Verrat!
Ein vielversprechender Auftakt einer episch angelegten Familiengeschichte rund um die französischen Religionskriege und das Schicksal der Hugenotten – genau das richtige für Fans von Historienschmökern!

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Veröffentlicht am 16.03.2020

Bewegender, feinfühlig erzählter Roman

Die Geheimnisse meiner Mutter
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INHALT
"Wie soll man seine Zukunft finden, wenn man seine Vergangenheit nicht kennt?“
Mit vierzehn bringt Rose ihre Mutter um – allerdings nur in den Geschichten, die sie ihren Mitschülern erzählt. Das ...

INHALT
"Wie soll man seine Zukunft finden, wenn man seine Vergangenheit nicht kennt?“
Mit vierzehn bringt Rose ihre Mutter um – allerdings nur in den Geschichten, die sie ihren Mitschülern erzählt. Das ist leichter zu ertragen, als zuzugeben, dass ihre Mutter Elise einfach verschwunden ist, als Rose noch ein Baby war, und dass sie keine Ahnung hat, wohin, und vor allem – warum. Als Rose erwachsen ist, erfährt sie, dass die Schriftstellerin Constance Holden, einst eine gefeierte Bestsellerautorin, die dann aber plötzlich mit dem Schreiben aufgehört hat, damals die Letzte war, zu der Roses Mutter vor ihrem Verschwinden Kontakt hatte. Und mehr als das – Elise und Constance waren ein Liebespaar. Rose nimmt Kontakt zu Constance auf, um endlich zu erfahren, was mit ihrer Mutter geschehen ist …
(Quelle: Insel Verlag )
MEINE MEINUNG
Nach ihren weltweit erfolgreichen Romanen „Die Magie der kleinen Dinge“ und „Das Geheimnis der Muse“ ist der Jessie Burton mit „Die Geheimnisse meiner Mutter“ erneut ein bewegender Roman gelungen, der mich seinen faszinierenden weiblichen Charakteren und seinen geschickt verwobenen Erzählsträngen sehr fesseln konnte. In ihrem Roman erzählt Burton über Geheimnisse, Lügen und fatale Fehlentscheidungen, die das Leben der drei Protagonistinnen nachhaltig geprägt haben. Es ist eine tiefgründige Geschichte über Freundschaft, Liebe, Leidenschaften, Eifersucht, Vertrauen und Verlust, in der sich Burton auch mit den Folgen eines fehlenden Muttervorbilds und einer fehlenden Mutter-Tochter-Beziehung für die eigene Zukunft auseinandersetzt.
Mit ihrem wundervoll einfühlsamen, mitreißenden Schreibstil und geschickt gesetzten Perspektivwechseln gelingt es der Autorin mühelos, den Leser immer tiefer in die mysteriöse Geschichte um Rose und ihre verschwundene Mutter Elise hineinzuziehen.
Der Roman hat zwei, auf verschiedenen zeitlichen Ebenen angelegte Handlungsstränge, wovon der eine in der Gegenwart in Großbritannien im Jahr 2017 spielt und aus der Ich-Perspektive der 35-jährigen Rose erzählt wird. Der andere zeigt die Vergangenheit mit unterschiedlichen Episoden in London, Los Angelos und New York in den frühen 1980er Jahren, in denen die erfolgreiche Schriftstellerin Constance Holden und ihre junge Gefährtin und Geliebte Elise Morceau im Mittelpunkt stehen.
Jessie Burton verknüpft die beiden eigenständigen, sich zwischen Gegenwart und Vergangenheit abwechselnden und Erzählstränge sehr geschickt zu einer vielschichtigen Geschichte. Diese entwickelt zwar erst allmählich Spannung, gewinnt dann aber mit den schrittweisen Enthüllungen zunehmend an Dynamik. Alles scheint auf eine erschütternde Enthüllung zu einem in der Vergangenheit liegenden Schlüsselereignis hinauszulaufen. So versucht man die gut gehüteten Geheimnisse, tragischen Verwicklungen und persönlichen Tragödien rund um die weiblichen Hauptfiguren zu ergründen, die ihr aller Leben auf derart einschneidende Weise verändert haben.
Gefesselt haben mich vor allem die hervorragend ausgearbeiteten weiblichen Hauptfiguren, die charakterlichen Ähnlichkeiten zwischen Mutter und Tochter sowie ihre recht komplizierten Beziehungen zueinander: Die charismatische, selbstbewusste Bestsellerautorin Connie, die rätselhafte Elise und ihre Tochter Rose, die versucht die quälende Leerstelle in ihrem Leben zu füllen und auf der Suche nach ihrer eigenen Identität ist. Die Autorin hat mit ihnen sehr außergewöhnliche, hochinteressante und facettenreiche Charaktere geschaffen, von denen eine besondere Faszination ausgeht. Sensible, eigenwillige und leidenschaftliche Frauen lernen wir einerseits kennen, die andererseits aber auch ihre Schwächen und Unzulänglichkeiten aufweisen. Sehr einfühlsam, anschaulich und bewegend beschreibt Burton in verschiedenen Episoden die so unterschiedlich verlaufenen Lebensgeschichten der drei Frauen, die oftmals zu einer emotionalen Achterbahnfahrt werden.
Sie zeigt hierbei sehr nachvollziehbar auf, dass jeder das Recht auf ein selbst bestimmtes Leben und innere Freiheit hat, dies aber für sich und andere auch einen Preis haben kann. Zudem beleuchtet die Autorin in ihrem nachdenklich stimmenden Roman auch den komplexen, ambivalenten Themenkreis rund um die Mutterschaft - von Aspekten wie dem gesellschaftlichen Druck zur sozialen Pflichterfüllen, Bereicherung des Lebenssinns bis hin zu beklemmenden Einblicken in das Mutter-Sein zwischen irrationalen Ängsten, Selbstentfremdung und Überforderung.
Der Autorin gelingt es hervorragend, den Spannungsbogen bis zum Schluss immer mehr zu spannen und uns mit der Enthüllung des folgenschweren Geheimnisses um Elises Verschwinden zu überraschen. Sehr passend gewählt finde ich dabei das offene Ende und den mit „Als sie ging“ betitelten, eher rätselhaften Ausklang dieses bewegenden Romans, der sehr zum Nachdenken anregt.
FAZIT
Ein mitreißender, bewegender und sehr einfühlsam erzählter Roman mit drei beeindruckenden, facettenreichen Protagonistinnen.
Eine empfehlenswerte Lektüre, die zum Nachdenken anregt!

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Fesselnder historischer Roman über die „Weiße Maus“

Die Spionin
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INHALT
Die Geschichte, die keiner kennt: ein einmalig fesselnder Roman über eine der faszinierendsten und dennoch kaum bekannten Heldinnen der jüngeren Geschichte: Nancy Wake.
Für die Alliierten ist sie ...

INHALT
Die Geschichte, die keiner kennt: ein einmalig fesselnder Roman über eine der faszinierendsten und dennoch kaum bekannten Heldinnen der jüngeren Geschichte: Nancy Wake.
Für die Alliierten ist sie ihre beste Agentin, eine gefürchtete Kämpferin, die ihre Gegner mit einem Handschlag zu töten vermag.
Für die Nazis ist sie die meistgesuchte Person Frankreichs, ein gefürchtetes Phantom, auf dessen Kopf fünf Millionen Francs ausgesetzt sind.
Ihr Name ist Nancy Wake - und sie kämpft für die Liebe.
Marseille, 1940: Nancy und Henri lieben sich und genießen ihr mondänes Leben. Dann wird Frankreich von den Deutschen besetzt, und fortan riskiert Nancy ihr Leben für die Résistance. Ihre Schönheit und ihre glamouröse Erscheinung werden zur besten Tarnung der "Weißen Maus", auf die ein Millionenkopfgeld ausgesetzt ist – denn die Nazis vermuten in ihr stets einen Mann. Schließlich wird Henri verhaftet. Nancy entkommt nach England, wo sie zur Geheimagentin ausgebildet wird. Per Fallschirm gelangt sie zurück in die Wälder der Auvergne und übernimmt das Kommando über 7.000 Partisanen. An der Seite ihrer Männer kämpft Nancy blutige Schlachten gegen die Deutschen – ihr gefangener Mann gerät indes in immer größere Gefahr.
(Quelle: Rütten & Loening)

MEINE MEINUNG
In ihrem fesselnden, historischen Roman „Die Spionin“ hat sich das unter dem gemeinsamen Pseudonym Imogen Kealey schreibende Autorenduo einer faszinierenden Frau und historischen Persönlichkeit angenommen, die in Deutschland kaum jemand kennt: Nancy Wake. Sie rettete mit ihrer wagemutigen Arbeit im französischen Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht unzähligen Menschen das Leben, lehrte den Nazis als „Weiße Maus“ das Fürchten, wurde von der Gestapo gejagt und war zu Zeiten des 2. Weltkrieges im besetzten Frankreich eine Topspionin des britischen Geheimdienstes mit dem „Codenamen Hélène“. Während viele ihrer Weggefährten aus der Résistance getötet wurden, gelang es ihr immer wieder dank ihrer Tapferkeit, Cleverness und Attraktivität ihren Häschern zu entkommen und zu überleben. Ihr Leben hatte Nancy Wake ganz dem erbitterten Kampf gegen die Nazis verschrieben und wurde als Kriegsheldin mit zahlreichen Orden ausgezeichnet.
Das Autorenduo, bestehend aus dem Drehbuchautor Darby Kealey und der Autorin von historischen Romane Imogen Robertson, versteht es, die Leser mit ihrem mitreißenden Schreibstil schnell zu fesseln. Ihnen ist es hervorragend gelungen, die faszinierende Lebensgeschichte dieser bemerkenswerten Frau in verschiedenen Episoden und ihren unerbittlichen Kampf gegen die deutschen Besatzer sehr anschaulich und glaubwürdig nachzuzeichnen. Wie man im Anhang „Historische Anmerkungen der Autoren“ nachlesen kann, haben sich die Autoren zwar an vielen überlieferten Fakten und historischen Begebenheiten orientiert, doch haben sie sich zugunsten ihrer Erzählung und des Spannungsaufbaus auch einige erzählerische Freiheiten genommen und historische Daten, Ereignisse und vorkommende Figuren verändert. Insgesamt haben sie die fiktiven Anteile und historische verbürgte Geschehnisse zu einer fesselnden und unterhaltsamen Handlung verwoben. Allerdings erschienen mir einige Episoden mit ihren hochdramatischen Verwicklungen doch ein wenig zu übertrieben und unglaubwürdig.
Ob nun Nancys anfänglicher Einsatz für die Résistance in Südfrankreich als Kurierin und Fluchthelferin, kurze Einblicke in ihre Ehe mit dem wohlhabenden Geschäftsmann Henri Fiocca, ihre überstürzte Flucht vor der Gestapo aus Marseille über die Pyrenäen nach England, Wakes Ausbildung bei der SOE zur Geheimagentin oder die spätere Leitung zahlreicher Kampfeinsätze gegen die Deutschen – hautnah erleben wir Nancys facettenreiche und äußerst bemerkenswerte Persönlichkeit kennen, die über einzigartige Führungsfähigkeiten, großen Mut, Selbstbewusstsein und beachtliche Unerschrockenheit verfügte. Die Autoren haben in eindringlich erzählten Episoden ihre weibliche, einfühlsame und hilfsbereite Seite herausgearbeitet, zeigen zum anderen aber auch ihre unerbittliche Härte und Skrupellosigkeit sowie beachtliche Ausdauer und Leidensfähigkeit in brenzligen Situationen auf. Sehr authentisch, lebendig und ausreichend tiefgründig ausgearbeitet sind auch die vielen Weggefährten und Widerstandskämpfer wie der Funker Denis Denden Rake, Travidat, Fournier oder Gaspard.
Die Autoren verstehen es aber auch, das Leid der französischen Bevölkerung, die permanenten Ängste vor den Denunzianten aus den eigenen Reihen, die Grausamkeiten und unmenschlichen Gräueltaten der Gestapo im besetzten Frankreich anschaulich und glaubwürdig darzulegen. Geschickt bündeln die Autoren die vielfältigen Verbrechen der Nazis in einem einzigen Gegenspieler, der fiktiven Gestalt des feinsinnigen, überaus brutalen Major Böhms, der in der Handlung als gnadenloser Jäger von Nancy und der Résistance auftritt, für eine Zuspitzung der Geschehnisse und einige unerwartete Wendungen sorgt.
Die gut ausgearbeiteten Charaktere und der angenehme, mitreißende und bildhafte Schreibstil lassen diesen Roman trotz seiner bedrückenden Thematik zu einem wahren Page Turner werden.

FAZIT
Ein fesselnder und mitreißend erzählter historischer Roman über Nancy Wake - eine ungewöhnliche und sehr faszinierende Frau, die mutig und entschlossen gegen die Naziherrschaft kämpfte und eine gefeierte Kriegsheldin wurde!

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Veröffentlicht am 29.02.2020

Berührender Roman über bemerkenswerte Frauen

Das Haus der Frauen
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INHALT

In Paris steht ein Haus, das allen Frauen dieser Welt Zuflucht bietet. Auch der erfolgreichen Anwältin Solène, die nach einem Zusammenbruch ihr Leben in Frage stellt. Im »Haus der Frauen« schreibt ...

INHALT

In Paris steht ein Haus, das allen Frauen dieser Welt Zuflucht bietet. Auch der erfolgreichen Anwältin Solène, die nach einem Zusammenbruch ihr Leben in Frage stellt. Im »Haus der Frauen« schreibt sie nun im Auftrag der Bewohnerinnen Briefe - an die Ausländerbehörde, den zurückgelassenen Sohn in Guinea, den Geliebten - und erfährt das Glück des Zusammenhalts und die Magie dieses Hauses. Weil Solène anderen hilft, hat ihr Leben wieder einen Sinn. Doch wer war die Frau, die vor hundert Jahren allen Widerständen zum Trotz diesen Schutzort schuf? Solène beschließt, die Geschichte der Begründerin Blanche Peyron aufzuschreiben.

(Quelle: S. Fischer Verlag)

MEINE MEINUNG
Nach ihrem weltweit gefeierten Debüt „Der Zopf” hat die französische Autorin Laetitia Colombani erneut einen berührenden Roman über bewegende Frauenschicksale und bemerkenswerte Frauen geschrieben.
Ein Roman, der auf die weibliche Leserschaft ausgerichtet ist und sicherlich bald ebenfalls zu einem Bestseller anvancieren wird.

Ihre Geschichte kreist um den „Palais de la femme“ – das titelgebende „Haus der Frauen“, ein 1926 von der Heilsarmee gegründetes Frauenhaus im 11. Arrondissement von Paris, das in Not geratenen Frauen jeglicher Nation und Herkunft Zuflucht und geschützte Unterkunft bietet, und erzählt sehr eindrücklich von den verschiedenen Frauenschicksalen, die auf unterschiedlichste Weise mit diesem Haus verknüpft sind.
Im Mittelpunkt dieses Romans stehen aber auch zwei Frauen, die zu verschiedenen Zeiten in Paris gelebt haben - fast ein Jahrhundert liegt zwischen ihnen, und doch verbindet sie ihr Engagement für all die Frauen in Notlagen, die ihre Hilfe, Stärke und Zuversicht brauchen.

Sehr kunstvoll hat die Autorin die beiden zwischen Gegenwart und Vergangenheit abwechselnden Handlungsstränge miteinander verwoben. Die Protagonistinnen erzählen ihre Geschichte jeweils aus ihrer Perspektive in der 3. Person.

So lernen wir nach und nach die Hauptfigur Solène kennen und erfahren einige Details zu ihrer Lebenssituation. Sie ist eine junge, äußerst erfolgreiche Anwältin aus Paris, deren Leben durch einen Burn-Out völlig aus der Bahn geraten ist und von tiefen Depressionen beherrscht wird. Als therapeutische Maßnahme soll sie ihre Komfortzone verlassen und sich ehrenamtlich im Frauenhaus als eine Art Schreiberin engagieren. Schön ist es mitzuerleben, wie es Solène allmählich gelingt sich immer mehr zu öffnen, Kontakte zu knüpfen und wieder neuen Lebensmut zu schöpfen. In verschiedenen Episoden erfahren wir mehr über die Bewohnerinnen und Angestellten des Frauenhauses und nehmen gebannt Anteil an ihren aufwühlenden Schicksalen. Ob nun Flüchtlinge, obdachlose oder misshandelte Frauen, Opfer von häuslicher Gewalt – sie alle sind von den Widrigkeiten des Lebens und Gewalt gezeichnet und haben hier unabhängig von Kultur, Religion oder Herkunft Zuflucht gefunden, können zur Ruhe kommen, erhalten Beratung und Hilfe für einen Neuanfang in ein selbstbestimmtes Leben. Sehr glaubwürdig hat die Autorin aber auch die Dynamik und die ganz besondere Atmosphäre dieses Ortes, an dem so viele unterschiedliche Charaktere leben, eingefangen. Neben lautstark ausgetragenen Konflikten, chaotischen Zuständen gibt es auch die berührenden Momente der Solidarität und des Zusammenhalts untereinander.

Im zweiten, Mitte des 19. Jahrhunderts angesiedelten Handlungsstrang widmet sich die Autorin einer faszinierenden historischen Persönlichkeit, die in der Geschichtsschreibung leider völlig in Vergessenheit geraten ist – Blanche Peyron. In kurzen, aber sehr anschaulich erzählten Episoden zeichnet sie das bewegte, entbehrungsreiche Leben dieser mutigen und willensstarken Frau nach, die ihr Leben ganz der Heilsarmee und dem sozialen Engagement für die bedürftigen und benachteiligten Menschen verschrieben hatte. Dank ihres heldenhaften Einsatzes und ihrer Hartnäckigkeit ist es ihr allen Widerständen zum Trotz gelungen, den „Palais de la femme“ in Paris zu kaufen und zu einem Frauenhaus umzubauen.

So ist Laetitia Colombani ein stimmiges Portrait dieser äußerst beeindruckenden Frau und eine wundervolle Hommage gelungen!

Der für die Autorin typische recht einfache, pointierte Schreibstil verbreitet eine angenehme Leichtigkeit beim Lesen. Ihr gelingt es, oft auch ohne ausführliche Beschreibungen eine eindringliche Atmosphäre aufkommen zu lassen und berührende Momente einzufangen.

Obwohl die Autorin ihre Hauptfiguren und deren charakterliche Entwicklung sehr einfühlsam und behutsam ausgearbeitet hat, hätte ich mir bei ihnen doch deutlich mehr Nuancen und Tiefgang gewünscht, um mich besser in sie hineinzuversetzen, sie weniger aus der Distanz zu erleben und mich mehr berühren zu können. Auch die vielen tragischen Schicksale der Frauen aus dem Frauenhaus waren insgesamt zu kurz angerissen und wirkten zu schablonenhaft, um wirklich unter die Haut zu gehen.

Dennoch ist der Autorin mit ihrer ergreifenden Geschichte über ein Haus für alle Frauen dieser Welt erneut ein bemerkenswerter, warmherziger und nachdenklich stimmender Roman gelungen, der zugleich als Plädoyer für mehr Solidarität zu verstehen ist.

FAZIT

Ein berührender Roman über bewegende Frauenschicksale und bemerkenswerte Frauen, dem etwas mehr Tiefgang und einige zusätzliche Seiten nicht geschadet hätten! Dennoch lesenswert!

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Veröffentlicht am 29.02.2020

Packender, temporeicher Thriller-Auftakt

Feuerland
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INHALT
In Stockholm wird ein exklusiver Uhrenladen überfallen, kurz darauf verschwinden zwei reiche Geschäftsmänner. Vanessa Frank beginnt zu ermitteln und deckt Verbindungen zu einer Klinik in Chile auf, ...

INHALT
In Stockholm wird ein exklusiver Uhrenladen überfallen, kurz darauf verschwinden zwei reiche Geschäftsmänner. Vanessa Frank beginnt zu ermitteln und deckt Verbindungen zu einer Klinik in Chile auf, die illegale Organtransplantationen vornimmt. Im Auftakt der Thriller-Serie muss die Kriminalkommissarin sich der Macht des Organisierten Verbrechens stellen. Kann sie allein ein ganzes Netzwerk zu Fall bringen?
Schweden: Vanessa Frank, Kriminalleiterin der Sonderkommission Nova, wurde betrunken am Steuer erwischt und vom Dienst suspendiert. Nicht das Einzige, was in ihrem Leben momentan schiefläuft. Doch anstatt einen Gang runterzuschalten, stürzt sie sich von ferne in neue Ermittlungen. Ein exklusiver Uhrenladen wurde ausgeraubt, aber keine einzige Uhr entwendet. Kurz darauf werden mehrere Geschäftsmänner entführt und nach Erpressung eines hohen Lösegeldes unversehrt wieder freigelassen. Außer ihrem dicken Bankkonto verbindet die Männer nichts miteinander. Und niemand von ihnen will auch nur ein Wort sagen. Was zunächst wie zwei seltsame Einzeltaten wirkt, entpuppt sich schon bald als brisanter Fall, der Vanessa Frank um den halben Erdball bis nach Chile jagt.
(Quelle: Klett-Cotta )

MEINE MEINUNG
Mit seinem Debütroman „Der Patriot“ ist dem jungen schwedischen Autoren und ehemaligen Journalisten Pascal Engman ein beeindruckender, äußerst rasanter Thriller mit brandaktueller Thematik gelungen.
Auch für seinen neuen Page Turner „Feuerland“ hat er sich einen sehr packenden, vielschichtigen Plot ausgedacht, der zugleich fesselnder Auftakt einer neuen dreiteiligen Thriller-Reihe ist, in deren Mittelpunkt die Stockholmer Kriminalkommissarin Vanessa Frank steht.
In seinem Thriller greift er neben der organisierten Kriminalität, dem Bandenkrieg in Stockholm und dem spurlosen Verschwinden von Flüchtlingskindern auch das Thema des internationalen illegalen Organhandels auf, dessen Spuren zu gewissenlosen Drahtziehern in Südamerika führen. Geschickt entführt uns der Autor zu unterschiedlichen Schauplätzen in Schweden und nach Südchile, wo wir aufschlussreiche Einblicke in das schockierende Treiben des despotischen Don Carlos und den zwielichtigen Geschäften in der hermetisch abgeriegelten, deutschen Exklave Colonia Rhein mit der angeschlossenen Clinica Bavaria erhalten.
Zudem nimmt uns Engman mit in das beschauliche Land Schweden, das sich eigentlich durch eine äußerst niedrige Kriminalitätsrate auszeichnet, in den letzten Jahren aber mit einer stark zunehmenden und erstaunlich brutalen Bandenkriminalitiät konfrontiert sieht, für die vor allem rivalisierende Drogengangs verantwortlich sind.
Engmans komplex angelegte Geschichte mit verschiedenen, parallel laufenden Handlungssträngen, unterschiedlichen Schauplätzen und etlichen Akteuren ist lange Zeit nicht vorhersehbar, baucht aber etwas Zeit, um in Gang zu kopmmen. Geschickt steigert der Autor immer mehr das Tempo, so dass man den fesselnden Thriller schließlich nicht mehr aus der Hand legen und unbedingt wissen möchte, wie die verschiedenen Plots miteinander zusammenhängen.
Der Autor sorgt wirklich für eine sehr filmreife Umsetzung seiner nervenaufreibenden, rasant geschriebenen Geschichte, bei der man sich auch auf einige recht brutale und blutrünstige Szenen gefasst machen sollte. Kurz gehaltene Kapitel, viele Cliffhanger und rasche Perspektivwechsel lassen enorme Spannung aufkommen. Gekonnt führt Engman die verschiedenen, geschickt miteinander verwobenen Handlungsstränge immer mehr zusammen, überrascht uns mit einigen unerwarteten Wendungen und lässt seinen Thriller schließlich in einem äußerst fesselnden, atemberaubenden Showdown gipfeln.
Natürlich bedient sich der Autor auch einiger, für dieses Genre recht typischer Klischees und etwas übertriebener Zuspitzungen. So bleiben Glaubwürdigkeit und Realitätsbezug für meinen Geschmack bisweilen etwas auf der Strecke, aber dafür bekommt der Leser auch jede Menge Action und rasante Unterhaltung geboten.
Der Autor hat sich bemüht seine Hauptfiguren und ihre Gegenspieler als recht vielschichtige Charaktere mit interessanten Hintergrundgeschichten anzulegen, deren Motive und Handlungsweisen man insgesamt gut nachvollziehen kann. Manchmal jedoch wirkten die Figuren auf mich doch etwas zu eindimensional und klischeebehaftet.
Mit seiner Protagonistin Vanessa Frank hat der Autor eine interessante, etwas angeschlagene und sicher noch ausbaufähige Figur geschaffen. Als taffe Gruppenführerin der Sondereinheit NOVA ist sie im Großraum Stockholm zuständig für die Aufklärung von Verbrechen, die im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität stehen. Ganz Genre-typisch hat sie in ihrem Leben schon einiges mitgemacht, so einige private Probleme zu bewältigen und ist zudem wegen Alkohols am Steuer vom Dienst suspendiert, so dass sie in dem brisanten Fall kurzerhand beschließt, auf eigene Faust zu ermitteln. Mit all ihren Ecken und Kanten, ihren eher unkonventionellen Ermittlungsmethoden und einer unerschrockenen Zähigkeit wirkt sie zwar nicht immer glaubwürdig, aber insgesamt doch ziemlich authentisch und recht sympathisch.
Ich bin schon sehr neugierig, wie es mit Kriminalkommissarin Vanessa Frank weitergehen wird und in welche Abgründe ihre Ermittlungen im neuen Fall sie führen werden. Der zweite Band mit dem Titel „Råttkungen“ – Rattenkönig ist bereits 2019 in Schweden erschienen, so dass wir sicher nicht allzu lange auf die Fortsetzung warten müssen.

FAZIT
Ein unterhaltsamer, temporeicher Thriller-Auftakt mit einer interessanten, aktuellen Thematik und ein fesselndes, rasantes Lesevergnügen – aber nicht ganz so gut wie Engmans Debüt!

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