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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.06.2020

Viel zu schwaches Ende für eine sehr brutale Geschichte

Die Chroniken von Alice - Finsternis im Wunderland
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Schon während des Einstiegs wird klar, dass Christina Henry eine viel düstere, dunklere Schiene fährt, als es Lewis Carroll beim Original getan hat. Zu Beginn wirkt vieles noch verwirrend, undurchsichtig ...

Schon während des Einstiegs wird klar, dass Christina Henry eine viel düstere, dunklere Schiene fährt, als es Lewis Carroll beim Original getan hat. Zu Beginn wirkt vieles noch verwirrend, undurchsichtig und wenig bildhaft. Realität vermischt sich mit Träumen, mit Fantasie und mit Einbildung und es fällt einem schwer, durch Erkennen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Erst im Laufe der Zeit werden dem Leser wichtige Informationen zugespielt, die dann auch erstes Licht ins Dunkel bringen und vieles etwas klarer erscheinen lassen. Die Einstiegspassage in Form der Irrenanstalt hatte, in meinen Augen, auch noch recht wenig mit Alice im Wunderland zu tun, die wirklichen Parallelen zum Original kommen erst nach und nach und sind mal mehr und mal weniger offensichtlich ins Geschehen eingebaut. Für mich ein eher durchwachsener Start, wenngleich die Spannung definitiv von Seite 1 an spürbar war und mich definitiv animieren konnte dran zu bleiben.
Der weitere Verlauf der Handlung ist überraschend; so ganz anders als erwartet und auf ganzer Linie neuartig. Die Reise von Alice und Hatcher verläuft turbulent und nervenaufreibend, aber auch schockierend und beklemmend. Die Plots, die sich die Autorin hat einfallen lassen, machen sprachlos und zum Teil erinnert das Geschehen viel mehr an einen Horrorfilm als an ein Fantasy-Buch. Blut, Gewalt und Mord stehen an der Tagesordnung, doch ebenso auch Spannung, Action und Adrenalin. Christina Henry hat es geschafft, durch eine wendungsreiche Handlung und durch Kreaturen, die deinem schlimmsten Alptraum entsprungen sein könnten, zu begeistern und zu fesseln. Teilweise wahrlich skurril und exzentrisch, teilweise fast „krank“. Doch kommt die Geschichte niemals zum Stillstand. Zu keiner einzigen Sekunde empfand ich so etwas wie Langeweile. Viel mehr fieberte ich dem weiteren Verlauf entgegen, war gespannt, was Alice und Hatch als nächstes durchstehen müssen – oder besser gesagt: wem oder was sie als nächstes begegnen und was ihnen dabei blüht. Einzig und allein die Aufklärung mancher Plots waren ein wenig simple – so als hätte es sich die Autorin damit bewusst leicht gemacht. Hier gilt ganz klar: wer A sagt, muss auch B sagen und so hätte man eventuell die ein oder andere Wendung ein wenig kreativer lösen können. Besonders bewirkte das gleichzeitig, dass den Protagonisten vieles „zu leicht“ von der Hand ging. Jedes Problem schien sich wie durch Zauberhand selbst zu lösen.
Letztlich war es dann aber das Ende, das ernüchternd ausfiel. Während der gesamte Vorlauf ständig in neuen, noch krasseren Momenten gipfelte, war der Schluss eher mau – wenn man es so nennen möchte. Man erwartet automatisch einen Kampf auf Leben und Tod, auf ein Schlachtfeld, ein riesiges Feuerwerk an Gewalt und Brutalität (immerhin lässt der Rest des Buches darauf schließen) – doch das große Finale war nur ein Fünkchen im Verlgleich zu dem, was man bereits erleben durfte – oder musste. Da hätte ich mir einfach ein wenig mehr Wow-Effekt und weniger „Aha-Moment“ gewünscht.

Auch der Schreibstil von Christina Henry besticht durch Außergewöhnlichkeit. Obwohl er sich auf den ersten Blick kaum von anderen Stilen abhebt, merkt man besonders in Sachen Wortwahl oft einen kleinen, aber feinen Unterschied. Der Lesefluss ist dabei enorm angenehm und die Sprache fällt bildhaft und atmosphärisch aus. Die Geschichte wirkt einnehmend, fesselnd und vermittelt ein sehr deutliches, filmartiges Feeling. Für mich der perfekte Stil für diese düstere Geschichte; voller Grusel-Momente und schockierenden Bildern. Besonders positiv hervorzuheben ist auch die Tatsache, dass Alice’s Gedanken und Erinnerungen immer wieder in Form von kursiv gedruckten Passagen eingebaut wurden. Wie der Klappentext bereits verrät, erinnert sie sich zu Beginn an nichts, doch nach und nach fügt Christina Henry einzelne Erinnerungsfetzen ein und erzählt so parallel quasi noch einmal eine andere Geschichte aus der Vergangenheit.
Erzählt wird übrigens stets aus Alice’s Sicht – sodass es gar nicht erst zu Vewirrungen oder dergleichen kommen kann. Mir gefiel die Art und Weise des Erzählens dementsprechend gut, auch wenn ich mir hin und wieder doch einen etwas tieferen Einblick in Hatcher’s Kopf gewünscht hätte.

Wo wir auch beim letzten Punkt angekommen wären: den Charakteren. Betrachtet man einmal schnell jede Figur für sich, so gibt es zwar einige Momente, in denen man sie nicht nachvollziehen kann, doch im Groben und Ganzen gesehen macht es Spaß, die Geschichte mit ihnen zu durchleben. Besonders Alice beeindruckt durch eine sehr deutliche Entwicklung. Auch wenn sie nach außen hin sehr kühl wirkt, hat sie doch ein Herz und sie weiß darum, sich zu verteidigen. Mut und Stärke, sowie Kampfgeist gehören genau so zu ihren Eigenschaften wie Schwäche-Momente in Form von Angst, Unsicherheit und Überforderung. Zugegeben, Alice gleicht keineswegs ihrem Vorbild aus dem Original, doch das soll sie auch gar nicht. Sie ist einzigartig, genau so wie sie ist und den Weg, den sie gegangen ist, beeindruckt und imponiert gleichermaßen. Dennoch mangelt es ihr irgendwie an Sympathie – eben weil sie „nicht von dieser Welt“ zu sein scheint. Sie wirkt stellenweise fast unglaubwürdig und unrealistisch, passt aber mit genau dieser Art perfekt in die Geschichte. Ein süßes, zartes Mädchen wäre die wohl falscheste Besetzung überhaupt gewesen.
Gleich verhielt es sich bei Hatcher. Auch er wirkt endlos distanziert und emotionslos. Seine Mordlust macht einem als Leser stellenweise fast ein wenig Angst, doch das alles hat seine Gründe, die gen Ende sogar aufgedeckt werden und einiges erklären. Hatcher ist unsympathisch, skrupellos und brutal, aber er ist auch ein Beschützer. Bei ihm hätte ich mir allerdings gewünscht, dass er irgendwann im Laufe der Geschichte doch noch einmal so etwas wie ein Herz zeigt, nur um sicher zu gehen, dass er überhaupt eins besitzt. Den Anschein macht es nämlich über all die 350 Seiten nicht wirklich. Kurz Lichtblicke in Form von Rückblenden in sein früheres Leben zeugen zwar vom Gegenteil, doch so recht greifbar ist das nicht geworden. Hatcher ist einfach Hatcher – ein Axtmörder, wie er im Klappentext genannt wird; aber er ist eben auch eine wichtige Stütze für Alice und eine perfekte Besetzung für diese Adaption.
Und um jetzt oben wieder anzuschließen: die Interaktionen untereinander konnten mich leider nicht erreichen – nie. Schon zu Beginn wird Hatch als bester Freund von Alice bezeichnet, doch diesen Eindruck gewann ich persönlich nicht; bis zum Schluss kein einziges Mal. Selbst die aufkeimenden Gefühlen wirkten für mich in dieser trost,- und hoffnungslosen Welt beinah Fehl am Platz. Es hätte diese Liebesgeschichte keineswegs gebraucht – es hätte voll und gnaz ausgereicht, wenn Alice und Hatch nur Freunde, vielleicht sogar auch nur Bekannte gewesen wären, die dazu verdammt wurden, diese schockierende Reise gemeinsam anzutreten.
Randfiguren gab es ebenfalls einige, die wohl die größte Brücke zu „Alice im Wunderland“ darstellten. So war da zum Beispiel Grinser, der ganz klar an die Grinsekatze angelehnt war. Oder aber andere, mal mehr mal weniger bekannte Charaktere. Sie alle waren ausreichend gut dargestellt – optisch wie auch charakterlich gut ausgeleuchtet und, je nach Wichtigkeit, auch greifbar genug, um eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Die ganzen Antagonisten, die es hierbei gab, gefielen dabei fast am meisten, schließlich waren sie es, die den Zündstoff mit brachten und die ein oder andere Wendung heraufbeschworen.

FAZIT:
„Die Chroniken von Alice 1: Finsternis im Wunderland“ von Christina Henry ist eine erschreckend düstere, brutale Geschichte, die definitiv das Potential zum Slasherfilm hat. Gewalt, Blut und andere obskure Einschläge machen das Buch zu einem wahren Alptraum – aber eben auch zu einer spannenden, mitreißenden und gruseligen Unterhaltung. Ich finde nach wie vor, dass eine Triggerwarnung in diese Geschichte gehört – besonders in Bezug auf die angeteaserten Vergewaltigungs-Szenen. Nichtsdestotrotz war das Lese-Erlebnis absolut einmalig und wahrscheinlich sogar unvergesslich. Dieser erste Band kommt nicht ohne Kritik weg, besonders in Sachen Emotionen und Nachvollziehbarkeit gäbe es noch Luft nach oben – doch eigentlich braucht diese Geschichte gar keine Emotionen; sie begeistert auch so.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Nicht perfekt, aber unvergesslich berührend.

180 Seconds - Und meine Welt ist deine
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Ein Leben als Pflegekind ist schwer; das zeigt uns unsere Protagonistin Allison sehr deutlich auf. Selbst nach ihrer Volljährigkeit leidet sie noch immer stark unter ihrer schweren Kindheit und hat mit ...

Ein Leben als Pflegekind ist schwer; das zeigt uns unsere Protagonistin Allison sehr deutlich auf. Selbst nach ihrer Volljährigkeit leidet sie noch immer stark unter ihrer schweren Kindheit und hat mit immensen Nachwirkungen zu kämpfen. Allison ist zu Beginn ein eher schwieriger Charakter, an den man sich gewöhnen muss. Durch ihre pesimistische Einstellung und die starke Zurückgezogenheit, in der sie lebt, fällt es einem zunächst schwer, sie richtig gern zu haben und einen Draht zu ihr zu finden. Es herrschte über die ersten Kapitel eine gewisse Distanz und sich mit ihr zu identifizieren, war alles andere als einfach. In gewisser Weise empfand ich es als Glück, dass sie eine relativ schnelle Entwicklung an den Tag legte, gleichzeitig aber erzeugte es den Eindruck, unrealistisch zu sein. Immer wieder schwankte Allison zwischen Selbstmitleid und dem blühenden Leben und so recht wollte der Funke deshalb nicht überspringen. Nichts desto trotz fand ich sie sympathisch, in den meisten Fällen nachvollziehbar und alles in allem eine wirklich liebenswerte junge Frau, die ihr Herz definitiv am rechten Fleck trägt. Ob nun jede Handlung oder jeder Gedankengang 100% glaubhaft war, lass ich an der Stelle dahin gestellt. Allison hatte sicher noch Potential nach oben, aber für die Differenzen zwischen uns kam sie doch sehr gut weg und bereicherte die Geschichte ungemein. Besonders in Kombination mit ihrer besten Freundin erreichte sie mich beinah komplett und ließ ihre Schattenseiten in diesen Momenten fast gänzlich verblassen.
Steffi war ohnehin ein absoluter Segen, nicht nur für Allison, sondern auch für das Buch ganz allgemein. Ihre quirrlige, lebensfrohe Art und ihr mitreißendes Gemüt stand in extremen Kontrast zur Portagonistin und hob die erdrückende Stimmung, die durch Allison’s Wesen aufkommt, immer wieder an. Und das, obwohl Steffi gar keine tragende Rolle spielt, sondern nur als Randfigur agiert.
Esben, der als männlicher Protagonist fungiert, gefiel mir weitestgehend auch ganz gut. Lange Zeit wirkte er, im Gegensatz zu den zwei Mädchen, etwas oberflächlich und blass und bekam seinen Tiefgang, in meinen Augen, zu spät verpasst. Für mich war er zu lange der Schönling, dem einfach alles zufliegt, ohne dass er dafür einen Finger krümmen müsste. Sein Dasein als Social Media Star machte es nicht wesentlich besser und auch in der Hinsicht war vieles irgendwie unglaubwürdig – dazu aber später nochmal mehr. Für mich war Esben, ob nun mit Tiefgang oder ohne, keine Besonderheit. Er hob sich nicht von der breiten Masse ab und auch wenn er charakterlich einen absoluten Good Guy verkörpert, sprach er mich als Mann nicht an. Süß – das ist wohl das richtige Wort für ihn. Er war wirklich lieb und süß und nett und behandelte Allison definitiv wie eine Prinzessin; doch für sich gewinnen konnte er mich bis zuletzt nicht. Leider.
Dafür gefiel mir die große Bandbreite, die Jessica Park hier erschuf. Wir haben das depressive Mädchen, den schwulen Vater, den süßen Social Media Star, die qurrlige beste Freundin – es war einfach von allem etwas da und ich bin mir sicher, jeder findet seinen Liebling. Auch die Interaktionen untereinander waren vielfältig und abwechslungsreich und überzeugten mich. Besonders die Emotionen, die mindestens genau so unterschiedlich ausfielen, empfand ich als sehr gut transportiert und einnehmend. Macht das Sinn? Ich hoffe schon. Um es nochmal kurz zu fassen: einzeln begeisterten mich die Figuren nicht, doch von oben betrachtet konnten mich alle gemeinsam und in Kombi doch überzeugen.

Jessica Park erzählt die Geschichte dabei sehr angenehm, mit einem flüssigen, unkomplizierten Schreibstil. Auf großartige Ausschweifungen wird komplett verzichtet, sodass das Tempo nicht ins Stocken gerät. Ein, für mich, typischer New Adult Stil, der erreichen und mitreißen kann. Ein klares Bild der einzelnen Figuren, Szenen und Kulissen hatte ich stets vor Augen und ich fühlte mich schlicht und einfach wohl innerhalb des Buches. Einen Teil dazu, trug auch die Sprecherin Dagmar Bittner bei. Ihre Stimmfarbe ist unglaublich angenehm und man lauscht ihr einfach gerne. Dank unterschiedlichen Tonlagen und Stimmfarben erzeugt sie zusätzlichen Tiefgang und räumt Verständnis-Probleme damit wunderbar einfach aus dem Weg. Ich war schon immer ein Fan der Sprecherin und freue mich, dass sie mir auch Allison’s und Esben’s Geschichte gut verkaufte.

Der Grundgedanke hinter „180 Seconds – und meine Welt ist deine“ ist nichts, was man an jeder zweiten Straßenecke findet. Für mich hob sich allein die Idee und die behandelte Thematik von anderen New Adult Geschichten ab. Schon allein die Tatsache, dass Allison als Pflegekind von Familie zu Familie gereicht wird, berührte mich zutiefst. Der Einstieg in die Geschichte ist also erstmal sehr informativ, aber eben auch emotional. Danach stellte sich eine gewisse Ruhe ein und es ging über eine geraume Weile hinweg recht langsam voran. Es fühlte sich stellenweise so an, als würde man auf der Stelle treten; zumindest kam die Handlung nicht recht voran – was nicht heißen soll, dass nichts passierte! Es passierte sehr wohl was, nur tat das eben nichts für den Ablauf. So manch Element ist, ebenso wie die Protagonisten, nicht ganz greifbar und scheint doch ein wenig an den Haaren herbei gezogen als dem echten Leben entsprungen. Hin und wieder als doch etwas skuril und wenig lebensecht. Selbst diese Sache mit dem Social Media empfand ich als zu „einfach“ dargestellt. So funktioniert das Internet nicht und gerade jüngere Leser sollten sich davon nicht blenden lassen. Der ein oder andere Plot war natürlich dann auch trotz der schönen Idee schon bekannt und wenig überraschend, doch als der große Twist einsetzte, verschlägt es einem doch tatsächlich die Sprache. Während die erste Hälfte zwar durchaus gefühlvoll, aber ruhig war, begeistert die zweite Hälfte durch einen Schritt, den man nicht kommen sieht. Natürlich, der Weg dorthin ist ein großer Teil des Ziels, und wenn der schwächelt, muss auch die Auflösung darunter leiden, doch Jessica Park hat es wieder einmal geschafft, sämtliche Emotionen in mir aufzuwirbeln. Irgendwann ließen sich auch die Tränen nicht mehr aufhalten, sondern flossen regelrecht in Strömen.
Ich fand es schön, dass sich die Autorin dafür entschied, auf gewisse „Dinge“ (lässt sich nicht anders beschreiben ohne zu spoilern) aufmerksam zu machen und dieses auch in ihr Buch einzubinden. Es ist so wichtig, dass solche New Adult Geschichten auch was ausdrücken und auch wenn „180 Seconds“ teilweise schwächelt, war es doch eine Story, die berührt und dem Leser die Augen öffnet. Sehr gut gelöst! Auch die finale Auflösung war schön insziniert, wenn auch etwas vorhersehbar. Da gab es noch einen kleinen Plot, den ich als überflüssig betrachtete. Es hätte ohne dieses Drama ebenso gut funktioniert und deshalb – nun ja – war halt unnötig. Da hätte ich mir, nach allem, was passiert war, einfach eine friedliche, ruhige Auflösung gewünscht, die das ganze dann rund macht und den Leser glücklich zurücklässt, ohne noch einmal hochfahren und den Atem anhalten zu müssen. Das hätte de Geschichte verdient.

FAZIT:
Das neue Buch von Jessica Park kann, in meinen Augen, nicht mit ihrem damaligen Highlight mithalten. Einige, zum Teil gravierende Schwächen ruinierenein wenig den Lesespaß und wirken wie Flecken auf der blütenweißen Weste. Denn die Geschichte an sich hätte definitiv mehr Potential gehabt – auch die 5 Sterne hätten in Reichweite sein können. Leider ist es nicht nur die Handlung, die stellenweise durchhängt, sondern auch die Hauptfiguren. Besonders der männliche Protagonist glänzte eher durch 08/15-Charakter als durch Besonderheiten. Trotzdem schafft es die Autorin wieder, mich mit einer einzigen Wendung komplett aus der Bahn zu werfen und total zerstört und verheult zurückzulassen. Dieser fulminante Schritt, den Jessica Park ging, und die teilweise großaritgen Randfiguren sowie die starken Emotionen rettete für mich beinah die ganze Geschichte; aber eben auch nur beinah. Trotzdem eine schöne Unterhaltung, die man sich definitiv mal anschauen sollte.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Sehr atmosphärisch und gefühlvoll - aber der Einstieg bedarf Geduld

Boston Nights - Wahres Verlangen
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Schon während des Einstiegs passiert ein Großteil von dem, was der Klappentext verrät. Wir lernen Ava, die Protagonistin, also am Flughafen kennen und erleben sie nicht unbedingt von ihrer besten Seite. ...

Schon während des Einstiegs passiert ein Großteil von dem, was der Klappentext verrät. Wir lernen Ava, die Protagonistin, also am Flughafen kennen und erleben sie nicht unbedingt von ihrer besten Seite. Ihr abgekämpftes, zickiges und teils nervenaufreibendes Verhalten zieht sich über mehrere Kapitel und es wird dem Leser alles andere als leicht gemacht, sie zu mögen. Zwar erklärte sich vieles im Laufe der Geschichte, doch in den Momenten fragte ich mich ständig, was denn mit ihr los ist. Pampige Antworten, nicht nachvollziehbare Handlungen, übertriebene Reaktionen und eine allgemein sehr negative Ausstrahlung erschwerte es enorm, sich auf weitere Szenen mit Ava zu freuen.
Erst einige Zeit später fand ich einen Draht zu ihr, der sich aber weiterhin nur zögerlich aufbaute und ständig gefährlich ins Wanken geriet. Trotz steigendem Tiefgang und abfallendem Gezicke, gab es immer noch einige Passagen, in denen man schlicht den Kopf über sie schütteln muss. Keine, oder nur wenig Einsicht sorgte dafür, dass sie quasi blind war für gewisse Tatsachen und auch das zerrte an meinen Nerven. Für eine erwachsene, mitten im Leben stehende Frau war sie stellenweise doch sehr naiv; was wieder in purem Kontrast zu ihrem Auftreten stand. Ava neigt zu zu viel Selbstsicherheit und bekam dadurch manchmal einen beinah arroganten Zug. Das alles schmeichelte ihr nur wenig. Allerdings gab es auch Lichtblicke; wie beispielsweise ihre bedingungslose Liebe zu ihrer besten Freundin und ihr selbstloses Verhalten ihr gegenüber. Um es mal auf den Punkt zu bringen: das rettete Ava wirklich den Hintern. Ohne Harper hätte sie es viel schwerer gehabt, mich überhaupt zu erreichen; doch so klappte es überraschend gut. Ab dem zweiten Drittel besserte sich unser Verhältnis dann zusehends, bis es gen Ende wirklich gut war. Trotzdem hat es mir viel zu lange gedauert, bis ich sie mochte; immerhin war da schon der Großteil der Geschichte vergangen. Dass ich aber irgendwie doch mit ihr mitgefiebert habe, kann ich nicht leugnen – denn so groß unsere Probleme auch waren; ich gönnte ihr durchaus ihr Glück. Ganz seltsam, was ich da für diese Figur empfand; da kann ja nicht alles an ihr schlecht gewesen sein.
Mein Highlight in Sachen Charaktere war Ava also nicht; dafür glänzte Caleb auf ganzer Linie. Dieser ungehobelte Schotte mit seinem Wikinger-Aussehen, dem einzigartigem Anti-Charme und seinen Seitenhiebe gegen Ava war herrlich zu verfolgen und machten ihn von der ersten Sekunde an sympathisch. Er war also der Beweis, dass man nicht furchtbar nett sein muss, um den Leser bzw. mich zu begeistern; denn er schaffte es trotz allem problemlos. Vielleicht stimmte bei ihm auch einfach die Chemie deutlich besser als bei Ava. Oder ob er wohl den Hot-Guy-Bonus hatte? Wir werden es nie erfahren; aber Fakt ist, dass Caleb eine echte Bereicherung und quasi die Rettung für diese Geschichte war. Tiefgang, Humor, Attraktivität, Cleverness und ein souveränes Auftreten machten ihn aus und besonders seine Vergangenheit berührte mich zutiefst.
Randfiguren gab es verhältnismäßig wenige – doch trotzdem wissen sie zu gefallen. Ob es nun Stella, Ava’s Chefin, war oder Jamie, Caleb’s Bruder – sie alle waren ausreichend detailliert ausgearbeitet und dargestellt, allesamt greifbar und größtenteils sympathisch. Besonders positiv stach aber der „Bösewicht“ der Geschichte hervor. Perfekt getroffen und sämtliche negativen Eindrücke hervorrufend kommt dieser Charakter sehr gut zur Geltung und bringt Abwechslung mit sich.

Samantha Young hat einen ungemein leichten, lockeren und flüssigen Schreibstil. Sie erzählt die Geschichte ganz unaufgeregt, total lebendig und auf ganzer Linie glaubhaft. Schon in „Play On“ gefiel mir ihre Art des Schreibens sehr gut und das änderte sich auch in „Boston Nights“ nicht. Bildhaft, greifbar und emotional transportiert sie das Geschehen an den Leser und weiß ihn mit einer wunderbar angenehmen Atmosphäre einzuhüllen. Sie schafft es, sich als Teil des Ganzen zu fühlen, sich wunderbar wohl zu fühlen und der Handlung leicht folgen zu können.
Geschrieben ist das Buch übrigens rein aus Ava’s Sicht, was mir eindeutig gefallen hat. Es brachte, trotz meinen Differenzen mit ihr, die Protagonistin näher und ich glaube, das allein hat ihr noch mal gut getan.

Die Autorin legt es sicher nicht drauf an, das New Adult Genre zu revolutionieren; ihre Grundgedanken und Handlungen sind bekannt und sollen nicht durch Innovation und Frische überzeugen, sondern durch Gefühl, sympathische Figuren und einer heimeligen Atmosphäre – zumindest schätze ich sie so ein. Und genau da liegt der springende Punkt: „Boston Nights“ funktioniert. Trotz der allseits bekannten, stellenweise schon ausgelutschten Elemente unterhält Ava’s und Caleb’s Geschichte und fesselt. Ich fühlte mich wohl innerhalb des Geschehens, konnte mich treiben lassen und war sogar manchmal überrascht über gewisse Wendungen. Es gibt keinen großen Spannungsbogen, nur wenig actiongeladene Szenen und auch kein Wow-Effekt; aber es gibt Emotionen, und das ist wesentlich mehr wert als eine spektakuläre Handlung.
Der Einstieg in die Geschichte überzeugt nicht, anders lässt es sich nicht benennen. Zu viel Gezicke und Gezeter, zu viel Zufälle und zu wenig überzeugende Argumente, um am Ball bleiben zu wollen. Doch hat sich dieses Gefühl dann erstmal durch Erklärungen und Rückblicke in die Vergangenheiten der Figuren, verflüchtigt, erinnerte mich die Atmosphäre entfernt an Bücher wie Redwood Love, Prince of Passion; die ja auch alle von Gefühlen und Wohlfühl-Stimmung leben. Denn beides empfand ich als sehr intensiv und glaubwürdig eingefangen von Samantha Young und noch besser transportiert.
Der große Twist kam dann in Form einer überraschenden Wendung, die das Tempo ein erstes und letztes Mal ordentlich ankurbelte, die Geschichte mitreißender werden und die Action, die ansonsten ausblieb, kurzzeitig aufleben ließ. Unvorhersehbar, wie die Autorin schließlich alles auslöste bzw. wie sie diese Auflösung in Szene setzte. Ein Ende, mit dem man wohl nach dieser eher ruhigen Geschichte, definitiv nicht rechnet. Es hätte einige Wege gegeben, doch den, den Samantha Young hier wählte, war der mit Abstand richtigste. So wurde die Handlung rund, was mich sehr zufrieden auf darauf zurückblicken und beinahe vergessen lässt, dass ich und die Protagonistin nie beste Freunde wurden.

FAZIT:
„Boston Nights – Wahres Verlangen“ ist ein Roman, der durch Gefühle, Tiefgang und Atmosphäre überzeugt. Ein sehr angenehmer, bildhafter Schreibstil leitet den Leser und begeistert durch jede Menge nachvollziehbaren Emotionen. Leider war der Einstieg eine absolute Geduldsprobe, da viel zu viel zufällig geschah und alles etwas unrealistisch und überspitzt daher kam. Die Probleme mit der Protagonistin mal ganz außen vor gelassen. Dafür durchleben wir ab den zweiten Drittel mit einem deutlichen Wohlfühl-Faktor Ava’s Geschichte und werden am Ende sogar noch mit einem einfallsreichen Finale überrascht. Kein Highlight, aber eine wunderbare Geschichte für zwischendurch. Ideal zum abschalten, sich treiben lassen, den Alltag hinter sich zu lassen und der Realität zu entfliehen.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Nicht ganz perfekt, aber definitiv unterhaltsam und teilweise sehr düster

Lovely Curse, Band 1
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Ein neues Leben anzufangen ist nicht leicht; das zeigt die Protagonistin Aria hier ganz deutlich. Seit dem Tod ihrer Eltern lebt sie bei ihrer Tante, weit weg vom Großstadt-Trubel, inmitten der texanischen ...

Ein neues Leben anzufangen ist nicht leicht; das zeigt die Protagonistin Aria hier ganz deutlich. Seit dem Tod ihrer Eltern lebt sie bei ihrer Tante, weit weg vom Großstadt-Trubel, inmitten der texanischen Einöde. Der Umzug und die damit einhergehenden Veränderungen sind dementsprechend gravierend. Kira Licht hat die Empfindungen der 17-jährigen Schülerin gut eingefangen und wiedergegeben. Ich konnte den Schmerz und die Trauer gut nachempfinden und fand ganz allgemein sehr schnell einen Draht zu Aria. Ihre Gedankengänge und Handlungen waren zumeist nachvollziehbar und altersentsprechend; nur hin und wieder wirkte sie kurzzeitig mal etwas naiv und unerfahren – zu naiv und unerfahren für ein Großstadtmädchen von 17 Jahren. Trotzdem macht sie einem leicht, mit ihr mitfiebern zu können. Sie ist auf ganzer Linie sympathisch; wirkt greifbar und authentisch, lebendig und liebenswert. Durch gut gewählte Charaktereigenschaften wie Selbstzweifel, Mut und typisch pubertäre Ecken und Kanten bekam sie Tiefgang, was auch durch ihre Affinität und Leidenschaft zu einem bestimmten Hobby verstärkt wird. Aria entwickelt sich im Laufe dieser Geschichte, wobei mir ihre Genesung von dem Verlust und der damit einhergehenden Trauer ein wenig zu fix vonstatten ging. Obwohl immer wieder betont wurde, dass der Schmerz noch immer da war, verhielt sie sich teilweise nicht unbedingt wie eine Schülerin, die gerade ihre Eltern verloren hatte. Eine Tatsache, die auffällt; an der man bzw. ich mich nur wenig störte. Es war für die Handlung durchaus nötig, um die Geschichte voran zu treiben.
Auch die weiteren Beteiligten entsprachen genau meinen Vorstellungen. Jeder für sich einzigartig, teilweise viel tiefgründiger als man zu Beginn noch erwartet, teilweise komplett undurchsichtig und unscheinbar. Wie in jedem Buch trifft man auch hier auf Antagonisten, verschenkt sein Herz an die anderen; nur um irgendwann festzustellen, dass eben doch nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick wirkt. Die Autorin hat sich in Sachen Charaktergestaltung definitiv gesteigert – so war es in „Sunset Beach“ noch so, dass eine gewisse Eintönigkeit herrschte; die hier aber komplett ausbleibt und stattdessen durch abwechslungsreiche Charakterzüge ersetzt wurde.

Da ich die beiden so unterschiedlichen Bücher nicht weitervergleichen möchte, verzichte ich nun darauf, zu sagen, dass sich auch der Schreibstil verbessert hat – trotzdem ist es genau das, was mir als erstes auffiel. Es fällt einem leicht, ins Geschehen abzutauchen und sich die Begebenheiten und Kulissen bildhaft vorzustellen. Auch die aufkommende Atmosphäre hüllt einen problemlos ein und lässt einen Teil der Geschichte werden. Kira Licht schreibt ohne großen Schnickschnack; verzichtet auf unnötige Beschreibungen, sodass alles sehr einfach, nicht aber plump wirkt. Man kommt so viel schneller und leichter voran; ohne dass die Story an Lebendigkeit verliert.
Erzählt lediglich aus Aria’s Sicht bietet diese Perspektive einen sehr tiefen Einblick in ihre Gedanken und Handlungen, bleibt aber, zum Glück, undurchsichtig, was die anderen Charaktere im Schilde führen.
Die Sprecherin, Katja Sallay, war mir schon aus „Clans of London“ bekannt und schon da gefiel mir ihre Stimme enorm gut. Sie wirkt jung, frisch und dynamisch, ist dabei aber absolut verständlich und glaubhaft. Ich konnte ihr wunderbar folgen, erzeugte sie allein mit ihren unterschiedlichen Tonlagen bereits die verschiedensten Emotionen und gerade die spannungsgeladenen, actionreichen Szenen waren extrem gut vertont und absolut mitreißend erzählt. Großes Lob!

Die Idee hinter Lovely Curse ist endlich mal etwas, was man noch nicht tausende Male zuvor gelesen hat! Kira Licht hat sich hier etwas Besonderes einfallen lassen, das neu und erfrischend daher kommt. Trotz gewissen Passagen, die bereits schon mal irgendwo vorkamen, litt die Innovation des Buches überhaupt nicht darunter. Im Gegenteil. Es wurden allseits bekannte Elemente mit überraschend frischen Ideen kombiniert und so eine Geschichte geschaffen, die das Potential zu etwas ganz großem hatte.
Und dieses Potential wurde in meinen Augen auch gut ausgeschöpft. Nicht perfekt, nicht zur Gänze, aber doch sehr gut. Der Einstieg fällt nicht schwer. Sofort war ich im Geschehen drin und fand mich wunderbar leicht innerhalb von Aria’s Leben zurecht. Durch die aufkommenden Emotionen fühlt man sich schon früh gefesselt und alles in an Ort und Stelle. Leider aber braucht die Geschichte etwas, um in Fahrt zu kommen. Der Zeitraum zwischen Einstieg und den ersten seltsamen Entwicklungen bishin zum Aha-Moment zieht sich etwas, wodurch besonders der Mittelteil ein wenig an Spannung und Tempo einbüßen musste. Dan hätte ich mehr ein wenig mehr Plots gewünscht, die die Geschwindigkeit erhöhen und die Richtungen öfters in entgegengesetzte Richtungen lenkten. Man hätte also durchaus noch ein wenig aus dem Ganzen rausholen können.
Meine nächste Befürchtung, die Dreiecksgeschichte könne eventuell zu abgedroschen sein, bestätigte sich zum Glück nicht. Sie wirkte gut ausgearbeitet und glaubhaft abgehandelt. Selbst als Leser switcht man immer wieder zwischen den beiden Jungs hin und her und sich festzulegen fällt in der ersten Hälfte noch extrem schwer. Da hat die Autorin ein sehr glückliches Händchen bewiesen und die Lovestory sehr lebendig ausgearbeitet. Doch allgemein ist es nicht unbedingt die, die im Vordergrund steht – der Fantasyaspekt überwiegt eindeutig und nimmt wesentlich mehr Zeit und Raum ein, als die Dreiecksgeschichte. Sehr zu meiner Freude.
Der eher gediegene Start gipfelte dann schließlich in einem sehr mitreißenden Ende, das die ein oder andere Überraschung zu Tage föderte. Schon zuvor gab es ein paar wenige Szenen, die vor Spannung und sogar Grusel-Stimmung nur so strotzten, dann jedoch wieder etwas abflachten, ehe es das große Finale dieses ersten Bandes über mehrere Kapitel lang schaffte, mich mit Haut und Haaren zu verschlingen.
Noch gibt es einige offene Fragen, auf die man wohl erst in Band 2 und somit dem Abschluss der Dilogie, eine Antwort findet. Doch eins ist sicher: es bleibt extrem spannend und ich freu mich, wenn Lovely Curse – Botin des Schicksals dann endlich Ende März erscheint.

FAZIT:
Der erste Band der „Lovely Curse“-Dilogie wartet mit einer völlig erfrischenden, innovativen Geschichte auf und überzeugt durch sympathische Charaktere, einen atmosphärischen Schreibstil und einer mehr als überraschenden Auflösung. Leider war es der eher gediegene Einstieg und die Tatsache, dass stellenweise zu wenig passiert, der letztlich dafür sorgt, dass es nicht zum Highlight reichte. Trotzdem konnte mich Kira Licht überraschen und vor allen Dingen super unterhalten. Übrigens: die Grusel-Szenen haben es definitiv in sich – also lieber das Licht anlassen, wenn man abends liest/hört. Von mir gibt’s auf alle Fälle eine totale Empfehlung! Ich freu mich auf das Finale und bin gespannt, wie es mit Aria & Co. weitergeht. Der fiese Cliffhanger am Ende macht eindeutig neugierig.

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Veröffentlicht am 26.02.2020

Sozialkritisch, unterhaltsam und einfach echt.

Too good to be true
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Der Einstieg in die Geschichte war denkbar einfach. Schon der Prolog regt die Neugier an und animiert dazu, unbedingt weiterlesen zu wollen. Doch auch die eigentliche Handlung startet interessant und vielversprechend ...

Der Einstieg in die Geschichte war denkbar einfach. Schon der Prolog regt die Neugier an und animiert dazu, unbedingt weiterlesen zu wollen. Doch auch die eigentliche Handlung startet interessant und vielversprechend und ich konnte mich dem Sog, den die ersten Momente innerhalb des Buches, auf mich ausgewirkt haben, kaum entziehen. Das lag nicht unbedingt daran, dass viel passierte – im Gegenteil – es ist eher ruhig erzählt; ein sanfter Einstieg, der einen behutsam an den weiteren Verlauf heranführt. Das, was mir so Spaß machte, war das Kennenlernen der Charaktere, des Settings und den allgemeinen Begebenheiten.

Wo wir auch prompt beim nächsten großen Punkt wären: den Figuren. Eine jede Geschichte steht und fällt mit den Protagonisten. Hier treffen wir auf gleich vier Persönlichkeiten, die uns durch das Buch führen. Marcella Fracchiolla hat sich mit der Charaktergestaltung größte Mühe gegeben und das sticht deutlich heraus. Die vier Teenager, alle im Alter von 17 Jahren, sind unglaublich detailliert und authentisch ausgearbeitet und sehr lebendig dargestellt. Außerdem unterscheiden sich Allie & Co. ganz erheblich voneinander und bringen so eine Menge Vielschichtigkeit und Zündstoff mit ins Geschehen. Das Highlight an den Figuren war aber kein einzelner, sondern die Kombination ganz allgemein. Da treffen nicht nur zwei Welten aufeinander, sondern gleich vier und die Abwechslung, die dadurch entstand, beeindruckte und begeisterte mich gleichermaßen. Sehr gut gemacht; wie ich finde!
Zugegeben, ein jeder der vier hatte auch Seiten an sich, die man vielleicht nicht zwingend mögen muss, doch genau das machte sowohl die Zwillinge Allie und Leah als auch die Trailerpark-Jungs Ethan und Logan so glaubhaft und realistisch. Trotzdem komme ich nicht umhin zu erwähnen, dass es gerade die Protagonistin Allie war, die manchmal einfach anstrengend ist. Ihre Unerfahrenheit in allen Ehren; doch an der ein oder anderen Stelle wirkte sie fast schon kindlich, begriffstutzig und naiv. Das vereinzelte Augen verdrehen ließ sich also nur schwer vermeiden. Dafür aber konnte sie mit anderen Wesenszügen glänzen: wie zum Beispiel Bodenständigkeit, Hilfsbereitschaft und Offenheit. Außerdem trug sie ihr Herz eindeutig am rechten Fleck und zeigte stets, was sie dachte und fühlte. Selbst den Mut, den sie an den Tag legt, hätte ich ihr anfangs überhaupt nicht zugetraut.
Ethan und Logan waren einfach die heißen Bad Boys aus der Wohnwagensiedlung. Unglaublich attraktiv, super sexy und dann auch noch geheimisvoll – die perfekte Mischung um männlichen Hauptfiguren interessant und begehrenswert werden zu lassen. Nichts desto trotz, waren die beiden eigentlich gar nicht mal so „bad“ – wie es eben immer so ist. Mir gefielen sie jedenfalls durchgehend sehr gut und ich konnte mit ihnen mitfiebern und mitfühlen und nur das ist es doch letztlich, was zählt. Vielleicht ein wenig klischeehaft, aber darüber kann man bei solchen Kerlen definitiv hinweg sehen. Auch hier hat die Autorin ein Händchen dafür bewiesen und Ethan wie Logan zwar unterschiedlich, aber doch mit dem nötigen (gleichen) Background ausgestattet.

Der Schreibstil ist wohl, neben meinen kleinen Problemchen mit Allie, mein größter Kritikpunkt. Keine Frage, er ließ sich wunderbar leicht, flüssig und vor allem Dingen schnell und verständlich lesen. Auch das klare Bild, das erzeugt wurde, fällt positiv ins Gewicht. Leider aber gab es Momente, da geriet ich durch zu plumpe Sätze ins Straucheln. Es ist umgangssprachlich, ja, aber zum Teil wirkten die Sätze beinah ein wenig abgehackt und wahllos aneinander gereiht. Der Fluss fehlte dann; auch innerhalb von Dialogen. Ich hätte mir da noch eine Spur mehr „mehr“ gewünscht; doch vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich der Zielgruppe eigentlich längst entwachsen bin. Nichts desto trotz eine beachtliche Leistung von Marcella Fracchiolla, die ihr Debüt wirklich erstaunlich gut erzählt und verpackt hat.
Entschieden hat sie sich übrigens für die die Ich-Perspektive und wechselt von Kapitel zu Kapitel die Sichten. So lesen wir nicht nur aus Allie’s Sicht, sondern bekommen auch einen Einblick in die Gedankenwelten der anderen drei Protagonisten. Fand ich sehr passend – da gibt’s nichts zu meckern.

Und vom größten Kritikpunkt kommen wir nun noch flux zum größten Pluspunkt: die Handlung. Marcella Fracchiolla hat eine Geschichte erschaffen, die vielleicht nicht vor Innavtion und Kreativität sprüht; dafür aber wirkt sie, als wäre sie dem echten Leben entnommen. Die Teenager auf dem Internat sind exakt so, wie man sich pubertierende Jugendliche eben vorstellt und dazu gehören auch Intrigen, Gezicke, Streitereien, Partys, Versöhnungen und erste große Lieben. Das alles bedient die Autorin sehr glaubhaft und realistisch, ohne den Bogen zu überspannen. Sie schuf dabei nicht nur, die von mir so sehnlichst erhoffte Internats-Atmosphäre, sondern auch Spannung. Bereits nach wenigen Seiten nimmt die Geschichte an Fahrt auf und glänzt dadurch, dass auch die ruhigeren Passagen alles andere als langweilig sind. Es wurde geschafft, den Alltag von Internatsschülern sehr lebendig einzufangen und noch authentischer wiederzugeben. Mitreißend erzählt und spannend aufgebaut kann die Handlung also sowohl in Bezug auf Tempo und Spannung, als auch auf Gefühlen überzeugen. Besonders beeindruckend ist dabei aber die Message, die hinter allem steckt und klar hervortritt: Toleranz! Ein so wichtiges Gut in der heutigen Gesellschaft. Die Kluft zwischen arm und reich wird ohnehin permanent größer und es ist schön zu sehen, wie Marcella mit ihrem Werk aufzeigt, dass der Reiche nicht automatisch besser und der Arme nicht schlechter ist als andere.
Der Twist, dem der Spannungsbogen zu verdanken ist, besticht durch eine glaubhafte Auflösung, die ihre Zeit braucht und endlich mal nicht über Nacht vonstatten geht. Die Figuren stoßen auf Hindernisse, an ihre Grenzen und manchmal sich gegenseitig vor den Kopf – und es läuft deswegen alles andere als rund. Probleme treten auf; Zeit wird verschwendet, falsche Gedankengänge führen in die Irre; das alles machte das Ende für mich dann gänzlich rund und es gibt, inhaltlich betrachtet, nichts, was ich irgendwie bemängeln müsste. Wie gesagt; kein Highlight – aber deutlich mehr als nur „unterhaltsam“.

FAZIT:
„Too good to be true“ ist ein starker Auftakt der Woodland Academy Trilogie. Mittels einfachen Elementen, die durchaus schon bekannt sind aus anderen Jugendbücher, erzeugt Marcella Fracchiolla eine mitreißende Handlung voller Teenie-Alltag, Spannung und verbotenen Verbindungen. Ich jedenfalls fühlte mich wunderbar unterhalten und gefesselt und auch wenn die Protagonistin nicht komplett überzeugt, sind die vier Beteiligten doch wunderbar ausgearbeitet, abwechslungsreich und in Kombination miteinander ein geniales Team! Ich freu mich auf Band 2, der ja schon am 14.02 erscheint.

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