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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2020

Frauenroman mit einer sympathischen Protagonistin

Die Prophezeiung der Giraffe
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Dieser schon durch sein glitzerndes Giraffenmotiv auf dem Cover äußerlich auffällige Roman ist ein Frauenbuch, in dem lobenswerterweise nicht oberflächlich bleibende Frauen die Protagonistinnen darstellen, ...

Dieser schon durch sein glitzerndes Giraffenmotiv auf dem Cover äußerlich auffällige Roman ist ein Frauenbuch, in dem lobenswerterweise nicht oberflächlich bleibende Frauen die Protagonistinnen darstellen, wie ich es in entsprechenden Büchern immer wieder erlebt habe. Die Hauptfigur Hanna ist vielmehr eine voll im Leben stehende, zupackende vierzigjährige Grundschullehrerin. Sie ist eigentlich auch ohne Mann ganz zufrieden mit ihrem Beruf, ihrem großen Haus, ihren Freunden und Verwandten. Nur über den zehn Jahre zurückliegenden Tod ihrer geliebten Mutter ist sie noch nicht so recht hinweg. Ein magischer Strang wird in die Geschichte dadurch eingearbeitet, dass sich auf einmal sehr merkwürdige Dinge in Hannas Leben ereignen – eine aus dem Zoo entlaufene Giraffe sucht Obdach in ihrem Garten, eine fremde ältere Frau nistet sich ungefragt im Wohnwagen auf dem Grundstück ein und händigt ihr einen Brief ihrer Mutter aus, sie erhält eine unbestellte Großlieferung an Flummis u.a.m. Gemeinsam mit ihrer Freundin geht sie der Frage nach, ob diese Ereignisse eine Bedeutung haben und ein Zeichen sind, vielleicht weist alles auf den Traummann hin?
Das Buch liest sich flott weg und ist sehr unterhaltsam. Als Leser(in) wird man natürlich auch zum Nachdenken darüber animiert, was hinter den ganzen Vorkommnissen steckt. Das Schöne ist, dass sie nicht völlig unrealistisch erscheinen. Etwas weniger realistisch fand ich hingegen, dass Hanna noch ein Jahrzehnt später so sehr um ihre Mutter trauert und Dinge tut, wie mit ihr Zwiegespräche führen. Vielleicht hätte dieser Zeitpunkt besser nicht so fern der Gegenwart gelegt werden sollen.




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Veröffentlicht am 25.02.2020

Fehlende Kommunikation in einer Altehe

Hör mir zu, auch wenn ich schweige
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Nach vierzigjähriger liebevoller Ehe begeht Maggie einen Suizidversuch. Während sie im künstlichen Koma liegt, erklärt Frank ihr, warum er seit sechs Monaten nicht mehr mit ihr gesprochen hat. Doch bis ...

Nach vierzigjähriger liebevoller Ehe begeht Maggie einen Suizidversuch. Während sie im künstlichen Koma liegt, erklärt Frank ihr, warum er seit sechs Monaten nicht mehr mit ihr gesprochen hat. Doch bis er zu dem wesentlichen geheimnisvollen Punkt vordringt, findet er zu Hause Maggies Notizbuch, in dem auch sie ihm ausführlich ein Geheimnis offenbart. Beider Beichten betreffen die gemeinsame Tochter, zu der sie seit der Pubertät den Zugang verloren haben.
Die Geheimnisse entpuppen sich letztendlich nicht als so spektakulär, wie ich nach der spannend zulaufenden Geschichte mit mehreren Ansätzen seitens Frank zur Beichte erwartet hätte. Den Umstand, dass die beiden Protagonisten jahrzehntelang keine wesentliche Kommunikation miteinander geführt haben, finde ich sehr erstaunlich und nachdenkenswert. Gerade in einer Krisensituation sollten sie Freud und Leid doch miteinander teilen, auch um den Preis, dass der Partner verletzt sein könnte. Über weite Passagen finde ich das Buch sehr berührend, vor allem was Frank zu dem Beginn seiner Beziehung zu Maggie zu erzählen hat. Das Ende war sehr vorhersehbar. Franks sich häufig wiederholende Bekundungen, wie sehr er Maggie liebt, hätten auf ein vertretbares Maß reduziert werden können.
Für Leser von Liebes- und Familiengeschichten.

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Veröffentlicht am 22.02.2020

Welche Folgen hat der Tod eines Menschen für die Zurückbleibenden?

Nach Mattias
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Dem im Anhang des Buches abgedruckten Interview mit dem Autor ist zu entnehmen, dass er als typisch für seinen Schreibstil ansieht, Wörter zu streichen, die nicht zwingend nötig sind, um mit wenigen Worten ...

Dem im Anhang des Buches abgedruckten Interview mit dem Autor ist zu entnehmen, dass er als typisch für seinen Schreibstil ansieht, Wörter zu streichen, die nicht zwingend nötig sind, um mit wenigen Worten möglichst effektiv zu sein. So ist er auch vorliegend verfahren und hat die endgültige Version um 25000 Worte auf 50000 Worte (234 Seiten) gekürzt. Genau diese Kürze ist es, die mich ein wenig an der Geschichte stört, weil sie auf diese Weise puzzleartig wirkt und letztlich kein wirkliches Bild des Toten wiedergibt. Selbst das Ausgangsthema wird in aller Kürze umrissen – nämlich der Tod des buchtitelgebenden Mattias, von dem wir erst ganz allmählich und auch nie ausdrücklich erfahren, was es mit ihm auf sich hat. Die einzelnen Kapitel sind dann acht Personen gewidmet, deren Leben aufgrund von Mattias Tod eine andere Richtung einschlagen. Von ihnen standen einige dem Verstorbenen sehr nahe (Mutter, Lebensgefährtin), andere kannten ihn kaum. Bei letzteren fragt man sich sogar, warum sie überhaupt in die Geschichte eingeführt werden (z.B. der alkoholkranke airnb-Vermieter). Genau das war das Anliegen des Autors – darzustellen, welche Konsequenzen das plötzliche Verschwinden eines Menschen auf das Leben der Zurückbleibenden haben kann. Das gleichfalls verarbeitete Thema der Trauer ist nur sekundär. Das Buch ist aber ein besonderes mit vielen schönen Sätzen und eingewobenen Musiktiteln.

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Veröffentlicht am 22.02.2020

Aus dem Alltag ganz gewöhnlicher Menschen

Die langen Abende
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In diesem Roman taucht Olive Kitteridge auf, die schon in früheren Büchern (die man aber nicht zwingend zuvor gelesen haben muss) der Autorin („Mit Blick aufs Meer“) eine wichtige Romanfigur war. Olive ...

In diesem Roman taucht Olive Kitteridge auf, die schon in früheren Büchern (die man aber nicht zwingend zuvor gelesen haben muss) der Autorin („Mit Blick aufs Meer“) eine wichtige Romanfigur war. Olive wohnt in der amerikanischen Kleinstadt Crosby in Maine und ist pensionierte Mathelehrerin. In Crosby ist nicht viel los. Es spielen sich dort aber wahre Lebensdramen ab, die die Autorin uns recht beschaulich erzählt. Wir erhalten kurze Einblicke in das Leben anderer Bewohner, die in Interaktion zu Olive treten, die so zum durchlaufenden roten Faden wird. Das Faszinierende an der Geschichte ist gerade die Person von Olive. Sie ist sehr merkwürdig, spricht wie es ihr gerade in den Sinn kommt, kann oft verletzend und brutal ehrlich sein. Aber sie hat auch ein goldenes Herz. Es werden vielfältige Themen angesprochen wie Altwerden, Alkoholismus, Untreue, Einsamkeit und Isolation. Vieles ist sehr traurig und in melancholischem Tonfall geschrieben. Doch schwebt über allem Hoffnung, weil es Olive wachsen und sich positiv entwickeln lässt. Ganz gewöhnliche Vorkommnisse, die den Alltag gewöhnlicher Menschen ausmachen, gestaltet die Autorin durch ihre besondere Erzählweise interessant. Am meisten haben mir die Passagen gefallen, in denen es um Olive selbst geht. Auf einige hätte vielleicht auch verzichtet werden können.
Wer Familiengeschichten mag, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen.

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Veröffentlicht am 21.02.2020

Spannend mit unerwarteten Wendungen

Das Gerücht
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Weder Krimi noch Thriller, aber ein äußerst spannender Roman.

Die Geschichte ist angesiedelt in einer kleinen englischen Küstenstadt. Dort, wo auch ihre Mutter lebt, hat sich vor kurzem die allein erziehende ...

Weder Krimi noch Thriller, aber ein äußerst spannender Roman.

Die Geschichte ist angesiedelt in einer kleinen englischen Küstenstadt. Dort, wo auch ihre Mutter lebt, hat sich vor kurzem die allein erziehende Joanna mit ihrem kleinen Sohn niedergelassen. Um Anschluss in der kleinstädtischen Gemeinschaft zu finden, beteiligt sie sich an dem allgemeinen Tratsch ohne Rücksicht, ob was dran ist. Joanna hat von einem Gerücht gehört, wonach eine Kindermörderin mit einer neuen Identität in dem Ort leben soll. Ohne an die Folgen zu denken, befeuert sie das Gehörte mit Fakten, die ihr befreundeter Journalist ihr mitgeteilt hat. Das Gerücht beginnt sich zu verselbständigen und rasch stehen einige Frauen aus dem Ort in dem Verdacht, die Mörderin von einst zu sein. Für Joanna kommt es aber noch schlimmer, da sie sich selbst und ihren Sohn bald Drohungen aus den sozialen Medien ausgesetzt sieht. Am Ende klären sich die Umstände um das Tötungsdelikt von vor über 50 Jahren und die seinerzeitige Täterin völlig unvermutet auf. Bis dahin ist viel Gelegenheit, selbst Vermutungen zu entwickeln, die dann irgendwann wieder zu revidieren sind. Auf jeden Fall bleibt es spannend bis zum Schluss. Die Autorin stellt in gelungener Weise dar, welche Kraft Gerüchte haben können und welchen Schaden sie anrichten können, besonders im kleinstädtischen Bereich. Nur ihr Grundansatz ist vielleicht etwas wirklichkeitsfern – ein zehnjähriges Mädchen, das unter dem Verdacht eines Tötungsdelikts steht, ist schlichtweg strafunmündig und ihre Tat dürfte wohl nicht über Jahrzehnte hinweg in der Bevölkerung präsent sein.

Ein beachtlicher Debütroman.

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