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Veröffentlicht am 07.04.2020

Drei Generationen auf der Suche nach ihrem Ort und Glück auf dieser Welt

Eine fast perfekte Welt
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Ester, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat; ihre Tochter Felicita („Wie felicità, aber ohne Akzent.“ - „Also fehlt nur noch der Akzent zum Glück.“ S. 104) und deren Sohn Gregorio sind die Hauptpersonen ...

Ester, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat; ihre Tochter Felicita („Wie felicità, aber ohne Akzent.“ - „Also fehlt nur noch der Akzent zum Glück.“ S. 104) und deren Sohn Gregorio sind die Hauptpersonen der Geschichte; die Handlung spielt größtenteils auf Sardinien, aber auch auf dem Festland Italiens und in New York, Amerika.

„Wie schafft man es bloß, an einem solchen Ort zu leben?“ ist eine Frage, die mehrfach in diesem Buch aufgeworfen wird...und spiegelt die empfundene Unzufriedenheit der jeweiligen Person wider - jeder sehnt sich an einen anderen Ort, nach einem anderen Leben. Verbitterung auf Sardinien; Unzufriedenheit auf dem Festland und die Sehnsucht zurück nach Sardinien; Flucht von der Insel und Aufbruch nach Amerika, welches aber auch nicht das pure Glück bereithält...

„[...] da nie jemand das gelobte Land findet, wäre es da nicht besser, einfach unterwegs anzuhalten, sobald man an einem Ort angelangt ist, wo es einem gut geht?“ S. 202
Ein pragmatischer Vorschlag in einem Text, der sehr oft melancholisch wirkt durch die stets unerfüllte Sehnsucht, ja die erfolglose Suche nach dem perfekten Ort; dem perfekten Leben der jeweiligen Generation. Die Personen -die pessimistische Ester, die pragmatische Felicita und der Außenseiter Gregorio- sind sehr verschieden und bringen einen allesamt dazu, sich selbst noch mal zu reflektieren: kann ich mich selbst nicht eigentlich wahnsinnig glücklich schätzen mit dem, was ich habe?!
Der sehr berührende, manchmal poetische Schreibstil gefiel mir sehr - ein Buch, das auf mich beim Lesen manchmal eine (zu) schwermütige Stimmung übertrug... wer keine spektakuläre Handlung benötigt, sondern bewegende Worte; sollte sich hieran versuchen!

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Veröffentlicht am 30.03.2020

Auf dem Weg zu sich selbst

Die Geheimnisse meiner Mutter
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1979: Elise, eine bildhübsche junge Frau von 20 Jahren, ist noch auf der Suche nach ihrem Weg... „sie war auf der Jagd nach sich selbst, obwohl sie diejenige war, die als Vorlage gedient hatte.“ (S.20) ...

1979: Elise, eine bildhübsche junge Frau von 20 Jahren, ist noch auf der Suche nach ihrem Weg... „sie war auf der Jagd nach sich selbst, obwohl sie diejenige war, die als Vorlage gedient hatte.“ (S.20) - so sucht sie in den Portraits, für die sie Modell sitzt, nach sich selbst... die erfolgreiche Autorin Constance tritt in ihr Leben und verändert es nachhaltig...

2017: vor 34 Jahren, als Rose nicht mal ein Jahr alt war, verließ ihr Mutter Elise sie ... ihr Vater blieb ihr eine Erklärung ein Leben lang schuldig. Nun überreicht er ihr die beiden Bücher von Constance Holden, zu der Rose Kontakt aufnimmt... kann sie das Geheimnis um ihre Vergangenheit klären?

Der über 600 Seiten starke Roman ist, trotz weiblicher Protagonisten, kein typischer Frauenroman, sondern eine anspruchsvollere Lektüre über die Liebe - die Liebe der Eltern, die Liebe des Partners, die Liebe zu sich selbst... da die Charaktere alle recht schwierig sind und zwischen den beiden Zeitsträngen gesprungen wird, ist es nicht leicht, sich hineinzufinden. Manches bleibt für mich nicht nachvollziehbar, auch wenn die Seitenanzahl eigentlich für mehr Tiefe sicher ausgereicht hätte. Dennoch keine Leseenttäuschung, da der Schreibstil von Jessie Burton bzw. die Übersetzung von Peter Knecht sehr gelungen ist - ich bin neugierig, wie sich die Autorin weiterentwickelt!

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Veröffentlicht am 30.03.2020

Familie und die Liebe auf Sylt...

Ein Sommer auf Sylt
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Die Ich-Erzählerin Julia, Architektin in Hamburg und 35Jahre alt, fährt mit ihrer Mutter Beate sowie deren Schwestern Annegret und Christiane nach Sylt - ihr vor einem halben Jahr verstorbener Vater Ralf ...

Die Ich-Erzählerin Julia, Architektin in Hamburg und 35Jahre alt, fährt mit ihrer Mutter Beate sowie deren Schwestern Annegret und Christiane nach Sylt - ihr vor einem halben Jahr verstorbener Vater Ralf hat ihr ein Friesenhaus auf der ihr vollkommen fremden Insel vererbt. Der Plan von ihrem Lebensgefährten und Geschäftspartner Jo und ihr ist es, das Haus schnellstmöglich und zum bestmöglichen Preis zu veräußern, da sie weder mit ihrem Vater noch der Insel etwas positives verbindet. Die Fahrt nach Sylt mit den drei seit Jahrzehnten verstrittenen Schwestern zerrt dermaßen an Julias angespannten Nerven, dass sie den Druck an einer Zufallsbegegnung ablässt - Mats...
Wenig überraschend, aber angenehm geschrieben nimmt die Geschichte ihren Lauf... die Familiengeheimnisse und -fehden aus der jüngeren und älteren Vergangenheit werden aufgedeckt und Julia kriegt auf Sylt nicht sofort einen Koller 😉, sondern erdet sich neu. Und ganz nebenbei wird sehr viel über die Insel berichtet, die so viel mehr als nur die Schickeria zu bieten hat!
Auch wenn ich mich mit Julia manchmal nicht identifizieren konnte und manche Charaktere doch etwas klischeehaft waren, fand ich mich durch den Roman einige Stunden gut unterhalten. Ja, man erwartet schon allein durch den Titel ein Happy End... und bei dem wunderschönen Cover mit den erhabenen Wellen etwas besonderes - was es für mich literarisch nicht so sehr war; nicht zuletzt wegen des abrupten Endes. Aber abgesehen davon ist es eine stimmige Familien- und Liebesgeschichte sowie eine Liebeserklärung an die Insel Sylt!

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Veröffentlicht am 14.03.2020

Sehr lehrreiche Ermittlungsarbeit in Venedig

Der freie Hund
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Auf dieses Buch war ich sehr gespannt, da ich alle 9 Bände von Wolfgang Schorlau um den Ermittler Georg Dengler verschlungen habe. Und wer Dengler mag, wird auch Commissario Antonio Morello lieben! Statt ...

Auf dieses Buch war ich sehr gespannt, da ich alle 9 Bände von Wolfgang Schorlau um den Ermittler Georg Dengler verschlungen habe. Und wer Dengler mag, wird auch Commissario Antonio Morello lieben! Statt nach Stuttgart geht es nun nach Venedig, dennoch ist der Stil des Autors unverkennbar: neben dem eigentlichen Verbrechen wird einiges über den streitbaren Ermittler erzählt, der sein Päckchen an privater Tragödie mit sich schleppt und oftmals unkonventionelle Wege geht mit Menschen, die eigentlich schon auf die andere Seite der Anklagebank gehören - war es bei Dengler seine Olga, ist es hier nun Claudio... auch die Leidenschaft für Musik, Wein und gute Küche ist hier zu spüren und als Leser erfährt man einiges über die sizilianische Küche, da Morello bzw Co-Autor Claudio Caiolo ursprünglich von dort stammt. Weitere Themen sind die Mafia-Strukturen um die Cosa Nostra und der Tourismus in Venedig mit den Kreuzfahrtschiffen! Wenn man nicht wegen Greta auf so einen Urlaub verzichtet, dann hoffentlich wegen den hier gelieferten Informationen...
Wer also im Rahmen einer fast schon nebensächlichen Mordermittlung Fakten über die genannten Themen wissen möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient! Ich bleibe Wolfgang Schorlau auch in Zukunft treu :)

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Veröffentlicht am 14.03.2020

Ein schwieriges Thema... bleibt auch mit diesem Text komplex!

Je tiefer das Wasser
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1997: die Schwestern Edith, genannt Edie, 16 Jahre alt, und Mae, 14, kommen nach einem Selbstmordversuch der psychisch labilen Mutter zu ihrem Vater Dennis, welcher die Familie vor 12 Jahren verlassen ...

1997: die Schwestern Edith, genannt Edie, 16 Jahre alt, und Mae, 14, kommen nach einem Selbstmordversuch der psychisch labilen Mutter zu ihrem Vater Dennis, welcher die Familie vor 12 Jahren verlassen hat und dadurch für die Mädchen praktisch ein Fremder ist. Mae, die von ihrer Mutter als Erweiterung ihrer selbst gesehen wurde (S.16), fühlt sich in New York wohl; Edie dagegen, der die manischen Züge ihrer Mutter erspart blieben, sperrt sich gegen die neue Situation und will möglichst schnell zurück. Das Verhältnis der Mädchen zueinander; zu ihren Eltern und weiteren Personen wird aus wechselnden Perspektiven beschrieben und mit Dokumenten wie Briefen oder Notizen ergänzt - doch nicht nur die Perspektiven wechseln; auch die Zeiten zwischen 1969, 1985, 1997 und 2012... dadurch wird die Situation zum einen aus vielen Blickwinkeln beleuchtet, auf der anderen Seite sind so viele Sprünge ja nicht jedermanns Sache...
Wer oder was war Schuld am Scheitern der Ehe, die Marianne mit 17 Jahren und Dennis mit 32 einging? Wer hat Recht mit seiner/ihrer Wahrnehmung der Dinge? Welche Familienmitglieder haben welche Störungen davongetragen oder entwickeln sie dadurch?! Zum letzteren sei gesagt, ohne zu viel zu verraten: irgendwie sind alle gestört... manche weniger, andere mehr!
Das Debut von Katya Apekina hält für den Leser also einige Herausforderungen - Perspektiv- und Zeitwechsel sowie ungewöhnliche Charaktere- bereit, die wahrscheinlich nicht jeden ansprechen. Ebenso sollte man kein „rundes“, abgeschlossenes oder gar glückliches Ende erwarten - dazu tragen die Personen wohl zu viele Lasten mit sich... stattdessen schätze ich einmal mehr meine Familie und brauche wohl noch zwei, drei Tage, um die hier gezeichneten düsteren Schicksale abzuschütteln... auch wenn dieses Buch für mich nicht zu einem Highlight des noch jungen Jahres zählt: ich bin mir sicher, dass es für diese vielschichtige Erzählung einer dysfunktionalen Familie die richtige Leserschaft gibt, die dieses Werk zu würdigen weiß!

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