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Veröffentlicht am 07.05.2020

Ruhiger Capri-Krimi mit viel Lokalkolorit

Mitten im August
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INHALT

Der Inselpolizist Enrico Rizzi hat es auf Capri zumeist mit kleineren Delikten zu tun und daher genügend Zeit, seinem Vater in den Obst- und Gemüsegärten hoch über dem Golf von Neapel zu helfen. ...

INHALT

Der Inselpolizist Enrico Rizzi hat es auf Capri zumeist mit kleineren Delikten zu tun und daher genügend Zeit, seinem Vater in den Obst- und Gemüsegärten hoch über dem Golf von Neapel zu helfen. Bis mitten im August ein Toter in einem Ruderboot an den felsigen Strand getrieben wird: Jack Milani, Spross einer Industriellenfamilie und Student der Ozeanologie. Es ist der erste Mordfall für den jungen Rizzi, ein Fall, bei dem es neben der Aufklärung eines Verbrechens auch um die Zukunft der Weltmeere geht.

(Quelle: Diogenes)

MEINE MEINUNG

Mit seinem Krimi „Mitten im August“ hat Luca Ventura, einer/m unter italienisch klingendem Pseudonym schreibende/r Krimiautor*in, einen interessanten Auftakt zu seiner neuen Capri-Krimi-Reihe vorgelegt, die vor dem traumhaften Setting der berühmten, italienischen Urlaubsinsel Capri angesiedelt ist, und in deren Mittelpunkt die beiden Inselpolizisten Enrico Rizzi und die aus Norditalien stammende Antonia Cirillo stehen.

Sehr schön stimmt das hübsche Cover mit einem typischen Touristen-Postkartenmotiv von Capri auf den Krimi mit viel Lokalkolorit ein und lässt ein tolles, sommerliches Urlaubsfeeling aufkommen. Gekonnt entführt Ventura uns derzeit urlaubshungrigen Leser zumindest virtuell auf die idyllische, italienische Felseninsel mitten im Golf von Neapel. Ventura gelingt es mit seinen lebendigen und anschaulichen Schilderungen hervorragend, die atemberaubenden Schauplätze und spektakulären Ausblicke, die italienische Lebensart sowie die besondere Atmosphäre auf dieser kleinen mediterranen Insel authentisch und stimmungsvoll einzufangen. Zur besseren Orientierung finden sich auf der Innenseite der vorderen und hinteren Broschurklappen liebevoll gezeichnete Übersichtskarten von Capri sowie die Region vom Golf von Neapel mit den wichtigsten, im Roman erwähnten Schauplätzen.

Mit einem häufigen Wechsel der Erzählstränge und Schauplätze versteht es der Autor die Handlung abwechslungsreich zu gestalten und trotz des recht ruhigen Tempos Spannung aufkommen zu lassen. Schon bald gibt es zahlreiche Spuren, eine Vielzahl an möglichen Tatmotiven und zudem präsentiert uns der Autor immer neue Verdächtige. In eingestreuten Einschüben erhalten wir zudem aufschlussreiche Rückblicke auf vergangene Geschehnisse und interessante Einblicke zu der Vorgeschichte der blutigen Tat. Durch geschickt gelegte falsche Fährten und so manche unerwartete Wendung ist der Krimi ideal zum Mitermitteln und vielfältigen Kombinieren. Statt der für Italienkrimis typischen politischen Themen wie Korruption und Einflüsse der Camorra auf den Lebensalltag in Süditalien wird hier der Umweltschutz und die fatale Versauerung der Ozeane durch zu viel CO2-Eintrag in die Meere aufgegriffen. So bietet dieser Krimi einen kurzen, thematisch interessanten und lehrreichen Exkurs in die Ozeanologie und Meeresbiologie.

Die Ermittlungen zum verzwickten Mordfall um Jack Milani und dem rätselhaften Verschwinden seiner Freundin Sofia schreiten passend zur großen Augusthitze insgesamt recht träge und gemächlich voran. So widmet sich der Autor zwischendurch auch ausgiebig detaillierten Beschreibungen von Land und Leuten und dem Privatleben der beiden Hauptfiguren.

Die verschiedenen Charaktere sind insgesamt glaubhaft und lebensnah angelegt. Auch die Nebenfiguren wurden abhängig von ihrer Rolle auch recht vielschichtig und interessant ausgearbeitet. Viel Raum wird vor allem der sympathischen Hauptfigur Enrico Rizzi von der lokalen Polizeistation auf Capri, seinem Privatleben und einigen Details aus seiner Vergangenheit eingeräumt. So lernen wir den bodenständigen Polizisten, der normalerweise für die alltägliche Kleinkriminalität und bei Drogendelikten zuständig ist, auch von seiner privaten Seite relativ gut kennen. Nicht gerade hilfreich für die Fortschritte beim Fall sind die permanenten Einmischungen der Mordkommission in Neapel mit ihrem Commissario Serra, die sich ohnehin für kompetenter hält. Zur Unterstützung bekommt er noch die junge, aus dem Norden strafversetzte Kollegin Antonia Cirillo zur Seite gestellt, die sich zwar mit den Begebenheiten auf der Insel nicht auskennt, aber sehr viel Vorerfahrung hat und Rizzis Entscheidungen oftmals in einem kritischen Licht sieht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten raufen sich die beiden aber allmählich zu einem Team zusammen. Ihre Privatprobleme werden angerissen und werden in einer Fortsetzung sicher noch weiter thematisiert.

Auch wenn die eher ruhige Geschichte zum Ende hin immer mehr an Fahrt aufnimmt, hätte ich mir doch etwas mehr Spannungsmomente in der Handlung gewünscht. Die Auflösung von Rizzis erstem Mordfall auf Capri und die Aufklärung der Hintergründe wirken zwar etwas konstruiert, sind aber in sich schlüssig und glaubhaft.

Ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Band und einen neuen Kriminalfall für die beiden sympathischen Ermittler Rizzi und Cirillo auf Capri.

FAZIT
Insgesamt ein ruhiger, aber unterhaltsamer Krimi-Auftakt - mit viel Lokalkolorit und tollem Sommer-Flair vor der herrlichen Urlaubskulisse von Capri. Ein idealer Urlaubskrimi!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2020

Fesselndes Portrait der in Vergessenheit geratenen Ikone Carola Neher

Die Königin von Berlin
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INHALT

Ein aufregender Roman über Carola Neher, eine der schillerndsten Schauspielerinnen der Weimarer Republik von der Bestseller-Autorin Charlotte Roth.
Wo sie auftritt, jubeln die Menschen der geheimnisvollen ...

INHALT

Ein aufregender Roman über Carola Neher, eine der schillerndsten Schauspielerinnen der Weimarer Republik von der Bestseller-Autorin Charlotte Roth.
Wo sie auftritt, jubeln die Menschen der geheimnisvollen Carola Neher zu. Die Theater reißen sich um sie. Berlin liegt ihr zu Füßen in jenen letzten Jahren der Weimarer Republik. In durchfeierten Nächten verdreht sie einem berühmten Mann nach dem anderen den Kopf – doch im Herzen bleibt sie allein. Das ändert sich, als sie dem Dichter Klabund begegnet, ein Suchender und ein Getriebener wie sie selbst.
Ausgerechnet sie, die begehrte femme fatale, verliebt sich in den scheuen, zurückhaltenden Dichter, der von der gleichen inneren Glut verzehrt wird wie sie selbst. Was keiner für möglich gehalten hätte, tritt ein: Sie heiratet ihn. Doch eine brave Ehefrau wird Carola nicht, denn schon bald lockt sie das wilde Leben – und die Künstler Berlins, darunter Bertold Brecht, der ihr die Chance ihres Lebens bietet …

(Quelle: Droemer Verlag)


MEINE MEINUNG

In ihrer Romanbiografie „Die Königin von Berlin“ hat sich die Bestsellerautorin Charlotte Roth dem bewegten Leben von Carola Neher angenommen, und setzt der heute weitgehend in Vergessenheit geratenen Ikone der Weimarer Republik gekonnt ein Denkmal. Die Schauspielerin und Sängerin Carola Neher war in den 1920er Jahren die Muse einiger berühmter Künstler, brannte für das Theater und wurde schließlich mit Brechts Dreigroschenoper als Polly und ihrem „Barbara-Song“ unsterblich.

Einem Theaterstück gleich hat Charlotte Roth ihren Roman als einen Drei-Akter mit einigen Zwischenspielen inszeniert. Geschickt hat sie ihre eigentliche Geschichte um Carola Neher in eine interessante Rahmenhandlung eingebettet, die im Jahr 1979 in dem kleinen Ort Weyher an der Südlichen Weinstraße angesiedelt ist und von der aus die Spurensuche nach Carola und ihrer Familie aufgerollt wird.

Den einzelnen Romanteilen wurden passender Weise Szenenangaben aus der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht vorangestellt sowie Gedichtzeilen des Dichters Klabund, Nehers an Tuberkulose erkranktem, ersten Ehemann, der bürgerlich Alfred „Fredi“ Henschke hieß.
Zu Beginn ihres Romans macht die Autorin dem Leser in einem unterhaltsamen „Grußwort des Abendspielleiters“ deutlich, dass sie bewusst keine Biografie zu Carola Neher sondern einen Roman über diese außergewöhnliche Frau schreiben wollte, sich zwar an Fakten und historisch verbürgte Begebenheiten orientiert, aber auch einige dramaturgische Freiheiten in Bezug auf Schauplätze, Figuren und zeitliche Abläufe genommen hat.

Sehr eingehend hat sich die Autorin mit Nehers, Klabunds und Bertolt Brechts Biografie beschäftigt. Aber auch das kultur- und theatergeschichtliche Umfeld jener Zeit sowie das politische und zeitgeschichtliche Geschehen während der Weimarer Republik hat sie sehr gründlich recherchiert und äußerst anschaulich und authentisch in ihre Geschichte eingebaut. Im angehängten Glossar kann der interessierte Leser verschiedene wissenswerte Begriffserklärungen sowie Erläuterungen zu damals bekannten Schauplätzen und angesagten Treffpunkten nachlesen.

Mit ihrem ansprechenden, sehr mitreißenden Schreibstil gelingt es Charlotte Roth sehr schnell uns auf eine faszinierende Zeitreise in die Welt der Goldenen Zwanziger Jahre mitzunehmen – eine faszinierende Zeit zwischen Armut, den Nachwirkungen des ersten Weltkriegs, rasantem Fortschritt, beispielloser kultureller Aufbruchsstimmung, gesellschaftlichen Umbrüchen, politischen Unruhen, ungezügeltem Vergnügen und Dekadenz. Doch schon bald setzen Weltwirtschaftskrise und der aufkommende Nationalsozialismus dem Ganzen ein Ende. Zugleich nimmt sie uns aber auch mit in die faszinierende Welt des Theaters jener Zeit.

Sehr abwechslungsreich und einfühlsam hat die Autorin in sorgfältig ausgewählten Episoden das außergewöhnliche Lebensbild von Carola gezeichnet, die sich sehr hartnäckig und zielstrebig zu einer gefeierten Schauspielerin der 1920ger und 30ger Jahre hochgearbeitet hat. Mit ihrem extravaganten Erscheinungsbild wurde sie zu einer Ikone des modernen Frauentyps und pflegt ihr Image als „femme fatale“.

Es ist Roth hervorragend gelungen, uns an den bedeutsamen Stationen ihrer Karriere und ihres turbulenten Privatlebens teilhaben zu lassen und diese zu einer fesselnden, abwechslungsreichen und sehr stimmigen Geschichte mit viel Zeitkolorit zusammen zu fügen. Zwar ist es mir nicht sofort gelungen, Bezug zu Carola und ihrem teilweise sehr kompromisslosen, egoistischen Verhalten aufzubauen, aber schließlich hat mich ihre extrovertierte, lebendige Persönlichkeit und ihr recht kapriziöses Innenleben doch zunehmend in den Bann gezogen.

Schon früh entschließt sie sich gegen den Widerstand der Mutter, den Weg zur Schauspielerei einzuschlagen und will unbedingt auf die Bühne. Anfang der 20er-Jahre erhält sie zwar erste, kleinere Rollen in Baden-Baden, München und Breslau, doch wird ihr von Kritikern das Talent zur bedeutenden Darstellerin wegen ihres eigenwilligen Stils abgesprochen. Dank ihres Aussehens, ihrer Erotik und ihres extremen Ehrgeizes gelangt sie schließlich dennoch an die Spitze des Theaterlebens während der Weimarer Republik und glänzt auf dem Höhepunkt ihres Ruhms in einigen großen Rollen und legendären Inszenierungen. Vielen berühmten Persönlichkeiten aus den Theater- und Kunstkreisen begegnen wir im Laufe der Handlung wie beispielsweise Julius Gellner, Feuchtwanger, Wedekind, Benn oder Weill. Zwei Männer, die in ihrem Leben eine ganz besondere Rolle gespielt haben, ihr großer Bewunderer und späterer Ehemann Klabund und der Dramaturg Bertolt Brecht, dessen Muse und Geliebte sie über längere Zeit ist, erhalten natürlich sehr viel Raum in der Handlung. Vor allem die ambivalente Figur von Brecht mit all seinen Licht- und Schattenseiten ist Roth hervorragend gelungen und wirkt äußerst überzeugend und authentisch.

Schade nur, dass die Autorin ihre Erzählung mit dem Höhepunkt von Carolas Karriere nur noch kurz anreißt. Über die letzten, bedrückenden Stationen ihres wechselvollen Lebens - von ihrer Flucht vor den Nazis in die Sowjetunion, ihrem Martyrium bis hin zu ihrem tragischen Tod im stalinistischen Gulag - erhalten wir in der Rahmenhandlung sowie im Nachwort „Ihr Abendspielleiter verabschiedet sich“ nur noch einen knappen Einblick und wenige Hintergrundinformationen.


FAZIT

Ein sehr interessanter und abwechslungsreich erzählter Roman über die fast völlig in Vergessenheit geratene Carola Neher – eine gefeierte Schauspielerin und Ikone der Weimarer Republik!
Feinfühlig und lebendig portraitiert Charlotte Roth die faszinierende Persönlichkeit von Carola Neher in all ihren schillernden Facetten und nimmt uns mit auf eine fesselnde Zeitreise.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
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Veröffentlicht am 05.04.2020

Eindrucksvoller Kriminalroman über den "Werwolf von Hannover"

Haarmann
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INHALT

Im Hannover der 1920er-Jahre verschwinden Jungs, einer nach dem anderen, spurlos. Steckt ein bestialischer Massenmörder dahinter? Für Robert Lahnstein, Ermittler im Fall Haarmann, wird aus den ...

INHALT

Im Hannover der 1920er-Jahre verschwinden Jungs, einer nach dem anderen, spurlos. Steckt ein bestialischer Massenmörder dahinter? Für Robert Lahnstein, Ermittler im Fall Haarmann, wird aus den Gerüchten bald schreckliche Gewissheit: Das Deutschland der Zwischenkriegszeit, selbst von allen guten Geistern verlassen, hat es mit einem Psychopathen zu tun. Lahnstein, der alles dafür gäbe, dass der Albtraum aufhört, weiß bald nicht mehr, was ihm mehr zu schaffen macht: das Schicksal der Vermissten; das Katz-und-Maus-Spiel mit dem mutmaßlichen Täter; die dubiosen Machenschaften seiner Kollegen bei der Polizei; oder eine Gesellschaft, die nicht mehr daran glaubt, dass die junge Weimarer Republik sie vor dem Verbrechen schützen kann.

(Quelle: Penguin Verlag)


MEINE MEINUNG

In seinem zeitgeschichtlichen Kriminalroman „Haarmann“ greift der deutsche Autor und Zeit- und Spiegel-Reporter Dirk Kurbjuweit einen der spektakulärsten und brutalsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte auf. Fesselnd, eindringlich und äußerst vielschichtig erzählt er über den Fall um den legendären Serienmörder Fritz Haarmann in den 1920er Jahren, der später auch als „Werwolf von Hannover“, der „Kannibale“ oder als „Totmacher“ in die Geschichte einging.

Gekonnt nimmt uns der Autor mit auf eine faszinierende, beklemmende und verstörende Zeitreise. Doch nicht in die wilden, glamourösen Goldenen Zwanziger lässt uns Kurbjuweit eintauchen, sondern die dunkle Seite dieser bewegten und krisengeschüttelten Zeit nach dem ersten Weltkrieg führt er uns vor Augen. Kurbjuweit zeichnet ein facettenreiches Bild jener brisanten und politisch hochkomplexen Epoche und veranschaulicht dabei auch die äußerst labile Demokratie der jungen Weimarer Republik, die sich gegen radikale Strömungen zur Wehr setzen musste. Eingebettet in die fesselnde Ermittlungsarbeit erleben wir in zahlreichen anschaulichen Episoden die Not der Bevölkerung, die ums Überleben kämpft, die Traumata der Kriegsheimkehrer, die um sich greifende moralische Verrohung und die weit verbreitete Prostitution.

Im Mittelpunkt des Romans steht der Ermittler Robert Lahnstein, der frisch nach Hannover versetzt mit der Aufklärung der Vermisstenfälle von zahlreichen jungen Männern betraut wird. Die Befragungen der Eltern ergeben keinerlei Anhaltspunkte für das spurlose Verschwinden der Jungen, doch Leichen tauchen nicht auf. Während die Ermittlungen auf der Stelle treten und Lahnstein die Hände gebunden sind, mehren sich die Vermisstenfälle. Zunehmend setzen Eltern, Presse und die aufgewiegelte Bevölkerung den verantwortlichen Kriminalkommissar unter Druck, der schließlich Sabotage seiner Untersuchungen aus eigenen Reihen und Vertuschung vermutet.

FAZIT

Ein fesselnder, vielschichtiger Kriminalroman mit einem facettenreichen Gesellschaftsporträt der frühen Weimarer Republik und verstörenden Einblicken in die Abgründe eines Serienmörders.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2020

Unterhaltsamer Auftakt einer neuen Venedig-Krimireihe

Der freie Hund
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INHALT
Commissario Antonio Morello, genannt »Der freie Hund«, hat in Sizilien korrupte Politiker verhaftet und steht nun auf der Todesliste der Mafia. Um ihn zu schützen, wird er nach Venedig versetzt. ...

INHALT
Commissario Antonio Morello, genannt »Der freie Hund«, hat in Sizilien korrupte Politiker verhaftet und steht nun auf der Todesliste der Mafia. Um ihn zu schützen, wird er nach Venedig versetzt. Er hasst die Stadt vom ersten Augenblick an. Zu viele Menschen, trübes Wasser, Kreuzfahrtschiffe, die die Luft verpesten und die Stadt gefährden – selbst der Espresso doppio, ohne den er nicht leben kann, schmeckt ihm in Sizilien besser. Doch Venedig ist eine große Verführerin. Unaufhaltsam entwickelt sie ihre Anziehungskraft. Als Silvia, die schöne Nachbarin, ihm ihr persönliches, verborgenes Venedig zeigt, werden Morellos Widerstandskräfte auf eine harte Probe gestellt. Da wird der junge Anführer einer Bürgerinitiative gegen die Kreuzfahrtschiffe ermordet, und der freie Hund hat seinen ersten Fall, der ihn tief in die Verstrickungen von italienischer Politik und Verbrechen führt.

(Quelle: Kiwi Verlag)


MEINE MEINUNG
Mit ihrem gemeinsamen Debüt „Der freie Hund“ hat das Autorenduo Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo einen sehr unterhaltsamen Auftakt einer neuen Krimi-Reihe mit viel italienischem Flair vorgelegt, die vor der aufregenden Kulisse der prächtigen italienischen Lagunenstadt Venedig angesiedelt ist. Im Mittelpunkt steht Commissario Antonio Morello aus Sizilien, der zum Schutz vor Racheakten der sizilianischen Mafia kurzerhand nach Venedig versetzt wurde und keineswegs begeistert davon ist.
Der sehr lebendige Schreibstil der Autoren mit flotten Dialogen lässt uns schnell in die spannende Handlung eintauchen. Auch die vielen eingestreuten, italienischen Ausdrücke, die direkt übersetzt werden oder deren Bedeutung sich aus dem Zusammenhang ergibt, sorgen für eine tolle authentische Atmosphäre. Die Autoren verstehen es gut, ihre Leser mitzunehmen in ein Venedig voller Gegensätze -mit ihren faszinierenden, historischen Sehenswürdigkeiten und einzigartigem Flair aber auch ihren Schattenseiten wie den quälenden Touristenströmen, den ökologischen Problemen und den Existenznöten der einheimischen Bevölkerung. Es gelingt ihnen ausgezeichnet, das besondere Ambiente der Lagunenstadt einzufangen und die besonderen Schauplätze so bildhaft zu beschreiben, dass das Kopfkino hervorragend funktioniert. Mühelos taucht man in die aufregende Kulisse ein und genießt die kulinarischen Ausflüge.
Für ihren Krimi haben sich Schorlau und Caiolo einen sehr interessanten, spannenden Plot ausgedacht, in dem sie neben den aktuellen Problemen der Lagunenstadt auch etliche hochpolitische Themen Italiens wie die zunehmende ökonomische Krise, Korruption und die besorgniserregende Verfilzung von kommerziellen und politischen Interessen aufgreifen. Die Ermordung eines jungen Umweltaktivisten und Anführer einer Studentenbewegung gegen Kreuzfahrtschiffe, der zugleich aus einem der angesehensten und reichsten Häuser Venedigs stammt, lässt sich zunächst sehr fesselnd an und bietet brisante Einblicken in die komplexe Problematik von Massentourismus in Venedig und seine verheerenden ökologischen und sozialen Folgen. Doch Morellos Ermittlungen in dem recht undurchsichtigen Fall schreiten eher gemächlich voran und Spannung will nicht so recht aufkommen. Leider zerfasert sich die Handlung zwischenzeitlich immer mehr, Morellos Privatleben und seine persönliche Agenda rücken zunehmend in den Mittelpunkt, so dass man den eigentlichen Kriminalfall und die Ermittlungsarbeit fast völlig aus den Augen verliert.
Nach einigen überraschenden Wendungen zieht die Spannung zum Ende hin aber deutlich an und Commissario Morello kann bei der Auflösung am Ende doch noch beweisen, dass er den richtigen Riecher hatte und die Verstrickungen von italienischer Politik und organisiertem Verbrechen auch vor dem Norden nicht halt machen. Der Ausklang des ersten Bands ist sehr schlüssig und realitätsnah gewählt und macht neugierig auf eine Fortsetzung. Ich bin gespannt, in welchem brisanten neuen Fall Commissario Morello ermitteln und in wen sich „Il cane senza padrone“ demnächst verbeißen wird.

FAZIT
Die beiden Autoren haben sich in ihrem sehr unterhaltsamen Krimiauftakt „Der freie Hund“ an eine eigentlich vielversprechende Mischung von Regionalkrimi mit viel stimmungsvollen Venedig-Flair, kulinarischen Ausflügen und gesellschaftskritischem und hochpolitischem Krimi herangewagt. Die Umsetzung wirkte aber leider nicht ganz ausgewogen und auch der Spannungsaufbau konnte mich nicht völlig überzeugen.
Dennoch ein interessanter Krimiauftakt mit viel Potential und interessanten, lebensechten Charakteren!

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Veröffentlicht am 18.03.2020

Ein unterhaltsamer historischer Roman und lohnendes Hörerlebnis

Die brennenden Kammern
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INHALT

Carcassonne, 1562:

Minou Joubert wächst als Tochter eines katholischen Buchhändlers auf. Eines Tages erhält sie einen versiegelten Brief mit den Worten: "Sie weiß, dass du lebst." Noch bevor sie ...

INHALT

Carcassonne, 1562:

Minou Joubert wächst als Tochter eines katholischen Buchhändlers auf. Eines Tages erhält sie einen versiegelten Brief mit den Worten: "Sie weiß, dass du lebst." Noch bevor sie herausfinden kann, was hinter der mysteriösen Botschaft steckt, wird die Begegnung mit dem jungen Piet Reydon ihr Leben für immer verändern. Denn der Hugenotte hat eine gefährliche Mission, und er zählt auf Minous Hilfe, um aus der Stadt zu fliehen.

(Quelle: Lübbe Audio)


MEINE MEINUNG

Mit dem historischen Roman „Die brennenden Kammern“ hat die britischen Bestseller-Autorin Kate Mosse den fesselnden Auftakt einer neuen Historien-Saga vorgelegt, die vor dem Hintergrund der blutigen französischen Religionskriege angesiedelt ist und ihren Ausgang während des 16. Jahrhunderts im Languedoc nimmt. „Die brennenden Kammern“ ist eine fesselnde, opulente und sehr vielschichtige Geschichte von verbotener Liebe, dunklen Familiengeheimnissen, Verschwörungen und verhängnisvollem Verrat.

Bei der geplanten Romanreihe, die wahrscheinlich vier Bände umfassend wird, handelt es sich um eine episch angelegte Familiengeschichte, die vom Frankreich des 16. Jahrhunderts bis ins Südafrika des 19. Jahrhunderts reichen wird und in deren Mittelpunkt das Schicksal der Hugenotten, ihr Überlebenskampf und ihre Vertreibung durch die Glaubenskriege steht.
Der lebendige und sehr ausdrucksvolle Erzählstil der Autorin macht den Einstieg in die Geschichte recht leicht. Die verwirrende Vielzahl der Charaktere hingegen bereitet anfangs deutlich Schwierigkeiten. Und gibt sich erst im Laufe der Handlung.

Anschaulich führt uns die Autorin die verschiedenen Facetten des Alltagslebens der Bevölkerung in den mittelalterlichen Städten von Carcasonne und Toulouse vor Augen, so dass man sich rasch in die damalige Zeit hineinversetzen kann. Sehr feinfühlig vermittelt sie die sich zuspitzenden religiösen Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken und fängt gekonnt die schwelenden Animositäten und die unheilvolle Stimmung ein. Teilweise sehr detailgenau und recht schonungslos werden allerdings auch Episoden von brutalen Folterungen, blutigen Schlachten und Szenen der Gewalt beschrieben, die zartbesaitete Gemüter sicher schockieren werden. Die Handlung wechselt geschickt zwischen verschiedenen Schauplätzen und unterschiedlichen Akteuren ab und gibt in eingeschobenen Passagen Einblicke in rätselhafte Tagebucheinträge, deren Urheber und Bedeutung sich erst allmählich erschließen. Zudem werden in einigen Episoden auch historisch verbürgte Ereignisse wiedergegeben, die in die fesselnde, fiktive Geschichte um die beiden Protagonisten, die junge Minou Joubert und den Hugenotten Piet Reydon, eingebettet sind.

Die Spannung der gut durchdachten Geschichte baut sich immer weiter auf, beginnend mit der geheimnisvollen Vergangenheit der Familie Joubert, dem mysteriösen Verbleib des wertvollen gestohlenen Grabtuchs von Antiochia und Piets gefährlicher Mission bis hin zu den komplexen politischen Verwicklungen und den zunehmenden Konflikten zwischen Katholiken und Protestanten, die in den gewaltsamen Unruhen von 1562 in Toulouse gipfeln. Im Laufe der ereignis- und wendungsreichen Handlung müssen sich die Charaktere vielen abenteuerlichen Herausforderungen stellen und gefährliche Situationen bewältigen. Allmählich verdichten sich die Erzählstränge immer mehr und offenbaren dem Leser viele Zusammenhänge. Nach einigen überraschenden Verwicklungen und einem packenden, hochdramatischen Finale kommt es am Ende zu einem stimmigen Abschluss dieses gelungenen Romanauftakts. Der 10 Jahre später angesiedelte Epilog gibt bereits einen unheilvollen, aber vielversprechenden Ausblick auf die Fortsetzung dieser fesselnden Familiengeschichte.
Die zahlreichen Figuren der Geschichte sind detailreich dargestellt und werden dem Leser rasch nahe gebracht. Im Mittelpunkt des Romans stehen die 19-jährige Buchhändlerstochter und Katholikin Minou Joubert und der junge Protestant Piet Reydon. Sehr lebensnah und ausführlich die Autorin ihre beiden Protagonisten angelegt, die ich mir allerdings noch etwas tiefgründiger und weniger glatt gewünscht hätte. Weitgehend glaubhaft hat Mosse ihre Entwicklungen und Handlungsweisen herausgearbeitet, so dass man sich recht gut in sie hineinversetzen kann. Die zwischen ihnen langsam entstehende Liebesgeschichte wirkt zwar etwas klischeebehaftet, gibt der Handlung aber zusätzliche Würze und hält sich insgesamt angenehm im Hintergrund.

ZUM HÖRBUCH
Die gekürzte Lesefassung ist mit insgesamt 621 Minuten Spielzeit ist auf 8 CDs untergebracht. Die Kürzungen wurden geschickt gewählt und wirken sich beim Hören nicht auf das Verständnis der Handlung aus, sondern erweisen sich bei diesem opulenten Werk als sehr sinnvoll und wohltuend.

Mit Ilona Teichmüller hat der Lübbe AUDIO Verlag eine Sprecherin verpflichtet, die mich mit ihrer ruhigen Erzählstimme und einer stimmigen Leseleistung überzeugen konnte. Ihre Art zu lesen ist sehr ansprechend und lässt den Hörer nahe ans Geschehen herankommen. Sie präsentiert den historischen Stoff äußerst lebendig und in einem angenehmen Tempo, so dass man gut folgen kann und sich hervorragend auf den ausschweifenden Erzählstil der Autorin einlassen kann. Gekonnt variiert die Sprecherin ihre Stimme, um in die unterschiedlichen Figuren zu schlüpfen und sorgt mit Tempowechsel oder stimmlicher Nuancierung für Abwechslung. Lediglich einige Männerstimmen hätte ich mir etwas prägnanter und weniger lieblich gewünscht. Die dezente Hintergrundmusik, mit der die einzelnen CDs eingeführt und beendet werden, stellt eine gute Ergänzung zu der tollen Lesung dar.


FAZIT

Ein fesselnder und unterhaltsamer historischer Roman mit einer opulenten Geschichte von Liebe, Geheimnissen, Verschwörungen und Verrat!

Die Hörbuchfassung ist wegen der Vielzahl an Handlungssträngen und Figuren ein recht herausforderndes, aber dank der überzeugenden Leistung der Sprecherin ein lohnendes Hörerlebnis!

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