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Veröffentlicht am 24.04.2020

Cold case aus Norwegen

Wisting und der Tag der Vermissten
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Es war wieder einmal Zeit für einen skandinavischen Krimi/Thriller. "Wisting und der Tag der Vermissten" ist mir auf einigen Blogs aufgefallen und deswegen habe ich das Buch aus meiner Bücherei mitgenommen. ...

Es war wieder einmal Zeit für einen skandinavischen Krimi/Thriller. "Wisting und der Tag der Vermissten" ist mir auf einigen Blogs aufgefallen und deswegen habe ich das Buch aus meiner Bücherei mitgenommen. Das war schon vor der Coronakrise...aber manchmal dauert es eben bis die Rezension auf meinem Blog auch dazu geschrieben ist.

Cold Cases werden in diesem Genre immer beliebter seit Jussi Adler-Olssen seine Bestseller rund um das Dezernat Q zu schreiben begonnen hat. Hier haben wir es aber mit keinem richtigen Team zu tun, sondern mit einem Kommissar, der seit 24 Jahren versucht einen seiner alten Fälle doch noch aufzuklären.

Damals verschwand die gebürtige Österreicherin Katharina Haugen spurlos. Hinterlassen hat sie einen gepackten Koffer, einen verblühten Rosenstrauß und einen Zettel mit komischen Zeichen und Zahlencodes.

Jedes Jahr fährt William Wisting am Jahrestag des Verschwindens Richtung Norden, um Martin Haugen zu treffen, dem Ehemann der damaligen Vermissten. Dieses Jahr bekommt Wisting Hilfe, denn der aus Oslo angereiste junge Ermittler Adrian Stiller ist bei einem weiteren Vermisstenfall über die DNA-Spuren von Martin Haugen gestolpert und setzt Wisting auf den Mann an. Wie jedes Mal fährt er am Jahrestag zu ihm, doch diesmal ist Haugen nicht anwesend und auch telefonisch nicht erreichbar. Gleichzeitig versucht Stiller, ohne Wissen von Wisting, dessen Tochter Line ebenfalls auf die beiden Kriminalfälle anzusetzen. Die Journalistin, die sich in Karenz befindet und gerne wieder arbeiten möchte, greift sofort zu. Die Polizei versucht mit Hilfe von neuen Zeitungsartikeln und Podcasts die Menschen an die Fälle zu erinnern und eventuell neue Spuren zu finden. Line, Wisting und Stiller versuchen Ähnlichkeiten in den beiden Mordfällen zu finden und dem Täter auf die Spur zu kommen...

Die ersten hundert Seiten fand ich sehr interessant. Wisting ist ein authentischer und eher ruhiger Ermittler, der immer zum Kern der Sache kommt. Die Polizeiarbeit wird realistisch dargestellt und nimmt viel Platz ein. Seine Tochter Line blieb mir fast ein bisschen zu blass und Stiller hatte etwas geheimnisvolles, undurchschaubares. Er kam mir sehr ehrgeizig und auch mediengeil vor. Obwohl es auch viele private Einblicke in Wistings Familie gibt, fehlte mir trotzdem ein bisschen die Nähe zu den Figuren.

Die Geschichte fand ich eher gemächlich. Sie wird aus der Sicht von Wisting, aber auch aus der Perspektive seiner Tochter Line erzählt. Als Leser rätselt man von Anfang an mit und leider habe ich sehr bald durchschaut, wer der Täter ist. Ich habe wohl wirklich einfach schon zu viele Thriller gelesen.

Für mich war die Spannung nur teilweise vorhanden....zu Beginn und dann am Ende, als die Geschichte richtig Fahrt aufnimmt. Ob ich weiter lesen werde, kann ich noch nicht sagen, denke aber eher nicht...da gibt es wesentlich spannendere Thriller-Reihen, die ich noch weiterlesen möchte.

Schreibstil:
Jørn Lier Horst schreibt ruhig und anschaulich, oftmals detailliert und bildhaft. Die Kapitel sind kurz gehalten, das Tempo eher gemächlich. Die Beschreibung der norwegischen Landschaft im Herbst wird sehr lebendig und bildhaft dargestellt. Man spürt bereits die nahende Ankunft des Winters und der nebeligen Tage, die der Geschichte eine tolle Atmosphäre geben.

Fazit:
Ein Thrillerauftakt, der mich nicht ganz überzeugen konnte. Sehr ruhig und atmosphärisch, aber leider zu schnell durchschaubar. Ein interessanter Cold Case, den ich gern gelesen habe. Trotzdem werde ich wahrscheinlich die Reihe nicht weiter verfolgen.

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Die magische Lichtung

Sternenblütenträume
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"Sternenblütenträume" ist der vierte Roman der Autorin, der im Heyne Verlag erscheint und mein drittes Buch von ihr. Leider empfinde ich es als das bisher schwächste. Während mich "Hortensiensommer" und ...

"Sternenblütenträume" ist der vierte Roman der Autorin, der im Heyne Verlag erscheint und mein drittes Buch von ihr. Leider empfinde ich es als das bisher schwächste. Während mich "Hortensiensommer" und "Novemberschokolade" sehr gut unterhalten haben, hatte ich hier kleine Probleme mit dem viel zu vielen Missverständnissen, die einfach nicht aufgelöst wurden. Aber der Reihe nach....

Nina ist nach der Trennung von ihrem Freund wieder bei ihren Eltern eingezogen und arbeitet bei ihrem Vater im Fotogeschäft. Sie hat sich jedoch auf Hochzeitsfotografie spezialisiert und hat damit Erfolg. Nun braucht sie nur noch eine neue Wohnung, damit sie von zuhause wieder ausziehen kann.
Bei einer ihrer Joggingrunden entdeckt sie eine traumhafte Lichtung im Wald. Ihr fotografisches Auge ist entzückt und während sie überlegt, wie sie die mystische Wirkung am besten einfangen kannt, steht plötzlich ein Mann vor ihr. Es ist der Schulsozialarbeiter und Übergangsmanager Felix, der genauso verzaubert von Nina ist, wie von diesem magischen Moment. Zwischen den beiden funkt es gewaltig und die Lichtung wird ihr weiterer Treffpunkt. Doch das Glück währt nicht lange, denn zwischen den Beiden steht ein grausames Geheimnis....

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive erzählt. Dabei wechselt diese zwischen Nina und Felix. Damit haben wir einen guten Einblick in ihre Gefühlswelten. Das Geheimnis, welches die beiden auseinander bringt, hat mich überrascht und wurde von der Autorin gut gewählt. Der spätere Verlauf nach dem Zerwürfnis war mir dann allerdings zu sehr konstruiert und hinausgezogen. Das Hin und Her zwischen den beiden Verliebten ab diesen Zeitpunkt fand ich oftmals einfach nur mehr nervig. Es gab keine Kommunikation zwischen Nina und Felix mehr, die Probleme wurden aber immer größer und wären mit einem kurzen Gespräch aus der Welt geschafft worden. Das geht natürlich in einem Roman nicht, denn dann wäre die Geschichte auch schon wieder erzählt - das ist mir schon klar. Trotzdem war mir Vieles einfach zu aufgebauscht. Ich verstehe, dass es Zeit braucht bis es zum Happy End kommt, aber zu sehr hinausgezogen sollte es dann auch nicht sein.

Die bildhafte Beschreibung der Umgebung und vorallem der Waldlichtung fand ich hingegen wunderschön und sehr lebendig erzählt. Ich hatte die Landschaft vor Augen und konnte die Blumen riechen.
Gefallen hat mir auch die Beschreibung von Felix Job als Übergangsmanager, sowie seine Wandlung vom ehemaligen reichen Vatersöhnchen in der Bankbranche zu einem sozial engagierten jungen Mann. Er hilft sozialschwachen Kindern und denjenigen, die noch keine Auswahl betreffend ihres weiteren Berufsweges getroffen haben. So lernen wir auch Marlon kennen, der im Fotostudio bei Nina und ihren Vater schnuppern und sich etwas Praxis holen darf. Diese Idee fand ich wirklich gelungen und auch mal etwas ganz Neues. Themen wie diese werden in Büchern oftmals viel zu wenig angesprochen, was ich schade finde.
Auch Nina verfolgte ich gerne bei ihren Shootings während diverser Hochzeitsfeierlichkeiten.

Die Charaktere der beiden Hauptprotagonisten sind gut gezeichnet, agieren aber nicht immer stimmig. Sie entwickeln sich weiter und lernen aus ihren Fehlern. Die Nebencharaktere fand ich hingegen etwas zu schwarz-weiß gemalt und das Ende ein bisschen zu viel des Guten. Trotzdem ein netter Roman, der einige interessante neue Themen aufgreift und sich mit Vertrauen, Schuld und Vergebung aufseinandersetzt.

Schreibstil:
Ulrike Sosnitza schreibt einfühlsam und lebendig, sowie sehr dialoglastig. Die bildhaften Beschreibungen der Pflanzen, Blumen und auch der Landschaft sind wunderbar eingefangen und haben der Geschichte etwas Besonderes verliehen.
Das Cover ist, wie bereits die drei Vorgänger, ein absoluter Traum und einfach "zum Anbeißen"!

Fazit:
Ein Roman, der einerseits neue interessante Themen aufgreift, auf der anderen Seite aber manchmal zu gewollt mit dem Missverständnis der beiden Hauptprotagonisten spielt. Insgesamt hat mich die Geschichte gut unterhalten, kommt aber an die beiden anderen Romane der Autorin, die ich gelesen habe, nicht heran. Dreieinhalb Sterne...gutes Buch, aber Durchschnitt.

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Heimat ist nicht gleich Herkunft

HERKUNFT
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Was war ich neugierig auf Herkunft von Saša Stanišić, der Roman, der 2019 mit den Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.
Die fiktionale Autobiografie, die den Anfang für dieses Buch als handschriftlicher ...

Was war ich neugierig auf Herkunft von Saša Stanišić, der Roman, der 2019 mit den Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.
Die fiktionale Autobiografie, die den Anfang für dieses Buch als handschriftlicher Lebenslauf für die Ausländerbehörde nahm, erzählt von Saša Stanišić Flucht vom Balkankrieg in Jugoslawien nach Deutschland.
Der erst 14-jährige Junge flieht mit seiner Mutter, eine bosnisch-muslimische Politologin, nach Heidelberg, wo sie zuerst bei einem Onkel unterkommen. Der Vater, ein serbischer Betriebswirt, kam später nach. Als Flüchtlinge bekommen seine Eltern Jobs, die weit unter ihrem Niveau sind. Die Mutter arbeitete als Wäscherin, der Vater fuhr in die ehemalige DDR um auf einer Großbaustelle Rohre zu verlegen. Die Angst abgeschoben zu werden, bereitet den Eltern permanent Kopfzerbrechen. Saša trifft sich währendessen mit anderen ausländischen Jungs an einer Tankstelle, die zum Jugendtreffpunkt wird. Der Wille, die deutsche Sprache perfekt zu erlernen, hilft dem Jungen nach dem Abitur eine Zulassung an die Uni zu erhalten. Ein verständiger Sacharbeiter bei der Ausländerbehörde erteilt ihm das Bleiberecht und in späterer Folge die deutsche Staatsbürgerschaft, während seinen Eltern diese später verwehrt wird und sie nach Bosnien zurückkehren müssen.
Višegrad in Bosnien-Herzegowina, nur acht Kilometer von der serbischen Grenze entfernt, ist der Geburtstort des Autors und bleibt neben Heidelberg und Hamburg, wo es Saša Stanišić später hinführt, als Hauptsetting bestehen. Denn ein Besuch in seiner ehemalige Heimatstadt lässt den Autor wiederholt in Gedanken zurückkehren an den Ort an der Drina. Dabei gibt es immer wieder große Zeitsprünge. Manchmal weiß man nicht, in welcher Zeit man sich gerade befindet, was aber nur ganz kurz andauert. Es sind Momentaufnahmen. Stanišić vermischt dabei reale Begebenheiten mit fiktiven Visionen. Gedankensprünge aus dem Hier und Jetzt in die Vergangenheit und wieder zurück begleiten den Leser die ganzen 368 Seiten über. Darauf muss man sich einlassen können.

Die innige Beziehung zu seiner Großmutter Kristina, die an Demenz leidet und auf die Rückkehr ihres bereits vor zwanzig Jahren verstorbenen Mannes wartet, half Saša Stanišić noch vor der Erkrankung bei der Erforschung seiner familiären Herkunft. Je mehr sie ihre Erinnerungen verliert, desto mehr muss er sie sammeln.
Saša Stanišić fabuliert mit einer Liebe zur deutschen Sprache über seine Herkunft zu einem Land, das es nicht mehr gibt. Dabei spielt auch das Märchenhafte immer wieder eine Rolle.
Kritisieren muss ich jedoch die oftmals fehlende Spannung. Der Start war für mich etwas zäh, aber sobald man in der Geschichte drinnen ist, möchte man gerne weiterlesen und mehr erfahren. Ich hatte allerdings nie den Drang unbedingt sofort weiterlesen zu müssen.

Obwohl das Thema eher schwer ist, baut der Autor viele humorvolle Metapher ein.
Unwillkürlich vergleicht man beim Lesen die Erzählungen und die Flüchtlingsproblematik von damals und heute und entdeckt leider nicht wirklich viel Unterschied.
Die essentielle Frage "Nach welchen Kriterien lässt sich die Herkunft bestimmen?" ist dem Autor wichtig.

“Jedes Zuhause ist ein zufälliges: Dort wirst du geboren, hierhin vertrieben, da drüben vermachst du deine Niere der Wissenschaft. Glück hat, wer den Zufall beeinflussen kann. Wer sein Zuhause nicht verlässt, weil er muss, sondern weil er will.”

Doch Heimat ist nicht immer Herkunft.

Für die letzten Kapitel bzw. den letzten Abschnitt, den er "Der Drachenhort" nennt, hat sich der Autor noch etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er lässt den Leser zwischen verschiedenen fantastischen Erzählungen wählen, wie die Geschichte ausgehen soll. Diese Variation kenne ich nur aus einem Kinderbuch (Mats und die Wundersteine), bei dem sich die Kinder ihr eigenes Ende aussuchen dürfen. Ich bin nicht wirklich ein Freund davon und mochte diese Varianten schon beim Vorlesen der Kindergeschichte nicht....aber jeder wie er möchte.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sowohl poetisch und fließend, als auch stakkatomäßig. Der Autor baut viele humrvolle Methapher ein, einiges erscheint märchenhaft. Die Kapitel sind kurz gehalten.

Fazit:
Ein Roman, der viel Autobigraphisches enthält. Eine Ansammlung von Gedanken und Rückblienden, sowie der Frage nach Herkunft und Identität. Interessant und unterhaltsam, nachdenklich und leider auch mit einigen kleinen Längen versehen. Trotzdem bin ich froh das Buch gelesen zu haben.

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Veröffentlicht am 11.02.2020

Eine Geschichte über das Erwachsenwerden

Sweet Sorrow
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David Nicholls hat mich vor Jahren mit "Zwei an einem Tag" verzaubert. Der Roman gehört zu meinen absoluten ALL-TIME-FAVOURITES. Gleich vorweg: "Sweet Sorrow" kann mit meinem Lieblingsroman nicht mithalten.
Meine ...

David Nicholls hat mich vor Jahren mit "Zwei an einem Tag" verzaubert. Der Roman gehört zu meinen absoluten ALL-TIME-FAVOURITES. Gleich vorweg: "Sweet Sorrow" kann mit meinem Lieblingsroman nicht mithalten.
Meine Meinung nach suggeriert der Untertitel eine reine Liebesgeschichte, doch das ist der Roman nicht. Mich stört das nicht, aber einige Leserinnen in der Lovelybooks-Leserunde waren deswegen enttäuscht. Viel mehr ist "Sweet Sorrow" ein Coming-of-Age Roman, der das Erwachsenwerden eines 16jährigen in allen Facetten aufzeigt. Die Geschichte spielt einen Sommer lang und erinnerte mich teilweise an meine eigene Orientierungslosigkeit und an all die Selbstzweifel in diesem Alter.

Der bereits ältere Charlie Lewis blickt zurück auf einen unvergesslichen Sommer, der sein Leben maßgeblich verändert hat. Er hat sein letztes Schuljahr abgeschlossen und einige Prüfungen vermasselt. Seine Mutter hat mit seiner Schwester die Familie verlassen und Charlie bei seinem depressiven Vater gelassen. Der Junge ist damit gänzlich überfordert und flüchtet so oft er kann aus seinem trostlos gewordenen Zuhause. Neben einen kleinen Teilzeitjob an einer Tankstelle radelt er ohne Ziel in der Gegend herum oder trifft sich mit seinen Freunden. Eines Tages liegt er lesend in einer Wiese, als ihn ein Mädchen dort überrascht. Sie verbringt den Sommer über bei einer Theatergruppe, die Shakespears "Romeo und Julia" aufführen. Charlie möchte Frances Fisher wiedersehen und kommt danach täglich zu den Proben, obwohl er sich eigentlich gar nicht fürs Theater interessiert. Dadurch entwickelt sich nach anfänglicher Skepsis und Distanz eine immer intensivere Freundschaft zu einigen Teilnehmern und zu Fran, aus der schließlich Liebe wird. Aber Charlie weiß auch, dass der Sommer irgendwann zu Ende sein wird...

Die Beziehung der Beiden entwickelt sich sehr langsam. Der Autor lässt sich und seinen Figuren Zeit. Für die erste große Liebe wirkt es sogar manchmal etwas nüchtern, jedoch sehr realistisch und natürlich. Genau das mochte ich daran! Es könnte ebenso die Geschichte von dir, mir oder einem Nachbarn sein - fernab von den verkitschten Szenen in vielen Young Adult oder Jugendromanen, die mich oftmals nur den Kopf schütteln lassen.
Mit viel Humor und mitten aus dem Leben gegriffen erzählt Nicholls auch über das erste Mal, wobei er Frans und Charlies Sicht der Dinge sehr authentisch und gefühlvoll beschreibt.
Bis es jedoch überhaupt zur Beziehung zwischen Fran und Charlie kommt, hat der Roman doch ein paar Längen. Nicholls versteift sich nicht nur auf die Liebesgeschichte, sondern widmet sich generell Charlies Leben und dem Sprung ins Erwachsenenalter. Die Orientierungslosigkeit und die Überforderung durch die Bürde, die ihm seine Mutter auferlegt hat, ist für einen Jungen in seinem Alter einfach zu viel. Dazu die Sorgen um die berufliche Zukunft nach den vergeigten Prüfungen und der Umgang mit seinem depressiven und alkoholkranken Vater....es überwiegen nicht nur die schönen und süßen Dinge in diesem Sommer, sondern auch Kummer und Sorgen.
Auch das Thema Freundschaft spielt eine große Rolle. Der Wechsel von seinen alten Kumpels, mit denen er zwar viel Spaß hat, sich aber oftmals fragt warum diese Jungs eigentlich Freunde sind und sich treffen, zu neuen Bekanntschaften. In der Theatergruppe erfährt Charlie durch Helen und Alex, was wirkliche Freundschaft bedeutet. Die Beiden weisen ihn auch die Richtung in seinem weiteren Leben....

Obwohl ich "Romeo und Julia" liebe, waren mir einige Passagen, bei dem es um die Prologe des Stückes geht, doch zu lang. Ebenso haben mich einige willkürliche Zeitsprünge genervt und die Gegenwart erhält nur sehr wenig Raum. Irgendwie hätten einige Passagen kürzer und andere wieder länger sein können....aber das ist nur mein Gefühl und spiegelt nicht unbedingt die der Mehrheit bei der Leserunde wider.

"Sweet Sorrow" ist zwar eine Liebesgeschichte, wie es der Untertitel suggeriert, aber eine, bei der es um unterschiedliche Lieben geht. Es geht um Liebe in der Familie, unter Freunden, zu den Eltern, zum Theater und natürlich auch die erste explosive Liebe, aber nicht nur.
Wäre dies mehr betont worden, hätte es weniger enttäuschte Leser bei der Leserunde gegeben. Ich mochte den Roman und er wird mir auch sehr in Erinnerung bleiben, aber an "Zwei an einem Tag" kommt er bei weitem nicht heran.

Schreibstil:
David Nicholls schreibt sehr detailliert und ausschweifend, aber auch sehr lebendig, poetisch und humorvoll. Die Charakter sind authentisch und wir erleben sehr schöne Momente, die der Autor gekonnt dargestellt hat. Der Schreibstil ist diesmal aber auch jugendlich und dem Alter des damals 16jährigen Protagnisten angepasst.


Fazit:
Eine Geschichte über das Erwachsenwerden, über Freundschaften, Shakespeare und die erste Liebe. Der Roman hat einige Schwächen und Längen, konnte mich aber trotzdem verzaubern, wenn man ein klein wenig das Auge zudrückt und weiß, dass es sich hier eher um einen Coming-of-Age Roman handelt. Nachdem ich das Buch bereits vor mehr als einer Woche beendet habe, hallt es noch immer nach und spukt noch immer im Kopf herum. Es hat doch mehr Platz eingenommen, als ich dachte. Deswegen vergebe ich sehr gerne gute 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 24.01.2020

Das End ekillt leider die ganze emotionale Geschichte

Sag ihr, ich war bei den Sternen
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Maddie hat den Mann ihrer Träume gefunden, ist im Frühstadium schwanger und freut sich schon sehr auf die baldige Hochzeit. Auf ihren Weg zum Friseur, mit dem sie ihre Hochzeitsfrisur besprechen möchte, ...

Maddie hat den Mann ihrer Träume gefunden, ist im Frühstadium schwanger und freut sich schon sehr auf die baldige Hochzeit. Auf ihren Weg zum Friseur, mit dem sie ihre Hochzeitsfrisur besprechen möchte, fällt ihr ein Mann auf, der immer dort auftaucht, wo sie sich gerade aufhält - egal ob zu Fuß, in der U-Bahn oder im Bus. Sie ruft ihren Verlobten Ryan an, der sich gerade in einer Besprechung befindet, ihr aber zusagt ihr entgegen zu gehen. Als der fremde Mann ihr noch nachzulaufen und zuzurufen beginnt, gerät sie in Panik. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sieht sie bereits Ryan und läuft ihm völlig kopflos entgegen und auf die Straße. Maddie wird von einem Transporter angefahren und wird schwer verletzt. Eines Tages erwacht sie im Krankenhaus aus dem Koma. Niemand hatte mehr damit gerechnet, dass sie wieder aufwachen und sich zurück ins Leben kämpfen könnte. Selbst für die Ärzte gilt sie als "miracle girl". Doch für Maddie ist nichts mehr im Leben, wie es war....

Dies ist mein zweites Buch der Autorin und ich war schon sehr gespannt auf ihren neuen Roman. Der Einstieg fiel mir leicht, wie auch schon bei "Die Achse meiner Welt". Die Geschichte zieht einem bis zur letzten Seite in seinen Bann, jedoch habe ich doch den einen und anderen Kritikpunkt.

"Sag ihr, ich war bei den Sternen" ist in drei Teile aufgeteilt. Der erste Teil wird aus der Sicht von Maddie erzählt. Er ist sehr dramatisch, emotional und hat mich nicht losgelassen. Grandios erzählt!
Der zweite und dritte Teil wird abwechselnd aus der Sicht von Maddie und Chloe, aber auch aus Ryan's Sicht erzählt. Dazu gibt es Rückblenden in die Vergangenheit. Es geht um Liebe, Hoffnung, Verlust, die zweite Chance, Rivalität, Lügen, Familie und Freundschaft.
Ich weiß nicht mehr genau, wann es zu einer entscheidenen Wende gekommen ist, aber mein erster Gedanke war nur "Oh nein, nicht dieses Klischee". Doch die Autorin konnte mich danach nochmals überraschen. Sie hat danach noch weitere Wendungen eingebaut, die leider etwas über das Ziel hinausgeschossen sind. Und beim Epilog am Ende hat sie leider total daneben gegriffen. Dieser weicht meiner Meinung zu sehr von der Realität ab und ist ziemlich unglaubwürdig.

Die Protagonisten sind mit viel Liebe gezeichnet und sehr sympathisch. Dani Atkins gelingt es wunderbar, die Gefühle aller Figuren authentisch darzustellen. Die Liebe zwischen Maddie und Ryan ist sehr tief. Im Laufe der Geschichte fand ich Maddie allerdings etwas zu selbstlos.
Obwohl Chloe und Maddie Konkurentinnen sind, verstand ich die Sichtweisen beider Frauen und geriet ebenfalls in ein Gefühlschaos. Ihre Sorgen, Ängste und Überlegungen, in dieser wirklich schwierigen Situation, beschäftigten auch mich beim Lesen sehr stark. Unwillkürlich fragt man sich, wie man selbst reagiert hätte, wäre man in Maddies oder Cloes Situation gewesen. Einzig Ryans Handlungen konnte ich nicht immer gutheißen.
Bisher ist es nur Jodie Picoult gelungen, dass ich mich in einem Roman mit zwei Seiten identifizieren konnte, die verschiedene Ziele verfolgen. Ihre Romane beinhalten immer Themen, die sehr kontrovers diskutiert werden können. Das glückt auch Dani Atkins in ihrem neuen Roman. Ich hätte gerne mehr Sterne vergeben, denn der Beginn war wirklich perfekt und die Handlung konnte mich wirklich packen......doch das Ende macht meiner Meinung nach die ganze Geschichte kaputt....so schade!


Fazit:
Ein sehr emotionaler Roman, dessen erste Hälfte ich wirklich grandios fand. Leider wird die Handlung mit der Zeit etwas unglaubwürdig und das Ende macht die ganze tolle Geschichte kaputt! Sehr, sehr schade.

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