Profilbild von strickleserl

strickleserl

Lesejury Star
offline

strickleserl ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit strickleserl über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2018

Weltweit: Liebe gesucht

Mein Date mit der Welt
0

Die Beschreibung dieses Buchs klingt verheißungsvoll. Wer hat nicht schon mal davon geträumt einfach für eine längere Zeit wegzugehen? Wie spannend muss es sein, im Laufe eines Jahres alle Kontinente zu ...

Die Beschreibung dieses Buchs klingt verheißungsvoll. Wer hat nicht schon mal davon geträumt einfach für eine längere Zeit wegzugehen? Wie spannend muss es sein, im Laufe eines Jahres alle Kontinente zu bereisen, und fremde Menschen und Kulturen kennenzulernen?

Schon immer hat die Autorin von einer solchen Reise geträumt, und einige Zeit nachdem ihr Lebenspartner sie schwer enttäuscht, packt sie es an. Von der Vorbereitung bis zur Rückkehr, erzählt sie in diesem Buch, was sie erlebt hat. Sie plant etwa ein Monat für jede Station ihrer Reise ein. Zwischen den Erlebnissen, aus etwas mehr als zwölf Ländern, finden sich viele Tipps für Menschen, die eine solche Reise planen.

Leider waren die Berichte eine große Enttäuschung. In den meisten Kapiteln ging es weniger um das Eintauchen in eine fremde Kultur; im Vordergrund stand meistens die Suche der Autorin nach Liebe. Mithilfe einer App sucht sie an fast jedem Ort ein Date, oder gleich mehrere. Sie erlebt einige beglückende kurze Beziehungen, aber auch einige Enttäuschungen. Es geht um eine Reisebegleitung, aber immer wieder auch um ein Zusammenleben auf Zeit. Dabei ist von vorneherein klar, dass die Beziehungen nicht von Dauer sein können, denn die Autorin wird ja bald weiterreisen. Schade, dass eine intime Beziehung hier nichts mit der Bindung an eine andere Person zu tun hat, das kann nur zu Enttäuschungen führen.

Wer gerne Reiseberichte und Geschichten über Menschen anderer Kulturen liest, wird von diesem Buch vermutlich enttäuscht sein. Wem es aber um Dating-Erfahrungen geht, findet sicher mehr Gefallen an den Erfahrungen der Autorin.

Veröffentlicht am 25.04.2018

Unglücksroman?

Sylt oder solo
0

Nachdem Nina unerwartet zur Alleinerbin einer wohlhabenden Dame erklärt wurde, konnte sie sich ihre Träume erfüllen. Sie lebt nun auf der Insel Sylt in einem mondänen Wohnwagen, zusammen mit ihrem jungen, ...

Nachdem Nina unerwartet zur Alleinerbin einer wohlhabenden Dame erklärt wurde, konnte sie sich ihre Träume erfüllen. Sie lebt nun auf der Insel Sylt in einem mondänen Wohnwagen, zusammen mit ihrem jungen, gutaussehenden Freund, Jan. Seit zwei Jahren sind die beiden ein Paar, und nun kehrt allmählich auf Ninas Seite Frust in die Beziehung ein.

Sie findet, dass ihr sieben Jahre jüngerer Freund nicht mehr so aufmerksam ist, wie am Anfang der Beziehung. Sie stört sich an seiner Unordnung und seiner mangelhaften Leistung im Bett. Als Jan überhört wie sie über seine Fähigkeiten als Liebhaber herzieht, verlässt er sie. Erst da merkt sie, wie sehr sie ihn liebt. Selbst ein romantisches Wiedersehen mit einem alten Schulfreund kann sie nicht darüber hinwegtrösten.

Obwohl die Frische am Anfang dieses Buchs unterhaltsam ist, wird das Lesen schnell mühsam. Spätestens als Nina sich immer wieder seitenlang über ihr enttäuschendes Liebesleben auslässt, ist die Lesefreude ganz weg. Abgesehen davon, dass Nina von Anfang bis Ende unsympathisch ist, ist die Handlung langweilig, ausgedehnt und vorhersehbar. Als, wie sie selbst sagt, „sugar mommy“, erwartet sie Jans Aufmerksamkeit und Treue, denn schließlich lebt er von ihrem Geld. Beide verhalten sich eher wie selbstsüchtige Teenager, nicht wie Erwachsene.

Neben den vielen, teils unpassenden, Zitaten in dem Buch, findet sich ein Bibelvers über die Liebe. „Und wenn ich weissagen könnte und alle Geheimnisse wüsste; wenn ich jede Erkenntnis besäße und einen Glauben, der Berge versetzt, aber keine Liebe hätte, wäre ich nichts.“ Ein sehr schöner Vers, aber er steht in 1. Korinther 13, 2, nicht wie im Buch angegeben in Matthäus 7,22. Wenn die Autorin schon bei einer solchen Kleinigkeit nicht gewissenhaft ihre Quelle geprüft hat, was mit einer Internetsuche in Sekundenschnelle möglich wäre, kann der Leser wohl kaum erwarten, dass andere Details und Beschreibungen im Buch den Tatsachen entsprechen.

Zwei Sterne, da die Dialoge manchmal etwas witzig sind, aber wer dieses Buch nicht liest, hat mit Sicherheit nichts verpasst.

Veröffentlicht am 29.03.2020

Überleben in einer konfliktbeladenen Gesellschaft

Milchmann
0

Ein 18jähriges Mädchen leidet unter der unerwünschten Aufmerksamkeit eines doppelt so alten Mannes, dem sogenannten Milchmann. Viel zu oft erscheint er plötzlich an ihrer Seite. Dem Mädchen ist das sehr ...

Ein 18jähriges Mädchen leidet unter der unerwünschten Aufmerksamkeit eines doppelt so alten Mannes, dem sogenannten Milchmann. Viel zu oft erscheint er plötzlich an ihrer Seite. Dem Mädchen ist das sehr unangenehm, vor allem fürchtet sie sich vor den bösen Gerüchten, die dadurch über sie entstehen.

Sie lebt in einer merkwürdigen Gesellschaft, in der die Rollen von Mann und Frau klar definiert sind, die Familien groß sind, und Angst das Leben bestimmt.

Der Erzählstil dieses Buchs ist sehr ungewohnt. Es geschieht nicht viel in diesem langen Monolog der Erzählerin. Die Charaktere haben keine richtigen Namen, die Erzählerin ist einfach die mittlere Schwester, ihre Schwäger werden durchnummeriert, und ihr Freund ist noch nicht einmal das, sondern nur ein „Vielleicht-Freund“. Das hat vermutlich einen raffinierten literarischen Grund, nicht umsonst wird dieses Buch einige Buchpreise gewonnen haben. Aber für den gewöhnlichen Leser, der eine entspannendes Lese-Erlebnis sucht, wirkt das verwirrend. Es macht auch die Identifikation mit den einzelnen Personen schwerer.

Der Hintergrund dieses Buchs ist der Nordirlandkonflikt in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Autorin hat selbst diesen Konflikt in ihren Jugendjahren erlebt. Das Buch gibt aber nur wenige Hinweise darauf, dass es diesen Konflikt zum Thema hat. Die Erlebnisse lassen sich auf das Leben in einem beliebigen totalitären Regime übertragen.

Die Erzählweise ist nicht lesefreundlich, mit langen Kapiteln und Sätzen. Die Erzählerin schweift zwischen verschiedenen Themen hin und her. Stellenweise wirkt ihre langatmige Erzählung wie die Wiedergabe eines Traums. Manchmal schimmert ein bisschen versteckter Humor durch, was erfrischend wirkt. Doch durch die monotone Erzählweise wirkt das Buch insgesamt sehr emotionslos. Auch das ist sicher ein literarisches Mittel, das die Überlebensmechanismen der Menschen in dieser Zeit widerspiegelt, beim Lesen ist das aber eher unangenehm.

Fazit: Ein störrisches Buch, das sicher einige begeisterte Leser finden wird. Schreibstil und Inhalt sind gewöhnungsbedürftig, darum wird es vermutlich viele Leser geben, die das Buch nach wenigen Seiten weglegen. Es ist wie bei der Kunst; einige lieben abstrakte, moderne Experimente, andere genießen eher ein schönes, wohltuendes Gemälde. Ein einfach zu lesender Roman ist dieses Buch sicher nicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.10.2017

Versuch eine philosophische Meinung als Wahrheit zu verkaufen

Und du wirst den verborgenen Schatz in dir finden
0

Alice ist eine erfolgreiche Kommunikationsberaterin, Ihr Freund aus Kindheitstagen ist Priester. Er ist unglücklich über die sinkende Besucherzahlen in seiner Kirche. Alice will ihm helfen. Sie ...

Alice ist eine erfolgreiche Kommunikationsberaterin, Ihr Freund aus Kindheitstagen ist Priester. Er ist unglücklich über die sinkende Besucherzahlen in seiner Kirche. Alice will ihm helfen. Sie vertieft sich zuerst in die Bibel, und dann in andere religiösen Schriften. Sie führt mit verschiedenen Menschen unterschiedlicher Religionen Gespräche, und verbindet dann Elemente der Kommunikationswissenschaft mit religiösen Inhalten. Der Plan geht auf, die Besucherzahlen gehen nach oben.

Leider ist nur ein geringer Teil des Buches tatsächlich eine Geschichte. Die Handlung scheint nur einen Sinn zu erfüllen, als Aufhänger für philosophische Vorlesungen. Der Leser begleitet Alice auf ihre Suche nach religiösen Erkenntnissen. Was ich dabei problematisch finde, ist dass diese Erkenntnisse als die einzige Wahrheit dargestellt werden.

Erzählerisch lässt dieses Buch also zu wünschen übrig, aber das größere Problem ist, dass unbegründete Theorien als Wahrheit dargestellt werden, der Leser also auf einen Weg gezogen wird, der in die Irre führt.