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Veröffentlicht am 19.04.2020

Ein schlimmer Verdacht gegenüber einer Patchworkfamilie

Wir holen alles nach
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Die Konstellation, in der sich die Protagonisten-Familie dieses Romans befindet, ist heutzutage so typisch und viele Leser(innen) werden sich in ihr wiederfinden, was ihn so lesenswert macht.
Mutter Sina ...

Die Konstellation, in der sich die Protagonisten-Familie dieses Romans befindet, ist heutzutage so typisch und viele Leser(innen) werden sich in ihr wiederfinden, was ihn so lesenswert macht.
Mutter Sina ist seit ihrer Scheidung allein erziehend und bewältigt den alltäglichen Spagat mit ihrem achtjährigen Sohn Elvis. Dann scheint endlich alles etwas einfacher zu werden, weil sie in Torsten einen sie unterstützenden Partner findet. Bald aber findet Nachhilfelehrerin Ellen Anzeichen bei Elvis, der sie Schlimmes vermuten lassen und es wird eine Lawine in Gang gesetzt, der den Bestand der kleinen Familie bedroht …
Die Geschichte ist in schönem Schreibstil gehalten. Auffällig ist, dass die Autorin oftmals nur Andeutungen über Personen und Geschehnisse macht, die entweder erst später näher ausgeführt werden oder gänzlich der Vorstellungskraft des Lesers vorbehalten bleiben. Die Romanfiguren werden gelungen charakterisiert und es werden zahlreiche aktuelle gesellschaftliche Probleme eingearbeitet, mit denen sie konfrontiert sind – etwa die Alltagsprobleme allein Erziehender, Altersarmut der Bezieher kleiner Renten, Mietpreisexplosion, schulischer Druck auf Grundschulkinder. Die konkreten Ereignisse im Leben der im Fokus stehenden Familie stimmen nachdenklich und veranlassen zu Überlegungen dahin, ob Ellens aktives Verhalten richtig war oder ob sie sich als Außenstehende nicht besser hätte zurückhalten sollen. Schön sind die Schilderungen zur Freundschaft zwischen Kind und älterer Dame sowie zwischen Kind und Hund.
Das Buch erhält von mir eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 17.04.2020

Lesenswerter dritter Band der Schwesternroman-Trilogie

Die Schwestern vom Ku'damm: Tage der Hoffnung
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Obwohl ich die ersten beiden Bände der Romantrilogie („Jahre des Aufbaus“ und „Wunderbare Zeiten“, erschienen 2018 bzw. 2019) nicht gelesen habe, bin ich gleich gut in die Geschichte hineingekommen. In ...

Obwohl ich die ersten beiden Bände der Romantrilogie („Jahre des Aufbaus“ und „Wunderbare Zeiten“, erschienen 2018 bzw. 2019) nicht gelesen habe, bin ich gleich gut in die Geschichte hineingekommen. In jedem der in den Nachkriegsjahrzehnten in Berlin angesiedelten Bände steht eine von drei Schwestern im Fokus – die pflichtbewusste Rike, die ins Modegeschäft des Vaters einsteigt, die lebenslustige und beim Rundfunksender Rias moderierende Silvie und vorliegend die jüngste, in Kunst und Fotografie aufgehende Florentine. Daneben spielen weitere Angehörige der verzweigten Familie mit ihren speziellen Sorgen und Problemen eine Rolle. Es handelt sich um gute Unterhaltungsliteratur für Frauen, die enorm dadurch an Wert gewinnt, dass sie aus der Feder einer studierten Historikerin stammt. Diesem Umstand ist es wohl zu verdanken, dass die Familiengeschichte in historische Zusammenhänge in den Jahren 1958 bis 1963 eingebettet ist, namentlich die Teilung Berlins und den Mauerbau. So werden fundiert bedeutende und interessante reale Ereignisse eingearbeitet wie Präsidet Kennedy’s Berlin-Besuch oder Willy Brandts Rede als Regierender Bürgermeister anlässlich des Mauerbaus. Bei Lesern, die schon einen Lebensabschnitt in den 1950er/60er Jahren zubrachten, werden schöne Erinnerungen geweckt, weil so manch schönes Detail verarbeitet wurde, z.B. die damalige Mode mit Pepitahosen und weißen Slingpumps, die Automarken Borgward, Taunus und Isetta oder Kameras der Marken Leica/Minolta.
Das Buch erhält von mir eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 09.04.2020

Nicht nur für zerstrittene Eheleute

Die Wunderübung
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Daniel Glattauers Bücher kenne ich eigentlich alle – von „Der Weihnachtshund“ über „Gut gegen Nordwind“ bis hin zu „Geschenkt“, um nur einige zu nennen. Und alle haben sie mir gefallen, ebenso das hier ...

Daniel Glattauers Bücher kenne ich eigentlich alle – von „Der Weihnachtshund“ über „Gut gegen Nordwind“ bis hin zu „Geschenkt“, um nur einige zu nennen. Und alle haben sie mir gefallen, ebenso das hier zu besprechende. Dieses Mal hat sich der Autor in formaler Hinsicht wieder etwas einfallen lassen – kein Email-Roman wie etwa bei „Gut gegen Nordwind“, sondern eine als Theaterstück abgefasste Komödie, die man sich gut auf der Bühne vorgespielt vorstellen kann. Es gibt nur drei Figuren, die Eheleute Joana und Valentin sowie den Paartherapeuten Harald. Geboten wird eine Therapiestunde. Da Joana und Valentin völlig zerstritten sind und nicht an Kritik des jeweils anderen sparen, liest sich das Ganze recht lustig und anschaulich und ähnelt genau dem, wie ich mir eine Beratungsstunde beim Ehetherapeuten vorstelle. Harald stellt zunächst den souveränen Berater dar, der spezielle Übungen einsetzt (daher auch der Titel). Doch nach einer Pause nimmt alles eine völlig unerwartete Wendung, von der sich jeder überraschen lassen sollte.
Sehr zu empfehlen. Schade nur die Kürze.

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Anspruchsvolle, unterhaltsame Lektüre

Ein treuer Freund
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Der norwegische Lehrer Jakop ist von Kindheit an ein einsamer Mensch. Sein einziger Freund ist Pelle, mit dem er lange Gespräche führt, mit dem es allerdings eine besondere Bewandtnis hat, die sich für ...

Der norwegische Lehrer Jakop ist von Kindheit an ein einsamer Mensch. Sein einziger Freund ist Pelle, mit dem er lange Gespräche führt, mit dem es allerdings eine besondere Bewandtnis hat, die sich für den Leser erst mitten in der Geschichte herauskristallisiert. Zwei Hobbies hat Jakop – die Etymologie der nordischen Sprachen und den Besuch der Beerdigungen ihm fremder Verstorbener. Ersteres führt zu ausschweifenden, aber durchaus interessanten etymologischen Darstellungen, die besonders Sprachwissenschaftler ansprechen dürften. Der Hintergrund hat natürlich eine Bedeutung. Die Sprachfamilien sind für den ohne Familie aufgewachsenen Jakob eine Ersatzfamilie. Sein zweites Hobby gibt Jakob ebenso ein Gefühl familiären Zusammenhalts. Bei einem Begräbnis lernt er Agnes kennen und verliebt sich in sie. Sie durchschaut Jakop, woraufhin er ihr in einem ausführlichen Brief – der zu eben dieser Geschichte wird – sein Tun zu erklären versucht.
Wichtige Themen wie Einsamkeit, Außenseitertum, Führen mehrerer Persönlichkeiten werden in diesem Roman sehr anspruchsvoll und zugleich unterhaltsam behandelt.

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Frauenroman mit einer sympathischen Protagonistin

Die Prophezeiung der Giraffe
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Dieser schon durch sein glitzerndes Giraffenmotiv auf dem Cover äußerlich auffällige Roman ist ein Frauenbuch, in dem lobenswerterweise nicht oberflächlich bleibende Frauen die Protagonistinnen darstellen, ...

Dieser schon durch sein glitzerndes Giraffenmotiv auf dem Cover äußerlich auffällige Roman ist ein Frauenbuch, in dem lobenswerterweise nicht oberflächlich bleibende Frauen die Protagonistinnen darstellen, wie ich es in entsprechenden Büchern immer wieder erlebt habe. Die Hauptfigur Hanna ist vielmehr eine voll im Leben stehende, zupackende vierzigjährige Grundschullehrerin. Sie ist eigentlich auch ohne Mann ganz zufrieden mit ihrem Beruf, ihrem großen Haus, ihren Freunden und Verwandten. Nur über den zehn Jahre zurückliegenden Tod ihrer geliebten Mutter ist sie noch nicht so recht hinweg. Ein magischer Strang wird in die Geschichte dadurch eingearbeitet, dass sich auf einmal sehr merkwürdige Dinge in Hannas Leben ereignen – eine aus dem Zoo entlaufene Giraffe sucht Obdach in ihrem Garten, eine fremde ältere Frau nistet sich ungefragt im Wohnwagen auf dem Grundstück ein und händigt ihr einen Brief ihrer Mutter aus, sie erhält eine unbestellte Großlieferung an Flummis u.a.m. Gemeinsam mit ihrer Freundin geht sie der Frage nach, ob diese Ereignisse eine Bedeutung haben und ein Zeichen sind, vielleicht weist alles auf den Traummann hin?
Das Buch liest sich flott weg und ist sehr unterhaltsam. Als Leser(in) wird man natürlich auch zum Nachdenken darüber animiert, was hinter den ganzen Vorkommnissen steckt. Das Schöne ist, dass sie nicht völlig unrealistisch erscheinen. Etwas weniger realistisch fand ich hingegen, dass Hanna noch ein Jahrzehnt später so sehr um ihre Mutter trauert und Dinge tut, wie mit ihr Zwiegespräche führen. Vielleicht hätte dieser Zeitpunkt besser nicht so fern der Gegenwart gelegt werden sollen.




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