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Veröffentlicht am 25.04.2020

Die Sprache der Blumen

Im Garten deiner Sehnsucht
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Die Botanikerin Iris Maynard hat sich nach zwei Schicksalsschlägen von der Welt abgekapselt und lebt seit Jahrzehnten allein hinter einem hohen Zaun verborgen in ihrem Haus in Grand Haven, das von einem ...

Die Botanikerin Iris Maynard hat sich nach zwei Schicksalsschlägen von der Welt abgekapselt und lebt seit Jahrzehnten allein hinter einem hohen Zaun verborgen in ihrem Haus in Grand Haven, das von einem großen Garten umgeben ist, in dem sie sich ganz ihren wunderschönen Blumen widmet, sie hegt und pflegt, während sie melancholisch ihren Erinnerungen an alte Zeiten nachhängt. Eines Tages zieht das Abby Peterson mit ihrer Familie in das Nachbarhaus. Die über den Zaun sichtbaren Blumen wecken das Interesse von Abbys Tochter Lily und locken Iris immer mehr aus ihrem selbstgewählten Exil. Zwischen ihr und den Petersons entspinnt sich nach und nach eine enge Beziehung, die für alle eine neue Zeit einläutet…
Viola Shipman hat mit „Im Garten deiner Sehnsucht“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der mit viel Gefühl und Atmosphäre besticht und den Leser von Beginn an verzaubert. Der flüssige und anrührende Schreibstil der Autorin bringt den Leser mit wenigen Worten in die Welt von Iris und Abby, lässt ihn den verwunschenen Garten von Abby durch farbenfrohe Beschreibungen mit eigenen Augen entdecken und nebenbei auch noch die Entwicklung der einzelnen Protagonisten beobachten, die mit Hilfe des jeweils anderen ihrem Leben eine neue Richtung geben. Schon das Schicksal von Iris berührt tief, der Leser kann die von ihr selbst gewählte Isolation nach all den Schlägen, die sie einstecken musste, ebenso nachvollziehen wie ihre Hingabe bei der Pflege ihres Gartens, der ihre einzige Zuflucht und Freude geworden ist. Auch das Leben von Abby, Cory und Lily verzeichnet einige Rückschläge, die erst einmal verdaut und verarbeitet werden müssen, um dann einen Ausweg zu finden. Das Zusammenspiel der Protagonisten sowie deren Einfluss auf den jeweils anderen werden von der Autorin behutsam und mit viel Fein- und Stilgefühl wunderbar interpretiert. Mit wechselnden Perspektiven lässt sie den Leser in das Innenleben ihrer Protagonisten blicken, während der Bezug der Pflanzenwelt immer präsent ist und wie ein Gleichnis wirkt.
Die Charaktere besitzen glaubhafte individuelle Eigenschaften und sind lebendig in Szene gesetzt. Aufgrund ihrer Authentizität fühlt sich der Leser ihnen nah und kann mit ihnen fühlen, hoffen, bangen und fiebern. Iris ist eine alte Dame, die sich wegen schwerer Schicksalsschläge von der Außenwelt zurückgezogen hat, damit sie nie mehr verletzt werden kann. Ihren Pflanzen gegenüber verströmt sie ein Füllhorn an Liebe und Fürsorge, während sie ihre Mitmenschen mit ihrer nach außen tragenden kühlen Fassade abschreckt. Erst nach und nach taut sie auf, lässt wieder Gefühle und Hoffnung zu, die sie Optimismus ausstrahlen lassen. Abby ist eine fürsorgliche Frau, die sich nur das Beste für ihre Familie wünscht. Ihr Ehemann Cory ist seit einem Kriegseinsatz traumatisiert und braucht ihre Hilfe und Unterstützung fast mehr als ihre kleine Tochter Lily. Lily selbst ist ein aufgewecktes Kind, die sich schnell in Iris‘ Herz schleicht.
„Im Garten deiner Sehnsucht“ ist ein wunderschöner Roman, der unterschiedliche Charaktere mit Altlasten zusammenbringt und die sich gegenseitig Halt und Hilfe bieten, um Mut zu fassen, ihr Leben in neue Bahnen zu lenken. Die Geschichte erinnert ein wenig an „Die verborgene Sprache der Blumen“ von Vanessa Diffenbaugh. Auch hier spielt die Pflanzenwelt eine nicht unwichtige Rolle im den Handlungsverlauf. Verdiente Leseempfehlung für eine tiefgründige und gefühlvolle Geschichte!

Veröffentlicht am 18.04.2020

Das Hansen-Imperium wankt

Der mutige Weg
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Therese hat sich ein Herz gefasst und mit ihren Kindern Helene und Franz die Reise von Wien nach Kamerun angetreten. Dort wird sie bereits von Robert erwartet, dessen Heiratsantrag sie endlich doch annimmt ...

Therese hat sich ein Herz gefasst und mit ihren Kindern Helene und Franz die Reise von Wien nach Kamerun angetreten. Dort wird sie bereits von Robert erwartet, dessen Heiratsantrag sie endlich doch annimmt und die Plantage zu ihrer neuen Heimat macht. Doch die Freude währt nur kurz, denn die erhoffte Ernte fällt Ungeziefer zum Opfer und ist ein herber Rückschlag für Robert. Währenddessen hat Luise Petersen in Hamburg alle Hände voll zu tun, denn nicht nur ihre Rolle als Ehefrau und Mutter verlangt ihr einiges ab, auch die Aufgaben im Kontor verlangen ihre ganze Aufmerksamkeit, denn obwohl die Geschäfte gut laufen, fehlt immer mehr Geld. Dem will Louise mit Hilfe ihres Ehemannes auf den Grund gehen, doch was sie dabei herausfinden, stellt alles in den Schatten. Aber auch der Wiener Hansen-Zweig durchlebt so einige Turbulenzen…
Ellin Carsta hat mit „Der mutige Weg“ den fünften Teil ihrer Hansen-Saga vorgelegt, der den Zeitraum von März bis Mai 1895 wiederspiegelt und allerlei an Überraschungen zu bieten hat. Lesern ist zu empfehlen, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, um die Entwicklungen innerhalb der Familie mitverfolgen zu können. Der flüssig-lockere und bildhafte Schreibstil entführt auch diesmal wieder in die Vergangenheit und lässt den Leser wechselnd von Wien über Kamerun nach Hamburg reisen, um die verstreuten Familienbande beim Meistern ihres täglichen Lebens über die Schulter zu schauen. Mit gut dosierten Informationen aus den Vorgängerbänden bringt die Autorin dem Leser das eine oder andere wieder in Erinnerung, ohne langatmig zu wirken. An allen drei Handlungsorten geht es wieder durchaus spannend zu, werden familiäre Dramen zutage gefördert oder es steht deren Lebensgrundlage auf der Kippe. Auch hier gibt es wieder unvorhersehbare Wendungen, die die Handlung nie langweilig werden lassen. Der Spannungslevel dieser Geschichte steigert sich Kapitel für Kapitel und entlässt den Leser mit einem überraschenden Knalleffekt.
Die Charaktere sind dem Leser bereits ans Herz gewachsen, man kennt die Ehrlichen, aber auch die Intriganten, denen man am besten nie den Rücken zukehrt. Mit ihren menschlichen Ecken und Kanten wirken sie allesamt glaubwürdig, deshalb fällt es nicht schwer, ihnen auf den Fersen zu bleiben. Luise erweist sich als clevere und umsichtige Geschäftsfrau, der man so schnell nichts vormachen kann. Martha rutscht von einem Abgrund in den nächsten. Elisabeth ist eine falsche Schlange, der man nicht über den Weg trauen darf. Friederike traut sich was und erlebt ihr blaues Wunder. Therese wagt endlich den Sprung in ihr persönliches Glück. Aber auch Robert, Hamza, Hans und viele weitere Protagonisten bringen Abwechslung in die Familiengeschichte.
Der historische Roman „Der mutige Weg“ lädt wieder in die weit verstreute Hanse-Familie ein, um hautnah deren Dramen, Intrigen, Liebesbande und Firmenentwicklung weiter mitzuerleben. Einige Geheimnisse kommen ans Licht, andere bleiben noch verborgen. Kurzweilige fesselnde Lektüre mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.04.2020

Angelas Neustart im Veneto

Die Seidenvilla
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Die Einladung ihrer Tante Tess nach Asenza im italienischen Veneto kommt Textilkünstlerin Angela Steeger gerade recht, denn sie benötigt dringend einen Tapetenwechsel, um den Tod ihres Mannes Peter zu ...

Die Einladung ihrer Tante Tess nach Asenza im italienischen Veneto kommt Textilkünstlerin Angela Steeger gerade recht, denn sie benötigt dringend einen Tapetenwechsel, um den Tod ihres Mannes Peter zu verarbeiten und ihr Leben neu auszurichten. So reist Angela nach Italien und zieht in die Villa Serena ihrer Tante ein. Eine rosafarbenen Stola bringt ihr eine Besichtigung der ansässigen 200 Jahre alten Seidenweberei ein, wo Angela nebenbei erfährt, dass diese recht angeschlagen ist und in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Das weckt Angelas Ehrgeiz und sie plant, diese vor der Schließung zu bewahren. Angela benötigt jede Menge Überzeugungskraft, um Lorenzo Rivalecca, den Besitzer der Seidenweberei, sowie dessen Angestellten ihre Pläne schmackhaft zu machen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Die Begegnung mit dem Architekten Dario Monti sowie seinem besten Freund Vittorio Fontarini bringt sie zusätzlich gefühlsmäßig durcheinander. Wer wird ihr Herz erobern und kann die Seidenweberei gerettet werden?
Tabea Bach hat mit „Die Seidenvilla“ den ersten Teil ihrer Seidenvillen-Saga vorgelegt, der mit einem gefühlvollen, flüssigen und bildhaften Schreibstil besticht. Der Leser wird schon mit den ersten Zeilen in die Handlung hineingezogen und erlebt die Hauptprotagonistin in ihrer dunkelsten Stunde. Von da an muss es einfach langsam bergauf gehen, so folgt er Angela ins Veneto, einer der traumhaftesten Kulissen Italiens, um ihr bei der Neuausrichtung ihres Lebens zu beobachten. Die Autorin hat für ihr Hauptthema, die Seidenweberei, sehr gut recherchiert und liefert damit einen schönen Handlungsrahmen voller Informationen, bei dem man als Leser noch so einiges lernen kann. Die Beschreibungen des Veneto sowie der alten Villa sind so atmosphärisch, bildgewaltig und farbenfroh, dass das Kopfkino des Lesers im Dauermodus geschaltet ist. Die Geschichte um die Weberei, aber vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die sich anbahnende Romanze wurden sehr schön miteinander verknüpft und lassen keine Wünsche offen. Durch gut platzierte Wendungen wird zudem für einige Spannung gesorgt.
Abwechslungsreich und lebendig gestaltete Charaktere wurden glaubhaft in Szene gesetzt und wachsen dem Leser aufgrund ihrer aufschlussreichen Gedanken- und Gefühlswelt schnell ans Herz. Deshalb bleibt an ihnen gern auf den Fersen und hofft, leidet und bangt mit ihnen. Andrea ist eine tapfere und mutige Frau, die gerade erst eine radikale Veränderung verkraften muss. Sie paddelt sich langsam wieder an die Oberfläche des Lebens und stellt sich den Herausforderungen, die ihr begegnen. Tochter Nathalie ist eine liebenswerte junge Frau, die nicht nur einfühlsam, sondern auch hilfsbereit ist. Tante Tess ist eine distinguierte ältere Dame mit eigenem Kopf und großem Herzen. Aber auch Fioretta, Lorenzo, Dario, Orsolina und Vittorio spielen wichtige Rollen in dieser Geschichte und binden den Leser an die Lektüre.
Mit „Die Seidenvilla“ ist Tabea Bach ein schöner Auftakt für ihre Saga gelungen, denn die Geschichte fesselt von Beginn an, hat den nötigen Schuss italienisches Flair sowie Romantik und becirct den Leser mit einem wunderbaren Wohlfühlkino. Schöne Lektüre mit verdienter Empfehlung!

Veröffentlicht am 08.04.2020

Angekommen

Die kleine Traumküche in Cornwall
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Clemmie ist ein Zugvogel, ein unruhiger Geist, ständig auf Achse mit ihren Siebensachen im Koffer. Ihr malerisches Heimatstädtchen St. Aiden in Cornwall ist ihr zu eng, deswegen möchte sie das von ihrer ...

Clemmie ist ein Zugvogel, ein unruhiger Geist, ständig auf Achse mit ihren Siebensachen im Koffer. Ihr malerisches Heimatstädtchen St. Aiden in Cornwall ist ihr zu eng, deswegen möchte sie das von ihrer Großmutter Laura geerbte Apartment im Seaspray Cottage verkaufen, um so schnell wie möglich wieder in die Welt hinauszuziehen. Doch als Clemmie hat nicht mit den alten Kindheitserinnerungen gerechnet, die sie übermannen und noch weniger mit ihren alten Freunden, die sie neben dem Rezeptbuch ihrer Großmutter schon bald auf Ideen bringen, sich in der gemütliche Apartmentküche auszutoben, für Singles zu kochen und einige Events zu organisieren, die Geld in ihre Kasse spülen. Nebenbei eilt der gutaussehende Nachbar Charlie Hobson ihr zur Hilfe und lässt ihr Herz höher schlagen, was Clemmie dazu zwingt, Entscheidungen für ihr zukünftiges Leben zu treffen…
Jane Linfood hat mit „Die kleine Traumküche in Cornwall“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der mit nicht nur mit malerischen Landschaftsbeschreibungen punkten kann, sondern dem Leser auch den Mund wässerig macht mit allerlei Köstlichkeiten, die während der Geschichte aufgefahren werden. Der Erzählstil ist ebenso flüssig-leicht wie bildhaft, wobei auch einiges an Humor aufblitzt. Der Leser taucht schnell in die Seiten hinein und folgt Clemmie ins idyllische St. Aiden nach Cornwall, lässt sich dort den Meereswind um die Nase wehen und die zwischenmenschlichen Beziehungen in dem kleinen Ort beobachten, die für einige Entwicklungen sorgen. Ob der Club der Meerjungfrauen oder auch der Singletreff, ob der lästige attraktive Nachbar oder auch die Tierwelt, alle miteinander sind so liebevoll wie warmherzig miteinander verknüpft, so dass der Leser sich unter ihnen wohlfühlt. Der Leser steht neben Clemmie in der Küche, um sie bei ihrem Chaos zu beobachten und drei Kreuzzeichen macht, als Charlie sich als begnadeter Koch- und Backkünstler entpuppt. Der Spannungslevel ist in dieser Geschichte zwar nicht hoch angelegt, aber die Handlung ist abwechslungsreich und gefühlvoll umgesetzt, dass die Seiten nur so dahinfliegen.
Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig in Szene gesetzt, ihren Ecken und Kanten überzeugen mit Authentizität. Der Leser fühlt sich ihnen nah und kann mit ihnen fiebern. Clemmie ist ein unruhiger Geist mit Hummeln im Hintern. Immer in Bewegung hasst sie Stillstand und Routine sowie Langeweile. Sie ist unternehmungslustig und auch experimentierfreudig, aber auch unsicher und ängstlich, was sie nach außen nicht zeigt. Sie muss lernen, sich selbst mehr zuzutrauen und etwas Stabilität in ihr Leben zu bringen. Charlie ist ein gestandenes attraktives Mannsbild, der nicht nur geschäftlich souverän ist, sondern auch Liebe fürs Kochen und Backen besitzt. Die Meerjungfrauen sind Clemmies alte Jugendfreundinnen, ein verrückter, aber liebenswerter Haufen voller Ideen und mit viel Hilfsbereitschaft und unterstützenden Händen. Ebenso überzeugen die übrigen Protagonisten und Kleintiere, die der Handlung ihren bunten Stempel aufdrücken.
„Die kleine Traumküche in Cornwall“ geht nicht nur durch den Magen mit all seinen aufgeführten Leckereien, sondern auch ins Herz mit einer gefühlvollen Geschichte, die von Cornwall und dem Meer träumen lässt. Verdiente Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 06.04.2020

Wenn die Vergangenheit einen einholt

Die Seebadvilla
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1992 München. Als Caroline ihrer Mutter Henriette „Henni“ Faber beim den Vorbereitungen zu einem Umzug hilft, findet sie beim Stöbern neben einem alten Foto auch ein Anwaltsschreiben, indem es um die Rückübertragung ...

1992 München. Als Caroline ihrer Mutter Henriette „Henni“ Faber beim den Vorbereitungen zu einem Umzug hilft, findet sie beim Stöbern neben einem alten Foto auch ein Anwaltsschreiben, indem es um die Rückübertragung einer alten Usedomer Villa geht. Caroline hat noch nie etwas davon gehört, aber als sie Henni darauf anspricht, macht diese dicht und lässt nicht mit sich reden. Carolines Neugier treibt sie erst zu ihrer dementen Großmutter Grete nach Berlin und dann nach Usedom, um das Geheimnis zu lüften…
1952 Ahlbeck. Grete betreibt mit Hilfe ihrer Töchter Lisbeth und Henni eine kleine Pension, die ihnen ihr Auskommen sichert. Sie wehrt sich gegen die Enteignung und Verstaatlichung ihres familiengeführten Hauses durch das DDR-Regime und sieht sich tagtäglich Anfeindungen und Repressalien ausgesetzt, die immer schlimmer werden…
Kathleen Freitag hat mit „Die Seebadvilla“ einen unterhaltsamen und berührenden Roman vorgelegt, der neben einer schön gestrickten Geschichte über zwei Zeitebenen auch eine wunderbare historische Hintergrundrecherche offenbart, die der Handlung viel Authentizität verleiht. Der flüssige und bildgewaltige Schreibstil der Autorin veranlasst Leser von Beginn an ein tolles Kopfkino, so sieht er nicht nur das wunderschöne Usedom vor sich, spürt die Seeluft auf der Haut, während der Sand unter den Füssen knirscht, sondern darf auch gemeinsam mit Caroline ein altes Familiengeheimnis aufdecken, indem er sich mit ihr daran macht, die Vergangenheit wieder aufzurollen. Bei der historischen Recherche für ihren Roman hat die Autorin gute Arbeit geleistet, der Leser erfährt über die erbarmungslosen Methoden der DDR-Regierung, um Menschen zu drangsalieren, die nur ihr eigen Hab und Gut schützen und in der Familie halten wollten. Dabei offenbart sich auch, wer linientreu und gleichzeitig neidisch auf seine Mitmenschen und Nachbarn ist, die sich bisher erfolgreich zur Wehr setzten. Wechselnde Perspektiven, die mal die Gegenwart und mal die Vergangenheit wiederspiegeln, steigern die Spannung und lassen trotzdem jede Menge Gefühle im Leser aufsteigen, die ihn den Protagonisten sehr nahe bringen.
Die Charaktere sind sehr lebendig und realistisch in Szene gesetzt, so dass der Leser ihnen aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit nur zu gerne durch die Handlung folgt und mit ihnen so einiges durchsteht. Caroline ist eine hilfsbereite, offene und freundliche Frau, die mit einer gesunden Neugier ausgestattet ist und sich nicht so schnell von ihrem Vorhaben abbringen lässt, den Dingen auf den Grund zu gehen. Henriette (Henni) hat zu viel erlebt und die Dinge in ihrem Herzen begraben, um nach vorn sehen zu können. Doch die Vergangenheit holte einen immer wieder ein, damit man sich ihr endlich stellt und darin Frieden findet. Grete ist zwar dement, doch in ihren lichten Momenten kommen die Erinnerungen wieder, dann gelingt ihr der Blick zurück. Aber auch Lisbeth spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte, die rundum sehr gelungen ist.
„Die Seebadvilla“ ist ein unterhaltsamer Roman mit Tiefgang, der die deutsch-deutsche Geschichte wieder sehr präsent werden lässt. Ein einfühlsamer und fesselnder Erzählstil sowie eine geschickt verpackte Handlung über zwei Zeitebenen schenken dem Leser eine schöne Auszeit und einen Ausflug in die Vergangenheit. Verdiente Leseempfehlung!