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Veröffentlicht am 22.04.2020

Hat viel mehr zu bieten, als es auf den ersten Blick scheint!

Nur eine Liste
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Hinter dieser Geschichte hatte ich eine oberflächliche High-School-Story erwartet, stattdessen entpuppte sich "Nur eine Liste" zu meiner großen Überraschung als provokante, teilweise sogar bissige Abrechnung ...

Hinter dieser Geschichte hatte ich eine oberflächliche High-School-Story erwartet, stattdessen entpuppte sich "Nur eine Liste" zu meiner großen Überraschung als provokante, teilweise sogar bissige Abrechnung mit dem Schönheitswahn der Jugend und der Oberflächlichkeit von High School Hierarchien.


Erste Sätze: "Seit Ewigkeiten finden die Schüler der Mount Washington Highschool, wenn sie am letzten Montag im September in die Schule kommen, eine Liste mit dem hübschesten und dem hässlichsten Mädchen jeder Klassenstufe vor. Dieses Jahr wird es nicht anders sein. Ungefähr vierhundert Kopien hängen zurzeit an mehr oder weniger auffälligen Stellen."


Das Cover ist grundsätzlich nicht schlecht gestaltet mit der Listenartigen Ansammlung der im Buch vorkommenden Namen der Mädchen und dem Kontrast aus knalligem Rosa und dunklem Schwarz, der besser als alles andere die Pole "hässlich" und "schön" widerspiegelt, um die sich die Geschichte hauptsächlich dreht. Auf der anderen Seite wirkt die Farbgebung in Kombination mit dem Gesicht (von dem ich leider auch nicht weiß, wen es darstellen soll), auf mich eher abschreckend und ich hätte mir eine etwas neutralere Gestaltung gewünscht, die vielleicht auch ältere oder männliche Leser anziehen könnte. Innerhalb der Buchdeckel ist der Roman bis auf die abgedruckte Liste zu Beginn sehr schlicht und ohne große Verzierungen gehalten. Unterteilt in 46 Kapitel und sechs Tage lesen wir aus der Sicht von acht Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch egal ob Sportlerin, Aufsteigerin, Beautyqueen, Rebellin, Mauerblümchen oder Mitläuferin, diese drei Mädchen verbindet eines - um es mal mit den Worten der Schulleiterin zu formulieren: "Jeder von Ihnen ist etwas Schreckliches widerfahren. Jemand hat sich angemaßt, Sie vorzuführen, Ihnen ein Etikett anzuhängen und Sie auf die oberflächlichste, unsachlichste Version Ihres Selbst zu reduzieren. Und diese Tat hat emotionale Folgen, unabhängig davon, auf welcher Seite Sie stehen."


Und mit genau diesen emotionalen und sozialen Folgen der Liste beschäftigt sich der gesamte Roman. Abwechselnd begleiten wir die acht Mädchen der Klassenstufen 9 bis 12 - je die "hässlichste" und die "schönste" - durch ihre Woche und erfahren vom Aushang der Liste bis zum Homecoming Ball hautnah, was es mit den Mädchen macht, einen Stempel aufgedrückt bekommen zu haben, wie es ihren Alltag und ihre soziale Stellung verändert und wie sie sich dabei fühlen. Dabei legt die Autorin vor allem Wert auf die Gefühlswelt der Protagonistinnen und durchleuchtet ihre Vergangenheit, ihr Freundeskreis und prägende Ereignisse der letzten Zeit, um dem Leser klarzumachen, weshalb die Liste für alle acht eine große Macht besitzt. Eigentlich ist der Aufbau mit den wechselnden Erzählerinnen sehr simpel und auch die Grundidee ist schlicht, gerade deshalb kann man sich jedoch problemlos vorstellen, dass sich genau diese Handlung irgendwo an einer Highschool ereignet. Und selbst wenn es keine Liste ist, die explizit in "hässlich" und "schön" unterteilt sind doch Bälle, Jahrbücher und Co nichts anderes als offiziell genehmigte Schönheits- und Beliebtheitswettbewerbe. Gerade weil viele der angesprochenen Themen so alltäglich erscheinen und sich fast jeder Leser mit einer der vorgestellten Protagonistinnen identifizieren können wird, kann man der Geschichte so leicht folgen und die Oberflächlichkeit und Grausamkeit der Jugendlichen geht unter die Haut.


"Die Liste schaffte es, die gesamte weibliche Schülerschaft auf drei klar abgegrenzte Gruppen zu reduzieren. Die Hübschesten. Die Hässlichsten. Und alle anderen."


Neben den acht Handlungssträngen, die alle mehr oder weniger zusammenhängen gilt es die übergreifende Frage zu lösen, wer die Liste geschrieben hat und warum. Durch einige Andeutungen kann sich der Leser selbst Gedanken machen und wir immer wieder vor die Frage gestellt, was denn nun wirklich "hässlich" oder "schön" ist. Hässliche Geheimnisse hinter schönen Fassaden, falsche Freundschaften hinter großer Beliebtheit, Unsicherheit und Selbstzweifel hinter gespielter Perfektion - mit jedem Kapitel, das hinzukommt, zeigt uns Siobhan Vivian, dass diese beiden Kategorien alles andere als einfach zu trennen und nicht objektiv gültig sein können. Dabei geht sie jedoch über die typische "ihr seid alle auf eure Weise schön"-Jugendbuch-Message hinaus und baut geschickt Themen wie Mobbing, Essstörungen, Bodyshaming, Neid, Ehrgeiz und Schönheitsideale mit ein. Währenddessen zeigt sie, wie der Drang nach Schönheit und die Erwartungen der Gesellschaft (und sei es auch nur eine so einfache und oberflächliche wie eine Highschool) auf ganz verschiedenen Personen lastet und wie Selbstzweifel mehr Schaden anrichten, als man hinter Fassaden vermutet. Auf indirekte Weise äußert die Autorin also sehr viel Gesellschaftskritik, was "Nur eine Liste" erstaunlich tiefgründig für eine Highschool-Geschichte werden lässt.


"HÄSSLICH... Die Liste hat so viel Macht, ihr Urteil ist endgültig, und trotzdem will sich niemand mit dem schwarzen Edding auf Sarahs Gesicht auseinandersetzen. Scheißfeiglinge."


Besonders überzeugen jedoch die acht Protagonistinnen, die uns über den Zeitraum einer Woche an ihrem Leben teilhaben lassen und erstaunlich tiefsinnige Abgründe offenbaren. Auch wenn ich zu Beginn Probleme hatte, die acht, ihr Label und die vielen Nebenfiguren auseinanderzuhalten und immer wieder auf der Liste nachschauen musste, funktioniert die Erzählweise aus acht Perspektiven beeindruckend gut. Schon nach hundert Seiten haben wir ein detailliertes Porträt der Protagonistinnen vor Augen und können verfolgen, wie sie sich im Laufe der Geschichte von ihren Klischees lösen und sich aus den Schubladen befreien, in die man sie zu Beginn noch gesteckt hat.
Danielle DeMarco.
Abby Warner.
Candace Kincaid.
Lauren Finn.
Sarah Singer.
Bridget Honeycutt.
Jennifer Briggis.
Margo Gable
- vier "schöne" und vier "hässliche" Mädchen, acht "Opfer" eines geheimen Bewertenden, vor allem aber acht sehr spannende und unterschiedliche Personen, die mir nicht immer alle sympathisch waren, die uns aber trotzdem ans Herz wachsen und deren Gründe für ihr Handeln wir immer besser verstehen lernen.


"Sie möchte sich schön fühlen. Jedes Mädchen hier möchte das. Nur deshalb denken wir an nichts anderes als die Liste, den Ball" (…)
"Ich glaube nicht, dass es darum geht", widerspricht Matthew. "Ihr Mädchen wollt von allen anderen für schön gehalten werden."


Danielle ist eine begabte Schwimmerin, deren muskulöser Körper nicht den weiblichen Idealen entspricht und die deshalb bald "Dan the Man" genannt wird und auch durch die verhaltene Reaktion ihres Freundes ein Teil ihrer weiblichen Identität verliert. Abbys Aussehen ist das einzige, was sie hinter ihrer klugen Schwester Fern hervorblitzen lässt, durch die Liste kann sie sich endlich auch mal besonders fühlen, ihr entgeht jedoch, wen sie damit alles verletzt. Candace ist eigentlich alles andere als hässlich und das weiß sie auch, als die Liste sich aber aufgrund ihres schonungslosen Verhaltens als hässlich einstuft und sie ihre Stellung verliert, muss sie ihr Verhalten überdenken und sich mit ihrer inneren Schönheit auseinandersetzen. Das hübsche Mauerblümchen Lauren, das zuvor zuhause von ihrer klammernden Mutter unterrichtet wurde, ist überrascht, dass sie nach der Liste kometenhaft im Ansehen ihrer Mitschüler aufsteigt und muss sich fragen, was sie wirklich will. Sarah ist die geborene Rebellin und suhlt sich in ihrem Außenseitertum, als das Urteil der Liste sie jedoch trotzdem schmerzhaft trifft, beginnt sie, dem Schönheitswahn den Krieg zu erklären und will durch einen Duschstreik ein Zeichen setzen. Bridget ist eigentlich von Natur aus schön, als sie jedoch nach einem Sommer, in dem sie einiges durch krankhafte Selbstdisziplin abgenommen hat, durch die Liste die Bestätigung erhält, spitzt sich ihr Schlankheitswahn immer mehr zu. Jennifer ist eine Ausgestoßene seit ihre beste Freundin Margo sie vor der Highschool fallen ließ und die Liste ihr den Todesstoß versetzte, doch auch als sie zum vierten Mal als "hässlichste" denunziert wird, ist ihr Wunsch, dazuzugehören noch nicht verloschen. Margos Wunsch, nach ihrer Schwester Maureen Homecoming Queen zu werden und an der Seite ihres besten Freundes zu tanzen, für den sie schon seit Jahren schwärmt, ist indirekt Auslöser des ganzen Schlamassel, und als er kurz davor ist, endlich in Erfüllung zu gehen, macht ihr ausgerechnet Jennifer ein Strich durch die Rechnung. Doch ist es das alles wert? Ist das Gefühl, schön zu sein es wert, Freundschaften zu ruinieren? Rechtfertigen der Triumph über andere und hohes Ansehen, die Gefühle von anderen zu verletzen...?


"Milo legt die Arme um sie und hält sie fest. Und Sarah lässt es zu. Sie lässt für einen Augenblick zu, dass sie verletzlich ist, lässt ihn ihr wirkliches, ehrliches, hässliches Ich sehen. Es ist ein wunderschöner Anblick."



Das Ende beinhaltet einige überraschende Wendungen, lässt uns aber Großteils mit vielen offenen Fragen zurück. Auch wenn es sich äußerst unbefriedigend anfühlt, die Geschichte ohne klare Linie und Antworten zu verlassen, kann ich mir nach längerem Nachdenken kein besseres Ende vorstellen. Insgesamt ist mein Fazit also, dass diese Geschichte über Oberflächlichkeit, Freundschaft, Liebe, Neid, Stereotypen und Schönheit mehr bietet, als es auf den ersten Blick scheint.



Fazit:


Leise Gesellschaftskritik, acht spannende und authentische Protagonistinnen und absolute Klischeefreiheit machen diese High-School-Geschichte über Oberflächlichkeit, Freundschaft, Liebe, Neid, Stereotypen und Schönheit zu einem absoluten Überraschungserfolg. Sehr empfehlenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.04.2020

Hat viel mehr zu bieten, als es auf den ersten Blick scheint!

Nur eine Liste
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Hinter dieser Geschichte hatte ich eine oberflächliche High-School-Story erwartet, stattdessen entpuppte sich "Nur eine Liste" zu meiner großen Überraschung als provokante, teilweise sogar bissige Abrechnung ...

Hinter dieser Geschichte hatte ich eine oberflächliche High-School-Story erwartet, stattdessen entpuppte sich "Nur eine Liste" zu meiner großen Überraschung als provokante, teilweise sogar bissige Abrechnung mit dem Schönheitswahn der Jugend und der Oberflächlichkeit von High School Hierarchien.


Erste Sätze: "Seit Ewigkeiten finden die Schüler der Mount Washington Highschool, wenn sie am letzten Montag im September in die Schule kommen, eine Liste mit dem hübschesten und dem hässlichsten Mädchen jeder Klassenstufe vor. Dieses Jahr wird es nicht anders sein. Ungefähr vierhundert Kopien hängen zurzeit an mehr oder weniger auffälligen Stellen."


Das Cover ist grundsätzlich nicht schlecht gestaltet mit der Listenartigen Ansammlung der im Buch vorkommenden Namen der Mädchen und dem Kontrast aus knalligem Rosa und dunklem Schwarz, der besser als alles andere die Pole "hässlich" und "schön" widerspiegelt, um die sich die Geschichte hauptsächlich dreht. Auf der anderen Seite wirkt die Farbgebung in Kombination mit dem Gesicht (von dem ich leider auch nicht weiß, wen es darstellen soll), auf mich eher abschreckend und ich hätte mir eine etwas neutralere Gestaltung gewünscht, die vielleicht auch ältere oder männliche Leser anziehen könnte. Innerhalb der Buchdeckel ist der Roman bis auf die abgedruckte Liste zu Beginn sehr schlicht und ohne große Verzierungen gehalten. Unterteilt in 46 Kapitel und sechs Tage lesen wir aus der Sicht von acht Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch egal ob Sportlerin, Aufsteigerin, Beautyqueen, Rebellin, Mauerblümchen oder Mitläuferin, diese drei Mädchen verbindet eines - um es mal mit den Worten der Schulleiterin zu formulieren: "Jeder von Ihnen ist etwas Schreckliches widerfahren. Jemand hat sich angemaßt, Sie vorzuführen, Ihnen ein Etikett anzuhängen und Sie auf die oberflächlichste, unsachlichste Version Ihres Selbst zu reduzieren. Und diese Tat hat emotionale Folgen, unabhängig davon, auf welcher Seite Sie stehen."


Und mit genau diesen emotionalen und sozialen Folgen der Liste beschäftigt sich der gesamte Roman. Abwechselnd begleiten wir die acht Mädchen der Klassenstufen 9 bis 12 - je die "hässlichste" und die "schönste" - durch ihre Woche und erfahren vom Aushang der Liste bis zum Homecoming Ball hautnah, was es mit den Mädchen macht, einen Stempel aufgedrückt bekommen zu haben, wie es ihren Alltag und ihre soziale Stellung verändert und wie sie sich dabei fühlen. Dabei legt die Autorin vor allem Wert auf die Gefühlswelt der Protagonistinnen und durchleuchtet ihre Vergangenheit, ihr Freundeskreis und prägende Ereignisse der letzten Zeit, um dem Leser klarzumachen, weshalb die Liste für alle acht eine große Macht besitzt. Eigentlich ist der Aufbau mit den wechselnden Erzählerinnen sehr simpel und auch die Grundidee ist schlicht, gerade deshalb kann man sich jedoch problemlos vorstellen, dass sich genau diese Handlung irgendwo an einer Highschool ereignet. Und selbst wenn es keine Liste ist, die explizit in "hässlich" und "schön" unterteilt sind doch Bälle, Jahrbücher und Co nichts anderes als offiziell genehmigte Schönheits- und Beliebtheitswettbewerbe. Gerade weil viele der angesprochenen Themen so alltäglich erscheinen und sich fast jeder Leser mit einer der vorgestellten Protagonistinnen identifizieren können wird, kann man der Geschichte so leicht folgen und die Oberflächlichkeit und Grausamkeit der Jugendlichen geht unter die Haut.


"Die Liste schaffte es, die gesamte weibliche Schülerschaft auf drei klar abgegrenzte Gruppen zu reduzieren. Die Hübschesten. Die Hässlichsten. Und alle anderen."


Neben den acht Handlungssträngen, die alle mehr oder weniger zusammenhängen gilt es die übergreifende Frage zu lösen, wer die Liste geschrieben hat und warum. Durch einige Andeutungen kann sich der Leser selbst Gedanken machen und wir immer wieder vor die Frage gestellt, was denn nun wirklich "hässlich" oder "schön" ist. Hässliche Geheimnisse hinter schönen Fassaden, falsche Freundschaften hinter großer Beliebtheit, Unsicherheit und Selbstzweifel hinter gespielter Perfektion - mit jedem Kapitel, das hinzukommt, zeigt uns Siobhan Vivian, dass diese beiden Kategorien alles andere als einfach zu trennen und nicht objektiv gültig sein können. Dabei geht sie jedoch über die typische "ihr seid alle auf eure Weise schön"-Jugendbuch-Message hinaus und baut geschickt Themen wie Mobbing, Essstörungen, Bodyshaming, Neid, Ehrgeiz und Schönheitsideale mit ein. Währenddessen zeigt sie, wie der Drang nach Schönheit und die Erwartungen der Gesellschaft (und sei es auch nur eine so einfache und oberflächliche wie eine Highschool) auf ganz verschiedenen Personen lastet und wie Selbstzweifel mehr Schaden anrichten, als man hinter Fassaden vermutet. Auf indirekte Weise äußert die Autorin also sehr viel Gesellschaftskritik, was "Nur eine Liste" erstaunlich tiefgründig für eine Highschool-Geschichte werden lässt.


"HÄSSLICH... Die Liste hat so viel Macht, ihr Urteil ist endgültig, und trotzdem will sich niemand mit dem schwarzen Edding auf Sarahs Gesicht auseinandersetzen. Scheißfeiglinge."


Besonders überzeugen jedoch die acht Protagonistinnen, die uns über den Zeitraum einer Woche an ihrem Leben teilhaben lassen und erstaunlich tiefsinnige Abgründe offenbaren. Auch wenn ich zu Beginn Probleme hatte, die acht, ihr Label und die vielen Nebenfiguren auseinanderzuhalten und immer wieder auf der Liste nachschauen musste, funktioniert die Erzählweise aus acht Perspektiven beeindruckend gut. Schon nach hundert Seiten haben wir ein detailliertes Porträt der Protagonistinnen vor Augen und können verfolgen, wie sie sich im Laufe der Geschichte von ihren Klischees lösen und sich aus den Schubladen befreien, in die man sie zu Beginn noch gesteckt hat.
Danielle DeMarco.
Abby Warner.
Candace Kincaid.
Lauren Finn.
Sarah Singer.
Bridget Honeycutt.
Jennifer Briggis.
Margo Gable
- vier "schöne" und vier "hässliche" Mädchen, acht "Opfer" eines geheimen Bewertenden, vor allem aber acht sehr spannende und unterschiedliche Personen, die mir nicht immer alle sympathisch waren, die uns aber trotzdem ans Herz wachsen und deren Gründe für ihr Handeln wir immer besser verstehen lernen.


"Sie möchte sich schön fühlen. Jedes Mädchen hier möchte das. Nur deshalb denken wir an nichts anderes als die Liste, den Ball" (…)
"Ich glaube nicht, dass es darum geht", widerspricht Matthew. "Ihr Mädchen wollt von allen anderen für schön gehalten werden."


Danielle ist eine begabte Schwimmerin, deren muskulöser Körper nicht den weiblichen Idealen entspricht und die deshalb bald "Dan the Man" genannt wird und auch durch die verhaltene Reaktion ihres Freundes ein Teil ihrer weiblichen Identität verliert. Abbys Aussehen ist das einzige, was sie hinter ihrer klugen Schwester Fern hervorblitzen lässt, durch die Liste kann sie sich endlich auch mal besonders fühlen, ihr entgeht jedoch, wen sie damit alles verletzt. Candace ist eigentlich alles andere als hässlich und das weiß sie auch, als die Liste sich aber aufgrund ihres schonungslosen Verhaltens als hässlich einstuft und sie ihre Stellung verliert, muss sie ihr Verhalten überdenken und sich mit ihrer inneren Schönheit auseinandersetzen. Das hübsche Mauerblümchen Lauren, das zuvor zuhause von ihrer klammernden Mutter unterrichtet wurde, ist überrascht, dass sie nach der Liste kometenhaft im Ansehen ihrer Mitschüler aufsteigt und muss sich fragen, was sie wirklich will. Sarah ist die geborene Rebellin und suhlt sich in ihrem Außenseitertum, als das Urteil der Liste sie jedoch trotzdem schmerzhaft trifft, beginnt sie, dem Schönheitswahn den Krieg zu erklären und will durch einen Duschstreik ein Zeichen setzen. Bridget ist eigentlich von Natur aus schön, als sie jedoch nach einem Sommer, in dem sie einiges durch krankhafte Selbstdisziplin abgenommen hat, durch die Liste die Bestätigung erhält, spitzt sich ihr Schlankheitswahn immer mehr zu. Jennifer ist eine Ausgestoßene seit ihre beste Freundin Margo sie vor der Highschool fallen ließ und die Liste ihr den Todesstoß versetzte, doch auch als sie zum vierten Mal als "hässlichste" denunziert wird, ist ihr Wunsch, dazuzugehören noch nicht verloschen. Margos Wunsch, nach ihrer Schwester Maureen Homecoming Queen zu werden und an der Seite ihres besten Freundes zu tanzen, für den sie schon seit Jahren schwärmt, ist indirekt Auslöser des ganzen Schlamassel, und als er kurz davor ist, endlich in Erfüllung zu gehen, macht ihr ausgerechnet Jennifer ein Strich durch die Rechnung. Doch ist es das alles wert? Ist das Gefühl, schön zu sein es wert, Freundschaften zu ruinieren? Rechtfertigen der Triumph über andere und hohes Ansehen, die Gefühle von anderen zu verletzen...?


"Milo legt die Arme um sie und hält sie fest. Und Sarah lässt es zu. Sie lässt für einen Augenblick zu, dass sie verletzlich ist, lässt ihn ihr wirkliches, ehrliches, hässliches Ich sehen. Es ist ein wunderschöner Anblick."



Das Ende beinhaltet einige überraschende Wendungen, lässt uns aber Großteils mit vielen offenen Fragen zurück. Auch wenn es sich äußerst unbefriedigend anfühlt, die Geschichte ohne klare Linie und Antworten zu verlassen, kann ich mir nach längerem Nachdenken kein besseres Ende vorstellen. Insgesamt ist mein Fazit also, dass diese Geschichte über Oberflächlichkeit, Freundschaft, Liebe, Neid, Stereotypen und Schönheit mehr bietet, als es auf den ersten Blick scheint.



Fazit:


Leise Gesellschaftskritik, acht spannende und authentische Protagonistinnen und absolute Klischeefreiheit machen diese High-School-Geschichte über Oberflächlichkeit, Freundschaft, Liebe, Neid, Stereotypen und Schönheit zu einem absoluten Überraschungserfolg. Sehr empfehlenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.04.2020

Authentisch, emotional, berührend!

All In - Tausend Augenblicke
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"All in - Tausend Augenblicke" von Emma Scott lag ein paar Wochen auf meinem SuB, bevor mir diese tragische Liebesgeschichte spektakulär das Herz gebrochen hat. Hier zeigen sich das New Adult Genre und ...

"All in - Tausend Augenblicke" von Emma Scott lag ein paar Wochen auf meinem SuB, bevor mir diese tragische Liebesgeschichte spektakulär das Herz gebrochen hat. Hier zeigen sich das New Adult Genre und auch die Autorin von ihrer besten Seite, sodass ich Zwischenzeitlich gute Hoffnung hatte, dass "All In" zu meinem ersten richtigen Jahreshighlight 2020 wird, also mit vollen 5 Sternen, Gefühlsausbrüchen und monatlichem Reread, doch leider blieb mir die Geschichte an manchen Stellen zu oberflächlich und geschönt um vollends zu überzeugen.


"Ich werde dich allein lassen", sagte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Die Worte hingen zwischen uns, der Kern all unserer Schmerzen und Tränen und Bedenken. Aber Kacey lächelte - sie lächelte tatsächlich - während ihr Tränen die Wangen hinabliefen.
"Noch nicht. Nicht heute. Wir haben vielleicht keine Monate oder Jahre, aber wir haben Augenblicke. Tausende und Abertausende davon. Lass uns jeden Moment leben, ihn nutzen und bis zum Letzten auskosten."


Das Cover ist sehr schön anzusehen mit dem dunkel-violetten Grund und den Lichtpunkten in verschiedenen warmen Farben, bei denen man erst auf den zweiten Blick sieht, dass sie von einem aufflammenden Streichholz erzeugt werden. Dieses Motiv, das sich nicht aufdringlich in den Vordergrund drängt sondern erst auf den zweiten Blick offenbart, passt wunderbar zur Geschichte. Denn auch die Liebe zwischen Jonah und Kacey flammt hier schnell auf, brennt hell und lodernd, hat aber ein absehbares Ende und erlischt früher als wir uns das gewünscht hätten. Der Titel "All in" bezieht sich sowohl auf Kaceys und Jonahs Ausflug in die Casinos von Vegas als auch auf ihre Beziehung, die sie ohne Rücksicht auf Verluste ganz ihrem Herzen folgend anstatt ihrem Verstand eingehen und ganz versuchen, sich auf den Moment zu konzentrieren. Warum aber der Originaltitel "Full Tilt", ebenfalls ein Ausdruck beim Pokern und ebenfalls passend auf Kacey und Jonah nicht übernommen und stattdessen der Originaltitel des englischen zweiten Teils auf beide Bände übertragen wurden, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Nichtsdestotrotz ist die Gestaltung wundervoll und passt gut zur Geschichte.


Erster Satz: "Weißes Licht blendete mich."


Die Geschichte von Jonah und Kacey beginnt mit einem Prolog, in dem der Leser schon erfährt, was Jonahs Problem ist, sodass mir von Beginn an klar war: das wird keine lockere, lustige Heile-Welt-Geschichte mit strahlendem Happy End. Auch in Kaceys Leben sieht es zu Beginn alles andere als freundlich aus. Sie hat zwar keine schreckliche Diagnose, tanzt aber derart am Abgrund entlang, dass sie trotz ihres kometenhaften Aufstiegs mit ihrer Rockband "Rapid Confession" kurz davor ist, sich ins Abseits zu katapultieren. Ständig betrunken, haltlos vom einen Bett ins nächste taumelnd und mit regelmäßigen Blackouts hat sie komplett die Kontrolle über ihr Leben verloren und bracht dringend eine Pause. Die findet sie zu ihrer Überraschung bei ihrem Chauffeur Jonah, der sie nach einem Absturz zu sich nach Hause nimmt und ihr anbietet, ein paar Tage bei ihm zu bleiben. Auch wenn sie nicht auf der Suche nach einer neuen Liebe ist und auch Jonah alles andere als vorhat, von seiner wichtigen Routine abzuweichen und sich zu verlieben, kommen sich die beiden schnell näher. Er gibt ihr Halt und rettet sie, erdet sie und sie belohnt ihn mit bedingungsloser Liebe und Hilfe in der schlimmsten Phase seines Lebens...


"Roter Lippenstift, schwarzer Eyeliner. Ich sah vielleicht nach Rock´n´Roll aus, aber ich fühlte mich wie zerbrochenes Glas, das überall verstreut war. Ich wusste nicht mehr, wer oder was ich war, aber ich glitzerte hübsch im Rampenlicht."


Etwas überrascht hat mich, dass Jonahs Welt, sein Alltag und sein Umfeld einen viel größeren Raum einnehmen als Kaceys Rockstar-Leben, was ich mir aufgrund des Klapptexts anders vorgestellt hatte. Ich will mich aber auf keinen Fall darüber beschweren, dadurch dass ihre Karriere nur Ausgangspunkt aber nicht Thema des Romans ist, reiht sich die Geschichte nicht in die lange Reihe spaßiger aber bedeutungsloser Rockstar-Romanzen ein sondern sticht aus dem eintönigen Meer der Klischeehaftigkeit angenehm hervor. Etwas schade ist dabei nur, dass es zeitweise kaum eine Rolle zu spielen scheint, dass Kacey Musikerin ist, da das bis auf ein paar Stellen nicht vorkommt (vielleicht ändert sich das ja im zweiten Teil noch). Sehr gut gefallen wiederum hat mir, dass Kaceys und Jonahs Annäherung nicht überstürzt ist und plötzlich große Gefühle aus dem Nichts auftauchen.


"Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie auf einer Bühne stand und vor einem kreischenden Publikum E-Gitarre spielte. Sie schien kurz davor, auseinanderzubrechen, und außer dieser Freundin mit dem zweifarbigen Haar schien sie niemanden auf der Welt zu haben, der ihr half, ganz zu bleiben."


Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Kacey und Jonah und lässt uns so an deren Lage, ihren Gefühlen und ihrer zarten Verbindung teilhaben. Ihr langsames, authentisches Kennenlernen so süß, dass wir den Beiden von Herzen eine gemeinsame Zukunft wünschen und die letzten Seiten einen mit erbarmungsloser Härte treffen. Man weiß als Leser zwar noch vor Kacey, dass diese nicht gut ausgehen wird, dass am Ende eine Person mit gebrochenem Herzen zurückgelassen wird (jedoch aus einem anderen Grund als viele von euch jetzt vielleicht erwarten würde). Und dennoch: man muss sich genau wie Kacey in diese Geschichte stürzen, all die schönen Momente auskosten und von Herzen hoffen, dass das Schöne am Ende das Hässliche aufwiegt.


"Sterben, das hatte ich gelernt, war kein Mannschaftssport. Es war ein einsames Unterfangen. Alle, die ich liebte, standen am trockenen Ufer, während ich allein in einem Boot saß, das sich langsam von der Küste entfernte, aber niemand konnte etwas tun. Sie konnten nur dabei zusehen."


Und das tut es tatsächlich. Emma Scott, von der ich bislang schon "The Light In Us" und "Bring Down The Stars" gelesen habe, hat hier eine weitere Geschichte voller Schmerz, Liebe und Wahrheit geschrieben, die mich zum Weinen, zum Lachen und zum Mitfiebern gebracht, vor allem aber tief berührt hat. Ihr wundervoller Schreibstil erschafft eine bittersüße Grundstimmung, denn wir lesen hier nicht nur vom Beginn und Höhepunkt einer Liebe mit einer bedeutungsvollen Zukunft sondern auch vom Ende. Was passiert, wenn man die große Liebe erst trifft, wenn es schon fast zu spät ist? Ist eine Liebe mit Ablaufdatum trotzdem wert gelebt zu werden? Welches Vermächtnis hinterlassen wir, wenn wir gehen? All diesen Fragen geht sie nach - tragisch, berührend, emotional und unvergesslich! Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. Sie erschafft durch die Mischung von zwei zerbrechlichen und doch starken Protagonisten, einer wunderschöner und doch hässlicher Stadt und herzzerreißend traurigen und anrührend süßen Momenten einen ambivalenten Mix voller Kontraste, Wahrheit und Tiefgründigkeit.


"Ich weiß, dass du ein wunderschönes Kunstwerk hinterlassen willst. Aber du konzentrierst dich nur auf das Ziel, nicht auf den Weg." Dena legte ihre Hand auf meine Wange. "Solltest du nicht auf dem, Weg tun, was am wichtigsten ist?"
Ich legte meine Hand auf ihre. "Und was wäre das?"
"Glücklich sein."



Doch warum konnte mich die Geschichte trotz all dem nicht komplett überzeugen? Trotz der tragischen Momente und des berührenden Schreibstils ist diese Geschichte eher auf emotionale Art und Weise anspruchsvoll und bleibt trotz allem noch ein Young Adult Roman, sodass dies kein Roman ist, über den man auch noch in Jahrzehnten Hymnen schreibt, sondern der dem Leser schöne Stunden beschert und danach weggelegt werden kann. Ich weiß nicht wie ich es schildern soll, ohne der Geschichte ihren Zauber abzuerkennen, aber insgesamt blieb mir der Roman (so wie viele des Genres) stellenweise zu oberflächlich, sodass "All In" dem Thema nicht zu 100% gerecht wird. Beispielsweise zu Beginn konzentriert sich die Autorin ganz auf die Liebesgeschichte statt Kaceys Entwicklung genügend Raum zu geben, dann nimmt die rein körperliche Beziehung der Beiden sehr viel Raum ein und verhindert, dass wir sie als funktionierendes Paar wirklich ernst nehmen können und gegen Ende geht alles relativ schnell und so friedlich von statten, als hätte die Autorin sich nicht getraut, dem Leser die volle Last der Trauer und ein langsames Dahinsiechen zuzumuten. Trotz der vielen Dramatik lief zeitweise vieles sehr glatt, sodass ich mir ein bisschen mehr von der hässlichen Seite gewünscht hätte (trotz dass mein Leserherz sich natürlich über weniger Leid gefreut hat). So ist die Geschichte zwar tragisch und konnte mich zum Großteil auch emotional abholen, an einigen Stellen erscheint sie aber auch ein wenig unehrlich, weil dem Leser viele Probleme verschwiegen wurden.


"Er lächelte. "Nur eine freundliche Erinnerung."
"Woran?"
"Daran, dass man überall Schönheit findet. Auch in den Dingen, die einem am meisten Angst machen."


Auch auf die beiden Protagonisten, die ich an sich ganz wunderbar fand, hat sich das Problem ausgeweitet. Zu Beginn braucht man eine ganze Weile um mit Kacey warm zu werden, da ihre selbstzerstörerische, unachtsame Art gemischt mit einer eher derben Ausdrucksweise und keinerlei Selbstachtung eine eher schwierige Kombination ist. Nach der plötzlich sehr schnellen Entwicklung, für die sich die Autorin meiner Meinung nach nicht genügend Zeit genommen hat, macht sie mir nichts dir nichts einen kalten Entzug, ihr Alkoholproblem ist Geschichte, sie kommt problemlos aus ihrem Vertrag beim Label heraus und wird stattdessen von Jonah in gewisser Weise abhängig. Danach entwickelt sie sich zu einem einnehmenden, rücksichtsvollen, selbstbewussten Wesen, das sie vielleicht die ganze Zeit schon war und die Tatsache, dass viele ihrer Dämonen (ihre Unfähigkeit, eigene Lieder zu schreiben, ihre offene Zukunft, ihre Probleme mit ihrer Familie) auf den nächsten Teil verschoben werden, sorgt dafür, dass sie und ihre Bedürfnisse zeitweise hinter der Einheit "Kacey und Jonah" sehr in den Hintergrund treten. Auch Jonah blieb mir ein wenig zu konstant und in seinen Ängsten und Hoffnungen zu blass. Bis auf eine kurze Phase mit leichten Stimmungsschwankungen scheint er sein Schicksal überraschend gelassen zu nehmen. Ich weiß nicht ob er Angst, Wut und Verleugnung oder andere Emotionen schon vor dem Beginn der Geschichte hinter sich gelassen hat, aber dass sich in seinem Inneren außer Liebe kaum etwas tut ist auch nicht ganz realistisch. Sehr einfallsreich und nett gemacht ist jedoch seine große Leidenschaft, die Kunst des Glasblasens, von dem ich bislang wirklich noch nirgends gelesen habe.


"Ich liebe dich", wiederholte sie noch einmal. Die Worte sanken in mein Herz. Und damit meine ich nicht das Organ, das in meiner Brust versagte, sondern den Teil von mir, der für sie lebte. Ich war vollkommen erfüllt von einer Wärme und einem Glück, das ich nicht für möglich gehalten hatte. Nicht zu einer solchen Zeit. Nicht an einem solchen Ort. "



Alles in allem will ich nochmal wiederholen, dass diese Geschichte trotz weniger Kritikpunkte einfach unglaublich und ein heller Lichtblick im Sumpf der immergleichen, bedeutungslosen Geschichten des Genres ist. Trotz dass mir bei dieser etwas anderen Rockstar-Lovestory an einigen Stellen ein bisschen Tiefgang gefehlt hat und zwischendurch leider die Sexszenen mal etwas überhand nehmen, bin ich sehr gespannt auf den nächsten Teil und werde diesen unbedingt lesen. Denn auch wenn "All In" mich fluchen, weinen und ab und zu auch mal die Augen hat verdrehen lassen, ist es dennoch so wunderschön gewesen, dass man es nicht verpassen will.




Fazit:


"All In" ist authentisch, emotional, berührend und mit zwei ganz besonderen Protagonisten, die für immer einen Platz in meinem Herzen haben werden! Trotz dass mir bei dieser etwas anderen Rockstar-Lovestory an einigen Stellen ein bisschen Tiefgang gefehlt hat und zwischendurch leider die Sexszenen mal etwas überhand nehmen, kann ich dieses "New Adult"-Highlight nur empfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.04.2020

Authentisch, emotional, berührend!

All In - Tausend Augenblicke
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"All in - Tausend Augenblicke" von Emma Scott lag ein paar Wochen auf meinem SuB, bevor mir diese tragische Liebesgeschichte spektakulär das Herz gebrochen hat. Hier zeigen sich das New Adult Genre und ...

"All in - Tausend Augenblicke" von Emma Scott lag ein paar Wochen auf meinem SuB, bevor mir diese tragische Liebesgeschichte spektakulär das Herz gebrochen hat. Hier zeigen sich das New Adult Genre und auch die Autorin von ihrer besten Seite, sodass ich Zwischenzeitlich gute Hoffnung hatte, dass "All In" zu meinem ersten richtigen Jahreshighlight 2020 wird, also mit vollen 5 Sternen, Gefühlsausbrüchen und monatlichem Reread, doch leider blieb mir die Geschichte an manchen Stellen zu oberflächlich und geschönt um vollends zu überzeugen.


"Ich werde dich allein lassen", sagte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Die Worte hingen zwischen uns, der Kern all unserer Schmerzen und Tränen und Bedenken. Aber Kacey lächelte - sie lächelte tatsächlich - während ihr Tränen die Wangen hinabliefen.
"Noch nicht. Nicht heute. Wir haben vielleicht keine Monate oder Jahre, aber wir haben Augenblicke. Tausende und Abertausende davon. Lass uns jeden Moment leben, ihn nutzen und bis zum Letzten auskosten."


Das Cover ist sehr schön anzusehen mit dem dunkel-violetten Grund und den Lichtpunkten in verschiedenen warmen Farben, bei denen man erst auf den zweiten Blick sieht, dass sie von einem aufflammenden Streichholz erzeugt werden. Dieses Motiv, das sich nicht aufdringlich in den Vordergrund drängt sondern erst auf den zweiten Blick offenbart, passt wunderbar zur Geschichte. Denn auch die Liebe zwischen Jonah und Kacey flammt hier schnell auf, brennt hell und lodernd, hat aber ein absehbares Ende und erlischt früher als wir uns das gewünscht hätten. Der Titel "All in" bezieht sich sowohl auf Kaceys und Jonahs Ausflug in die Casinos von Vegas als auch auf ihre Beziehung, die sie ohne Rücksicht auf Verluste ganz ihrem Herzen folgend anstatt ihrem Verstand eingehen und ganz versuchen, sich auf den Moment zu konzentrieren. Warum aber der Originaltitel "Full Tilt", ebenfalls ein Ausdruck beim Pokern und ebenfalls passend auf Kacey und Jonah nicht übernommen und stattdessen der Originaltitel des englischen zweiten Teils auf beide Bände übertragen wurden, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Nichtsdestotrotz ist die Gestaltung wundervoll und passt gut zur Geschichte.


Erster Satz: "Weißes Licht blendete mich."


Die Geschichte von Jonah und Kacey beginnt mit einem Prolog, in dem der Leser schon erfährt, was Jonahs Problem ist, sodass mir von Beginn an klar war: das wird keine lockere, lustige Heile-Welt-Geschichte mit strahlendem Happy End. Auch in Kaceys Leben sieht es zu Beginn alles andere als freundlich aus. Sie hat zwar keine schreckliche Diagnose, tanzt aber derart am Abgrund entlang, dass sie trotz ihres kometenhaften Aufstiegs mit ihrer Rockband "Rapid Confession" kurz davor ist, sich ins Abseits zu katapultieren. Ständig betrunken, haltlos vom einen Bett ins nächste taumelnd und mit regelmäßigen Blackouts hat sie komplett die Kontrolle über ihr Leben verloren und bracht dringend eine Pause. Die findet sie zu ihrer Überraschung bei ihrem Chauffeur Jonah, der sie nach einem Absturz zu sich nach Hause nimmt und ihr anbietet, ein paar Tage bei ihm zu bleiben. Auch wenn sie nicht auf der Suche nach einer neuen Liebe ist und auch Jonah alles andere als vorhat, von seiner wichtigen Routine abzuweichen und sich zu verlieben, kommen sich die beiden schnell näher. Er gibt ihr Halt und rettet sie, erdet sie und sie belohnt ihn mit bedingungsloser Liebe und Hilfe in der schlimmsten Phase seines Lebens...


"Roter Lippenstift, schwarzer Eyeliner. Ich sah vielleicht nach Rock´n´Roll aus, aber ich fühlte mich wie zerbrochenes Glas, das überall verstreut war. Ich wusste nicht mehr, wer oder was ich war, aber ich glitzerte hübsch im Rampenlicht."


Etwas überrascht hat mich, dass Jonahs Welt, sein Alltag und sein Umfeld einen viel größeren Raum einnehmen als Kaceys Rockstar-Leben, was ich mir aufgrund des Klapptexts anders vorgestellt hatte. Ich will mich aber auf keinen Fall darüber beschweren, dadurch dass ihre Karriere nur Ausgangspunkt aber nicht Thema des Romans ist, reiht sich die Geschichte nicht in die lange Reihe spaßiger aber bedeutungsloser Rockstar-Romanzen ein sondern sticht aus dem eintönigen Meer der Klischeehaftigkeit angenehm hervor. Etwas schade ist dabei nur, dass es zeitweise kaum eine Rolle zu spielen scheint, dass Kacey Musikerin ist, da das bis auf ein paar Stellen nicht vorkommt (vielleicht ändert sich das ja im zweiten Teil noch). Sehr gut gefallen wiederum hat mir, dass Kaceys und Jonahs Annäherung nicht überstürzt ist und plötzlich große Gefühle aus dem Nichts auftauchen.


"Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie auf einer Bühne stand und vor einem kreischenden Publikum E-Gitarre spielte. Sie schien kurz davor, auseinanderzubrechen, und außer dieser Freundin mit dem zweifarbigen Haar schien sie niemanden auf der Welt zu haben, der ihr half, ganz zu bleiben."


Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Kacey und Jonah und lässt uns so an deren Lage, ihren Gefühlen und ihrer zarten Verbindung teilhaben. Ihr langsames, authentisches Kennenlernen so süß, dass wir den Beiden von Herzen eine gemeinsame Zukunft wünschen und die letzten Seiten einen mit erbarmungsloser Härte treffen. Man weiß als Leser zwar noch vor Kacey, dass diese nicht gut ausgehen wird, dass am Ende eine Person mit gebrochenem Herzen zurückgelassen wird (jedoch aus einem anderen Grund als viele von euch jetzt vielleicht erwarten würde). Und dennoch: man muss sich genau wie Kacey in diese Geschichte stürzen, all die schönen Momente auskosten und von Herzen hoffen, dass das Schöne am Ende das Hässliche aufwiegt.


"Sterben, das hatte ich gelernt, war kein Mannschaftssport. Es war ein einsames Unterfangen. Alle, die ich liebte, standen am trockenen Ufer, während ich allein in einem Boot saß, das sich langsam von der Küste entfernte, aber niemand konnte etwas tun. Sie konnten nur dabei zusehen."


Und das tut es tatsächlich. Emma Scott, von der ich bislang schon "The Light In Us" und "Bring Down The Stars" gelesen habe, hat hier eine weitere Geschichte voller Schmerz, Liebe und Wahrheit geschrieben, die mich zum Weinen, zum Lachen und zum Mitfiebern gebracht, vor allem aber tief berührt hat. Ihr wundervoller Schreibstil erschafft eine bittersüße Grundstimmung, denn wir lesen hier nicht nur vom Beginn und Höhepunkt einer Liebe mit einer bedeutungsvollen Zukunft sondern auch vom Ende. Was passiert, wenn man die große Liebe erst trifft, wenn es schon fast zu spät ist? Ist eine Liebe mit Ablaufdatum trotzdem wert gelebt zu werden? Welches Vermächtnis hinterlassen wir, wenn wir gehen? All diesen Fragen geht sie nach - tragisch, berührend, emotional und unvergesslich! Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. Sie erschafft durch die Mischung von zwei zerbrechlichen und doch starken Protagonisten, einer wunderschöner und doch hässlicher Stadt und herzzerreißend traurigen und anrührend süßen Momenten einen ambivalenten Mix voller Kontraste, Wahrheit und Tiefgründigkeit.


"Ich weiß, dass du ein wunderschönes Kunstwerk hinterlassen willst. Aber du konzentrierst dich nur auf das Ziel, nicht auf den Weg." Dena legte ihre Hand auf meine Wange. "Solltest du nicht auf dem, Weg tun, was am wichtigsten ist?"
Ich legte meine Hand auf ihre. "Und was wäre das?"
"Glücklich sein."



Doch warum konnte mich die Geschichte trotz all dem nicht komplett überzeugen? Trotz der tragischen Momente und des berührenden Schreibstils ist diese Geschichte eher auf emotionale Art und Weise anspruchsvoll und bleibt trotz allem noch ein Young Adult Roman, sodass dies kein Roman ist, über den man auch noch in Jahrzehnten Hymnen schreibt, sondern der dem Leser schöne Stunden beschert und danach weggelegt werden kann. Ich weiß nicht wie ich es schildern soll, ohne der Geschichte ihren Zauber abzuerkennen, aber insgesamt blieb mir der Roman (so wie viele des Genres) stellenweise zu oberflächlich, sodass "All In" dem Thema nicht zu 100% gerecht wird. Beispielsweise zu Beginn konzentriert sich die Autorin ganz auf die Liebesgeschichte statt Kaceys Entwicklung genügend Raum zu geben, dann nimmt die rein körperliche Beziehung der Beiden sehr viel Raum ein und verhindert, dass wir sie als funktionierendes Paar wirklich ernst nehmen können und gegen Ende geht alles relativ schnell und so friedlich von statten, als hätte die Autorin sich nicht getraut, dem Leser die volle Last der Trauer und ein langsames Dahinsiechen zuzumuten. Trotz der vielen Dramatik lief zeitweise vieles sehr glatt, sodass ich mir ein bisschen mehr von der hässlichen Seite gewünscht hätte (trotz dass mein Leserherz sich natürlich über weniger Leid gefreut hat). So ist die Geschichte zwar tragisch und konnte mich zum Großteil auch emotional abholen, an einigen Stellen erscheint sie aber auch ein wenig unehrlich, weil dem Leser viele Probleme verschwiegen wurden.


"Er lächelte. "Nur eine freundliche Erinnerung."
"Woran?"
"Daran, dass man überall Schönheit findet. Auch in den Dingen, die einem am meisten Angst machen."


Auch auf die beiden Protagonisten, die ich an sich ganz wunderbar fand, hat sich das Problem ausgeweitet. Zu Beginn braucht man eine ganze Weile um mit Kacey warm zu werden, da ihre selbstzerstörerische, unachtsame Art gemischt mit einer eher derben Ausdrucksweise und keinerlei Selbstachtung eine eher schwierige Kombination ist. Nach der plötzlich sehr schnellen Entwicklung, für die sich die Autorin meiner Meinung nach nicht genügend Zeit genommen hat, macht sie mir nichts dir nichts einen kalten Entzug, ihr Alkoholproblem ist Geschichte, sie kommt problemlos aus ihrem Vertrag beim Label heraus und wird stattdessen von Jonah in gewisser Weise abhängig. Danach entwickelt sie sich zu einem einnehmenden, rücksichtsvollen, selbstbewussten Wesen, das sie vielleicht die ganze Zeit schon war und die Tatsache, dass viele ihrer Dämonen (ihre Unfähigkeit, eigene Lieder zu schreiben, ihre offene Zukunft, ihre Probleme mit ihrer Familie) auf den nächsten Teil verschoben werden, sorgt dafür, dass sie und ihre Bedürfnisse zeitweise hinter der Einheit "Kacey und Jonah" sehr in den Hintergrund treten. Auch Jonah blieb mir ein wenig zu konstant und in seinen Ängsten und Hoffnungen zu blass. Bis auf eine kurze Phase mit leichten Stimmungsschwankungen scheint er sein Schicksal überraschend gelassen zu nehmen. Ich weiß nicht ob er Angst, Wut und Verleugnung oder andere Emotionen schon vor dem Beginn der Geschichte hinter sich gelassen hat, aber dass sich in seinem Inneren außer Liebe kaum etwas tut ist auch nicht ganz realistisch. Sehr einfallsreich und nett gemacht ist jedoch seine große Leidenschaft, die Kunst des Glasblasens, von dem ich bislang wirklich noch nirgends gelesen habe.


"Ich liebe dich", wiederholte sie noch einmal. Die Worte sanken in mein Herz. Und damit meine ich nicht das Organ, das in meiner Brust versagte, sondern den Teil von mir, der für sie lebte. Ich war vollkommen erfüllt von einer Wärme und einem Glück, das ich nicht für möglich gehalten hatte. Nicht zu einer solchen Zeit. Nicht an einem solchen Ort. "



Alles in allem will ich nochmal wiederholen, dass diese Geschichte trotz weniger Kritikpunkte einfach unglaublich und ein heller Lichtblick im Sumpf der immergleichen, bedeutungslosen Geschichten des Genres ist. Trotz dass mir bei dieser etwas anderen Rockstar-Lovestory an einigen Stellen ein bisschen Tiefgang gefehlt hat und zwischendurch leider die Sexszenen mal etwas überhand nehmen, bin ich sehr gespannt auf den nächsten Teil und werde diesen unbedingt lesen. Denn auch wenn "All In" mich fluchen, weinen und ab und zu auch mal die Augen hat verdrehen lassen, ist es dennoch so wunderschön gewesen, dass man es nicht verpassen will.




Fazit:


"All In" ist authentisch, emotional, berührend und mit zwei ganz besonderen Protagonisten, die für immer einen Platz in meinem Herzen haben werden! Trotz dass mir bei dieser etwas anderen Rockstar-Lovestory an einigen Stellen ein bisschen Tiefgang gefehlt hat und zwischendurch leider die Sexszenen mal etwas überhand nehmen, kann ich dieses "New Adult"-Highlight nur empfehlen!

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Veröffentlicht am 09.04.2020

Authentisch, emotional, berührend!

All In - Tausend Augenblicke
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"All in - Tausend Augenblicke" von Emma Scott lag ein paar Wochen auf meinem SuB, bevor mir diese tragische Liebesgeschichte spektakulär das Herz gebrochen hat. Hier zeigen sich das New Adult Genre und ...

"All in - Tausend Augenblicke" von Emma Scott lag ein paar Wochen auf meinem SuB, bevor mir diese tragische Liebesgeschichte spektakulär das Herz gebrochen hat. Hier zeigen sich das New Adult Genre und auch die Autorin von ihrer besten Seite, sodass ich Zwischenzeitlich gute Hoffnung hatte, dass "All In" zu meinem ersten richtigen Jahreshighlight 2020 wird, also mit vollen 5 Sternen, Gefühlsausbrüchen und monatlichem Reread, doch leider blieb mir die Geschichte an manchen Stellen zu oberflächlich und geschönt um vollends zu überzeugen.


"Ich werde dich allein lassen", sagte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Die Worte hingen zwischen uns, der Kern all unserer Schmerzen und Tränen und Bedenken. Aber Kacey lächelte - sie lächelte tatsächlich - während ihr Tränen die Wangen hinabliefen.
"Noch nicht. Nicht heute. Wir haben vielleicht keine Monate oder Jahre, aber wir haben Augenblicke. Tausende und Abertausende davon. Lass uns jeden Moment leben, ihn nutzen und bis zum Letzten auskosten."


Das Cover ist sehr schön anzusehen mit dem dunkel-violetten Grund und den Lichtpunkten in verschiedenen warmen Farben, bei denen man erst auf den zweiten Blick sieht, dass sie von einem aufflammenden Streichholz erzeugt werden. Dieses Motiv, das sich nicht aufdringlich in den Vordergrund drängt sondern erst auf den zweiten Blick offenbart, passt wunderbar zur Geschichte. Denn auch die Liebe zwischen Jonah und Kacey flammt hier schnell auf, brennt hell und lodernd, hat aber ein absehbares Ende und erlischt früher als wir uns das gewünscht hätten. Der Titel "All in" bezieht sich sowohl auf Kaceys und Jonahs Ausflug in die Casinos von Vegas als auch auf ihre Beziehung, die sie ohne Rücksicht auf Verluste ganz ihrem Herzen folgend anstatt ihrem Verstand eingehen und ganz versuchen, sich auf den Moment zu konzentrieren. Warum aber der Originaltitel "Full Tilt", ebenfalls ein Ausdruck beim Pokern und ebenfalls passend auf Kacey und Jonah nicht übernommen und stattdessen der Originaltitel des englischen zweiten Teils auf beide Bände übertragen wurden, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Nichtsdestotrotz ist die Gestaltung wundervoll und passt gut zur Geschichte.


Erster Satz: "Weißes Licht blendete mich."


Die Geschichte von Jonah und Kacey beginnt mit einem Prolog, in dem der Leser schon erfährt, was Jonahs Problem ist, sodass mir von Beginn an klar war: das wird keine lockere, lustige Heile-Welt-Geschichte mit strahlendem Happy End. Auch in Kaceys Leben sieht es zu Beginn alles andere als freundlich aus. Sie hat zwar keine schreckliche Diagnose, tanzt aber derart am Abgrund entlang, dass sie trotz ihres kometenhaften Aufstiegs mit ihrer Rockband "Rapid Confession" kurz davor ist, sich ins Abseits zu katapultieren. Ständig betrunken, haltlos vom einen Bett ins nächste taumelnd und mit regelmäßigen Blackouts hat sie komplett die Kontrolle über ihr Leben verloren und bracht dringend eine Pause. Die findet sie zu ihrer Überraschung bei ihrem Chauffeur Jonah, der sie nach einem Absturz zu sich nach Hause nimmt und ihr anbietet, ein paar Tage bei ihm zu bleiben. Auch wenn sie nicht auf der Suche nach einer neuen Liebe ist und auch Jonah alles andere als vorhat, von seiner wichtigen Routine abzuweichen und sich zu verlieben, kommen sich die beiden schnell näher. Er gibt ihr Halt und rettet sie, erdet sie und sie belohnt ihn mit bedingungsloser Liebe und Hilfe in der schlimmsten Phase seines Lebens...


"Roter Lippenstift, schwarzer Eyeliner. Ich sah vielleicht nach Rock´n´Roll aus, aber ich fühlte mich wie zerbrochenes Glas, das überall verstreut war. Ich wusste nicht mehr, wer oder was ich war, aber ich glitzerte hübsch im Rampenlicht."


Etwas überrascht hat mich, dass Jonahs Welt, sein Alltag und sein Umfeld einen viel größeren Raum einnehmen als Kaceys Rockstar-Leben, was ich mir aufgrund des Klapptexts anders vorgestellt hatte. Ich will mich aber auf keinen Fall darüber beschweren, dadurch dass ihre Karriere nur Ausgangspunkt aber nicht Thema des Romans ist, reiht sich die Geschichte nicht in die lange Reihe spaßiger aber bedeutungsloser Rockstar-Romanzen ein sondern sticht aus dem eintönigen Meer der Klischeehaftigkeit angenehm hervor. Etwas schade ist dabei nur, dass es zeitweise kaum eine Rolle zu spielen scheint, dass Kacey Musikerin ist, da das bis auf ein paar Stellen nicht vorkommt (vielleicht ändert sich das ja im zweiten Teil noch). Sehr gut gefallen wiederum hat mir, dass Kaceys und Jonahs Annäherung nicht überstürzt ist und plötzlich große Gefühle aus dem Nichts auftauchen.


"Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie auf einer Bühne stand und vor einem kreischenden Publikum E-Gitarre spielte. Sie schien kurz davor, auseinanderzubrechen, und außer dieser Freundin mit dem zweifarbigen Haar schien sie niemanden auf der Welt zu haben, der ihr half, ganz zu bleiben."


Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Kacey und Jonah und lässt uns so an deren Lage, ihren Gefühlen und ihrer zarten Verbindung teilhaben. Ihr langsames, authentisches Kennenlernen so süß, dass wir den Beiden von Herzen eine gemeinsame Zukunft wünschen und die letzten Seiten einen mit erbarmungsloser Härte treffen. Man weiß als Leser zwar noch vor Kacey, dass diese nicht gut ausgehen wird, dass am Ende eine Person mit gebrochenem Herzen zurückgelassen wird (jedoch aus einem anderen Grund als viele von euch jetzt vielleicht erwarten würde). Und dennoch: man muss sich genau wie Kacey in diese Geschichte stürzen, all die schönen Momente auskosten und von Herzen hoffen, dass das Schöne am Ende das Hässliche aufwiegt.


"Sterben, das hatte ich gelernt, war kein Mannschaftssport. Es war ein einsames Unterfangen. Alle, die ich liebte, standen am trockenen Ufer, während ich allein in einem Boot saß, das sich langsam von der Küste entfernte, aber niemand konnte etwas tun. Sie konnten nur dabei zusehen."


Und das tut es tatsächlich. Emma Scott, von der ich bislang schon "The Light In Us" und "Bring Down The Stars" gelesen habe, hat hier eine weitere Geschichte voller Schmerz, Liebe und Wahrheit geschrieben, die mich zum Weinen, zum Lachen und zum Mitfiebern gebracht, vor allem aber tief berührt hat. Ihr wundervoller Schreibstil erschafft eine bittersüße Grundstimmung, denn wir lesen hier nicht nur vom Beginn und Höhepunkt einer Liebe mit einer bedeutungsvollen Zukunft sondern auch vom Ende. Was passiert, wenn man die große Liebe erst trifft, wenn es schon fast zu spät ist? Ist eine Liebe mit Ablaufdatum trotzdem wert gelebt zu werden? Welches Vermächtnis hinterlassen wir, wenn wir gehen? All diesen Fragen geht sie nach - tragisch, berührend, emotional und unvergesslich! Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. Sie erschafft durch die Mischung von zwei zerbrechlichen und doch starken Protagonisten, einer wunderschöner und doch hässlicher Stadt und herzzerreißend traurigen und anrührend süßen Momenten einen ambivalenten Mix voller Kontraste, Wahrheit und Tiefgründigkeit.


"Ich weiß, dass du ein wunderschönes Kunstwerk hinterlassen willst. Aber du konzentrierst dich nur auf das Ziel, nicht auf den Weg." Dena legte ihre Hand auf meine Wange. "Solltest du nicht auf dem, Weg tun, was am wichtigsten ist?"
Ich legte meine Hand auf ihre. "Und was wäre das?"
"Glücklich sein."



Doch warum konnte mich die Geschichte trotz all dem nicht komplett überzeugen? Trotz der tragischen Momente und des berührenden Schreibstils ist diese Geschichte eher auf emotionale Art und Weise anspruchsvoll und bleibt trotz allem noch ein Young Adult Roman, sodass dies kein Roman ist, über den man auch noch in Jahrzehnten Hymnen schreibt, sondern der dem Leser schöne Stunden beschert und danach weggelegt werden kann. Ich weiß nicht wie ich es schildern soll, ohne der Geschichte ihren Zauber abzuerkennen, aber insgesamt blieb mir der Roman (so wie viele des Genres) stellenweise zu oberflächlich, sodass "All In" dem Thema nicht zu 100% gerecht wird. Beispielsweise zu Beginn konzentriert sich die Autorin ganz auf die Liebesgeschichte statt Kaceys Entwicklung genügend Raum zu geben, dann nimmt die rein körperliche Beziehung der Beiden sehr viel Raum ein und verhindert, dass wir sie als funktionierendes Paar wirklich ernst nehmen können und gegen Ende geht alles relativ schnell und so friedlich von statten, als hätte die Autorin sich nicht getraut, dem Leser die volle Last der Trauer und ein langsames Dahinsiechen zuzumuten. Trotz der vielen Dramatik lief zeitweise vieles sehr glatt, sodass ich mir ein bisschen mehr von der hässlichen Seite gewünscht hätte (trotz dass mein Leserherz sich natürlich über weniger Leid gefreut hat). So ist die Geschichte zwar tragisch und konnte mich zum Großteil auch emotional abholen, an einigen Stellen erscheint sie aber auch ein wenig unehrlich, weil dem Leser viele Probleme verschwiegen wurden.


"Er lächelte. "Nur eine freundliche Erinnerung."
"Woran?"
"Daran, dass man überall Schönheit findet. Auch in den Dingen, die einem am meisten Angst machen."


Auch auf die beiden Protagonisten, die ich an sich ganz wunderbar fand, hat sich das Problem ausgeweitet. Zu Beginn braucht man eine ganze Weile um mit Kacey warm zu werden, da ihre selbstzerstörerische, unachtsame Art gemischt mit einer eher derben Ausdrucksweise und keinerlei Selbstachtung eine eher schwierige Kombination ist. Nach der plötzlich sehr schnellen Entwicklung, für die sich die Autorin meiner Meinung nach nicht genügend Zeit genommen hat, macht sie mir nichts dir nichts einen kalten Entzug, ihr Alkoholproblem ist Geschichte, sie kommt problemlos aus ihrem Vertrag beim Label heraus und wird stattdessen von Jonah in gewisser Weise abhängig. Danach entwickelt sie sich zu einem einnehmenden, rücksichtsvollen, selbstbewussten Wesen, das sie vielleicht die ganze Zeit schon war und die Tatsache, dass viele ihrer Dämonen (ihre Unfähigkeit, eigene Lieder zu schreiben, ihre offene Zukunft, ihre Probleme mit ihrer Familie) auf den nächsten Teil verschoben werden, sorgt dafür, dass sie und ihre Bedürfnisse zeitweise hinter der Einheit "Kacey und Jonah" sehr in den Hintergrund treten. Auch Jonah blieb mir ein wenig zu konstant und in seinen Ängsten und Hoffnungen zu blass. Bis auf eine kurze Phase mit leichten Stimmungsschwankungen scheint er sein Schicksal überraschend gelassen zu nehmen. Ich weiß nicht ob er Angst, Wut und Verleugnung oder andere Emotionen schon vor dem Beginn der Geschichte hinter sich gelassen hat, aber dass sich in seinem Inneren außer Liebe kaum etwas tut ist auch nicht ganz realistisch. Sehr einfallsreich und nett gemacht ist jedoch seine große Leidenschaft, die Kunst des Glasblasens, von dem ich bislang wirklich noch nirgends gelesen habe.


"Ich liebe dich", wiederholte sie noch einmal. Die Worte sanken in mein Herz. Und damit meine ich nicht das Organ, das in meiner Brust versagte, sondern den Teil von mir, der für sie lebte. Ich war vollkommen erfüllt von einer Wärme und einem Glück, das ich nicht für möglich gehalten hatte. Nicht zu einer solchen Zeit. Nicht an einem solchen Ort. "



Alles in allem will ich nochmal wiederholen, dass diese Geschichte trotz weniger Kritikpunkte einfach unglaublich und ein heller Lichtblick im Sumpf der immergleichen, bedeutungslosen Geschichten des Genres ist. Trotz dass mir bei dieser etwas anderen Rockstar-Lovestory an einigen Stellen ein bisschen Tiefgang gefehlt hat und zwischendurch leider die Sexszenen mal etwas überhand nehmen, bin ich sehr gespannt auf den nächsten Teil und werde diesen unbedingt lesen. Denn auch wenn "All In" mich fluchen, weinen und ab und zu auch mal die Augen hat verdrehen lassen, ist es dennoch so wunderschön gewesen, dass man es nicht verpassen will.




Fazit:


"All In" ist authentisch, emotional, berührend und mit zwei ganz besonderen Protagonisten, die für immer einen Platz in meinem Herzen haben werden! Trotz dass mir bei dieser etwas anderen Rockstar-Lovestory an einigen Stellen ein bisschen Tiefgang gefehlt hat und zwischendurch leider die Sexszenen mal etwas überhand nehmen, kann ich dieses "New Adult"-Highlight nur empfehlen!

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