Profilbild von MarySophie

MarySophie

Lesejury Star
offline

MarySophie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit MarySophie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.04.2020

Die Tochter des Arztes

Die Tochter des Arztes
0

Handlung:
Manchester 1956
In einem Sanatorium beginnt die junge Ellen Crosby ihre neue Arbeit. Für sie geht damit ein langer Wunsch in Erfüllung, die junge Frau wollte schon lange eine Ausbildung zur Krankenschwester ...

Handlung:
Manchester 1956
In einem Sanatorium beginnt die junge Ellen Crosby ihre neue Arbeit. Für sie geht damit ein langer Wunsch in Erfüllung, die junge Frau wollte schon lange eine Ausbildung zur Krankenschwester machen.
Ungefähr zur selben Zeit wird eine junge Frau von ihrem Vater eingewiesen, gegen ihren Willen. Sie behauptet stets fest, dass sie kerngesund ist und gar nicht in dem Sanatorium sein sollte. Doch nicht jeder glaubt ihr, manche verachten die junge Frau, manche bemitleiden sie und manche mögen sie...

Manchester 2006
Mittlerweile ist Ambergate ein verfallenes, verlassenes Haus, ohne den Grauen der vergangenen Tage. Sarah interessiert sich sehr für das Gebäude, ganz zum Missfallen ihres Vaters, ein Arzt im Ruhestand, der in Ambergate gearbeitet hat.
Trotzdem schleicht sich Sarah immer wieder heimlich dorthin und erkundet das Anwesen. Und findet schließlich auf einem Dachboden alte Koffer, von denen einer eine besondere Geschichte erzählt. Sarah geht dem Geheimnis auf den Grund und entdeckt eine Geschichte voller Unrecht, Grauen und Liebe...

Meinung:
Zum einen Teil gefällt mir das Cover gut, zum anderen Teil auch wieder nicht. Ich mag sowohl die Farben, als auch den Hintergrund mit der weiten Parkanlage und dem Gebäude. Hier stelle ich mir vor, dass es sich um Ambergate handeln könnte, irgendwie strahlt das Haus sowohl etwas herrlich altmodisches aus, gleichzeitig wirkt es kalt und bedrohlich. Eine gute Mischung!
Die Schriftfarbe mag ich auch, sie wirkt auffällig, gleichzeitig aber auch bedeckt und bringt noch eine andere Farbe hinein. Was mir leider nicht gefällt ist die Dame in Krankenschwesteruniform. Ich würde es besser finden, wenn sie sich nicht dem Betrachter zuwenden würde. Vielleicht würde ich mich eher mit ihr anfreunden, wenn sie nach vorn schaut und man ihr Gesicht nicht erkennt.
So bin ich etwas zwiegespalten und finde das Bild nicht richtig gelungen.

Schon als ich das Buch das erste Mal gesehen hatte, klang es für mich interessant, doch ich hatte nicht das dringende Bedürfnis, es unbedingt lesen zu müssen. Irgendwie bin ich immer wieder darüber gestolpert, sei es in Buchhandlungen oder bei Instagram, ich habe das Buch öfter gesehen und irgendwann ging es mir nicht mehr aus dem Kopf. Schließlich kam der Moment, indem ich es doch unbedingt lesen wollte, gerade weil ich keine richtig schlechte Meinung dazu gehört habe. Und ich war sehr glücklich, es vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen zu haben, wofür ich mich auch hier nochmal bedanken möchte!

Ich habe mit dem Lesen begonnen, als ich ziemlich unglücklich und traurig war und einfach nur nach einer Ablenkung gesucht habe. Und dafür war der Roman mehr als passend. Die Geschichte ließ sich unglaublich gut und flüssig lesen, sie war spannend und abwechslungsreich. Ich konnte mich ganz leicht darauf konzentrieren und mochte es, mich in die Geschichte fallen zu lassen und an nichts anderes mehr zu denken. Letztendlich hat dies dazu geführt, dass ich das Buch innerhalb von drei Tagen ausgelesen habe und am Ende enttäuscht war, dass es schon vorbei ist. Ich würde mich freuen, wenn weitere Werke der Autorin ins Deutsche übersetzt werden würden!

Von der ersten Seite an hat mir die Schreibweise richtig gut gefallen. Ich bin nur so durch die Handlung geflogen, oft war ich selbst überrascht, wie viele Seiten ich innerhalb von kurzer Zeit gelesen habe. Es gibt wunderbar lebendige Beschreibungen des Gebäudes, die ein Bild entstehen lassen, welches gleichzeitig interessant, aber auch abstoßend ist. Zudem wurde die Handlung auf eine lockere Art beschrieben, die Charaktere erschienen sehr lebendig und glaubwürdig, gerade Ellen hat mir durchweg richtig gut gefallen. Sie war mein Lieblingscharakter, ich fand es toll zu merken, dass sie eine wunderbare Krankenschwester ist und vieles hinterfragt
An der Schreibweise hat mir außerdem der realistische Charakter gefallen. Die Handlung wirkte nur selten wie ausgedacht und konstruiert, viele Geschehnisse waren natürlich und oft erschien es mir, als könnte die Geschichte genauso stattgefunden haben.

Die Erzählung findet auf zwei zeitlichen Ebenen statt. Zum einen gibt es mit Sarah einen Erzählstrang im Jahr 2006, das Sanatorium wurde geschlossen und es wird darüber kaum noch gesprochen. Das Gebäude verfällt und wird nicht mehr genutzt, Sarah bezweifelt, dass es noch lange stehen wird. Zudem wundert sich die junge Frau, weshalb ihr Vater nie über seine Vergangenheit in Ambergate spricht.
Zum anderen gibt es eine kleine Reise in die Vergangenheit. Im Jahr 1956 begleiten wir Ellen Crosby auf ihrem Weg in den neuen Job, bei neuen Herausforderungen und dem Alltag in dem Sanatorium. Hier gibt es meiner Meinung nach viel mehr Einblicke in das normale Leben der Charaktere, sie sind besser durchdacht und haben mehr Charme. Weiterhin war die Handlung für mich spannender, ich habe diese Abschnitte viel lieber gelesen, es ist mehr geschehen und ich konnte mir diese Kapitel viel besser vorstellen.
Mir hat dieser Erzählstrang in der Vergangenheit deutlich mehr gefallen, wie es meist der Fall ist. Oft kann ich mich damit besser anfreunden und finde die Handlung lebendiger.
Auf jeden Fall hatte die Geschichte in der Vergangenheit mehr Charme, mehr Handlung und mehr Spannung. Ich mochte die Charaktere mehr und insgesamt hatte er das gewisse Etwas. Ich fand ihn durchdachter, im Gegensatz zu ihm kommt die Handlung in der Gegenwart etwas fad daher. Es passiert nicht sehr viel, lediglich bei der großen Auflösung kommt mal etwas Spannung herein.

Als Setting dient vor allem Ambergate, alle anderen Örtlichkeiten haben eindeutig eine untergeordnete Rolle und tauchen nur sehr vereinzelt auf. Deshalb werde ich im Folgenden nur auf das Sanatorium eingehen.
Wir lernen das Haus zu zwei unterschiedlichen Zeiten kennen. In der Gegenwart ist es verlassen und erscheint absolut abstoßend und gruslig. So stelle ich mir ein Haus vor, welches verwunschen ist oder von dem Gruselgeschichten erzählt werden.
In der Vergangenheit jedoch mochte ich das Gebäude ganz gerne. Es klingt makaber anhand des Wissens, was in dem Haus alles passiert ist und welche Schicksale sich dort abgespielt haben. Klar wirkte es oft gruslig und kalt, aber immer wieder tauchten Szenen auf, in denen eine ungewohnte Wärme spürbar ist, die die Räume in einem anderen Licht erscheinen lässt. So entsteht eine Mischung, die man wahrscheinlich nur als äußerer Betrachter wahrnimmt. Besucher sehen vielleicht nur den einladenderen Aspekt, zudem werden sie nicht unbedingt in die Schlafsäle Einlass bekommen haben. Die Krankenschwestern, aber auch die Patienten werden genau den anderen Charakter des Hauses wahrgenommen haben.
Ich fand es interessant, dass man auch als Leser diese beiden Gesichter des Gebäudes wahrnehmen konnte. So kenne ich das gar nicht, meist nimmt man entweder nur die einladende oder die kalte Seite eines Hauses war. Davon war ich wirklich positiv überrascht und ich mochte diesen Aspekt sehr.

Stets war die Geschichte mit viel Spannung verbunden, natürlich habe ich immer auf das große Geheimnis und die Auflösung dessen gewartet. Und muss leider sagen, dass ich mit mehr Drama gerechnet hätte. Irgendwie war mir das Rätsel am Ende nicht groß genug, ich hatte in diesem Bezug mehr erwartet. Immerhin wird darauf hingearbeitet, es wird oft von geheimnisvollen Vorgängen gesprochen und Sarahs Vater will nicht über die Vergangenheit in Ambergate sprechen. Das ließ mich darauf schließen, dass einiges im Argen liegt und etwas ganz großes passieren wird, welches mir den Atem raubt und einfach krass ist. Leider war dem nicht ganz so, das Geheimnis war durchaus überraschend und besonders, doch nicht so riesig wie gedacht.

Es gibt ganz viele wunderbar durchdachte Charaktere, die ganz viel Charme haben. Für mich gibt es diese vor allem in der Vergangenheit, diese habe ich mir lebendig vorstellen können, sie sind abwechslungsreich und zeigen viele Facetten. Selbst einige Figuren, die anfangs etwas schwieriger erscheinen, haben doch das Herz am rechten Fleck und lassen mal eine andere Seite sichtbar werde. So wirken auch die strengsten Krankenschwestern plötzlich weicher und sanfter, sie zeigen, was der Alltag in dem Sanatorium mit ihnen gemacht hat.
Leider fand ich es etwas schade, dass man bei vielen Patienten und Mitarbeitern des Sanatoriums nicht erfahren hat, was mir ihnen geschehen ist. Ob und wie lange sie noch dort bleiben mussten, haben einige vielleicht geheiratet oder Kinder bekommen? Einige Informationen dazu hätten mir gut gefallen. Außerdem wäre es auch möglich gewesen, dies in die Gegenwart einzuflechten, vielleicht hätte Sarah in Ambergate noch irgendwelche Aufzeichnungen finden können, wo es Details über andere Personen gibt, die im Roman auftauchen und Patienten des Sanatoriums waren. Das hätte für mich das Ende nochmal runder gemacht, denn einige davon gingen mir mit ihrer Art schon ans Herz.
In dem Erzählstrang in der Gegenwart bin ich von den Protagonisten nicht ganz so begeistert. Sie sind nicht sehr authentisch, wirken etwas steif und emotionslos. Hier konnte mich niemand so recht überzeugen, einem jeden hat das gewisse Etwas gefehlt, was sie einzigartig macht. Es gibt immer wieder Ansätze, die die Figuren mögenswert machen, doch sie sind nicht ganz ausgereift und facettenreich, ihre Schicksale gehen nicht so sehr zu Herzen.

Fazit:
Ich bin richtig froh, das Buch gelesen zu haben. Es hat mich überzeugt, wartet mit einer spannenden und abwechslungsreichen Geschichte auf und besticht durch viele verschiedene Aspekte. Sei es die Schreibweise, das Setting oder ein großer Teil der Charaktere. Sie konnten überzeugen und haben das Buch zu etwas besonderem gemacht, was wirklich lesenswert ist.
Ich habe lange überlegt, ob ich dem Buch eine Bewertung mit 4 oder 4,5 Sternen gebe. Ich war mir unschlüssig und habe immer wieder über meine Meinung gelesen. Manche Aspekte mögen negativ wirken, sind aber gar nicht so gedacht, sondern schneiden aufgrund der geteilten Erzählsituation etwas negativer ab, was nicht gleichbedeutend mit schlecht ist.
Insgesamt hat der Roman nämlich einen sehr positiven Eindruck bei mit hinterlassen und konnte mich auf verschiedenen Ebenen überzeugen, weshalb ich gute 4,5 Stern vergebe. Ich bin sehr froh, dem Buch eine Chance gegeben zu haben und es auch so oft gesehen zu haben, sodass es mir irgendwann nicht mehr aus dem Kopf ging. Ich kann nur eine Lesempfehlung aussprechen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.04.2020

Gut Greifenau - Goldsturm

Gut Greifenau - Goldsturm
0

Handlung:
Gut Greifenau 1919
Noch immer sind die Folgen des Krieges weitreichend spürbar. So auch bei Konstantin, Rebecca und den restlichen Bewohnern des Pommerschen Gutes Greifenau. Auch seine Familie ...

Handlung:
Gut Greifenau 1919
Noch immer sind die Folgen des Krieges weitreichend spürbar. So auch bei Konstantin, Rebecca und den restlichen Bewohnern des Pommerschen Gutes Greifenau. Auch seine Familie macht dem Erben Druck, sie erwarten ihre Apanage, die Konstantin finanziell zu schaffen macht. Und noch dazu fehlt ihm ein Erbe, der seine Position festigen würde...
Zwar hat seine jüngere Schwester, die ehemalige Komtess Katharina, keine finanziellen Probleme und bisher noch keinen Druck nach einem Nachfolger. Doch noch immer konnte sich die junge Frau ihren Traum von einem Medizin-Studium nicht erfüllen. Und außerdem erkennt Katharina, dass ihre Familie nicht ganz so hinter ihr steht, wie sie es sich wünscht und das ausreichend Geld auch negative Aspekte hat.
Bei der restlichen Familie, sowie bei den Dienstboten des Gutes passiert ebenfalls allerlei. Manche suchen ihr Glück, manche trauen sich nicht, einige Dinge auszusprechen und manche denken über einen Abschied nach...

Meinung:
Das Cover erinnert klar an die vorherigen Teile, ich finde aber auch, dass es gleichzeitig edler und glanzvoller wirkt. Nicht nur durch den Beinamen „Goldsturm“ oder die Dame, welche sehr schick und geschmackvoll, der damaligen Mode entsprechend gekleidet ist. Auch der Hintergrund mit dem Haus wirkt sehr freundlich, beim Himmel ist lediglich der obere Rand dunkler verfärbt und wirkt etwas bedrohlicher. Insgesamt gefällt mir das Bild sehr gut, es ist stimmig und ansprechend. Außerdem finde ich es gut, dass es einen Bezug zu den drei bereits erschienenen Bänden gibt, was ich immer gerne mag und im Bücherregal sieht es natürlich wunderbar stimmig aus.

Tatsächlich hatte ich nicht gedacht, dass es noch einen vierten Band von Gut Greifenau geben wird. An sich war ich der Meinung, dass es schon ein vernünftiges Ende im dritten Teil gab, mit dem ich ganz gut leben konnte. Doch weil mir die anderen Bücher so gut gefallen haben, wollte ich auch diesen Teil noch lesen und nochmals in die Welt von Konstantin, Rebecca, Katharina und allen anderen eintauchen. Ich war mir ziemlich sicher, dass das Buch spannend sein wird und mich ebenso wie die anderen Bücher überzeugen kann. Daher war ich sehr glücklich, den Roman als Rezensionsexemplar zu erhalten und bin frohen Mutes in die Handlung gestartet.

Vor dem Start der Handlung gibt es den obligatorischen Anhang, den ich sehr nützlich und sinnvoll finde. Nicht nur eine Karte von Westpreussen und Pommern ist dabei, die eine Lokalisierung des fiktiven Gut Greifenaus zulässt, sondern auch zwei zweitere Abbildungen. Einmal wird das Dorf Greifenau mit den wichtigsten Gebäuden abgebildet. Zum anderen gibt es noch eine Aufteilung der Gebäude des Gutes, sodass man auch dort einige Wege nachvollziehen kann und sich das gesamte Grundstück besser vorstellen kann.
Danach folgt eine Personenübersicht, ich hatte mich, bevor ich mit dem Buch begonnen habe, erst mal damit befasst, mich an verschiedene Charaktere erinnert und auch auf diesem Wege fielen mir direkt wieder Details aus den anderen Bänden und diverse Zusammenhänge ein.

Obwohl es für mich gut ein Jahr her ist, seitdem ich den dritten Band gelesen habe, hatte ich absolut keine Probleme, mich wieder in der Handlung zurechtzufinden. Mir sind nach wenigen Seiten direkt wieder viele Details eingefallen, dazu gibt es auch ab und an kleine Zusammenfassungen vonseiten der Autorin, was bereits geschehen ist. Und je weiter die Handlung fortgeschritten ist, desto mehr Informationen sind mir eingefallen und ich konnte mich schnell vollkommen auf die Handlung einlassen.
Tatsächlich habe ich mich während des Lesens häufig gefragt, warum ich mich mit dem dritten Teil als Ende zufrieden gegeben habe. Es sind doch einige offene Fragen gewesen, die mir auf dem Herzen lagen und die im Verlauf des Romans teils beantwortet wurden. Ich wurde immer glücklicher, dass es noch eine Fortsetzung gibt und bei einigen Angelegenheiten Licht ins Dunkel kommt.

Mir hat die Schreibweise wieder richtig gut gefallen. Sie hat mich herzlich am Anfang des Buches begrüßt und war sehr angenehm zu lesen. Ich konnte mir viele Szenen bildhaft vorstellen, ich mochte die Umschreibungen von Charakteren, des Settings oder von Situationen sehr gerne und habe mich schon nach wenigen Seiten entspannen können. Natürlich trägt der tolle Schreibstil auch wieder dazu bei, dass sich das Buch sehr gut und locker lesen lässt und man den Roman am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen mag.

Erzählt wird die Geschichte von einem allwissenden Erzähler, der immer wieder die Perspektiven wechselt und verschiedene Charaktere zu Wort kommen lässt. So entsteht eine umfangreiche Geschichte, die nie Langeweile entstehen lässt und es bleibt stets spannend. Ich fand es lediglich etwas schade, dass manche Protagonisten sehr viel weniger Platz im Roman eingenommen haben als andere und man so teilweise eine lange Zeit nichts von ihnen hört. Ein ausgeglicheneres Verhältnis dessen würde zu einem noch besseren Kennenlernen der Charaktere führen und es würde noch mehr Vielfalt entstehen.

Ein weiterer großer Pluspunkt ist die Spannung. Ich hatte mir so einige Gedanken gemacht und immer wieder sind mir Ideen gekommen, wie sich eine Situation auflösen könnte, doch so richtig lässt sich die Autorin nicht in die Karten schauen. Ich lag mit meinen Vermutungen meist komplett daneben und wurde stets mit dem Weitergang der Geschichte überrascht. Kaum ein Detail hat sich vorhersehen lassen, immer wieder gab es kleine Stichworte, die in die Irre geführt haben und daher gab es am Ende meist eine große Überraschung.
Und trotz vieler Wendungen und auch Dramen, wurde es nie zu viel. Es gab stets Kapitel, die ruhiger waren, die Zeit gegeben haben, um die Gedanken zu ordnen und die den normalen Alltag der Charaktere gezeigt haben. Sie dienen als Ruhepole und sind eine willkommene Abwechslung zu vielen spannungsreicheren Kapiteln. Das Drama wird nicht zu viel und die Geschichte behält eine gewisse Bodenständigkeit, die sie sehr natürlich und nicht zu gescriptet wirken lässt.

Am Anfang neuer Abschnitte gibt es, wie schon von den vorherigen Teilen bekannt, immer eine zeitliche Angabe. Diese hilft nicht nur dabei, die Handlung einzuordnen und historische Daten besser in einen Zusammenhang zu bringen, sondern man kann auch gut schauen, wie viel Zeit seit dem Beginn der Handlung vergangen ist. Weiterhin lässt sich so ganz gut eine kritische Betrachtung der Charaktere vollziehen, man kann sie besser beurteilen und schauen, inwieweit es eine Entwicklung gibt.

Diesmal gibt es eine insgesamt erzählte Zeit von 4 Jahren. Beginnen tut die Handlung 1919 und erstreckt sich, mit kleinen Auslassungen und Zeitsprüngen, bis ins Jahr 1923. Ich bin gerade selbst erstaunt, wie viel Zeit vergangen ist, an mir sind die erzählten Jahre während des Lesens nur so vorbeigeflogen und mir war gar nicht bewusst, dass die Handlung schon so weit fortgeschritten ist und die Goldenen Zwanziger begonnen haben. Das ist ja ein gutes Zeichen, dass die Geschichte stets spannend war und ich hatte große Freude beim Lesen. Die Auslassungen waren geschickt eingesetzt und es gab trotzdem Informationen zu Ereignissen, die man nicht selbst miterlebt hat. So wurde die Handlung etwas abgespeckt und es konnten erst gar keine Längen entstehen.

In diesem vierten Band zeichnet sich das Setting durch eine interessante Mischung aus bekannten und neuen Orten aus. Nicht nur gibt es wieder viele Szenen von dem wundervollen Gut Greifenau, sondern auch in Potsdam und Berlin spielen einige Szenen. Dazu gibt es auch eine kleine Reise nach Frankreich, über die ich aber nicht zu viel verraten möchte.
Am meisten Charme hatte definitiv Greifenau, vielleicht weil der Ort und das Gut noch aus den vorherigen Teilen so gut bekannt ist und es sich ein bisschen wie ein Heimkommen an einen angenehmen und einladenden Platz angefühlt hat.
Dagegen kommen die anderen Handlungsorte nicht an, sie sind mit nicht ganz so bunten und lebhaften Worten gezeichnet und lassen bei mir nicht so ein starkes Bild entstehen. Ich glaube, gerade weil das Gut so perfekt dargestellt ist, gibt es eine hohe Messlatte, die für andere Lokalitäten nur schwer zu erreichen ist.

In die Handlung geschickt eingebunden wurden wieder allerhand historische Details, die stets in einen schlüssigen Zusammenhang gebracht wurden. Sie wurden außerdem auch perfekt mit den meist fiktiven Charakteren in einen Einklang gebracht und dies ergibt eine anregende und interessante Mischung, welche mir sehr gut gefallen hat.
Zudem wurden diese Informationen auf eine einfache und leichte Weise dargestellt, ich hatte keinerlei Probleme, sie aufzunehmen und mir einzuprägen. Außerdem merkte man anhand von solchen Details, wie stark und tiefgehend die Recherche der Autorin war und wie viel Herzblut in dem Buch steckt. Eine jede Aussage hat Hand und Fuß und machte viel Sinn.

Es gibt eine Vielzahl an Protagonisten, die den unterschiedlichsten Ständen angehören. Mir hat ja in den vorherigen Bänden immer der dargestellte Unterschied und das Zusammenleben von der Herrschaft mit den Dienstboten immer besonders gut gefallen. Und im Grunde tut es das immer noch, wobei ich es sehr schade fand, dass die Dienstboten nicht mehr so einen umfangreichen Teil bekommen haben, mir scheint es gerade, als würden sie weniger auftreten als in den vorherigen Teilen. Vielleicht täusche ich mich auch, immerhin haben sich die Zeiten und die Gesellschaft geändert, zudem gibt es nun keine Hausherrin mehr, die einen großen Wert auf ihren hohen Stand legt. Für mich ist das ein Aspekt, der mir etwas zu kurz kommt und ich hoffe, dass sich dies im fünften Teil ändern könnte.
Ansonsten gibt es wieder allerhand lebhafte Zeichnungen der Protagonisten und ich fand es toll zu sehen, wie wenig sich manche geändert haben. Gerade Feodora ist noch komplett die Alte geblieben und obwohl ich ein großer Fan davon bin, wenn Charaktere einsichtiger werden, mag ich es bei ihr sehr, dass sie ihren Prinzipien treu bleibt. Genau das passt zu ihrem Wesen und alles andere würde nur gekünstelt erscheinen.

Fazit:
Mein erster Gedanke, als ich das Buch weggelegt habe: Hier muss noch eine Fortsetzung folgen. Dafür bleiben viel zu viele Fragen offen und ich wünsche mir eine Beantwortung dessen. Ich hab dann mal auf der Verlagsseite nachgeschaut und schnell festgestellt, dass mir dieser Wunsch erfüllt wird. Ein fünfter Teil folgt im Dezember, ich kann die Zeit bis dahin kaum noch abwarten und bin mir sicher, dass das Buch ebenso gut wird wie die bisher erschienenen Teile und dem Leser in der Vorweihnachtszeit viele schöne Stunden bescheren wird.
Bis auf ein – zwei kleine Punkte, die ich angesprochen habe ( ein ausgewogeneres Verhältnis der Erzählsituationen, sowie mehr Informationen und Szenen zu den Dienstboten ) bin ich mit dem Buch vollkommen zufrieden. Anfangs stand ich einer Fortsetzung tatsächlich etwas kritisch gegenüber, ich musste mich erst mal an den Gedanken gewöhnen, danach kam erst die Freude darüber. Mittlerweile bin ich vollkommen begeistert darüber, dass noch ein paar mehr Geheimnisse aufgedeckt werden, die ich mir nicht entgehen lassen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.04.2020

Die Spionin

Die Spionin
0

Handlung:
Marseille 1940
Im normalen Alltag ist Nancy die Verlobte eines reichen, angesehenen Mannes, sie stehen kurz vor der Hochzeit. Sie mag schicke Mode, gutes Essen und konsumiert gerne diverse Luxusartikel. ...

Handlung:
Marseille 1940
Im normalen Alltag ist Nancy die Verlobte eines reichen, angesehenen Mannes, sie stehen kurz vor der Hochzeit. Sie mag schicke Mode, gutes Essen und konsumiert gerne diverse Luxusartikel. Doch Nancy hat auch eine andere Seite: sie ist eine Agentin der Allierten, erhält von den Nazis den Namen „weiße Maus“ und auf ihre Person ist ein Kopfgeld in Millionensumme ausgesetzt. Lange Zeit vermuten die Deutschen, dass sich hinter diesem Spitznamen ein Mann, vielleicht sogar Nancys Mann verbirgt. Doch erst nach dessen Festnahme merken sie, dass die junge Frau nicht so unschuldig ist, wie sie gedacht haben...
Nancy kann gerade noch so nach England fliehen, sie wird zur Geheimagentin ausgebildet und bereitet sich auf eine Rückkehr nach Frankreich vor. In den Wäldern der Auvergne übernimmt sie das Kommando über Tausende von Partisanen, legt den Nazis immer wieder Steine in den Weg und es kommt auch zu direkten Kämpfen. Und dabei verliert Nancy nie die Sorge um ihren Mann aus den Augen, der in immer größerer Gefahr schwebt...

Meinung:
Das Cover ist nicht schlecht, es wirkt realistisch und normal. Ich kann mir zudem gut vorstellen, dass es sich bei der Dame tatsächlich um Nancy Wake handelt, die gerade mit ihrem Fahrrad eine kleine Tour macht, die Gegend auskundschaftet oder ähnliches. In dem Sinne finde ich es wirklich gelungen. Doch ich muss ehrlich sagen, dass es mir in einer Buchhandlung nicht wirklich aufgefallen wäre, vielleicht ist es dafür zu düster, vielleicht nicht auffällig genug. Ich kann es selbst nicht genau sagen, kann nur mutmaßen, was mir daran nicht vollkommen passt. Nur aufgrund des Covers hätte ich das Buch bestimmt nicht in die Hand genommen...

Ich hatte das Buch bereits bei Vorablesen gesehen, es klang interessant, in der gleichen Woche gab es aber auch eine Neuerscheinung, die mich mehr gefesselt hat. Daher war es für mich eine sehr schöne Überraschung, dass ich den Roman unerwartet vom Verlag zugeschickt bekommen habe. Ich habe nicht so viele Kenntnisse über die Résistance und finde es wichtig, auch über diese Menschen und ihre Ziele mehr zu lernen. Das ist zudem ein Thema, über welches in der Schule, aber auch in meinem Studium nie groß berichtet wurde, daher bin ich sehr froh, jetzt noch einiges darüber zu erfahren. Zudem ist mir der Name Nancy Wake vollkommen unbekannt und ich war sehr gespannt darauf, die Dame anhand des Buches kennenzulernen.

Ich hatte einen sehr angenehmen Start in den Roman, die Handlung beginnt überraschend ruhig, man hat Zeit, sich von Nancy, ihrem Verlobten und den Freunden ein Bild zu machen. Zudem fand ich es interessant, wie sich Nancy auf einem gesellschaftlich angesehenen Parkett bewegt und mit was für luxuriösen Artikeln sie sich normalerweise umgibt. Ich fand es gut, dass die Handlung nicht direkt blutig und brutal beginnt, man erhält einen Einblick in Nancys Leben, aber auch in die politische Situation und das Weltgeschehen.
Ich habe nach wenigen Seiten großen Gefallen an der Schreibweise gefunden, diese war teils sehr ausschmückend, manchmal fast schon karg und bildete so ein gutes Gleichgewicht zwischen zahlreichen, bildhaften Beschreibungen und Momenten, in denen zu viele Worte nicht angebracht wären.
Bei diesem Buch ist es zugleich Fluch, als auch Segen, dass man sich viele Szenen gut vorstellen kann. Teilweise waren die Ereignisse doch recht brutal und auch diese Momente ließen ein Bild vor meinen Augen entstehen. So wirkt die Handlung zwar authentisch und wahrheitsgetreu, doch viele Szenen wollte ich ich mir gar nicht sooo deutlich vorstellen. Leider habe ich kein Mittel gefunden, um meine Fantasie in Schach zu halten.

Am Anfang konnte ich mich noch recht gut zeitlich in der Geschichte zurechtfinden, ich konnte immer grob einschätzen, wie viel Zeit seit dem Beginn der Handlung vergangen ist. Erst als Nancy in der Auvergne landet und agiert wurde es schwierig. Gefühlt vergeht in einem Abschnitt unfassbar viel, gleichzeitig aber auch recht wenig Zeit. Und das hat dazu geführt, dass mir ein Zeitgefühl irgendwann vollkommen abhanden kam und ich mir dazu mehr Anhaltspunkte gewünscht hätte. Selbst eine Einstreuung des Monats hätte mir schon viel genützt.

Es gibt viele politische Informationen, aber auch solche, die sich mit der Weltgeschichte befassen. Einige Fakten waren mir bereits bekannt, vieles habe ich erstmals gelesen und mir hat es gefallen, wie das Autorenduo wichtige Details in die Handlung eingebunden hat. Man hat nicht auf jeder Seite unglaublich viele Informationen, die man gar nicht recht verdauen kann, sondern Fakten werden immer mal wieder eingestreut oder so beschrieben, dass Nancy sie direkt miterlebt. So hatte ich nie das Gefühl, überfordert oder unterfordert zu sein.
Viele Szenen haben sehr lebendig gewirkt, ich habe mir öfters gedacht, dass sie so wahrheitsgetreu wirkten, dass sie tatsächlich so hätten stattgefunden haben können. Das lag vielleicht auch an den zahlreichen Protagonisten, die wirklich gelebt haben, auf jeden Fall kann man darauf schließen, dass hinter dem Buch eine starke und langwierige Recherche steckt, um der berühmten Nancy Wake gerecht zu werden. Mit diesem Buch ist es dem Autorenduo auf jeden Fall gelungen, der Frau neues Leben einzuhauchen und sie dem Leser näher zu bringen, aber auch dazu zu verleiten, nach weiteren Informationen zu suchen. Nachdem ich das Buch beendet hatte, habe ich noch einige Zeit damit verbracht, Nancy Wake zu googeln und mehr über ihren bemerkenswerten Einsatz zu erfahren. Am liebsten hätte damit schon während des Lesens begonnen, hatte aber Angst, dass mir Informationen, wie ein Kind oder das Todesdatum vorweggenommen werden.

Auf den ganzen 457 Seiten begleitet man als Leser Nancy auf ihrem Lebensweg. Sowohl in der Zeit, als sie noch heimlich als „Weiße Maus“ in Marseille agiert und kurz vor der Hochzeit mit Henri steht, als auch während ihrer Ausbildung und ihrem Wirken in den Wäldern der Auvergne. Viele Szenen finden in der freien Natur statt, es ist irgendwann fast schon eine Seltenheit, dass sich Nancy in einem Haus aufhält.
Ich konnte mir sowohl die Häuser, als auch die Wälder sehr gut vorstellen und war mit dem Setting vollkommen zufrieden. Anfangs erschien es mir noch etwas unrealistisch, dass Nancy, die mittlerweile doch einen gewissen Luxus gewöhnt ist, sich so einfach in den Wäldern zurechtfindet und sich dort einfach so häuslich niederlassen kann. Für mich waren dies anfangs Gegensätze, die ich mir nicht miteinander vorstellen konnte, doch hier habe ich mich sehr getäuscht. Nancy wirkte auch in einem einfachen Setting vollkommen zufrieden und konnte an unterschiedlichsten Orten leben, ohne darüber zu klagen.

Stets war die Handlung voller Spannung beschrieben, ich wollte immer mehr von Nancy erfahren und konnte dementsprechend das Buch nur schwer aus der Hand legen. Zudem hatte mir die Schreibweise auch so gut gefallen, was mich zu einem schnellen Lesen verleitet hat.
Es gibt nur sehr wenige Kapitel, in denen ruhige Momente geschildert werden und nicht irgendwelche Strategien oder Kämpfe geschildert werden. Doch wenn es solche gab, haben sie eindeutig etwas Ruhe in den Roman gebracht, nicht nur Nancy, sondern auch der Leser konnte mal kurz entspannen bevor es wieder aufregender wurde.
So gab es stets eine steil aufsteigende Spannungskurve, das Ende des Zweiten Weltkrieges ist zwar bekannt, für mich blieb es aber spannend. Ich wusste nicht, ob Nancy den Krieg überleben wird und wie ein mögliches Weiterleben aussehen könnte. Ich bin der Handlung also bis zum Ende voller Aufmerksamkeit gefolgt und habe auch das informierende und auf weitere Quellen verweisende Nachwort mit großem Interesse gelesen.

Wenige Kapitel bieten einen anderen Blickwinkel, einmal den von Nancys Verlobten Henri, der aufgrund der Vermutung, dass er der Résistance angehört, von den Nazis verhaftet wird. Zum anderen gibt es ab und an ein paar Zeilen aus der Sicht des Agentenjägers Major Böhm. So gibt es immer mal Momente, in denen man etwas Abstand zu Nancy gewinnt und, was ich ganz wichtig fand, man kann sie auch aus der Sicht anderer Personen erleben. Henri betrachtet und schätzt seine Verlobte natürlich ganz anders ein als Böhm und ihr Wesen wurde so für mich vielfältiger.

Ich glaube, anhand der Vielzahl von Protagonisten wäre es ganz gut gewesen, die wichtigsten und am häufigsten auftauchenden in einem kleinen Register unterzubringen. Einfach um stets einen Überblick zu haben und nie durcheinander zu kommen. Gerade am Anfang, als Nancy nach ihrer Ausbildung in den Wäldern landet und Kontakte mit den Anführern knüpft, ist es mir schwer gefallen, mir alle Namen zu merken und auf Knopfdruck wieder aufzurufen.

Im Mittelpunkt steht stets Nancy, eine unglaubliche junge Frau, die man nur bewundern muss. Ich fand sie nicht durchweg sympathisch, manchmal war mir ihre Sprache zu vulgär und ich habe mich mit ihrem Auftreten etwas schwer getan. An anderen Stellen war ihre Art sehr menschlich und normal, man hatte plötzlich einen ganz anderen Blick auf ihren Charakter und ihr ist meine Sympathie nur so zugeflogen.
Oft war ihr Auftreten recht kühl, distanziert wodurch es mir schwer gefallen ist, ihr Wesen zu mögen. Ich habe sie respektiert und für ihre taktischen Züge bewundert. Doch gerade wegen ihres Kampfeinsatzes und ihrer Art zu kämpfen, hatte ich gleichzeitig etwas Furcht vor Nancy. Sie war oft schonungslos und trat in manchen Situationen herzlos und resolut auf, was mir die Bindung erschwert hat.
An ihrem ganzen Charakter ist ein großer Wandel zu sehen. Anfangs war Nancy lediglich geheime Agentin, hat harmlos u.a. bei Fluchten mitgewirkt, hatte aber nie etwas mit dem Töten zu tun. Sie war eine verwöhnte reiche Verlobte, wurde von ihrem Mann geliebt und umsorgt und Nancy war mit sich vollkommen im Reinen. An diesen Stellen hätte ich sie zu gerne kennengelernt, sie war sympathisch und charismatisch. Doch je länger sich Nancy in den Bergen aufhält, desto stärker, reifer und erwachsener, aber auch skrupelloser wird sie. An ihrem Charakter hat man deutlich gemerkt, wie sehr der Krieg und das Erlebte einen Menschen ändert.

Fazit:
Puh, das ist eine Geschichte, die man nicht so schnell verdaut und die hängen bleibt. Ich wollte einerseits immer weiterlesen und mehr über den Fortgang der Handlung wissen. Und im gleichen Zuge hatte ich Angst vor dem Ende, weil ich im Unwissen über Nancy und ihr Schicksal war und ihr nur das Beste wünsche. Es war also ein Teufelskreis, der auf mich eine anziehende Wirkung hatte.
Insgesamt bin ich tief beeindruckt von Nancy, ihrem Auftreten und ihrem Geschick, sich Manöver auszudenken und zu planen. Leider wird die Geschichte von Nancy Wake zu selten behandelt und wieder ans Tageslicht geholt, die Frau hätte es mehr als verdient. Ich bin sehr froh das Buch gelesen zu haben und mich mit ihr zu befassen, mit ihr mitzufiebern und sie als Figur kennenzulernen. Trotz kleiner Makel, die ich bereits angesprochen habe, ist das Buch eine große Empfehlung meinerseits. Es gibt einen echten, realistischen und teils brutalen Blick auf den Zweiten Weltkrieg, der mahnt und belehrt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.04.2020

Der kleine Teeladen zum Glück

Der kleine Teeladen zum Glück
0

Handlung:
Laurie hat nicht nur das große Glück, einen wunderschönen eigenen Teeladen in Oxford zu betreiben, sondern auch mit ihren besten Freundinnen Tür an Tür zu arbeiten. Zudem nimmt sie jeden Tag ...

Handlung:
Laurie hat nicht nur das große Glück, einen wunderschönen eigenen Teeladen in Oxford zu betreiben, sondern auch mit ihren besten Freundinnen Tür an Tür zu arbeiten. Zudem nimmt sie jeden Tag den Charme der Valerie Lane in sich auf, der romantischsten und bezauberndsten Straße der Welt. Laurie genießt jeden Tag in ihrem kleinen Teeparadies, sie liebt nicht nur den täglichen Umgang mit dem Tee, sondern auch den Kontakt zu ihren Kunden. Und ganz besonders freut sie sich immer auf Dienstage. Seit sechs Monaten kommt jeden Dienstag ihr äußerst attraktiver Teelieferant Berry mit den neuesten Bestellungen. Und jede Woche nimmt sich die junge Frau vor, ihn um ein Date zu bitten. Lauries Freundinnen können sich das heimliche Schwärmen nicht mehr anschauen und wollen ihr helfen...

Meinung:
Das Cover wurde perfekt auf den Inhalt zugeschnitten. Es beherbergt einen Teeladen, erkennbar vor allem anhand der Details auf und über der Tür. Genau so habe ich mir auch immer Lauries Laden vorgestellt, es wirkt einfach urgemütlich und sehr einladend.
Die Farben sind hell und sommerlich, sie fordern einen geradezu auf, das Buch in die Hand zu nehmen und näher zu betrachten. Insgesamt finde ich das Bild sehr stimmig und perfekt zu der Handlung passend. Es ist definitiv auffallend und wirkt ansprechend.

Zufällig bin ich auf das Gewinnspiel der Autorin gestoßen und dieser Titel hat mich direkt angesprochen. Ich bin nicht nur ein großer Fan von Tee, sondern auch von Teeläden und liebe es, neue Sorten für mich zu entdecken. Aus diesem Grund habe ich mein Glück versucht und war unglaublich glücklich, das Buch zu erhalten. Auch hier möchte ich mich noch einmal ganz, ganz herzlich dafür bedanken! Es hat großen Spaß gemacht, das Buch zu lesen.

Tatsächlich hatte ich schon längere Zeit keine so leichte Lektüre mehr und hatte mal wieder richtig Lust darauf. Deshalb musste der Roman auch nicht lange warten, sondern wurde schon kurz nachdem er bei mir angekommen ist, gelesen. Und die Handlung fand ich so ansprechend und gelungen, dass ich das Buch innerhalb von einem Tag ausgelesen habe. Es eignet sich perfekt dazu, es innerhalb von wenigen Stunden zu genießen, mir hat die Lektüre meinen Sonntag arg verschönert!
Die Schreibweise war locker leicht, ich bin nur so durch das Buch geflogen und wollte es gar nicht aus der Hand legen. Es ist der Autorin richtig gut gelungen, die Valerie Lane lebendig werden zu lassen, ich hatte unglaubliche Bilder vor Augen und war richtig traurig, dass sich solch eine verlockende Straße mit den zugehörigen Läden nicht in meiner Stadt befindet!
Ich hatte absolut keine Probleme, in die Handlung zu starten, mich auf diese einzulassen und die Umwelt komplett auszublenden. Die Geschichte hatte einen besonderen Charme, besaß einige angenehme Menge an Kitsch und Gefühlsdrama und hat definitiv Lust auf die weiteren Teile gemacht.
Gemischt wurde die Handlung mit einigen amüsanten Szenen, die die Handlung nochmals aufgelockert haben. Sie wirkten recht realistisch und haben viel Bodenständigkeit vermittelt. Ich musste häufig darüber schmunzeln und fand besonders die Szenen, in denen alle fünf Ladenbesitzerinnen der Valerie Lane versammelt waren, sehr ansprechend und besonders. Dabei wurde stets eine Gruppendynamik vermittelt, die ansteckend war und mich die eigenen Freunde vermissen lassen hat.

Vorherrschend findet das Setting in der Valerie Lane statt, einer Straße, die einfach traumhaft erscheint. Sie ist nicht nur sehr idyllisch und einladend geschildert, sondern vereint auch Elemente der Moderne mit denen aus der Vergangenheit. So entsteht ein märchenhafter Charme, der nicht zu abgehoben ist, sondern sehr anziehend wirkt. Es hat einen bodenständigen Charakter und lädt zum träumen ein.
Es gibt nicht unglaublich viele Beschreibungen, doch selbst anhand der wenigen Worte konnte ich mir ein genaues Bild machen. Vieles war bildhaft beschrieben und wirkte zudem sehr real. Oft musste ich mir in Erinnerung rufen, dass es sich dabei nicht um tatsächliche Orte handelt. Zu gerne hätte ich der Valerie Lane mal einen Besuch abgestattet und mich in den bezaubernden Läden umgeschaut.
Und gerade weil ich mir den Laden von Laurie so gut vorstellen konnte, hätte es mir gefallen, wenn noch mehr Informationen zu ihrem Arbeitsalltag genannt worden wären. Sei es das Teemischen, die Kundenberatung oder das Einsortieren von neuen Teesorten. Mir hätte es großes Vergnügen bereitet, davon noch mehr zu lesen.

Mit einer hohen Spannungskurve konnte das Buch nicht aufwarten. Die Handlung wurde ruhig, ohne große Dramen erzählt und war nicht zu aufregend. Auch dieser Fakt hat zu einem schnellen und problemlosen Lesen beigetragen, es passte hervorragend zu der lockeren Lektüre und zu viel Drama wäre auch fehl am Platze gewesen. Dann wäre wieder etwas von der Bodenständigkeit verloren gegangen, was sehr schade gewesen wäre. So wurde das richtige Maß gefunden, welches ich als perfekt gefunden habe.
Für mich war die Handlung ab und an etwas vorhersehbar. Ich wurde nur wenig überrascht, ein Ende kann man sich schon nach den ersten Seiten zusammenreimen. Doch während des Lesens habe ich gemerkt, dass mir so ein Buch auch mal wieder gefehlt hat. Ich es mochte, dass ich vollkommen abschalten konnte und ich nicht mit zu vielen Fakten und Tatsachen bombardiert wurde.

Es gibt durchaus Momente, in denen man mit Laurie mitfiebern kann oder sich für sie mitfreut. Ansonsten wurden nicht sehr viele Emotionen transportiert, es gab weder Szenen, in denen sehr traurige Momente geschildert wurden, noch welche in denen die Charaktere richtig wütend wurden. Hier wäre ein bisschen Spielraum gewesen, um die Stimmung besser zu übertragen und so den Leser noch mehr mitzureißen.

Im Grunde ist die Anzahl von Charakteren recht überschaubar. Fast ausschließlich treten nur Laurie, ihre vier Freundinnen und der Teelieferant Berry auf. Obwohl sie mit wenigen Worten umrissen wurden, wirkten sie schon nach ihren ersten Auftritten direkt sympathisch und lebendig. Ich konnte sie mir richtig gut vorstellen, hatte schnell ein Bild von ihnen vor Augen und habe gerne Zeit mit ihnen verbracht.
Laurie steht in diesem ersten Band deutlich im Vordergrund, man kann sich von ihrem Wesen in verschiedenen Situationen ein Bild machen. Ich mochte ihre unschuldige, aber auch tollpatschige Art sehr gerne, sie ist ein durch und durch positiver Mensch, hat keine schlechte Seite an sich und wirkte mit ihrer Energie mitreißend. Zudem hat man deutlich gespürt, wie glücklich sie mit ihrem Teeladen ist und wie sie in dieser Aufgabe aufgeht. Auch schimmert mit zunehmender Handlung ein ganz besonderer Humor durch, der Lauries Charakter vollkommen abgerundet hat.

Fazit:
Ich hatte mir letzten Sonntag vorgenommen, das Buch auszulesen und genau das habe ich auch getan. Tatsächlich ist es schon einige Zeit her, dass ich ein Buch an einem Tag gelesen habe und es hat mal wieder richtig Spaß gemacht. Sollte ich mal wieder öfter machen...
Mir hat der Roman wirklich gut gefallen, ich fand die Geschichte sehr niedlich gestaltet, das Setting ist mehr als ein Traum und auch die Charaktere waren Personen, mit denen man zu gerne selbst befreundet sein möchte.
In meiner Meinung hatte ich bereits wenige, kleine Kriterien genannt, für die ich einen halben Stern abziehe. Ansonsten habe ich nichts zu beanstanden, ich wurde sehr gut unterhalten und werde die anderen Teile definitiv irgendwann auch noch lesen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2020

Die Schule am Meer

Die Schule am Meer
0

Handlung:
Juist 1925
Eine Gruppe von ambitionierten Lehrern hat sich zusammengeschlossen und auf der Insel Juist ein altes Anwesen gekauft, welches sie in ein Internat umwandeln. Dieses wollen sie zusammen ...

Handlung:
Juist 1925
Eine Gruppe von ambitionierten Lehrern hat sich zusammengeschlossen und auf der Insel Juist ein altes Anwesen gekauft, welches sie in ein Internat umwandeln. Dieses wollen sie zusammen mit ihren Schülern verschönern und nach und nach erweitern. Aber auch die Bildung bleibt nicht auf der Strecke: die Schule soll reformiert werden, persönliche Stärken werden hervorgehoben und so soll den Schülern ein besserer Start ins spätere Berufsleben gegeben werden.
Verschiedene Personen werden auf diesem Weg begleitet, anhand von Eduard Zuckmayer und der Jüdin Anni Reiner gibt es Einblicke in den Lehreralltag, der zehnjährige Schüler Maximilian berichtet sowohl von positiven, als auch von negativen Aspekten und die Insulanerin Kea, welche in der Schule am Meer als Köchin arbeitet zeigt nicht nur ihre Meinung deutlich, sondern bildet die Verbindung zu den anderen Insulanern. Den diese sind nicht vollends von dem Konzept begeistert, es gibt einige negative Stimmen, die einen Fortbestand der Schule unterbinden möchten. Und auch der langsam aufkommende Nationalsozialismus erschwert vielen Bürgern das Leben...

Meinung:
Das Cover ist wunderbar zeitgemäß und ansprechend. Ich finde die Farben sehr passend und mag die Schlichtheit, mit der der Titel, sowie der Name der Autorin gedruckt wurden. Ich kann selbst nicht benennen wieso, aber es erscheint mir genau richtig für die Geschichte.
Am unteren Rand gibt es eine Fotografie von einer Gruppe junger Mädchen. Allesamt tragen Schwimmkleidung und schauen mehr oder minder begeistert in die Kamera. Ich gehe mal davon aus, dass es sich hierbei um Schülerinnen der Schule am Meer handelt. Ich finde es sehr passend, dass solch eine Fotografie eingebunden wurde. Es verbreitet viel Charme und lässt das Cover sehr authentisch wirken.

Ich habe einige Zeit überlegt, ob ich das Buch wirklich lesen möchte, ob es meinen Geschmack treffen könnte oder ob ich mich am Ende quälen würde, weiterzulesen. Es klang zwar ziemlich interessant, zudem hatte ich von dieser Schule noch nie etwas gehört. Doch gleichzeitig war ich mir unsicher, ob mich die Thematik so anspricht. Am Ende habe ich mir gedacht, dass ich durch das Buch nur schlauer werde und der Geschichte eine Chance gegeben. Und darüber bin ich am Ende mehr als froh!

Auf den Umschlaginnenseiten wurden allerhand Bilder gedruckt, die verschiedene Tätigkeiten, sowie Schüler und Lehrer der Schule am Meer zeigen. So kann man sich nicht nur das Setting noch besser vorstellen, sondern erhält auch einen Blick auf die Schulmode und Lehrer. Bei einigen Personen habe ich mich gefragt, ob sie die Person sein könnten, für die ich sie halte. Auf jeden Fall ist das ein sehr schönes Detail, welches eine einführende Funktion hat und unglaublich angebracht ist. Zudem finde ich, dass sich schon durch so kleine Details zeigt, wie viel und gut die Autorin recherchiert hat.

Vor dem Beginn der Handlung wurde außerdem ein Lageplan eingefügt, der die wichtigsten Gebäude der Schule am Meer auf einer kleinen Karte vermerkt. So kann man bei den Erwähnungen von den Häusern stets darauf zurückgreifen und sich so orientieren. Es wurden auch Nebengebäude eingezeichnet, sodass man sich ein wirklich gutes Bild machen konnte. Eine wichtige Hilfe, ansonsten wäre es mir schwer gefallen, die Gebäude zu verorten.

Für mich wäre es gerade zu Beginn des Buches eine große Hilfe gewesen, wenn es am Anfang ein Personenverzeichnis gegeben hätte. Ab und an tauchten innerhalb von kurzer Zeit einige Namen von Personen auf, die nicht so häufig einen Auftritt haben und die man dann ganz schnell ans Ende des Gedächtnisses verschiebt. Eine Aufzählung der handelnden Personen hätte immer schnell Abhilfe geschaffen und die Person wieder in Erinnerung gerufen. Und aufgrund der recht großen Anzahl an Protagonisten wäre es durchaus sinnvoll gewesen.

Der Prolog lässt sich erst mit dem Lesen des Epilogs verorten und macht in diesem Zusammenhang einen richtigen Sinn. So ist zwar erkennbar, dass dieser einige Jahre nach der eigentlichen Handlung spielt, doch es lässt sich nicht herauslesen, welche Person in der Ich-Form spricht. So kann man zu Beginn schon mal rätseln, wer diese Figur sein könnte, ich kann sagen, dass ich mit meiner Vermutung falsch lag.
Direkt danach beginnt die Hauptgeschichte, man reist mit Anni Reiner und ihren Töchtern zusammen nach Juist. Es gibt einen ersten Blick auf ihre Wesen und ich mag es sehr, dass man die Insel zeitgleich mit ihr erstmals betritt. Auch in Zusammenhang mit dem Ende wird die Geschichte so sehr rund und ich habe mich dadurch ihrem Charakter vertrauter gefühlt.

Schnell hat mir die Schreibweise sehr gut gefallen. Sie ist auf eine besondere Weise hochtrabend, aber nicht zu kompliziert oder gewichtig. Ich konnte der Handlung stets ohne Probleme folgen und das Buch ließ sich sehr flüssig lesen.
Fast durchweg wurde die Handlung recht ruhig und gelassen geschildert, es gibt nicht ständig irgendwelche Dramen oder aufregende Vorkommnisse. Diese waren eher rar gesät und ließen dann natürlich den Spannungsbogen stark steigen. Ich mochte diese natürliche Art. Es passte zu der Geschichte und oft ließ sich das Buch wie ein sehr informatives und anschauliches Tagebuch von den verschiedenen Personen lesen. So hatte ich immer den Eindruck, diesem Teil der Geschichte aktiv beizuwohnen und nicht viele, viele Jahre danach davon zu lesen.

Eine besondere Stimmung kam bei mir leider nicht auf. Lediglich am Ende der Epilog wurde etwas emotionaler gestaltet, ansonsten habe ich nicht so mit den Charakteren mitgefühlt wie bei anderen Büchern. Dafür wurde die Handlung zu einfach und emotionslos geschildert. Mich hat das nicht sonderlich gestört, ich glaube einfach nicht, dass herzzerreißende Szenen zu der Geschichte gepasst hätten. Irgendwie kann ich das nicht in Einklang bringen, weshalb ich die fehlenden Stimmungen nicht als Kritikpunkt werte.

Es findet eine Unterteilung in Kapitel statt, dies ist auch die einzige Möglichkeit, die Geschichte in der Zeit zu verordnen und zu erkennen, in welchem Jahr die folgende Handlung stattfindet. Ansonsten ist nur eine Einordnung in die Jahreszeit möglich, dazu gibt es allerhand kleine Anmerkungen wie das Wetter ist, wovon man sich einiges ableiten kann.
Stets wird die Geschichte von einem allwissenden Erzähler wiedergegeben und erzählt. Nicht nur die Lehrer erhalten eine Stimme, sondern auch verschiedene Schüler, die Insulanerin und Köchin Kea oder ein offener Feind der Bildungseinrichtung. So gibt es verschiedene Blickwinkel, die alle ihren Reiz haben und ein lebendiges Bild der Gesellschaft geben. Zudem mochte ich die Mischung von Insulanern und Zugezogenen und deren Differenzen. Das wirkte sehr authentisch und ich konnte mir lebhaft vorstellen, mit was für negativen Aussagen und Meinungen die Schule leben musste.
Auch den Einblick in die Gedanken der Charaktere fand ich sehr interessant. Es wird ein vielfältiges Bild dargestellt, man kann vieles besser nachvollziehen und versteht manche Motivationen besser. Besonders interessant empfand ich es, den Schülern und dem erklärten Feind der Schule in den Kopf zu blicken und mehr über deren Meinungen zu erfahren. Sie hatten teils einen offeneren Blick als die Lehrer und es war spannend zu beobachten, inwiefern sich diese Art der Schule auf die Schüler auswirkt.
Ich hätte mir noch gewünscht, dass manche Motive der Protagonisten besser aufgelöst oder beschrieben worden wären. Bei manchen tappt man im Dunklen und auch nach dem Beenden der Lektüre kann ich mir davon noch nicht so recht ein Bild machen. Ich kann dazu leider kein Beispiel geben, um nichts von der Handlung zu verraten und mir fällt auch keine Umschreibung ein, die nicht zu viel vorwegnimmt.

Ab und an wird eine gewisse Zeit übersprungen, über die man auch im Folgenden nicht viel erfährt. Wichtige Details werden in die weitere Handlung eingeflochten und tauchen meist auch nicht direkt auf, sondern erst nach einigen Seiten. Normalerweise stört mich so was meist, ich mag immer gerne wissen, was genau in dem Leben der Figuren passiert. Hier hat es zu der Geschichte gepasst, es geht oft nicht so sehr um die einzelnen Protagonisten, sondern um die Charaktere als Einheit. Zudem hätten weitere Informationen über die übersprungene Zeit gewiss den Rahmen gesprengt und dem Buch noch einige Seiten mehr beschert (die ich trotzdem mit Freude gelesen hätte!).

Tatsächlich hatte ich zuvor noch nie von der Schule am Meer gehört. Ich bin bisher weder im Unterricht, noch in einem Buch darüber gestolpert. Mit diesem Buch habe ich also absolutes Neuland betreten und konnte meinen Horizont ganz schön erweitern.
Ich fand es etwas schade, dass es nur recht oberflächliche Einblicke in den Unterrichtsalltag gibt. Es wird viel beschrieben, was auf dem Lehrplan steht, aber ich hätte gerne noch einen tieferen Einblick bekommen. Und sei es nur eine Stunde gewesen, die detaillierter beschrieben wird. Gleichzeitig mag es auch schwer sein, sich so genau vorzustellen, was und wie unterrichtet wurde.
Im Gegensatz dazu gibt es zahlreiche Beschreibungen des Internatslebens. Angefangen von der Aufteilung der Zimmer und Häuser, über die verschiedenen Kameradschaften, Ausflüge und Ereignisse. Man konnte sich so ein ziemlich genaues Bild von dem Leben auf Juist machen, welche Ansprüche gestellt wurden und wie das ganze Zusammenleben war.
Aus diesen Sätzen hat sich auch deutlich herauslesen lassen, wie unglaublich viel Recherche dahintersteckt. Es hatte alles Hand und Fuß, war auf den Punkt erklärt und ließ mir gar keinen Platz zu möglichen Zweifeln.
Auch politische oder soziale Ereignisse fanden immer wieder Erwähnung und haben so einen Blick auf die deutsche Geschichte gegeben. Sei es der aufkommende und sich immer weiter ausbreitende Nationalsozialismus oder auch die Bildung von anderen Reformschulen in Deutschland. Oft tauchen kleine Details in den Sätzen mit auf, die man als natürlich hinnimmt und die einen weiten Blick auf die Situation geben.

Fast durchweg dient die Insel Juist als Setting. Ich hatte ganz oft Bilder vor Augen und konnte mir sowohl die Insel, als auch die Schule am Meer mit all ihren Gebäuden, die nach und nach gebaut wurden, unglaublich gut vorstellen. Manchmal hatte ich das Gefühl, das Rauschen der Wellen zu hören, die Meeresluft zu erschnuppern oder den Sand unter den Füßen zu spüren. Ich konnte mich unglaublich gut auf die Insel einlassen, mich in Gedanken dorthin versetzen und einfach nur genießen. Es gab keinen Moment, an dem mir etwas vom Setting unrealistisch erschien und es ist der Autorin mehr als gelungen, die Schönheit der Insel mit eigenen Worten auf eine lebendige und authentische Weise zu beschreiben.

Auf eine sehr geschickte Art schafft es die Autorin, fiktive und reale Persönlichkeiten zu vermischen und allen sehr lebendige Züge zu geben. Auch die Protagonisten, die nur selten auftauchen haben eine besondere Art und stechen hervor.
Am spannendsten war stets die Entwicklung der Protagonisten. Besonders bei Maximilian ließ sich das verfolgen, er wurde von einem Jungen zum Mann mit eigener Meinung und eigenen Zielen. Seine Entwicklung war wirklich imposant und er schien am Ende auf eine ganz angenehme Art über den Dingen zu schweben. Er hatte für mich so eine alte Seele, die ihn weise und sehr erwachsen hat wirken lassen. Ich fand seinen Charakter durchweg am interessantesten, ich konnte seine Meinungen am besten nachvollziehen und irgendwie hat er mir imponiert.
Von den Lehrern hat mir Anni am besten gefallen. Sie hatte eine freundliche und stets verständnisvolle Art und ich mochte es sehr, wie sie sich für ihre Mitmenschen eingesetzt hat. Auch ihr Denken unterschied sich von den anderen. Anni hatte an manchen Vorhaben Zweifel und konnte eine Situation reflektiert beobachten und ihre Schlüsse daraus ziehen. Sie ist mit vollem Elan an dem Gemeinschaftsprojekt der Schule am Meer, betrachtet die Sache aber auch mal mit Abstand.
Obwohl auf dem Internat recht lockere Regeln gelten, sind mir die anderen Lehrer doch teils recht steif aufgetreten. Sie hatten nicht so herzliche Züge wie gedacht wirkten erhabener. Ich möchte ihnen nicht ihre pädagogische Kompetenz absprechen, doch ich stelle es mir schwierig vor, sie als eine Art Elternersatz anzusehen und bei Problemen oder Ängsten zu ihnen zu gehen.

Fazit:
So recht lässt mich das Buch auch zwei Tage nach dem Beenden nicht los. Ich habe mittlerweile einige Artikel im Internet dazu gelesen und mich weiter informiert. Meine anfänglichen Zweifel waren vollkommen unbegründet, das Buch ist etwas ganz besonderes, welches noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Mich hat die Geschichte unglaublich interessiert und ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen. Die Geschichte war unglaublich lebendig und die Mischung aus realen Figuren und Fakten mit fiktiven Personen hat mehr als hervorragend funktioniert.
Trotzdem werde ich einen halben Stern in meiner Bewertung abziehen. Dieser steht stellvertretend für all die kleinen Dinge, die ich bereits erwähnt habe, vor allem aber wegen der fehlenden Herzlichkeit bei den Lehrern.
Ich bin mir sicher, dass ich das Buch noch viele Male weiterempfehlen werde und es immer einen schnell greifbaren Platz in meinem Bücherregal haben wird. Auf seine Art hat mich das Buch wirklich begeistert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere