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Veröffentlicht am 22.07.2020

Zwei Liebesgeschichten zum Preis von einer

Emmas Herz
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Jedes Mal, wenn ich ein Buch von Taylor Jenkins Reid in die Hand nehme, bin ich davon überzeugt, dass es das beste ist, das ich je gelesen habe. Zwei auf Umwegen und Das Glück und wir dazwischen fand ich ...

Jedes Mal, wenn ich ein Buch von Taylor Jenkins Reid in die Hand nehme, bin ich davon überzeugt, dass es das beste ist, das ich je gelesen habe. Zwei auf Umwegen und Das Glück und wir dazwischen fand ich so herzergreifend schön, dass ich mir sicher war: Das kann man nicht toppen. Doch dann habe ich Emmas Herz entdeckt und muss jetzt wieder sagen, vielleicht ist es noch besser!

Emma und Jesse. Jesse und Emma. So ist es eigentlich schon immer gewesen. Mit 14 sieht Emma den gut aussehenden, coolen, sportlichen Jesse zum ersten Mal in der Schwimmhalle und zwei Jahre später küsst er sie auf der Polizeiwache. Von dem Moment an waren sie eins. Sie zogen gemeinsam nach Los Angeles, bereisten die Welt, erkundeten andere Länder und begaben sich auf Abenteuer. Zehn Jahre lang haben sie ihre Liebesgeschichte in vollen Zügen genossen und die Hochzeit stellte nur ein weiteres Highlight in ihrem turbulenten Leben dar. Doch ausgerechnet an ihrem ersten Hochzeitstag nimmt Jesse ein Jobangebot an, das alles verändert. Er steigt in einen Hubschrauber und kommt nie mehr zurück. Aus „Jesse und Emma“ wird nur noch Emma. Von heute auf morgen ist sie allein und obwohl sie fast den Verstand verliert, schafft sie es, nach vorne zu blicken.

Nachdem Jesse für tot erklärt wurde, kehrt Emma in ihre Heimatstadt zurück und zieht wieder bei ihren Eltern ein. Monatelang scheint sie an ihrem Verlust zu zerbrechen, doch dann trifft sie plötzlich Sam – einen alten Freund aus der Schulzeit – wieder. Damals war er bis über beide Ohren in Emma verliebt, doch sie hatte nur Augen für Jesse. Jetzt, über 10 Jahre später, hat sich das Blatt jedoch gewendet und Emma verliebt sich in den vertrauten, liebevollen, ruhigen Sam. Die beiden bauen sich ein Leben auf, planen eine Hochzeit und Emma scheint endlich angekommen zu sein. Doch dann bekommt sie einen Anruf von Jesse…

Taylor Jenkins Reid schafft es immer wieder aufs Neue, mich mit einer Liebesgeschichte vollkommen umzuhauen. Mit Emmas Herz hat sie mir allerdings direkt zwei geschenkt: Emma & Jesse und Emma & Sam. Ähnlich wie bei Das Glück und wir dazwischen hat Emma zwei komplett unterschiedliche Leben, denn Jesse und Sam sind zwei ganz unterschiedliche Männer. Der eine aufbrausend, abenteuerlustig und cool, der andere etwas zurückhaltend, gemütlich und vertraut. Und obwohl die Geschichte von Emma und Jesse hollywoodreif ist, bin ich doch durch und durch #teamsam.

Es war unglaublich interessant zu lesen, wie sich Emma nach einem traumatischen Verlust wieder zurück ins Leben kämpft und wie heilend die Liebe dabei sein kann. Taylor Jenkins Reid zeigt, wie wandelbar und anpassungsfähig der Mensch ist, wie sich eine Weltenbummlerin aus L.A. plötzlich in ihrem kleinen Heimatstädtchen wieder pudelwohl fühlen kann. Noch dazu hat mich Sams Charakter unglaublich berührt. Es heißt, man trifft immer zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Menschen und in Emmas Herz trifft das hundertprozentig zu. Ich weiß nicht, wie Emmas Leben ohne Sam ausgesehen hätte, aber ich bin davon überzeugt, dass sie ohne ihn niemals ihre Trauer hätte bewältigen können. Manche Menschen sind einfach Balsam für die Seele – aber was ist, wenn man zwei davon hat? Einen in der Vergangenheit und einen in der Gegenwart? Und was ist, wenn diese zwei aufeinander treffen? Emma muss sich darüber klar werden, wer sie ist und auf ihrer Reise habe ich sie unglaublich gern begleitet.

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Ein Mädchen und ihre Rebellion

The Grace Year
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Tierney James ist sich sicher, dass sie ihr Leben niemals an einen Mann binden wird. Sie wird das Gnadenjahr absolvieren und danach auf den Feldern arbeiten, denn dann kann sie in ihren Gedanken und in ...

Tierney James ist sich sicher, dass sie ihr Leben niemals an einen Mann binden wird. Sie wird das Gnadenjahr absolvieren und danach auf den Feldern arbeiten, denn dann kann sie in ihren Gedanken und in ihrem Wesen immer noch frei sein. Es wird keinen Mann geben, dem sie sich unterwerfen muss, sie wäre immer noch ihr eigener Mensch. Jeder weiß von ihrem Plan: ihre Mutter, ihr Vater, ihr bester Freund Michael. Jeder weiß, dass eine Ehe für Tierney das Ende der Welt, das Ende ihrer Freiheit, bedeuten würde, doch dann kommt bei der Schleierzeremonie alles ganz anders…

Gemeinsam mit etwa dreißig anderen zukünftigen Arbeiterinnen und Ehefrauen bestreitet Tierney das Gnadenjahr. Ganz allein werden die jungen Mädchen in den Wald gebracht, wo sie von nun an ein Jahr leben werden. Ziel dieses „Abenteuers“ ist es, ihre Magie anzunehmen – die Magie, die scheinbar in jeder von ihnen schlummert und gefährlich für die Männer ist. Doch auf dem Weg zur Lichtung muss Tierney erkennen, dass die unterschiedlichen Witterungsverhältnisse und die Wilderer, die darauf warten, die Gnadenjahrmädchen zu töten, nicht ihre größte Herausforderung sein werden. Denn schon vom ersten Moment an wenden sich die Mädchen gegeneinander. Jede will überleben, jede ist bereit, dafür alles zu tun – ohne Rücksicht auf Verluste.

The Grace Year habe ich regelrecht verschlungen. Schon nach dem ersten Abschnitt (es gibt nämlich keine Kapitel) hatte mich Tierney völlig in ihren Bann gezogen und meine Augen flogen von einer Seite zur nächsten. Als großer Fan von Die Tribute von Panem konnte ich auch zu The Grace Year einige Parallelen erkennen: Eine völlig neue Welt, in der sich ein junges Mädchen zurecht finden muss. Ihr Überlebenskampf im Wald. Und eine Rebellion, die unausweichlich scheint. Mit ihrem Roman hat Kim Liggett außerdem eine Vielfalt von Charakteren geschaffen, die mich im Verlauf der Geschichte überrascht, schockiert und mein Vertrauen teilweise missbraucht haben. Genau wie Tierney weiß auch der Leser nicht, wer gut und wer böse ist, wer ihr den Tod wünscht oder doch nur das Leben retten will. Rasant folgt ein Ereignis auf das nächste, sodass das Ende viel zu plötzlich eintrifft. Obwohl The Grace Year mich absolut begeistert hat, habe ich mir zum großen Finale doch mehr gewünscht. Es gab so viele Punkte, an die die Autorin hätte anknüpfen können und es doch nicht tat. Vieles, das der Geschichte mehr Tiefe hätte verleihen können, blieb für mich unerforscht und der eigentliche Ausgang der Geschichte wirkt dadurch unbefriedigend. Doch vielleicht ist das auch gewollt … Vielleicht ist Tierneys Reise noch nicht zu Ende.

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Veröffentlicht am 05.07.2019

Der Mord, der Doyle, Poe & Co. inspirierte

Der Verdacht des Mr Whicher
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Polizist Mr Jonathan „Jack“ Whicher und sieben seiner Kollegen werden 1842 zu den ersten Detektiven Londons ernannt. Im 19. Jahrhundert ist es für Polizisten Vorschrift, die Uniform auch außerhalb des ...

Polizist Mr Jonathan „Jack“ Whicher und sieben seiner Kollegen werden 1842 zu den ersten Detektiven Londons ernannt. Im 19. Jahrhundert ist es für Polizisten Vorschrift, die Uniform auch außerhalb des Dienstes zu tragen – nur ein Bändchen am Handgelenk signalisiert, ob sie momentan arbeiten oder nicht. Die Ermittler von Scotland Yard, zu denen Jack Whicher gehört, können somit erstmals „verdeckt“ ermitteln, in dem sie ihre normale Alltagskleidung tragen. Personen von besonderem, polizeilichem Interesse schöpfen dadurch keinen Verdacht und können leichter überführt werden. Zwanzig Jahre lang arbeitet Jack Whicher als Detektiv, überzeugt seine Chefs durch eine schnelle Auffassungsgabe und sein Gespür für kleine, scheinbar unwichtige Details. In Folge dessen wird er 1860 zu einem Mordfall nach Wiltshire geschickt, bei dem er nicht nur sein Können als verdeckter Ermittler sondern auch seine Karriere aufs Spiel setzt.

Der kleine Saville Kent wird am Morgen des 30. Juni 1860 vermisst. Als das Kindermädchen, das mit ihm in einem Zimmer schläft, gegen fünf Uhr morgens aufwacht, findet sie ein leeres Kinderbett vor, macht sich aber zunächst keine ernsthaften Gedanken – vielleicht hat der Junge über Nacht geweint und wurde von seiner Mutter aus dem Zimmer geholt. Zwei Stunden lang kümmert sich Elizabeth Gough um Savilles Geschwister, wäscht und kleidet sie, bis gegen sieben Uhr auch Mrs Kent erwacht. Als Elizabeth die Hausherrin fragt, ob denn die Kinder auch schon wach seien, ist Mrs. Kent verwirrt. „Warum die Kinder?“, fragt sie überrascht, denn es schlafe – wie immer – nur ihre Tochter bei ihr im Schlafzimmer. Als das Kindermädchen ihr erzählt, dass Saville nicht wie gewohnt in seinem Bett liegt, schlägt die Mutter Alarm: Wo ist ihr Sohn? Und wer hat ihn aus dem Bett getragen?

Schnell werden Nachbarn, Bekannte und die Polizei involviert. Das komplette Grundstück rund um Road Hill House wird nach dem kleinen dreijährigen Jungen abgegrast, bis er auf der Außentoilette der Angestellten gefunden wird. Tot. Eingewickelt in seine Decke, unter der er vor einigen Stunden noch ruhig schlief. Die Kehle durchgeschnitten. Alle Beteiligten sind zutiefst schockiert, doch ihre Trauer muss erst einmal hinten anstehen: Am Abend vor Savilles Tod wurden alle Türen und Fenster vom Hausmädchen verriegelt und anschließend von Mr Samuel Kent, dem Hausherren, überprüft. Am Morgen des 30. Juni, nachdem der Körper des kleinen Jungen gefunden wurde, macht die Polizisten eine interessante Entdeckung. Keine der Türen oder Fenster wurde geöffnet oder weist Einbruchspuren auf. Der Mörder oder die Mörderin wohnt also ebenfalls in Road Hill House.

Jack Whicher nimmt sich dem Fall an, interviewt alle Mitglieder der Familie Kent und ihre Hausangestellten. Schnell kommt er zu einem ersten Verdacht, wer den Mord begangen haben könnte, doch ihm fehlen aussagekräftige Beweise. Zum gleichen Zeitpunkt bildet sich die Gesellschaft ihr eigenes Urteil über die Tat und eine ganz andere Person landet im Visier der Polizei. Whicher wird aus dem Fall entlassen, zieht sich aus der Detektivarbeit zurück und gerät größtenteils in Vergessenheit. Erst mehrere Jahre später kommen neue Hinweise ans Licht, die bestätigen, dass Jack Whicher recht gehabt haben muss…

Der Verdacht des Mr Whicher ist in erster Linie ein Sachbuch, liest sich teilweise aber wie Fiktion. Die einzelnen Zitate, die Kate Summerscale aus Zeitungsartikeln, Interviews und medizinischen Berichten gesammelt hat, werden so geschickt in den Text eingebaut, dass man vergisst, reale Fakten vor sich zu haben und vor allem letzteres macht das Buch für mich so spannend: Alles, was man liest, ist tatsächlich passiert. Die Autorin hat nichts hinzugedichtet, nichts ausgelassen, nichts übertrieben dargestellt. Als Leser fühlt man sich beinahe ins Jahr 1860 versetzt, in dem man den Mord und die Ermittlungen noch einmal hautnah miterlebt.

Bei ihrer Recherche hat Kate Summerscale eine unglaubliche Masse an Informationen gesammelt und sie versucht, so viel wie möglich, in ihr Buch mit einzubauen. Dadurch fokussiert sie sich auch manchmal zu sehr auf Nebenhandlungen, geht intensiv auf Themen ein, die mit dem Kriminalfall nicht so viel zu tun haben und bringt die eigentliche Handlung dadurch ein wenig ins Stocken. Hier meine ich vor allem die Hintergrundinfos zu einigen Personen – Was machten sie zwanzig Jahre nach dem Mord? Wo lebten sie? Als was arbeiteten sie? Wie oft waren sie verheiratet? Alles Dinge, die meiner Meinung nach hätten gekürzt werden können.
Was mich als Literaturstudentin jedoch sehr interessiert und wo es nicht genug Einschübe und Hinweise hätte geben können, ist die Verbindung zwischen Mr Whicher und Autoren wie Charles Dickens, Edgar Allen Poe, Arthur Conan Doyle und Wilkie Collins. Immer wieder werden zwischendurch Beispiele genannt, wie sich die Autoren an dem real-life Detektiv orientiert haben: Welche Charakterzüge hat sich Arthur Conan Doyle für Sherlock Holmes bei Jack Whicher abgeguckt? Wie sehr gleicht die Handlung aus Wilkie Collins‘ Roman Der Monddiamant dem Fall von Road Hill House? Zu wissen, dass sich die Meister der Kriminalliteratur an Saville Kents Mord und dem damit verbundenen Ermittler orientierten, machte Der Verdacht des Mr Whicher noch fünfmal spannender für mich. Fans von Sherlock Holmes, Auguste Dupin und Kriminalfällen allgemein sollten sich dieses Buch nicht entgehen lassen.

Veröffentlicht am 15.05.2019

Sherlock Holmes' erster Fall

Sherlock Holmes - Eine Studie in Scharlachrot
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Eine Studie in Scharlachrot ist nicht nur die erste Sherlock-Holmes-Geschichte, es ist außerdem einer der ersten Detektivromane, die veröffentlicht wurden. Zwar hat sich das Genre der Kriminalliteratur ...

Eine Studie in Scharlachrot ist nicht nur die erste Sherlock-Holmes-Geschichte, es ist außerdem einer der ersten Detektivromane, die veröffentlicht wurden. Zwar hat sich das Genre der Kriminalliteratur über die Jahrhunderte erweitert und vertieft, sodass der Aufbau und einzelne Kapitelüberschriften in Sir Arthur Conan Doyles Buch etwas ungeschickt erscheinen, doch den Meisterdetektiv erlebt man sofort in seinem Element. Als Sherlock-Holmes-Neuling kam mir Eine Studie in Scharlachrot wie gerufen, denn ich habe nicht nur das außergewöhnliche Talent von Holmes kennengelernt, ich habe außerdem einen Einblick in die Beziehung zwischen dem Detektiv und Dr. Watson erhalten.

Nachdem Dr. John Watson als Militärarzt in Indien und Afghanistan tätig war, wird er nach einer Schulterverletzung und einer anschließenden Typhus-Infektion im Jahr 1878 ausgemustert. Er kehrt nach London zurück und wohnt dort etwa drei Jahre von seiner sehr kleinen Versehrtenrente. Auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, stößt er dabei auf Sherlock Holmes. Watson lernt den vermeintlichen Wissenschaftler in einem Labor kennen und die beiden verstehen sich auf Anhieb recht gut. Nur ein paar Tage später beziehen sie ein Apartment in der Baker Street 221b. Während ihres Zusammenlebens erhält Dr. John Watson die Gelegenheit, den mysteriösen Fremden etwas besser kennenzulernen. Er bemerkt, dass Holmes einen strengen Tagesablauf einhält und somit eigentlich nichts zu verbergen hat, doch immer wieder kommen die unterschiedlichsten Leute vorbei, die Sherlock Holmes‘ Hilfe in Anspruch nehmen. Kurz darauf „outet“ er sich vor Watson als beratender Detektiv, eine sogenannte Ergänzung zur Kriminalpolizei. Die Leute kommen zu ihm, wenn kein anderer ein Verbrechen aufdecken konnte, denn Sherlock Holmes‘ Auffassungsgabe und sein Gespür für Details sind einzigartig.

Als nun die Meldung über einen Todesfall bei Sherlock Holmes und Dr. Watson eintrifft, überredet ihn Letzterer, den Fall anzunehmen. Drebber, so der Name des Ermordeten, liegt völlig unverletzt in seinem Haus. Neben ihm finden die Beamten den Ehering einer Frau sowie fremdes Blut, mit dem das Wort „Rache“ an die Wand geschrieben wurde. Sherlock Holmes untersucht den Tatort gründlich und beginnt anschließend seine eigenen Ermittlungen, die sich nicht mit denen der Polizei gleichen. Als die Kriminalbeamten den Detektiv dann auch noch darüber informieren, dass sie den Mörder festgenommen haben, scheint Sherlock Holmes wenig begeistert zu sein, denn er hat eine ganz andere Person im Visier…

Mir persönlich hat die erste Sherlock-Holmes-Geschichte unglaublich gut gefallen. Eine Studie in Scharlachrot ist nicht nur der Beginn einer Freundschaft zwischen Dr. John Watson und dem berühmten britischen Detektiv, es ist außerdem der Auftakt einer spannenden Reihe an Kriminalfällen. Vor allem Sherlock Holmes‘ Vorgehensweise sticht aus Arthur Conan Doyles Geschichten hervor: Der beratende Detektiv konzentriert sich auf die kleinen, scheinbar unwichtigen Hinweise. Während die Polizisten und auch Dr. Watson versuchen herauszufinden, wer das Verbrechen begangen haben könnte, noch bevor sie den Unfallort betreten haben, erscheint Sherlock Holmes stets mit einem klaren Kopf. Theorien aufzustellen, bevor man überhaupt alle Beweise sammeln konnte, gehört nicht zu seiner Devise, denn somit könnte sein Urteilsvermögen beeinflusst werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht es ihm, Dinge zu sehen, die für die anderen Beteiligten als unwichtig erscheinen.
Es war außerdem unglaublich spannend zu lesen, wie schnell Sherlock Holmes seine Vermutungen aufstellt. Auch Dr. Watson, der Erzähler der Geschichte, ist sich nicht immer im Klaren darüber, welchen Weg sein Freund einschlägt und somit bleibt auch der Leser vorerst im Dunkeln und muss seine eigenen Vermutungen anstellen. Oft habe ich versucht, Sherlock Holmes auf die Schliche zu kommen und dachte, seinen Gedanken folgen zu können, doch zum Schluss hat er mich mit seiner Erkenntnis völlig aus der Bahn geworfen. Eine Studie in Scharlachrot ist spannend, unterhaltsam und stellt einen völlig eigensinnigen, aber genialen Hauptcharakter in den Mittelpunkt.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Ein Abenteuer in Bildern

Moby Dick
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Der junge Ismael wird eines Morgens, nur auf einem Sarg treibend, auf offenem Meer gefunden. Als seine Retter ihn fragen, wer er sei und wo er herkäme, beginnt er, seine Geschichte zu erzählen. Moby Dick ...

Der junge Ismael wird eines Morgens, nur auf einem Sarg treibend, auf offenem Meer gefunden. Als seine Retter ihn fragen, wer er sei und wo er herkäme, beginnt er, seine Geschichte zu erzählen. Moby Dick war nach Können wir nicht über was Anderes reden? mein zweites Graphic Novel und ich muss sagen, dass mir dieses Genre immer besser gefällt. Die Bilder helfen dabei, die Geschichte bildlich vor Augen zu haben und es war für mich ein komplett neues Erlebnis, ein Buch innerhalb nur weniger Stunden zu beenden. Ismaels Geschichte hat mich gefesselt und ich werde nun definitiv das Originalwerk von Herman Melville zu meiner Leseliste hinzufügen.

Gemeinsam mit seinem neuen Begleiter Queequeg, einem Harpunier aus Rokovoko, sucht Ismael einen Job als Pottwal-Jäger. Wahllos suchen sie sich am Hafen ein Schiff aus und heuern an. Als sie zu Mitgliedern der Crew der Pequod ernannt werden, sind sie stolz und wollen ihren Erfolg feiern. Gerüchte, die sie dabei über das Schiff und ihren scheinbar wahnsinnigen Kapitän Ahab hören, ignorieren die beiden Matrosen.
Drei Tage später finden sie sich an Deck der Pequod ein und müssen ziemlich schnell feststellen, dass sie nicht einfach nur Pottwale jagen, sondern dass es ihr Kapitän auf einen bestimmten Wal abgesehen hat: Vor etwa fünf Jahren wurde Ahab bei der Jagd von einem weißen Wal (auch „Moby Dick“ genannt) angegriffen und verlor dabei sein Bein. Als sich auch noch eine Infektion in seinem Körper ausbreitete, dachten viele, er würde dies nicht überleben. Doch er kam zurück und hat seither nur noch einen Plan. Moby Dick muss sterben.

Schnell wird Ismael klar, dass er die Pequod nicht lebend verlassen wird. Die Rachsucht seines Kapitän Ahabs überwiegt sogar das Leid der Matrosen sowie Beschädigungen des Schiffs. Nichts scheint wichtiger zu sein, als den weißen Wal zu finden. Dass Ahab dabei jedoch nicht nur Moby Dicks Leben auf dem Gewissen hat sondern auch das seiner Crew, ahnt keiner.

Die Geschichte von Moby Dick fängt ganz unschuldig an und entwickelt sich dann immer mehr zu einer Katastrophe. Ich fand es sehr interessant wie die Zeichnungen in dem Graphic Novel umgesetzt worden – teilweise gab es Seiten ohne Text und die Bilder bekamen somit die Chance, für sich zu sprechen. Dem Leser wurde es sehr leicht gemacht, in die Geschichte einzusteigen und in ihr zu verweilen. Die Gestaltung von Moby Dick hat mir allgemein außerordentlich gut gefallen, vor allem aber, weil die Bilder nicht nur das Geschehen der Geschichte widerspiegeln, sondern auch deren Stimmung. Traurige Momente sind in dunkelblauen, fast grauen Tönen gehalten, Szenen von Gewalt stechen durch ihre orange-rote Farbe heraus. Auch die Darstellung der einzelnen Charaktere fand ich sehr gelungen. Ismael ist der gewöhnliche junge Mann von nebenan, Queequeg ein furchteinflößender, aber durchweg liebenswürdiger Riese und Ahab ist der rachsüchtige und kaltherzige Kapitän, der sich von seinem Wahnsinn treiben lässt. Von der ersten Seite an ist das Graphic Novel unglaublich spannend und ich habe es tatsächlich in einem Rutsch durchgelesen. Meine Liebe zu Comics wurde durch Moby Dick eindeutig stärker und ich kann es kaum erwarten, bald wieder in die bunte Welt der Literatur abzutauchen.