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Veröffentlicht am 21.05.2020

Leben und lieben im Elsass

Wie uns die Liebe fand
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„Wie uns die Liebe fand“ ist ein Debutroman von Claire Stihlé, in welchem im Wesentlichen eine Familiengeschichte erzählt wird. Ein flüssiger Stil und fein gezeichnete Figuren machen das Buch aus.
Mit ...


„Wie uns die Liebe fand“ ist ein Debutroman von Claire Stihlé, in welchem im Wesentlichen eine Familiengeschichte erzählt wird. Ein flüssiger Stil und fein gezeichnete Figuren machen das Buch aus.
Mit einem Augenzwinkern führt eine Ich – Erzählerin durch das Geschehen:
Hier wird eine Geschichte vor dem Hintergrund der wechselhaften deutsch-französischen Historie erzählt, was besonders anhand dieser Sätze deutlich wird:
„Wie oft mussten meine Kinder den Satz Je ne parle plus l’alsacien [Ich spreche kein elsässisch mehr] niederschreiben[…]“
Die Elsässer mussten sich also immer dem jeweiligen Machthaber unterwerfen. Mal war ihr Idiom „zu deutsch“, mal „zu französisch“:
„Oft wissen die jungen Leute von heute gar nicht mehr, dass es uns auch während der Besatzung verboten war, elsässisch zu sprechen.“
Madame Nanon („Nan“) ist zweiundneunzig Jahre alt und lebt in einem kleinen Ort im Elsass, Bois-de-Val, sie lässt das Leben Revue passieren.
Madame Nan ist wohl das, was man heutzutage eine „Powerfrau“ nennen würde, denn sie zog allein vier Töchter groß, da ihr Ehemann Bertrand früh verstarb. Wie nehmen als Leser am Dorfleben teil, werden Zeugen von Trennungen und Liebesaffären, Neuerungen und Moden. Maries (Madame Nans Tochter) „Liebesbomben“ sind bei ihrer Erfindung der „Hit“ bei der Dorfbevölkerung.
Auch die Liebe tritt noch einmal in das Leben der Elsässerin, als sich die Hauptprotagonistin in ihren Nachbarn Monsieur Boberschram verliebt. Wieso ist dieser jedoch so zurückhaltend? Der Schlüssel zu seinem Verhalten liegt (wie so oft) in der Vergangenheit…
„Wie uns die Liebe fand“ ist meines Erachtens eine Wohlfühllektüre, trotz ernster Untertöne! Eine Familiengeschichte, die mit mystischen Elementen angereichert ist – mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.
Sehr gut gefielen mir auch die beigefügten Rezepte und die mundartlichen Einsprengsel.

Fazit:
„Wie uns die Liebe fand“ ist ein richtig schöner Schmöker, den ich gerne gelesen habe.

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Veröffentlicht am 20.05.2020

Lese-Tipp

Das Museum der Welt
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Bartholomäus wächst 1854 in einem Waisenhaus in Bombay auf, er ist mindestens zwölf Jahre alt. Der Leiter des Waisenhauses, ein katholischer Geistlicher, fördert den altklugen Jungen. Die anderen Kinder ...

Bartholomäus wächst 1854 in einem Waisenhaus in Bombay auf, er ist mindestens zwölf Jahre alt. Der Leiter des Waisenhauses, ein katholischer Geistlicher, fördert den altklugen Jungen. Die anderen Kinder (der Protagonist nennt sie nur „die Anderen“) piesacken ihn.
Eines Tages tauchen die bayerischen Brüder Schlagintweit in Bombay auf. Der sprachbegabte Dolmetscher Bartholomäus soll die Forscher, die im Auftrag des preußischen Königs und der britischen East India Company unterwegs sind, auf ihrer Reise durch Indien begleiten. Während der Expedition wird das Waisenkind, das zu Höherem berufen scheint (das Stilmittel erinnert an Dickens) erwachsen. Es dokumentiert die Reise in seinem Notizbuch – Bart nennt es „Museum“, und so muss man sich als Leser/in auf den Ich – Erzähler verlassen. Ist Bartholomäus gar ein unzuverlässiger Erzähler?
Für „Das Museum der Welt“ muss man als Leser/in schon über etwas Sitzfleisch verfügen, aber es lohnt sich!
Für viele Menschen ist code – switching ganz normal, daher habe ich mich über die Hindi – Einsprengsel im Text sehr gefreut! Zwar gibt es kein Glossar, man kann sich die Bedeutung der Worte jedoch aus dem Kontext „zusammenreimen“.
Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, da mich die Erzählung nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch „packen“ konnte. Der Kolonialismus wird äußerst kritisch beleuchtet – gut so! Es ist sicher kein Zufall, dass auch die indische Unabhängigkeitsbewegung eine nicht unerhebliche Rolle im Roman spielt. Gerade in Zeiten von „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ ist ein Buch wie „Das Museum der Welt“ wichtig.
Bartholomäus ist meines Erachtens ein absolut „runder“, da ambivalenter Charakter. Die Figurenzeichnung ist eine große Stärke des (Abenteuer)Romans. Der indische Vielvölkerstaat mit seinem Kastenwesen trifft auf das chauvinistisch-rassistische Überlegenheitsgefühl der Kolonialherren. Und es gab zu der Zeit viele! Man kann während der Lektüre unheimlich viel lernen, es lohnt sich also, das Buch zu lesen. Die Brüder Schlagintweit waren mir vor der Lektüre unbekannt und ich wusste nicht, dass es auch dänische Kolonien in Indien gab. Jeder wollte ein Stück vom Kuchen, nicht nur die Briten und Portugiesen.

Fazit:
Stichwort Kolonialismus – zuerst denkt man an „Deutsch – Südwestafrika“, an die Herero und Nama im heutigen Namibia.
Dass die Deutschen aber auch in Indien zumindest als Forschungsreisende präsent waren (Alexander von Humboldt hielt große Stücke auf die bayerischen Gebrüder Schlagintweit), ist im kollektiven Gedächtnis nicht so verankert.
Christopher Kloeble präsentiert mit „Das Museum der Welt“ einen gelungenen Genremix und kombiniert reale historische Ereignisse und Personen mit fiktionalen Figuren. Trotz kleiner Schwächen ist dieser historische Roman absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 11.03.2020

Dankbarkeiten

Dankbarkeiten
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„Es kam plötzlich. Von einem Tag auf den anderen. Ich will nicht behaupten, dass es keine Vorzeichen gab.“

In Delphine de Vigans „Dankbarkeiten“ wird die Geschichte von Michelle („Michka“) ...


„Es kam plötzlich. Von einem Tag auf den anderen. Ich will nicht behaupten, dass es keine Vorzeichen gab.“

In Delphine de Vigans „Dankbarkeiten“ wird die Geschichte von Michelle („Michka“) erzählt. Eines Tages beginnt Michka, die Orientierung zu verlieren. Die kinderlose alte Dame kann ihren Alltag nicht mehr selbständig organisieren. Ängste plagen sie. Sie, die stets aktive Frau in jungen Jahren, wird von einer engen Vertrauten -Marie- ins Seniorenheim gebracht. Michka möchte jedoch unbedingt noch die Menschen finden, denen sie in tiefer Dankbarkeit verbunden ist …
Der liebevolle Ton der Autorin Delphine de Vigan hat mich besonders berührt, auch wenn ich die Lektüre bedrückend fand. Wenn Menschen alt und krank werden, müssen sie ins Heim, diese traurige Realität von westlichen Gesellschaften wird in „Dankbarkeiten“ perfekt abgebildet. Das macht betroffen und auch wütend, und mit „Dankbarkeiten“ regt de Vigan zum Nachdenken an, sie liefert eine längst fällige Geselllschaftskritik, die jedoch durch manche Figuren etwas abgemildert wird. So gibt es etwa einen Logopäden im Pflegeheim, der sich rührend um Michelle kümmert (die Sprache kommt ihr abhanden). Sollten wir nicht alle geduldig mit alten Menschen sein?
Alternierende Perspektiven führen den Leser durch’s Geschehen, der Stil der Autorin ist klar und präzise, was im Gegensatz zu Michelles unpräziser Wortwahl steht. Die Geschichte ist zuweilen tragikomisch, etwa wenn Michka, die unter Aphasie leidet, Phantasiewörter erfindet, das Ganze driftet aber nie in Kitsch ab, vielmehr werden philosophisch – ethische Fragen aufgeworfen, und die Autorin zeigt, dass im Leben nicht nur das Materielle zählt.

Fazit:

„Dankbarkeiten“ ist ein absolut lesenswerter Roman.

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Veröffentlicht am 29.02.2020

Toller Roman

Felsenmond
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Jemen hautnah: Die großen Auf- und Umbrüche in der arabischen Welt erregen weltweit Aufmerksamkeit, doch der eigentliche Kampf findet im Verborgenen statt – in der Familie. Während Latifa gegen ihren ...


Jemen hautnah: Die großen Auf- und Umbrüche in der arabischen Welt erregen weltweit Aufmerksamkeit, doch der eigentliche Kampf findet im Verborgenen statt – in der Familie. Während Latifa gegen ihren Willen verheiratet wird, geht die 15-jährige Hanna freiwillig die Ehe mit einem reichen Saudi ein. Aischa wehrt sich gegen die herrische Schwiegermutter, und Sausan muss ihr Studium abbrechen, als ihre Bekanntschaft mit einem Kommilitonen auffliegt. Malika dagegen schreibt kritische Zeitungsartikel, was sie bald in Schwierigkeiten bringt ... Die Geschichte fünf junger Frauen mit unterschiedlichen Schicksalen, doch vereint durch einen gemeinsamen Traum: Sie alle kämpfen um Selbstfindung und individuelle Freiheit ...

Meine Meinung:

Die Autorin Jasmin Adam studierte Islamwissenschaften und Anglistik. Mehrere Jahre verbrachte sie im Ausland - in Kanada und auf der Arabischen Halbinsel, und daher merkt man es dem Roman an, dass die sympathische Schriftstellerin weiß, wovon sie spricht: Es ist zwar eine fiktive Erzählung, aber man hat als Leser direkt das Gefühl, dabei zu sein, da alles so wahrhaftig und lebendig geschildert wird! Mit großer Empathie und Sensibilität entwirft Adam ihre Geschichte. Nie verfällt sie dabei in
Schwarzweißmalerei, die Klischeeklippe "Orientkitsch" umschifft sie tadellos. Die Figuren und das Geschehen können niemanden kalt lassen; während der Lektüre war ich stellenweise gerührt, aber auch tief betroffen. Da das Buch durchweg spannend ist, habe ich beim Lesen richtig mitgefiebert und ich war fast traurig, dass ich "Felsenmond" so schnell ausgelesen hatte. Ich durfte Einblick in ein mir unbekanntes Land erhalten, ich habe mein Wissen erweitern können und unzählige Denkanstöße erhalten. Auch sprachlich und stilistisch konnte mich "Felsenmond" überzeugen, daher möchte ich den Roman unbedingt zur Lektüre empfehlen (ab 14 Jahren), obwohl ich mich auch über ein Glossar und eine weiterführende Literatur -Empfehlung gefreut hätte, aber damit wäre das Buch womöglich überfrachtet gewesen.


Fazit:
Dieser lehrreiche und lesenswerte Roman sollte in keinem Bücherregal fehlen!

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Veröffentlicht am 13.02.2020

Knastpralinen

Knastpralinen
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Meine neue Lieblingsreihe! Die Hamburg - Krimis rund um Staatsanwältin Chas Riley sind einfach super. In diesem Band gibt es eine sehr wichtige Gesellschaftskritik und eine story voller Hintersinn:

Es ...

Meine neue Lieblingsreihe! Die Hamburg - Krimis rund um Staatsanwältin Chas Riley sind einfach super. In diesem Band gibt es eine sehr wichtige Gesellschaftskritik und eine story voller Hintersinn:

Es ist Sommer in Hamburg, Sankt Pauli leuchtet warm … bis plötzlich auffällig viele Männerfüße in der Elbe schwimmen. Staatsanwältin Chas
Riley stellt fest, dass die Toten von keinem vermisst werden, und das mit gutem Grund. Bald fragt sie sich, ob sie der Welt einen Gefallen tut, wenn sie diesen Täter dingfest macht …

Tolle Figuren, eine überzeugende story und null Langeweile. Sprachlich top!
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, war aber auch überrascht, dass es leicht ins Skurrile ging.

Diese Krimireihe liest sich einfach gut!

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