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Veröffentlicht am 15.06.2020

Eine Hebamme mit kriminalistischem Gespür

Fräulein Gold: Schatten und Licht
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Hulda liebt ihre Unabhängigkeit und ihren Beruf. Kein Mann hat zu bestimmen, ob und wie sie arbeitet. Auch in andere Angelegenheiten lässt sie sich nicht hineinreden. Nach dem Fund der Leiche der fixen ...

Hulda liebt ihre Unabhängigkeit und ihren Beruf. Kein Mann hat zu bestimmen, ob und wie sie arbeitet. Auch in andere Angelegenheiten lässt sie sich nicht hineinreden. Nach dem Fund der Leiche der fixen Rita forscht sie auf eigene Faust und sehr zum Missfallen des Kriminalkommissars Karl North zu den Umständen des Todes der Toten. Selbstmord war es wohl nicht, ein verschwundenes Tagebuch könnte zur Klärung beitragen. Wer hat es eingesteckt und warum?
Die Nachforschungen im Milieu und anderswo erweisen sich bald als sehr gefährlich.
1922 war die Arbeit einer Hebamme nicht unbedingt geschätzt. Andrea Stern erzählt mehr darüber, besonders über Not und Elend in den doch nicht so goldenen 20-ern.
Geschickt wird durch Tagebucheinträge der Umgang in den sogenannten Irrenanstalten verdeutlicht, menschenverachtende Experimente und fragwürdige Behandlungen aufgezeigt.
Berliner Lokalkolorit rundet die Geschichte um Hulda Gold ab, auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Einige verunglückte Wendungen lassen lächeln, trüben die Lesefreude aber keineswegs.
Unterhaltsames aus dem Ullstein Verlag.

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Veröffentlicht am 15.06.2020

Die Forscherin, die Wissenschaftlerin und das Dienstmädchen

Unter den Linden 6
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Berlin, 1907. Sie kommen mit großen Erwartungen hierher. Eine möchte ein Physikstudium aufnehmen, forschen, eine andere möchte Geisteswissenschaften studieren, die dritte muss fort von einem unberechenbaren ...

Berlin, 1907. Sie kommen mit großen Erwartungen hierher. Eine möchte ein Physikstudium aufnehmen, forschen, eine andere möchte Geisteswissenschaften studieren, die dritte muss fort von einem unberechenbaren Dienstherren. Die Anfänge sind schwer, Frauen sind abhängig von Gunst und Wohlwollen einer bevormundenden Männerwelt. Ob sie als Gast Vorlesungen besuchen dürfen, entscheidet der Herr Professor. Ob sie überhaupt an eine Universität dürfen, entscheidet ein männlicher Haushaltsvorstand. Und dass Dienstmädchen Abitur machen wird schon durch hohe Unterrichtskosten so gut wie unterbunden.
Liese Meitner, Hedwig Brügger und Anni wehren sich, setzen sich für ihre Wünsche ein. Lise und Hedwig engagiert, obwohl es sie viel Kraft und Mut kostet, auch Anni lernt, für ihre Interessen einzustehen.
Ann-Sophie Kaiser zeichnet nicht nur ein Bild Berlins zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sondern zeigt eine Vielzahl von Beschränkungen auf, denen Frauen unterworfen waren. Einiges hat sich verändert, bei weitem noch nicht alles. Politische Hintergründe werden einbezogen, der Beginn des 1. Weltkrieges verändert die Lage erheblich.
Breiten Raum nimmt die historische Figur Lise Meitner ein. Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung durch männliche Kollegen ist immer wieder Thema, dabei war Lise Meitner eine bedeutende und erfolgreiche Pionierin auf dem Gebiet der Strahlenforschung, der Physik. Dieses Buch aus dem Ullstein Verlag verdeutlicht ihre Leistungen bis 1915, ein Anhang skizziert ihre weitere Biografie. Auch die Geschichte der heutigen Humboldt-Universität wird beschrieben. Interessant, lesenswert, ein schöner Beitrag zur Entwicklung der Frauenbewegung und eine Würdigung der Verdienste Lise Meitners.

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Wenn Sherlock Holmes Pippi Langstrumpf und ein weißes Kaninchen trifft

Das Antiquariat der Träume
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Johan Anderson verliert bei einem Schiffsunglück seine große Liebe Lina. Er kann nicht akzeptieren, dass Lina tot sein soll und macht sich auf die Suche. Schöne Idee, seine Nachforschungen dort zu starten, ...

Johan Anderson verliert bei einem Schiffsunglück seine große Liebe Lina. Er kann nicht akzeptieren, dass Lina tot sein soll und macht sich auf die Suche. Schöne Idee, seine Nachforschungen dort zu starten, wohin seine Kaffeetassenlotterie ihn verschlägt. Als ihm, dem Buchliebhaber und Antiquar, literarische Gestalten erscheinen und mit ihm reden, zweifelt er an seinem Verstand. Ginge mir auch so. William von Baskerville, Sherlock Holmes, Cyrano de Bergerac, Pippi Langstrumpf, John Dolittle, ein schwarzer Pudel und ein weißes Kaninchen und andere tauchen, gern auch öfter, bei ihm auf. Mir gefällt, dass ihr Sprachstil der Entstehungszeit der entsprechenden Romane angepasst ist. Sie bezeichnen sich als Spezialisten für Lebensentscheidungen, aber ob sie Johan wirklich helfen können? Wofür wird er sich entscheiden: erfolgreiche Verlegerkarriere im interessanten Stockholm oder ein Literaturcafé plus Antiquariat in einer abgelegenen Ortschaft? Und welche Rolle spielt ein sehr altes Buch, das mit dem gesunkenen Schiff untergegangen ist und plötzlich wieder auftaucht?
Diese phantasievolle Idee wurde von Lars Simon umgesetzt, herausgegeben von dtv.

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Ein Regionalkrimi

Helga räumt auf
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Beschaulich die Gegend, Täler, kleine Dörfer, schön. Bis aus purer Boshaftigkeit ein Maisfeld angelegt wird und dieses der alten Huber auf ihrer abgelegenen Anhöhe die Aussicht verdirbt. Nicht nur die ...

Beschaulich die Gegend, Täler, kleine Dörfer, schön. Bis aus purer Boshaftigkeit ein Maisfeld angelegt wird und dieses der alten Huber auf ihrer abgelegenen Anhöhe die Aussicht verdirbt. Nicht nur die Aussicht. Wer ists gewesen? Die herrschsüchtigen, grantigen Grabmüller-Männer, eine „Traumpaarung der Niedertracht“. Die verwitwete Huber Hannelore mag eigentlich so gar nichts von den Dorfbewohnern und ihren Fehden hören, ist aber plötzlich und ungewollt mittendrin.
Das meist beschauliche Dorfleben wird durch mehrere Tote und Verletzte aufgemischt. Bis aufs Messer verfeindete Familien klären Probleme auf ihre Weise.
Thomas Raab beschreibt gemächlich, ausufernd und mit kreativer Wortwahl und abstrusen Vergleichen das Geschehen im Dorf. Ein Haufen unsympathischer Despoten, viele unterdrückte Frauen (tragen die dort wirklich noch Hauben?), einen minderschlauen Dorfpolizisten, ein herziges Mädchen und mehr lernt man kennen. Liebenswert der Schulbusfahrer Pepi Straubinger, grantig, aber das Herz am rechten Fleck. Er ist tatsächlich traurig, wenn Schulferien sind und er seine jungen Fahrgäste nicht mehr sieht.
Weitere Morde folgen. Eine Art sizilianische Blutrache? Über verschlungene Pfade naht das Ende, überraschend, aber es gefällt.
Ein Krimi mit mannigfaltigen regionaltypischen Redewendungen und Eigenheiten aus dem Kiepenheuer & Witsch Verlag.

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Veröffentlicht am 25.05.2020

Wenn Einer eine Auszeit will

Auszeit bei den Abendrots
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Josef ist anerkannter Arzt, sogar Professor, hat ein treu sorgendes Heimchen am Herd und eine junge attraktive Geliebte. Die verheimlicht er und zieht für eine „Selbstfindungspause“ in ein durchdesigntes ...

Josef ist anerkannter Arzt, sogar Professor, hat ein treu sorgendes Heimchen am Herd und eine junge attraktive Geliebte. Die verheimlicht er und zieht für eine „Selbstfindungspause“ in ein durchdesigntes Apartment. Heimchen am Herd namens Helene bekommt lange Zeit nichts mit, jammert ihrer Freundin Adrienne die Ohren voll und bekommt Avancen von einem Bekannten, dessen Frau sie dafür heftig beschimpft. Als Helene endlich die Fakten realisiert und vom bis jetzt maulfaulen Gatten gesagt bekommt, dass die Geliebte seine Herzensdame ist, rafft sie sich auf, eine eigene Zukunft zu planen. Sie malt gern, also soll ein Malkurs; sie schreibt gern, also soll ein Schreibkurs; sie kennt sich mit Wein nicht aus, also soll ein Weinseminar die spätere Zeit vorbereiten. Sie überrascht ihren Gatten damit, sich selbst einiges an Geld zuzugestehen, eigene Reisen zu unternehmen und nicht mehr zum Tee kochen und ähnlichem zur Verfügung zu stehen. Abenteuerliche und amouröse Zeiten folgen. Ist es das, was Josef und Helene wollen?
Alexandra Holenstein beschreibt Szenen einer Ehe, in der Liebe und Leidenschaft erkaltet sind. Helene sucht neue Möglichkeiten, zeigt unerwartete Eigenschaften ( stark, wie sie sich einen Schlafplatz im Hotel erobert), ändert sich. Josef erscheint mir teilweise sehr unrealistisch. Klar, die junge Geliebte passt, aber lässt sich ein Herr Professor, Halbgott in weiß, wirklich so behandeln? Die Ausgangssituation ist drastisch, die Konstellation kommt sicher öfter vor, Männer tauschen die langjährige Partnerin gegen ein jüngeres Modell aus. Wie das ablaufen kann, zeigen die Abendrots.
Ein unterhaltsamer Frauenroman aus dem S. Fischer Verlag.

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