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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.06.2020

Eine epische Reise

Offene See
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Mit 16 Jahren macht Robert sich auf den Weg zum Ort seiner Sehnsucht, zum Meer. Er weiß, dass er wie alle Männer seiner Familie als Bergarbeiter tätig sein wird, wenn er wieder zurückkommt. Es ist die ...

Mit 16 Jahren macht Robert sich auf den Weg zum Ort seiner Sehnsucht, zum Meer. Er weiß, dass er wie alle Männer seiner Familie als Bergarbeiter tätig sein wird, wenn er wieder zurückkommt. Es ist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, noch sind das Land und die Menschen vom Krieg geprägt. Kurz bevor er zum Meer kommt, lernt er eine ältere Frau kennen, allein lebend, unkonventionell und vor allem mit Ansichten zu Ehe, Familie und Religion, die seine bisherige Weltsicht in Frage stellt. Aus dem gemeinsamen Tee-Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, Robert wird zu üppigen Mahlzeiten eingeladen und revanchiert sich mit Reparaturarbeiten am Haus. Dabei stößt er auf ein Manuskript mit Gedichten – es ist Dulcie gewidmet, doch diese will sie auf keinen Fall lesen.

Dieses Buch über den jungen Robert, dessen Weg vorgezeichnet scheint, hat mich ziemlich nachdenklich hinterlassen. Denn Robert wird diesen vorgezeichneten Weg nur teilweise gehen, er wird in der Zeit, die er mit Dulcie verbringt, jede Menge für sein Leben lernen – ja, er wird lernen, das Leben zu leben. Während Robert sich auf die Suche macht, zunächst nur physisch, dann aber auch mit seiner Geisteshaltung, und sich dabei sich selbst annähert, hat Dulcie die Gabe, ein schlummerndes Talent zu wecken. Und so findet Robert den Teil an sich, den er ohne seine Suche nie hätte umsetzen können, er genießt es, im Einklang mit der Natur und mit viel Poesie im Alltag zu leben. Seine „epische Reise“, wie Dulcie dies nennt, wird sein Leben von Grund auf veränden.

Man würde jedem eine solche talentfördernde Dulcie wünschen, so wie jeder Mensch die Gelegenheit zu seiner eigenen „epischen Reise“ erhalten sollte. Mir hat dieses Buch sehr gefallen, und deshalb möchte ich es weiter empfehlen und vergebe 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 05.06.2020

Berührende Geschichte über das Altwerden

Dankbarkeiten
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Michka verliert im Alter die Worte, sie ist von Aphasie bedroht. Nach einem Sturz wird klar, dass sie nicht mehr allein zu Hause wohnen kann, sondern in ein Heim muss. Sie tut sich schwer damit, ihre Selbständigkeit ...

Michka verliert im Alter die Worte, sie ist von Aphasie bedroht. Nach einem Sturz wird klar, dass sie nicht mehr allein zu Hause wohnen kann, sondern in ein Heim muss. Sie tut sich schwer damit, ihre Selbständigkeit verloren zu haben, zugleich beschäftigt sie die Suche nach einem Ehepaar, das sie im zweiten Weltkrieg bei sich aufgenommen und dadurch ihr Leben gerettet hat. Die junge Marie, um die Michka sich oft gekümmert hat, und der Logopäde des Heims unterstützen sie bei ihrer Suche nach dem Ehepaar.

Es ist eine ergreifende Geschichte, von der Autorin Delphine de Vigan einfühlsam erzählt. Der Leser kann sich sehr gut einfühlen in Michkas verzweifelte Suche nach all dem, was sie verloren hat. Die Autorin hat dieses Verlorensein sprachlich genial umgesetzt, auch wenn das den Lesefluss etwas gehemmt hat. Wenn sie als Fazit schreibt „Alt werden heißt verlieren lernen.“ (etwa in der Mitte der Erzählung), kann dies der Leser schnell nachvollziehen und vermutlich durch eigene Erfahrungen im Bekanntenkreis unterschreiben.

Diese berührende Geschichte empfehle ich sehr gerne weiter und vergebe 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 04.06.2020

Ein sizilianischer Commissario in Venedig

Der freie Hund
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Commissario Morello wird von Sizilien nach Venedig versetzt – zu seinem Schutz, weil er auf der Todesliste der Mafia steht. Venedig gefällt ihm überhaupt nicht: zu viele Menschen, trübes Wasser, riesengroße ...

Commissario Morello wird von Sizilien nach Venedig versetzt – zu seinem Schutz, weil er auf der Todesliste der Mafia steht. Venedig gefällt ihm überhaupt nicht: zu viele Menschen, trübes Wasser, riesengroße Kreuzfahrtschiffe. Während er so langsam in die Stadt hineinfindet, muss er den Mord an dem jungen Anführer einer Bürgerinitiative gegen die Kreuzfahrtschiffe aufklären.

Mit diesem Buch startet Wolfgang Schorlau zusammen mit Claudio Caiolo die Reihe um Commissario Antonio Morello, überzeugter Sizilianer, der gegen seinen Willen nach Venedig versetzt wird. In seiner Heimat wird er „der freie Hund“ genannt, und wie ein Hund kann sich in einen Fall verbeißen. Dabei bleibt er stur am Thema, auch wenn seine Vorgesetzten das nicht gerne sehen. Während das Thema „Nord gegen Süd“ mit einem Augenzwinkern bearbeitet wird – hier gelingt es dem Commissario gegen jeden Widerstand zu überzeugen -, wird das Buch mit dem Konflikt um den Massentourismus und seine Auswirkungen sehr politisch. Dabei ist die Geschichte sehr flüssig geschrieben, man wird schnell in den Sog der Erzählung hineingezogen. Der Leser erhält ein realistisches Bild des heutigen Venedig, überhaupt hat sich die Kooperation der beiden Autoren bestens gelohnt.

Das Buch hat mir einige spannende Lesestunden beschert, deshalb vergebe ich sehr gerne 4 von 5 Sternen und eine besondere Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 03.06.2020

Eine überraschende Freundschaft

Das kann uns keiner nehmen
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Am Gipfel des Kilimandscharo treffen sich Hans und Tscharlie. Normalerweise hätten sie nie miteinander Kontakt aufgenommen: Der eine, Hans, zurückhaltend, will endlich mit seiner Vergangenheit ins Reine ...

Am Gipfel des Kilimandscharo treffen sich Hans und Tscharlie. Normalerweise hätten sie nie miteinander Kontakt aufgenommen: Der eine, Hans, zurückhaltend, will endlich mit seiner Vergangenheit ins Reine kommen. Der andere, Tscharlie, ein Ur-Bayer, ohne Benimm, stets gut drauf und polternd laut, respektlos gegen alles und jeden. Ein Schneesturm wirft die beiden auf sich selbst zurück, notgedrungen müssen sie die Zeit miteinander verbringen und lernen dabei den anderen von einer anderen Seite kennen.

Erzählt aus der Perspektive von Hans, entwickelt sich langsam die Geschichte, zeigt, wie sich Vorurteile verändern können, wie aus gegenseitigem Abscheu eine Freundschaft werden kann. Es ist gar nicht einfach, meine Gedanken zu diesem Buch aufzuschreiben, denn die Protagonisten sind beide nicht wirklich sympathisch geraten, vor allem anfangs kommen beide nicht wirklich gut weg. Doch indem der Leser nach und nach ihre Lebensgeschichte erfährt, kommt die Erzählung in Fahrt, bis sie zum Schluss mit einer äußerst überraschenden Wendung daherkommt. Mit einer Mischung aus Humor und ernsten Gedanken hinterlässt das Buch einiges zum Nachdenken für den Leser selbst.

Dieses Buch hat sich völlig anders entwickelt als ich erwartet habe. Ein bisschen schade finde ich, dass es erst gegen Ende richtig Fahrt aufnimmt. Ich möchte es dennoch weiter empfehlen und vergebe 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 01.06.2020

Sommerschmöker

Happy Ever After – Wo das Glück zu Hause ist
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Als Nina ihre Anstellung als Bibliothekarin verliert, entschließt sie sich, ihren Lebenstraum umzusetzen: mit einem Bücherbus ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Zwar nicht in Birmingham, wie ursprünglich ...

Als Nina ihre Anstellung als Bibliothekarin verliert, entschließt sie sich, ihren Lebenstraum umzusetzen: mit einem Bücherbus ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Zwar nicht in Birmingham, wie ursprünglich erhofft, sondern in den schottischen Highlands. Doch sie entdeckt, dass das Leben in den Highlands ihr besser zusagt als gedacht.

Als Bibliothekarin versinkt Nina in Büchern, sie möchte jedem Menschen genau die Bücher geben, die diesem im Leben weiter hilft. Dafür hat sie ein besonderes Händchen. Ansonsten aber erscheint sie mir doch sehr naiv. Recht vorhersehbar ist die Geschichte denn auch, es gibt noch ein bisschen Verliebtheit, und die große Liebe wartet auch noch um die Ecke. Hier wird recht viel mit der rosaroten Brille erzählt, und man muss sich von der Geschichte leiten lassen, ohne sie weiter zu hinterfragen. Nett ist diese Geschichte ausgedacht, genau die richtige Sommerlektüre zum Träumen und Ausspannen, und auch das Happy End kommt hier nicht zu kurz.

Als Sommerschmöker kann ich dieses Buch gut weiter empfehlen, jedem Bibliophilen wird hier das Herz übergehen. Ich vergebe knappe 4 von 5 Sternen.

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