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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.09.2020

Sehr lustig, spannend und mit Sinn

Arthurs wildes Hundeleben
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Wie könnten Mensch und Tier besser lernen, einander zu verstehen? Heike Abidi zeigt es den Kindern auf fantasievolle Weise in diesem lustig-aufregenden Kinderbuch.
Arthur wünscht sich sehnlichst einen ...

Wie könnten Mensch und Tier besser lernen, einander zu verstehen? Heike Abidi zeigt es den Kindern auf fantasievolle Weise in diesem lustig-aufregenden Kinderbuch.
Arthur wünscht sich sehnlichst einen Hund, doch die Eltern sagen immer und immer wieder Nein. Als ein Arbeitskollege von Papa kommt und Arthur bittet, für eine Woche auf Lucky, den schwarz-weiß gefleckten Wuschelhund, aufzupassen, ist Arthur selig! Doch da passiert etwas ganz Unglaubliches: Am Morgen liegt Arthur im Hundekörbchen und Lucky in Arthurs Bett. Beim Drehwurmspiel muss es passiert sein, ihre Körper haben sich vertauscht. Und nun muss Arthur lernen, wie man auf vier Pfoten läuft, und Lucky muss am Tisch mit Besteck essen lernen. Natürlich wollen beide den Tausch wieder rückgängig machen, aber wie? Ob das letztlich gelingt, müsst Ihr unbedingt selber lesen.
Die Autorin erzählt sehr geschickt aus zwei Perspektiven: Arthur lernt im Hundekörper ganz schnell, wie schlimm es ist, geknuddelt zu werden, wenn man es gerade nicht möchte. Oder wenn die Menschen seine Sprache nicht verstehen wollen, obwohl er doch ganz deutlich mit Schwanz und Ohren anzeigt, was Sache ist. Und Lucky lernt, wie anstrengend ein Menschenleben ist. Auf dem Stuhl sitzen zum Beispiel oder Zähneputzen oder in die Schule gehen. Mit ganz viel Humor und Spannung lesen wir von Arthur (Lucky) und Lucky (Arthur), die in allerlei irritierende Situationen und Missverständnisse geraten. Zum turbulenten Geschehen und der durchaus liebevollen Erzählweise passen die ausdrucksstarken fröhlichen Zeichnungen von Barbara Fisinger. Allerdings würde ich das Lesealter deutlich herabsetzen auf 6 Jahre, da mir die Gesamtgestaltung einschließlich Schriftgröße und Sprache sowie der fantasievolle Inhalt durchaus bereits für 6-Jährige, zumindest zum Vorlesen, geeignet erscheint.

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Veröffentlicht am 21.08.2020

Musik macht Freude

Hör mal, kennst du Beethoven?
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In welchem Elternhaus bekommen Kinder von klein auf bereits Zugang zu klassischer Musik? Vermutlich dürfte das eher selten geschehen. Insofern war ich sehr gespannt auf das Hör-Bilderbuch aus dem Coppenrath ...


In welchem Elternhaus bekommen Kinder von klein auf bereits Zugang zu klassischer Musik? Vermutlich dürfte das eher selten geschehen. Insofern war ich sehr gespannt auf das Hör-Bilderbuch aus dem Coppenrath Verlag, denn auch die Kleinsten nehmen Musik bereits intensiv wahr, wobei Rhythmus zum Bewegen und Melodien zum Mitsingen animieren. Insofern habe ich Zweifel, ob man einem 1 ½-jährigen Kind mit Beethovens Musik eine Freude macht. Leider habe ich keine Möglichkeit, das Bilderbuch mit ganz kleinen Kindern gemeinsam anzuschauen. Die Beschäftigung mit den gestellten Fragen wie zum Beispiel „Welche Instrumente erkennst du“ oder „Was stellst du dir zu diesem Lied vor“ erfordert genaues Hinhören. Und dieses Maß an Konzentration würde ich doch eher etwas älteren Kindern, ab 3 vielleicht, zutrauen.
Schön gemacht ist das Bilderbuch, bunt, fröhlich, mit vielen liebevollen Details gezeichnet. Und gerade die Zeichnungen vermitteln ganz unmittelbar die Botschaft, dass Musik Freude macht. Es sind 5 verschiedene Musikstücke von Beethoven in wenige Sekunden dauernden Ausschnitten durch einfaches Drücken anzuhören, in relativ guter Wiedergabetechnik, allerdings für meine Begriffe zu laut. Im Bilderbuch gibt es auf einzelnen dicken Hochglanzseiten stimmungsvoll gezeichnete Szenen. In kurzen Texten wird dazu erläutert, wieso die jeweilige Komposition besonders passend ist für die in der Zeichnung dargestellte Situation. So „Für Elise“ als in Musik übersetztes Verliebt-Sein oder „Die Mondscheinsonate“ als Bootsfahrt bei Vollmond. Mit etwas größeren Kindern kann man sicher weitere individuelle kleine Fantasiereisen anhand der Musik unternehmen.
Ein großes Fragezeichen allerdings bleibt für mich die zeichnerische Darstellung eines jugendlichen, permanent Fröhlichkeit ausstrahlenden Beethoven. Ein bisschen viel heile Welt ist das. Kann man Kindern, auch kleineren, nicht zumuten, dass Beethoven ein Griesgram war?
Fazit: Eine richtig schöne Idee, durch ein Hör-Bilderbuch Kinderohren für klassische Musik zu öffnen. Gut durchdacht, sorgfältig in der Ausführung und vor allen Dingen Freude an Musik ausstrahlend.


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Veröffentlicht am 18.06.2020

Gelungener Spagat zwischen Historie und Fiktion

Unter den Linden 6
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Es empfiehlt sich sehr, das Nachwort der Autorin vorab zu lesen. Denn erst dann versteht man die eigentliche Leistung von Ann-Sophie Kaiser, in einem Spagat zwischen historischer Korrektheit, romanhafter ...


Es empfiehlt sich sehr, das Nachwort der Autorin vorab zu lesen. Denn erst dann versteht man die eigentliche Leistung von Ann-Sophie Kaiser, in einem Spagat zwischen historischer Korrektheit, romanhafter Fantasie und sehr viel Fachwissen und Recherchearbeit ein Buch entstehen zu lassen, das gleichermaßen unterhaltsam und informativ ist.

Drei Frauen begegnen sich im Berlin der Jahrhundertwende. Lise (Meitner) will an der Universität bei Max Planck weiter forschen. Hedwig erreicht mit einer Unterschriftenfälschung die Möglichkeit, die Universität zu besuchen. Anni, das Dienstmädchen, liest sich heimlich durch das Bücherregal ihres Dienstherren. Alle drei Frauen, so unterschiedlich sie auch sind, finden eng zusammen im Kampf um ihr ureigenstes Recht auf Wissen und Bildung.

Lise Meitner, die bekannte Physikerin, wurde zwar die erste deutsche Physik-Professorin und entdeckte die Kernspaltung, dennoch blieben ihr die ihr eigentlich zustehenden Würdigungen verwehrt. Sie ist die historische Person in dem Roman. Hedwig, verheiratete Fabrikantentochter, und Anni, das Dienstmädchen, sind fiktive Figuren. Drei Gesellschaftsschichten, drei Einzelschicksale, drei Frauen, denen allen in einer von Männern beherrschten Welt auf unterschiedliche Weise, aber dennoch einschneidend Diskriminierung und mangelnde Wertschätzung widerfährt und die Zusammenhalt darin finden, für die Rechte der Frauen zu kämpfen, insbesondere für das Recht der Frauen auf Bildung. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, die Persönlichkeiten der drei Frauen differenziert und psychologisch nachvollziehbar darzustellen. Atmosphärisch dicht erlebt man als Leser die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts im pulsierenden Berlin und spürt geradezu schmerzhaft all die Einschränkungen, denen Frauen zu dieser Zeit ausgesetzt waren. Durch die Erzählweise der wechselnden Perspektiven bringt die Autorin geschickt und sehr anschaulich die jeweilige Persönlichkeit der drei Protagonistinnen dem Leser nahe. Streckenweise wurde mir die Lektüre zwar etwas langatmig durch die Detailfreude der Autorin, aber insgesamt fand ich den Roman doch sehr unterhaltsam, informativ und atmosphärisch dicht erzählt.

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Veröffentlicht am 17.06.2020

Gekonnt geschriebener Thriller mit kleiner Einschränkung

Der Fahrer
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Winkelmann ist zweifellos ein Könner seines Faches. Das haben seine früher erschienenen Bücher von Mal zu Mal überzeugend bewiesen. Insofern hatte ich sehr hohe Erwartungen an „Der Fahrer“. Was vielleicht ...


Winkelmann ist zweifellos ein Könner seines Faches. Das haben seine früher erschienenen Bücher von Mal zu Mal überzeugend bewiesen. Insofern hatte ich sehr hohe Erwartungen an „Der Fahrer“. Was vielleicht ein Fehler war. Denn gekonnt konstruiert und in Szene gesetzt ist „Der Fahrer“ auf jeden Fall, spannend zu lesen ist er auch. Und doch erscheint mir der Thriller ein wenig schwächer als die früher erschienenen Titel, zumindest was die erwartete angstauslösende Intensität betrifft.

Im Hamburger Stadtpark wird eine Tote gefunden, das Gesicht mit einer fluoreszierenden Farbe angemalt. Kommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald stehen vor einem Rätsel, auch nachdem sich herausstellt, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun haben, der junge Frauen auf perfide Art tötet und mit Leuchtfarbe bemalt zur Schau stellt. Scheinbar wahllos ausgesuchte Opfer, die nachts unterwegs gewesen waren. Die an vielen Orten auftauchenden Hashtags #findemich lassen mehr und mehr erkennen, dass diese Botschaften Jens Kerner persönlich betreffen. Doch nicht nur das: Beide Ermittler haben auch privat allerlei zu bewältigen…

Es gibt in diesem Thriller geniale Szenen, mehrheitlich die, in denen der Täter sich selbst, seine Sicht der Dinge, sein persönliches Erleben schildert. Es sind Sequenzen, die den Leser mitten hinein in die Gedanken- und Gefühlswelt des Mörders führen und eine gruselige Nähe zu ihm aufbauen. Das ist ja die besondere Stärke von Andreas Winkelmann, dieses geschickte Spiel mit Szenen, die dunkle Ängste auslösen und somit den Leser unmittelbar persönlich packen. Auch wieder genial gelöst ist der Aufbau einer sich steigernden Spannung aus wechselnden Perspektiven heraus mittels einer raffinierten überraschungsreichen Geschichte. Und doch blieb ich ein klein wenig enttäuscht zurück. Mag sein, dass ich in diesem Thriller weniger Zugang zu den beiden Ermittlern fand. Gerade weil dem persönlichen Hintergrund von Jens Kerner dieses Mal so viel Raum gegeben wurde. Ebenso dem komplizierten Hin und Her zwischen Rebecca und Jens, jenseits des Beruflichen. Das hätte ich nicht gebraucht, denn die teilweise trivial anmutenden Sequenzen rauben dem Thriller ein wenig die bei Winkelmann gewohnte schaudernde Intensität.

Fazit: Wieder ein raffinierter, sehr spannender, gekonnt geschriebener Thriller, jedoch nicht ganz so stark wie seine Vorgängerbände.

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Veröffentlicht am 23.03.2020

Mutiges Projekt in schwieriger Zeit

Die Schule am Meer
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„Wir sehen nur das, womit wir uns beschäftigen“, so heißt es an einer Stelle im vorliegenden Buch. Sandra Lüpkes hat sich ausführlich beschäftigt mit einer historischen Begebenheit auf der Insel Juist ...

„Wir sehen nur das, womit wir uns beschäftigen“, so heißt es an einer Stelle im vorliegenden Buch. Sandra Lüpkes hat sich ausführlich beschäftigt mit einer historischen Begebenheit auf der Insel Juist und diese durch die Gestaltung in Romanform neu zum Leben erweckt. Mir hat die Beschäftigung mit diesem Roman neue Einblicke in eine Zeitepoche geschenkt, in der sich das spätere große Unheil mit Donnergrollen ankündigte, und dies auf einem Fleckchen Erde, von dem ich dies nie so erwartet hätte.

Der Roman beginnt im Jahr 1925, als das Ehepaar Reiner zusammen mit dem Pädagogen Martin Luserke ihren Traum verwirklichen will, ein Internat auf der Insel Juist zu gründen. Sie möchten ihren reformerischen, ganzheitlichen Erziehungsidealen folgen, bei denen auch den musischen Fächern genügend Raum gegeben werden soll. Hierfür gewinnen sie den Musikpädagogen Eduard Zuckmayer, Bruder des Dichters Carl Zuckmayer. Ein hartes, entbehrungsreiches Leben beginnt. Kälte, Krankheit, Brandstiftung, hinterrücks getötete Haustiere, interne Spannungen, dazu die alltäglichen pädagogischen Herausforderungen - das ist ihr kräftezehrender Alltag. Die Insulaner begegnen dem Internat, seinen Schülern und vor allen Dingen seinen Lehrern, besonders der jüdischen Frau Reiner, mit Misstrauen. Je mehr nationalsozialistisches Gedankengut sich in den Köpfen der Insulaner festsetzt, desto problematischer wird das Leben für die Gemeinschaft…

Mich erinnerte von Anfang an das Erziehungsziel des Ehepaar Reiner an die Waldorfpädagogik von Rudolf Steiner, die auch der „Reformpädagogik“ zuzuordnen ist und im Jahr 1920 seinen Anfang nahm. Auch wenn die Bauprojekte auf Juist so viel ärmlicher waren, hatte ich immer irgendwie das Goetheanum, insbesondere seinen beeindruckenden Theaterbau in Dornach vor Augen. Allerdings findet man im Buch keinerlei Information, ob das Ehepaar Reiner von Rudolf Steiner inspiriert war..
Sandra Lüpkes Erzählstil ist sehr eindringlich und atmosphärisch dicht und lebendig, wobei die Autorin äußerst geschickt die historisch belegten und sorgfältig recherchierten Tatsachen vermischt mit fiktiven Personen und romanhaften Ausschmückungen. Wer Interesse hat an der Abgrenzung von Fakten zur Fantasie, der möge das aufschlussreiche Nachwort der Autorin lesen. Wobei mir die (erdachten) Schülerpersönlichkeiten farbiger ausgestaltet vorkommen als die (realen) Lehrerpersönlichkeiten, die für mich etwas blass blieben. Durch die Gratwanderung zwischen detailreich-dichten Schilderungen und einer gewissen Langatmigkeit ließen sich zwar manche Passagen etwas mühsam lesen, aber meistens gelang es mir, völlig abzutauchen in die Welt der Kargheit, der Anfeindungen, des Mutes und in die besondere Schönheit der Farben, des Lichts, der Sprache des Meeres und der Winde auf Juist. Mir hat dieser Roman sehr, sehr gut gefallen.

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