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Veröffentlicht am 05.07.2020

2+2=5

1984
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„Das Ziel der Oberen ist, sich da zu behaupten, wo sie sind. Das der Mittelklasse, mit den Oberen den Platz zu tauschen. Das der Unteren, wenn sie überhaupt ein Ziel haben […] besteht darin, alle Unterschiede ...

„Das Ziel der Oberen ist, sich da zu behaupten, wo sie sind. Das der Mittelklasse, mit den Oberen den Platz zu tauschen. Das der Unteren, wenn sie überhaupt ein Ziel haben […] besteht darin, alle Unterschiede abzuschaffen und eine Gesellschaft ins Leben zu rufen, in der alle Menschen gleich sind. […] Dann werden sie [die Oberen] von den Angehörigen der Mittelklasse gestürzt, die die Unteren auf ihre Seite ziehen, in dem sie ihnen vormachen, für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen.“ (S.185f.)

Winston gehört der Äußeren Partei im Engsoz an und arbeitet im Ministerium für Wahrheit, Miniwahr im Neusprech genannt. Obwohl er äußerlich ein systemtreuer Parteiangehöriger ist, ist er innerlich zerrissen. Alles fing mit einem Tagebuch in einem Antiquitätenladen an, in dem er seine Gedanken zum Großen Bruder, der Partei und dem gesamten Leben in Ozeanien niederschreibt. Ihm ist bewusst, dass das das Ende seines Lebens bedeutet, denn die Gedankenpolizei ist überall.

1984 ist ein berühmtes Buch, dass ohne Klappentext auskommt. Jeder kennt es irgendwie, hat schon einmal davon gehört und im Moment werden vermehrt Zitate von George Orwells Werk benutzt um auf Missstände aufmerksam zu machen.
Der offensichtlichste Grund ist der Große Bruder, der in dem Buch alles überwacht und sowohl als Parteiführer als auch als gottähnlich gesehen wird. Er sieht alles, er weiß alles und nur durch seine Gnade geht es den Menschen so gut. Im Gegensatz zu unserer Gesellschaft, geschieht die Überwachung in 1984 nicht freiwillig. Die Menschen heutzutage sind ständig online, teilen alles und lassen sich freiwillig durch zahlreiche Apps überwachen, dass der Große Bruder seine Freude daran hätte.

Viel interessanter ist die Gesellschaftsordnung im englischen Sozialismus in 1984. Es gibt die Innere Partei, deren Angehörige viele Privilegien haben. Sie haben luxuriöse Wohnungen, Diener, Strom, warmes Wasser, echten Kaffee und andere Lebensmittel. Sie sind wenige und die Spitze der Regierung, unter dem Großen Bruder natürlich.
Die Mitglieder der Äußeren Partei leben in baufälligen Häuserblocks, haben Mangel an so ziemlich allem und sind dankbar für ihr privilegiertes Leben. Sie arbeiten für die Partei, hauptsächlich in den Ministerien, und verehren den Großen Bruder.
Diese beiden Gruppen machen ca. 15% der Gesamtbevölkerung in Ozeanien aus. Die restlichen 85% gehören dem Proles an. Sie sind die sogenannte Unterschicht, leben wie sie wollen, sind ungebildet und das ist auch gut so.
Die Menschen werden durch einen ewig andauernden Krieg in Armut gehalten. Ozeanien ist entweder mit Ostasien oder Eurasien im Krieg und war es schon immer.

„Denn sobald alle gleicherweise Muße und Sicherheit genossen, würde die große Masse der Menschen, die normalerweise durch die Armut abgestumpft war, sich heranbilden und selbstständig denken lernen. Und war es erst einmal so weit, so würden sie früher oder später dahinterkommen, dass die privilegierte Minderheit keine Funktion hatte, und würden sie beseitigen. Auf lange Sicht war daher eine hierarchisch geordnete Gesellschaft nur auf einer Grundlage von Armut und Unbildung möglich.“ (S. 174f.)

Ein anderer wichtiger Punkt in Orwells 1984 ist die Neusprache, Neusprech genannt, die die bestehende Sprache auf ihren Kern reduziert und auf lange Sicht das Denken vereinfachen soll. Es gibt nur noch das Wort „gut“, welches mit „plusgut“ und „doppeplusgut“ gesteigert wird, und mit „ungut“ ins Gegenteil versetzt wird.
In unserer Gesellschaft wird die bestehende Sprache nicht im wörtlichen Sinne eingeschränkt, doch durchläuft sie ebenfalls eine künstliche Veränderung. Die Hoffnung dieser Leute, die diese Änderungen vorantreiben, ist ebenfalls ein Umdenken in der Gesellschaft. Dies erzeugt in meinen Augen nur unnötige Konflikte. Wenn ein Umdenken stattgefunden hat, wird sich auch die Sprache ändern. Doch was im Moment mit unserer Sprache passiert, das unnötige politisieren jedes Wortes und somit Probleme hervorzuheben, wo keine sind, lenkt von den wahren Problemen in der Gesellschaft ab. Aber vielleicht ist das genau das Ziel des Großen Bruders, an den ich nach diesem Buch mehr als bisher glaube.

1984 ist eine Warnung für alle Proles, die sie/wir jedoch nicht ganz zu verstehen scheinen. Es ist auch eine Anleitung für die Oberen und den Großen Bruder, wie man zu regieren hat. George Orwell hatte eine Weitsicht, die unserer Gesellschaft bist heute fehlt. Wir laufen sehenden Auges auf einen Abgrund zu und machen nichts dagegen. Es bringt, laut Orwell, sowieso nichts.

„KRIEG BEDEUTET FRIEDEN
FREIHEIT IST SKLAVEREI
UNWISSENHEIT IST STÄRKE“ (S. 7)
„ZWEI UND ZWEI IST FÜNF“ (S.254)

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Veröffentlicht am 25.06.2020

Ein vollendeter Durft: Kopf-, Herz- und Basisnote

Der Duft der Erinnerung
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„Was den Duftpapieren aber in Wahrheit anhaftete, war etwas viel Mysteriöseres.
Erinnerung.“ (S.30)

Bereits der Prolog von Der Duft der Erinnerung ist ein Versprechen, dass eine besondere Geschichte folgt. ...

„Was den Duftpapieren aber in Wahrheit anhaftete, war etwas viel Mysteriöseres.
Erinnerung.“ (S.30)

Bereits der Prolog von Der Duft der Erinnerung ist ein Versprechen, dass eine besondere Geschichte folgt. Es geht um Emmeline, die mit ihrem Vater auf einer einsamen Insel lebt und von Gerüchen und Märchen umgeben ist. Ihr Geburtstag ist der erste Frühlingstag, wenn die Veilchen anfangen zu blühen. Sie möchte einmal Duftjäger werden, wir Jack aus den Abenteuern, die ihr Vater immer erzählt. Und die Geheimnisse der Duftpapiere, die ihr Vater in Flaschen aufbewahrt, möchte sie ergründen. „Jede Schublade enthielt eine kleine Falsche, und ein jeder Flasche befand sich ein zusammengerolltes Blatt Papier, das ein Geheimnis barg. […] Mein Vater öffnete diese Flaschen fast nie.“ (S.13)

Das Buch ist in drei Abschnitte geteilt: Die Insel, Die Bucht, Die Stadt. Jeder Ort steht für eine große Weiterentwicklung Emmelines und für viele neue Gerüche.
Auf der Insel lebt sie mit ihrem Vater fernab jeglicher Menschen. Der Duft nach Bäumen, dem Meer und der Jahreszeiten begleiten Emmeline durch die ersten 12 Jahre. Sie kann Anhand des Geruchs das Wetter voraussagen, frisch gelegte Hühnereier mit ihrer Nase finden und Gerüche flüstern hören.
Als sie in die Bucht kommt, kennt sie keine anderen Menschen, außer ihren Vater, und ist sehr scheu. Nur langsam gewöhnt sie sich, mit Hilfe des Hundes Dodge, an die neue Umgebung und andere Menschen. Dodge orientiert sich ebenfalls mit seiner Nase, so wie Emmeline. „So wurde er mein Übersetzer für die Welt außerhalb des Hauses. Seine Nase machte sie sicherer für mich, und bald darauf hatte ich selbst wieder Lust, die Luft um mich herum so wahrzunehmen wie er – als etwas Pures, Lebendiges voller Mitteilungen.“ (S. 93)
In der Stadt findet Emmeline nicht nur etwas über ihre Vergangenheit heraus, sondern auch zu sich selbst.

Der Duft der Erinnerung erzählt Emmelines Geschichte aus der Ich-Perspektive. Der Schreibstil ist sehr bildhaft und regt vor allem in Hinsicht auf die beschriebenen Gerüche die Phantasie an. Dabei werden viele verschiedene Themen angesprochen, doch im Mittelpunkt stehen, wie auch in Emmelines Leben, die Düfte. Dieses Buch ist mit seinen drei Abschnitten wie ein vollendeter Duft, mit einer Kopf-, einer Herz- und einer Basisnote.

„Vielleicht war die Geschichte ohne konkrete Einzelheiten besser. Das ist oft so bei Märchen.“ (S. 213)

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Veröffentlicht am 20.06.2020

toller dritter Teil, die Reihe wird erwachsener

Die Chroniken der Âlaburg
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„Also, ich habe das Gefühl, der Käse ist an deinem Körper ganz besonders gut nachgereift.“ (S.316)

Die vier Freunde haben eine neue Mission: Ûlyėr das Leben retten. Bei ihrem letzten Auftrag in den Elbenlanden ...

„Also, ich habe das Gefühl, der Käse ist an deinem Körper ganz besonders gut nachgereift.“ (S.316)

Die vier Freunde haben eine neue Mission: Ûlyėr das Leben retten. Bei ihrem letzten Auftrag in den Elbenlanden hat der Ork allen das Leben gerettet und sich dabei eine Vergiftung zugezogen. „Die Karmakegel sind als lebenszerstörende Waffen konzipiert worden. […] Das Material […] bezeichnet man als Venturana. […] Schon die geringste Berührung führt zu einer tödlichen Vergiftung. […] Und ich habe den Kegel angefasst, als ich ihn fing und über Bord warf.“ (S. 98f.)
Leik, Ûlyėr, Morlâ und Filixx planen ihre geheime Mission sorgfältig. Doch als die Âlaburg eines Nachts angegriffen wird, nutzen sie die Situation und fliehen mit nichts als ihrer Kleidung am Leib.

Im dritten Teil der Farbseher-Saga wird das bekannte Schema aus den ersten beiden Teilen durchbrochen. Durch Direktorin Tejals plötzliches Verschwinden wird das Schuljahr für Leik zur Hölle. Der stellvertretende Direktor macht den Studenten des Weißen Hauses das Leben so schwer wie möglich und hat dabei besonders Leik im Visier.
Im Mittelpunkt steht diesmal jedoch der Ork Ûlyėr. Seine drei Rottenbrüder lernen auf ihrer Reise einiges über die Orks. Da sie diesmal keinen offiziellen Auftrag erhalten haben, können sie keine Annehmlichkeiten wie weiche Betten genießen. Sie müssen sich selbst helfen und das gelingt nicht immer, da die Bedrohung durch die schwarze Magierin sie auch dieses Mal verfolgt.

Bei der durchweg gehaltenen Spannung bleibt nur eine Frage offen: Wenn die Machenschaften des Großmagisters Jehal so verwerflich sind, warum wehren sich die anderen Magister nicht gegen ihn? Oder haben diese ihr Möglichstes getan, um die Studenten zu schützen? Dann ist dies, was das Weiße Haus betrifft, kräftig misslungen.
Das Ende war unterhaltsam, kam jedoch abrupt. Kaum sind die vier Freunde zurück an der Âlaburg, ist alles wieder beim Alten. Als hätte es die Vorkommnisse vom Anfang des Semesters nicht gegeben. Das war unbefriedigend, obwohl offene Fragen, wie z.B. Tejals Verschwinden, beantwortet wurden.

Die Chroniken der Âlaburg ist der bisher stärkste Teil der Farbseher-Saga. Die Bedrohung durch die schwarze Magierin wird greifbarer, wodurch das Buch erwachsener wird. Der Leser lernt mehr über die geheimnisvollen Orks, aber auch über die schwarze Magierin. Das Böse hat endlich einen Namen und ein Gesicht, doch was sie vor hat, ist immer noch ungewiss. Dies ist ein schöner Ausblick auf den vierten Teil.

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Veröffentlicht am 08.06.2020

Guter zweiter Teil

Die Legenden der Alaburg
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„>>Er wollte mich beseitigen!

„>>Er wollte mich beseitigen!<<, antwortete Leik stattdessen.

Niemand widersprach. Zu sehr deuteten alle Indizien darauf hin. Die Ereignisse im letzten Semester, die ausgerechnet in Leiks alter Heimat geschehen waren. Der Überfall auf ihn. Die Mine. Und jetzt das. Wieder stand Leik im Mittelpunkt. Das Böse verfolgte ihn.“ (S.111)

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Veröffentlicht am 01.06.2020

gelungenes Fundament für Folgebände

Die Geheimnisse der Âlaburg
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„Noch immer wusste Leik nicht, ob er sich über die plötzliche und tiefgreifende Veränderung seines bisherigen Lebens freuen oder traurig sein sollte. Auf der einen Seite vermisste er Drena, […] auf der ...

„Noch immer wusste Leik nicht, ob er sich über die plötzliche und tiefgreifende Veränderung seines bisherigen Lebens freuen oder traurig sein sollte. Auf der einen Seite vermisste er Drena, […] auf der anderen Seite warteten die Geheimnisse der Âlaburg darauf, von ihm entdeckt zu werden. Dieser Ort hatte etwas Magisches, so viel hatte Leik schon verstanden.“ (S.126)

Durch einen Zwischenfall, den Leik sich nicht ganz erklären kann und über den sein Ziehvater Gerald sich ausschweigt, gelangen die beiden auf einer überstürzten Flucht zur Âlaburg. Dort wird Leiks Bild vom Kontinent Razlukan komplett auf den Kopf gestellt. Ihm wurde bisher immer eingeredet, dass Magie und Zauberer den Märchen angehören. Doch an der Âlaburg werden diese Märchen wahr und Leik ist ein Teil davon.

Die Geheimnisse der Âlaburg ist der Beginn einer Reihe rund um Leik und die Universität. Die Âlaburg steht für Frieden und Freundschaft zwischen den vier vernunftbegabten Völkern: Menschen, Elben, Zwerge und Orks. Doch die Realität sieht zwischen den Studenten anders aus.
Leiks Leben in Sefal sowie sein neues Leben als Student wird sehr detailliert beschrieben. Da er bisher keine Ahnung von Magie und den anderen drei Völkern hatte, ist Leik sehr wissbegierig. Sein Zimmergenosse und Zwerg Morlâ führt ihn bereitwillig ins neue Leben ein. Zusammen mit Morlâ und dem Zwergelbe Filixx fühlt sich Leik schnell heimisch.
Die Einführung der Protagonisten und auch einiger Nebencharaktere ist umfangreich. Dabei wird nicht nur das Aussehen beschrieben, sondern auch einige wichtige Charakterzüge. Vor allem bei Leik und seinen Freunden wird mit Adjektiven nicht gespart. Es ist, als würde man die drei persönlich kennen lernen.
Nicht so schön ist dagegen der Zustand des Weißen Hauses, in das Leik einzieht. Die Âlaburg hat für jedes Volk eine eigene Verbindung, auch Haus genannt. Wer nicht eindeutig zugeordnet werden kann, wird im Weißen Haus vorläufig untergebracht. Diese Verbindung wird nicht nur unter den Magistern und Studenten als „nicht vollwertig“ betrachtet, auch der Zustand des Inneren wirkt sehr zusammengewürfelt und behelfsmäßig eingerichtet. „Das sind die Waschräume. Wir haben fließendes und manchmal sogar warmes Wasser[…].“ (S.120) An einer Universität, die für Frieden und Freundschaft steht, sollte jeder gleichbehandelt werden. Die Ungewolltheit dieses Hauses wird dadurch nur unnötig stark hervorgehoben, obwohl das Verhalten der Studenten und Magister gegenüber „den Weißen“ ausreichend ist.

Ein Vergleich mit der Harry Potter Reihe liegt nahe, weil es um eine Schule und Magie geht, doch da hören die Gemeinsamkeiten schon auf. Es gibt andere Bücher (Magisterium), die offensichtlicher an diese Reihe angelehnt sind, als die Farbseher-Saga.
Leik macht in diesem Buch eine sichtbare Entwicklung durch. Dabei sind seine Entscheidungen und Verhaltensweisen nachvollziehbar. Die Freunde nehmen sich untereinander nicht sehr ernst und lockern das Geschehen durch ihren Humor auf. Das Motto der Âlaburg ist allgegenwärtig und wird immer wieder aufgegriffen. Die Spannung bleibt durchweg erhalten.

Rundum ein gelungenes Jugendbuch, das ein Fundament für die Folgebände bildet.

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