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Veröffentlicht am 08.07.2020

Figuren werden immer sympathischer

Leiser Tod in Lissabon
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Mit diesem Kriminalroman habe ich einen neuen kriminellen Ort mit interessanten historischen Ereignissen kennengelernt.

Ein Toter wird in einer Kirche der Altstadt Lissabons aufgefunden. Inspetora-Chefe ...

Mit diesem Kriminalroman habe ich einen neuen kriminellen Ort mit interessanten historischen Ereignissen kennengelernt.

Ein Toter wird in einer Kirche der Altstadt Lissabons aufgefunden. Inspetora-Chefe Dora Monteiro sieht sofort, dass der Ort ein besonderes Symbol für diesen Mord darstellt, von dem zunächst alle von einem Selbstmord ausgehen. Gespräche mit den Angehörigen und ein altes Foto weisen da auf eine Gruppe hin, die sich alte Garde nennt und seit den 1970er Jahren in einem geheimen Netzwerk besondere Strippen ziehen. Sie greifen besonders betrügerisch Staats- und EU-Gelder ab.

Besonders gefallen hat mir die Verbindung zur Geschichte Portugals, die Verpflichtungen der Verbrecher in der Gesellschaft. Das machte meinen anfänglichen Missmut über die vielen portugiesischen Wörter und die breite Einführung ins regionale Terrain wieder wett. Denn die originalen Straßen-, Plätze- und Dienstgradbezeichnungen verwirrten mich. Ich konnte kaum das eine vom anderen unterscheiden, obwohl die bildhaften Sätze zu den Örtlichkeiten auch ohnehin ein besonderes Flair hervorriefen.

Nun gut, die leichte Verwirrung hat meinem Interesse am Geschehen keinen Abbruch getan. Es dauerte halt nur etwas länger, bis die Autorin mit der Geschichte zur Sache kam. Dafür lernte ich Lissabon und eren“Einwohner“ kennen.

Auch die Figuren halfen darüber hinweg und die Chef-Ermittlerin lernt man schnell zu mögen. Ihre Ruppigkeit und ihr Dickschädel hatte sie immer wieder ganz gut im Griff. Trotz ihrer Haare auf den Zähnen wird sie im Laufe des Romans immer sympathischer.

Der Fall ist in seiner Verzwicktheit sehr spannend. Die Frage ob der Mord etwas mit der Vergangenheit zu tun hat und wenn ja, in welcher Weise, zieht sich bis zum Schluss durch. Die verschiedenen Richtungen, in denen die Ermittlungen angestellt werden, führen beim Lesen in die Irre und erhöhen den Nervenkitzel.

Der Kriminalroman „Leiser Tod in Lissabon“ ist wunderbare Lektüre für den Urlaub und überhaupt. Sympathische Figuren, spannende Handlung und historischer Hintergrund – alles passt und kann mit einem Daumen hoch empfohlen werden.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2020

Veröffentlicht am 06.07.2020

Unzählige Farbfotos lassen in die Träume abgleiten

DuMont Reise-Handbuch Reiseführer Neuseeland
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Man könnte fast meinen: alles, was das Auswandererherz begehrt. Zugegeben, für diese Zielgruppe wird es vollumfänglich nicht reichen, der der sehr gut organisierte Tourist, einschließlich Rucksack, wird ...

Man könnte fast meinen: alles, was das Auswandererherz begehrt. Zugegeben, für diese Zielgruppe wird es vollumfänglich nicht reichen, der der sehr gut organisierte Tourist, einschließlich Rucksack, wird seine wahre Freude an diesem Buch haben. Von seinen 500 Seiten fallen alleine über 100 Seiten auf die allgemeine Landeskunde. Begonnen wird mit Natur und Umwelt, um in weiteren Abschnitten auf Wirtschaft, Soziales, Politik, Historie, Gesellschaft, Kunst, Kultur, Essen und Trinken einzugehen. Ungefähr die Hälfte der allgemeinen Informationen bieten die nützlichen Spezialinformationen für eine Reise in das von Deutschland am entferntesten liegende Land. Gut sortiert werden Punkte wie Anreise, Verkehr, Einkaufen, Finanzen, Gesundheit und viele weitere aufgelistet. Nach dem umfangreichen allgemeinen Teil widmet sich der Autor kapitelweise den einzelnen Regionen und Inseln Neuseelands, in denen teils ähnliche Informationen gegeben werden wie im allgemeinen Teil. Selbstverständlich zugeschnitten auf das zu bereisende Gebiet. Hier gibt es dann die detaillierten Informationen zu regionalen Behörden, Restaurants, Übernachtungsmöglichkeiten und, nicht zu vergessen, zahllose Tipps und Reiserouten für Ausflüge oder komplette Rundreisen. Als Handbuch kommt dieses Buch sehr gut gegliedert daher. Das Inhaltsverzeichnis lässt schnell zu der gewünschten Information finden. Aufgelistet werden hier auch das Kartenverzeichnis, denn neben einer großen, eingesteckten Faltkarte befinden sich auf den Innenumschlagsseiten und darüber hinaus viele Karten in dem Buch. Ein Themenverzeichnis führt zu speziellen Artikeln, die zusätzliche Informationen zu einem bestimmten Thema, wie dem Hügel der Hobbit-Höhlen, bieten. Das Register mit seinem Stichwortverzeichnis ist eine weitere Möglichkeit, an die Infos zu gelangen. Die Faltkarte enthält neben einem umfangreichen Namensregister Entfernungstabellen, mit denen man schnell die Distanzen zwischen den einzelnen Orten abschätzen kann. Die Informationen über Neuseeland sind aber nicht nur schnell auffindbar, sondern auch schnell erkennbar aufbereitet. Besonders wichtige Informationen sind farblich abgesetzt von dem normalen Text, der zudem zahlreiche Markierungen in Form von Fettschrift, roter Schrift, Überschriftenwahl und ähnlichen immer wieder Halt für die Augen bietet. Wer seine Reise plant, muss dies natürlich nicht ausschließlich anhand nüchternen Textes tun. Unzählige Farbfotos lassen die Planung schon Mal vergessen und in die Träume abgleiten.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012

Veröffentlicht am 13.06.2020

Voller Pariser Charme wird der Kriminalfall erzählt

Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain
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ist erneut ein Krimi in den Fußstapfen von George Simenon und seines Kommissars Maigret. Der Kampa Verlag aus Zürich hat den zweiten Roman mit Commissaire Lacroix und seinem Team herausgebracht.

Beim ...

ist erneut ein Krimi in den Fußstapfen von George Simenon und seines Kommissars Maigret. Der Kampa Verlag aus Zürich hat den zweiten Roman mit Commissaire Lacroix und seinem Team herausgebracht.

Beim jährlichen Bäckereiwettbewerb um das beste Baguette der Stadt Paris hat erneut der Vorjahressieger Maurice Lefevre gewonnen. Ein Sieg bei diesem Wettbewerb ist mit den höchsten Ehren verbunden. Natürlich erhöhen sich die Umsätze der Bäckerei, weil ganz Paris vom Sieger spricht. Aber außerdem wird der Sieger zum Lieferanten für den Élysée-Palast. Welche Ehre! Die ganze Nation isst das Baguette des Siegers. Doch einen Tag nach der Blindverkostung und der Siegerehrung wird Lefevre tot in seiner Backstube aufgefunden. Erschlagen mit dem Brotschieber, mit dem die Brote aus dem Backofen geholt werden. War das die Tat eines Neiders?

Herrlich französisch, böses unglaublich pariserisch, voller Charme wird der Kriminalfall erzählt.

Die Ähnlichkeit mit Maigret ist gewollt. Nicht zufällig trägt auch Lacroix den Spitznamen Maigret bei seiner Frau und im Präsidium. Mit ihm spaziert man durch die Pariser Straßen, geht in die Bistros und riecht den Duft der Boulangerien. Bedächtig und ohne Action, quasi genießerisch. Aber ebenso bedächtig folgt man auch den falschen Spuren, die der Autor ausgelegt hat. Den Spekulationen im eigenen Kopf sind Tür und Tor geöffnet. Spannend bis zum Schluss.

Neben der Geschichte mit Pariser Flair hat mir aber auch die Gestaltung des Buches gefallen. Ein passendes Cover zur nächtlichen Zeit mit dem Namen des Verlages auf dem Straßenschild, das hat was. Außerdem zeigen die Innenseiten des Covers eine Karte von Paris, dem engeren Zentrum dieser Stadt. Neben einigen Sehenswürdigkeiten, die der Orientierung dienen, sind einige Orte des Geschehens aufgezeichnet, wie das Büro Lacroix‘, das seiner Frau, der Bürgermeisterin, das Polizeipräsidium und so weiter.

Ein spannender und amüsanter Kriminalroman, der den Leser in die französische Metropole führt und damit einen angenehmen Kurztrip bietet.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2020

Veröffentlicht am 07.06.2020

Freiheit über alles

Freiheit
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Zugegeben, auf das Buch »Freiheit« von Reinhard Marx habe ich seit der Ankündigung gewartet. Besonders das Wort Freiheit war bei mir in der Auslöser, diese niedergeschriebenen Gedanken des Kardinals zu ...

Zugegeben, auf das Buch »Freiheit« von Reinhard Marx habe ich seit der Ankündigung gewartet. Besonders das Wort Freiheit war bei mir in der Auslöser, diese niedergeschriebenen Gedanken des Kardinals zu lesen. Ich war schlicht neugierig auf das, was er zu sagen hat.

In den verschiedenen Kapiteln geht Reinhard Marx der Frage nach, was Freiheit ist, wie sie erreicht werden kann, wie sie behindert wird und, bei einem Mann der Kirche nicht anders zu erwarten, wie Freiheit im Zusammenhang mit Gott und der Religion zu sehen ist.

Es ist interessant zu lesen, das Freiheit im Kopf der Menschen existiert und immer wieder neu erkämpft werden muss. Denn es gibt stets Bestrebungen, die Freiheit auf ganz minimale Einsichten zu reduzieren und sie auf diese Weise einzudämmen. Das geschieht z. B., wenn Freiheit auf das Reisen in ferne Länder reduziert wird. Hierbei schützt Marx auch nicht die Institution der Kirche, sondern reklamiert auch für einige ihrer Vertreter die Beschneidung der Freiheit, wenn beispielsweise weiterhin am Zölibat festgehalten wird.

Da ein Mensch kaum alle Bücher auf der Welt lesen kann, mag ich ganz besonders, wenn jemand auf andere Quellen zurückgreift und daraus zitiert. Ich habe dann stets das Gefühl, dass auch diese Information meinen Horizont erweitert. So war für mich überraschend, das es zum Zeitpunkt des Falls der Berliner Mauer nur 16 feste Grenzverläufe auf der Welt gab. Heute sind es aber bereits mehr als 65! Die Offenheit der Menschen, die Globalisierung haben offenbar zu einer Abschaffung der Freiheit geführt, wenn man die sie wieder auf das Reisen reduzieren wollte.

Ein ganz besonderer Satz, der mir außerordentlich gefällt, möchte ich gerne an dieser Stelle zitieren:

»Der Gedanke der Freiheit ist nur dann glaubwürdig, wenn er alle Menschen im Blick hat, wenn der Horizont der Freiheit die gesamte Menschheitsfamilie umfasst, auch die kommende Generationen.« - Freiheit, Seite 74

Die Gedanken von Reinhard Marx regen an, selbst über den Begriff der Freiheit nachzudenken. Man muss nicht religiös sein, um seine Gedanken nachvollziehen und mit eigenem Inhalt auffüllen zu können.

Das Buch ist empfehlenswert, wenn man über aktuelle Themen unserer Gesellschaft nachdenken möchte. Denn die Freiheit gestattet ist.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2020

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Veröffentlicht am 30.05.2020

Schroffes Schottland, bezauberndes Südengland, geheimnisvolle Verbrechen

Phantomschmerzen
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Susan Hill, die Granddame des englischen Kriminalromans, hat mit »Phantomschmerzen« den neuesten Roman mit ihrem Protagonisten Simon Serrailler vorgelegt. Das kriminelle Element hält zwar die Spannung ...

Susan Hill, die Granddame des englischen Kriminalromans, hat mit »Phantomschmerzen« den neuesten Roman mit ihrem Protagonisten Simon Serrailler vorgelegt. Das kriminelle Element hält zwar die Spannung von vorne bis hinten, die Handlung geht aber über andere Themen weit hinaus.

Die Autorin entführt die Leser in eine kleine Gemeinde auf eine der schottischen Inseln an der Westküste und ins bezaubernde Südengland.

Detective Chief Superintendent Serrailler hat einen Arm verloren. Er fühlt sich nur noch wie ein halber Mensch. In der südenglischen Kathedralenstadt Lafferton hat er seine Verwandten, Freunde und Kollegen. Aber er flieht zur Therapie auf seine geliebte Insel Taransay. Auf Taransay gibt es nur ein Dorf mit verstreut liegenden Cottages und einen einzigen Pub. Hier jobbt auch Sandy, die vor einigen Monaten auf die Insel gekommen und erstaunlich gut von den Einheimischen akzeptiert worden war.

In Serraillers Schmerz, ob er überhaupt noch zu etwas nütze ist und ob er seinen beruf bei der Polizei noch wird ausüben können, fühlt er sich zur munteren Sandy hingezogen. Doch dann ist sie plötzlich verschwunden. Niemand auf der Insel für sie gesehen haben. Niemand kann erklären, wo sie abgeblieben sein kann. Bis dann die Leiche am Ufer auftaucht, welche zweifelsfrei Sandys Leiche ist. Da die Polizei momentan viel zu tun hat und erst in ein paar Tagen auf der Insel sein kann, wird Serrailler gebeten, schon mal in Sachen Sandy zu ermitteln, weil er doch Polizist und zufällig schon auf der Insel ist.

Susan Hill führt uns in die Welt von Simon Serrailler, ohne dass man die vorhergehenden Bände gelesen haben müsste. So ist dieser Roman auch eher ein Roman mit kriminellen Elementen als ein reiner Krimi, bei dem es ausschließlich um Ermittlungen geht. Vielmehr möchte Hill uns über die Psyche eines Menschen erzählen, der ganz plötzlich aus seinem üblichen Leben gerissen wird und nun anfangen muss, sich neu zu orientieren. Das macht sie über die Bezugspersonen ihres Protagonisten. Die Familie seiner Schwester spielt dabei eine große Rolle, aber auch die Freunde auf der einsamen Insel. Ein wunderschönes, wiederkehrendes Moment ist der kleine Robbi, der sich für den fehlenden Armen von Serrailler mehr interessiert als für alles andere. Allzu gerne fordert er den großen Mann heraus, ihm doch mal die Schnürsenkel zu binden.

Jede Figur dieses Romans scheint wie im richtigen Leben ihr eigenes Päckl zu tragen. Überall gibt es Konflikte. Immer wieder wird der Protagonist um Hilfe gebeten. Dabei hat er seine eigene Psyche noch gar nicht im Griff.
Neben den menschlichen Beziehung wird der Rauheit, Abgeschiedenheit und Einsamkeit der schottischen Inseln viel Raum gegeben und sie können dem Leser ans Herz wachsen. Es reizt, sich in dieser Einsamkeit den Wind um die Nase wehen zu lassen und eine tiefe Brise in die Lunge zu ziehen. Es reizt, eine liebenswürdige, in sich geschlossene Gemeinschaft kennenzulernen.

Ich habe mich in diese Roman sehr wohl gefühlt und finde es toll, in eine neue kleine Welt eingetaucht zu sein. Einen frühen Roman dieser Autorin, der gerade neu erschienen ist, habe ich hier besprochen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2020