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Veröffentlicht am 16.09.2020

Muss ich die Story jetzt als gegeben hinnehmen?

Die heilige Henni der Hinterhöfe
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Die heilige Henni der Hinterhöfe hat mich ein wenig enttäuscht und ich kann nicht einmal sagen warum. Gut, ich bin schon erschrocken, als es bei mir eintraf, denn es war ziemlich klein und schmal. Ich ...

Die heilige Henni der Hinterhöfe hat mich ein wenig enttäuscht und ich kann nicht einmal sagen warum. Gut, ich bin schon erschrocken, als es bei mir eintraf, denn es war ziemlich klein und schmal. Ich hatte irgendwie ein dickeres Buch mit mehr Seiten erwartet. Aber die Dicke eines Buches sagt ja nix über den Inhalt aus, also habe ich mich an das Lesen der Geschichte über dieses naive, freche und (typisch berlinerisch eben) etwas schnoddrige Mädchen gemacht. Dabei habe ich festgestellt, dass die Protagonisten im Roman so sprechen, wie es zu der Zeit wohl üblich war (1910er/1920er Jahre). Auch kein Problem, da konnte man sich drauf einstellen.
Vielleicht waren es die menschlichen Abgründe, die sich in der Geschichte auftaten und dass es mir immer irgendwie so vorkam, als ob die Protagonisten nur mit den Schultern zucken und alles als gegeben hinahmen, egal, worum es sich gehandelt hat. Zum Beispiel dass Henni und ihr Bruder in Kindertagen einen Mitbewohner angeschwärzt hatten, er wäre ein Spion oder das Hennis Vater hinnimmt, dass die Männer seiner Plöner Töchter abfällig über seine Frau sprechen, weil die Jüdin ist und auch das Ende kam mir so vor, als wird es halt als gegeben hingenommen. Im Buch gab es noch mehr solcher Stellen, wo ich die Protagonisten hätte schütteln mögen, aber es leider nicht konnte. Auch dass die Eltern nicht in Hennis Lotterleben eingreifen, wie normale Eltern das eben tun... Lassen wir das. Lest selbst.
Die heilige Henni der Hinterhöfe ist leider keine Geschichte, die in mir lange nachhallen wird. Finde ich persönlich sehr schade, muss ich wohl aber als gegeben hinnehmen. 🤷‍♀️

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Was soll das?

Das Versprechen des Buchhändlers
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"Das Versprechen des Buchhändlers" ist eines der Bücher, die mich ratlos zurück lassen. Ich weiß ehrlich nicht, was ich von diesem Werk halten soll. Ich fand es nicht schlecht, aber es war aus meiner Sicht ...

"Das Versprechen des Buchhändlers" ist eines der Bücher, die mich ratlos zurück lassen. Ich weiß ehrlich nicht, was ich von diesem Werk halten soll. Ich fand es nicht schlecht, aber es war aus meiner Sicht auch zu abgedreht und übertrieben... Ja, was? Ich finde dafür gerade nicht das richtige Wort.

Die Geschichte erzählt von einem Buchhändler, der sich in eine jüdische Violinistin verliebt. Zu einer Zeit, in der es in Deutschland gefährlich war, sich in Menschen jüdischen Glaubens zu verlieben. Der Prolog lässt darauf schließen, dass sie sich irgendwo in der Geschichte verlieren und zum Schluss wiederfinden. Das wäre auch soweit in auch Ordnung gewesen. Wie immer im Leben kommt es aber auch hier anders als man denkt, weshalb ich mich am Ende des Buches gefragt habe, was das denn bitte sollte.

Die Geschichte beginnt also ganz normal mit dem Aufeinandertreffen der Violinistin Hanna Ginsberg und dem Buchhändler Max Bissinger. Sie verlieben sich ineinander, Hitler kommt an die Macht und die grausame Herrschaft der NS-Zeit beginnt. Max beschreibt das Leben unter den Nationalsozialisten am Anfang ihrer Terrorherrschaft als lauernde Gefahr, obwohl alles so weiterzulaufen scheint, als wäre Hitler nie an die Macht gekommen. Doch mit den Jahren spitzt sich die Lage zu, Menschen jüdischen Glaubens werden drangsaliert, vom öffentlichen Leben, gar von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen und fürchten ständig darum, dass ihnen die Nazis die Ladenschaufenster kaputt schlagen oder sie auf offener Straße verprügeln. Auch bis hierher gehe ich mit.

Verworren wird es in dem Punkt, dass Max nach einem Streit mit seiner Hannah in dem Schrank im Hinterraum seines Ladens verschwindet, weil sich darin ein Wurmloch befindet, 14 Tage später wieder auftaucht und fortan seinen jüdischen Nachbarn und deren Verwandten hilft, durch das Wurmloch in die Zukunft zu fliehen. Dabei verschwindet er immer gleich mal mehrere Monate, lässt seine Hanna aber darüber im Unklaren, dass das Wurmloch im Schrank existiert und er eigentlich ein Held ist. Aber warum? . Angeblich sagt Max nichts über das Wurmloch, um seine Freundin nicht zu gefährden und weil sie ihm ohnehin nicht glauben würde, sie selbst kann er aber nicht retten. Sie wird von den Nazis abgeholt und in ein Lager gesteckt und nach der Befreiung des Lagers erleidet sie eine Amnesie. Was mich hier irgendwie verärgert, ist die Tatsache, dass Max nicht ehrlich ist und die Autorin ein sinnlos herzzerbrechendes Drama produziert, weil zwar jeden anderen retten kann, Hanna aber nicht. Die lässt sie für ihre Erzählung leiden. Das regt mich auf. Warum? Was soll das? Und was zur Hölle soll das Ende? Musste das wirklich sein?

Die Geschichte hatte einen guten Kern, aber das SciFi-Dingens und die Tatsache, die Jillian Cantor ihre Protagonisten um des lieben Dramas willen unnötig hat leiden lassen, fand ich Banane. Zudem gab es schon andere Romane mit Zeitreiseelementen, die im Dritten Reich spielten und besser und einfühlsamer umgesetzt waren und sich mit dem Holocaust auf eine würdevollere Art auseinandersetzen. "Das Versprechen des Buchhändlers" konnte mich leider nicht überzeugen.

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Veröffentlicht am 01.06.2020

Dresdner Villenzauber?

Die Frauen der Rosenvilla
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Ach ja, Dresden: das schöne Elbflorenz hat es mir zur Zeit mal wieder besonders angetan: Die Barock-, Rokkoko- und Renaissancebauten in der Altstadt, das Elbufer mit seiner Brühlschen Terrasse, die vielen ...

Ach ja, Dresden: das schöne Elbflorenz hat es mir zur Zeit mal wieder besonders angetan: Die Barock-, Rokkoko- und Renaissancebauten in der Altstadt, das Elbufer mit seiner Brühlschen Terrasse, die vielen heute noch erhaltenen Villen, der Weiße Hirsch, der große Garten, Pfunds Molkerei... Ach ja, diese Stadt ist einfach nur wunderschön und ich freue mich, bald wieder mal einen Tagesausflug nach Dresden zu unternehmen.

Vor allem hab ich es zur Zeit ja mit den Dresdner Villen. In keiner Sächsischen Stadt sind trotz der Bombardements im zweiten Weltkrieg so viele Villen heil geblieben und später wieder restauriert wurden. Meine Großeltern väterlicherseits hatten sogar bis ca. 2006 noch in einer gewohnt, einen Katzensprung vom Großen Garten entfernt, bevor sie erst nach Thüringen und dann später zu meiner Tante nach Gütersloh verzogen sind. Manchen Sommer habe ich also in Dresden zugebracht und kenne es daher ziemlich gut. Und auch das Villenviertel rund um den Größen Garten (Dresden-Gruna).

Für Villen hege ich eine Faszination, seit ich als Kind eine Puppenvilla von Playmobil geschenkt bekommen habe, komplett im Stil des frühen 20. Jahrhunderts. Sogar die Figuren trugen Kostüme aus jener Zeit. Ich wollte seitherschon immer wissen, wie es ist, selbst in solch einem Prachtbau zu wohnen und hatte durch die Wohnung meiner Großeltern einen vagen Einblick in diese Zauberwelt.

Kürzlich bin ich dann über Teresa Simons "Die Frauen der Rosenvilla" gestolpert. Die Geschichte dreht sich zwar um eine Villa in Blasewitz, aber Dresden ist nun mal Dresden und Villa ist Villa, also war es abzusehen, dass das Buch in meinen Besitz wandert.

Der Anfang las sich schon recht spannend. Gärtner finden beim Setzen der Rosenpflanzen eine alte Geldkassette mit brisantem Inhalt. Zwischen allerlei Nippes, der für irgendwen einmal wichtig war, liegen alte Tagebuchseiten, die die Geschichte der Hausbewohnerinnen erzählen. Drei Generationen, drei Schicksale. Anna, die heutige Besitzerin der Rosenvilla, muss die Tagebuchseiten nur in die richtige Reihenfolge bringen, um mehr über die Geschichte ihres Hauses zu erfahren. Dabei hilft ihr ihre beste Freundin und Buchladen-Besitzerin Hanka. Doch je mehr sie der Vergangenheit und sogar der ihres Großvaters, näher kommt, desto mehr hüllen sich ihre Eltern in Schweigen. Sie wollen nicht, dass Familiengeheimnisse ans Licht kommen.

So spannend, wie der Einstieg war, so frustrierend war das Gemauere von Annas Familie. Ich hasse es schon in meiner eigenen Familie, wenn etwas im Argen ist und sich meine Verwandtschaft alles mühsam aus der Nase ziehen lässt, das Unangenehmes totgeschwiegen werden soll und dass sich keiner traut, dem anderen zu sagen, was ihm nicht passt, daher hat mich das Verhalten von Annas Familie ziemlich genervt und mir die Geschichte leider auch ein wenig versauert. Schade. Ich hatte dann auch zwischendurch "Die Frauen der Rosenvilla" erst einmal zur Seite gelegt und etwas anderes gelesen, weil ich das Gefühl hatte, die Geschichte tritt auf der Stelle. Als ich das Lesen wieder aufnahm, wurde es auch wieder spannend, allerdings raste die Handlung dann auch ziemlich eilig aufs Ende zu. Und dass der Kerl, der noch Tage vorher stocksauer auf Anna war und nach dem Lesen der Tagebuchseiten dann auf einmal in so heißer Liebe zu ihr entbrannt war, dass beide nach einem One Night Stand in seiner Beziehung steckten und er sie nie wieder gelassen wollte, war zwar vielleicht romantisch, kam aber dann doch einen Ticken zu überhastet daher. Die Geschichte hatte so vielversprechend angefangen, wurde dann langatmig, dann wieder spannend und der Schluss kam so daher, als müsse die Geschichte abrupt zum Ende kommen. Das finde ich sehr Schade, auch, dass ich nicht das selbe Lesevergnügnen empfunden habe, wie meine Lieblingsbuchbloggerin, die mir das Buch und auch die Autorin wärmstens empfohlen hatte. Trotz allem ist es kein schlechtes Buch, hat es mich doch zumindest unterhalten und findet bei anderen Lesern zum Glück den Anklang, den es bei mir leider nicht finden konnte.

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Leider lässt der Autor zu viele Fragen offen

Die rechtschaffenen Mörder
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Als "Die rechtschaffenen Mörder" in der monatlichen Druckfrisch-Folge von Denis Scheck am 26.04. vorgestellt wurde, hatte es mein Interesse geweckt. Die Vorstellung, dass ein Antiquar, ein belesener und ...

Als "Die rechtschaffenen Mörder" in der monatlichen Druckfrisch-Folge von Denis Scheck am 26.04. vorgestellt wurde, hatte es mein Interesse geweckt. Die Vorstellung, dass ein Antiquar, ein belesener und dementsprechend intellektueller Mann plötzlich anfängt Bücher zu verschmähen, nur noch Bücher von deutschen Autoren zu lesen, weil er den Übersetzungen aus anderen Sprachen misstraut und zum Schluss gar ein Nazi ist, diese Entwicklung, ja Spagat hat mich brennend interessiert. Mich interessieren Hintergründe, Beweggründe, das Warum. Ich finde mich nicht mit dem Gegebenen ab, mit dem "Das ist halt so", ich will wissen, wie es dazu kam, was einen Menschen zu seinen Handlungen antreibt. Leider hat mich Ingo Schulze mit seiner Geschichte aber genau dessen beraubt.

Die Geschichte ist in drei Abschnitte geteilt, wobei nur der erste Abschnitt und der Anfang des zweiten wirklich Sinn ergeben, dann wird die Story unzusammenhängend und verworren.

Da haben wir also einen Norbert Paulini, der, seit er das erste Buch seines Lebens las, Leser werden will. Zum Leidwesen aller Leser ist das aber kein Beruf, es sei denn, man ist ein Lektor. Aber auch zu diesem Berufsbild gehört ein wenig mehr, als das bloße Lesen, für das Paulini Leben will. Also wird er über einige Umwege Antiquar und verkauft seinen Kunden, wie er selbst sagt, nur Qualität. Zu DDR-Zeiten sammeln sich deshalb in seinem Antiquariat auch nur das "Who is who" Der Dresdener Intellektuellen und die, die es noch werden wollen. Mit der Politik will er nichts am Hut haben, seine Gattin (Paulini hat kein Glück mit seinen Damen) umso mehr. Dann kommt die Wende und wie bei so vielen ostdeutschen Existenzen, säuft Paulinis Unternehmen einfach ab. Die Intelligenzia bleibt plötzlich aus und lange Zeit versteht Paulinis nicht warum, bis ihm ein lang vermisster Kunde mit der Wahrheit konfrontiert. Ab da geht es mit Paulini bergab, er wird von diversen Schicksalsschlägen gebeutelt, aber das Schlüsselerlebnis, weshalb Paulini letzten Endes zum Ausländerfeind wird, das bleibt dem Leser verwehrt. Das ist dann auch der Grund, weshalb ich spätestens ab dem dritten Teil des Buches mit einem riesigen Fragezeichen über den Kopf da sitze und mich über die teilweise verstörenden Handlungssprünge wundere. Das lässt sich fast so lesen, als ob Paulini mit seinem Umzug ins Elbsteingebirge, nach "Dunkeldeutschland" quasi plötzlich ein Nazi wäre und dessen Sohn auch. Kein zufriedenstellender Plot aus meiner Sicht.

Die Geschichte fing gut an und ließ ab der Mitte leider stark nach, eben weil Fragen offen bleiben, die nicht hätten offen bleiben sollen. Da stellt sich mir die Frage, was der Autor von mir als Leser möchte. Das fühlt sich bald so an, als ob mir jemand dumm tut und jegliche Kommunikation verweigert, weshalb ich dann nicht reflektieren kann, wo denn nun der Fehler lag, wie es zu diesem plötzlichen Bruch kam. Das ist überaus bedauerlich und ich mag es nicht leiden. Die Geschichte hatte Potential und ich mochte den schrulligen Antiquar Paulini, bis der Autor ihn auf unerklärliche Weise abdrehen ließ.

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Veröffentlicht am 28.04.2020

Irgendwie war mir das zu wenig Haselbrunn

Ella U.
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Plauen: Geburtsort, Heimat, Sehnsuchtsort. Wenn ich richtig böses Heimweh habe, lese ich Bücher über die Heimat, wie kürzlich "Die Villa" von Hans Joachim Schädlich oder "Alte Sagen und neue Geschichten ...

Plauen: Geburtsort, Heimat, Sehnsuchtsort. Wenn ich richtig böses Heimweh habe, lese ich Bücher über die Heimat, wie kürzlich "Die Villa" von Hans Joachim Schädlich oder "Alte Sagen und neue Geschichten von den Moosfrauen und Moosmännern aus dem Vogtland und Umgebung" von Gerhard Gruner. Durch Zufall bin ich kürzlich auf Ella U. gestoßen und da meine Familie viele Jahre nach dem Krieg im Stadtteil Haselbrunn gelebt hat und meine Mutter dort aufgewachsen und in die hiesige Rückertschule gegangen ist, war das Buch natürlich ein Muss.
Ella U. lebte mit ihren Eltern auf der Pausaer Straße, wie meine Urgroßeltern und wenn ich davon las, dass der Familienvater die Pausaer Straße hinauf vor Ultralinken floh, die ihn verfolgten, weil er nach Ende des 1. Weltkrieges noch seinen Uniformmantel trug (man konnte sich halt keinen neuen Mantel leisten, es war Inflation), da sah ich meinen Uropa die Pausaer Straße hochrennen und in seinem Wohnhaus verschwinden.
Alle Anekdoten über die Familie U. waren sehr interessant und haben mich in eine Zeit mitgenommen, die wir uns heute gar nicht mehr vorstellen können. Was mir jedoch weniger gefallen hat, waren die ewig langen Zitatpamphlete irgendwelcher damaliger Zeitgenossen und leider hat sich der Autor solche herausgepickt, die besonders schwurflig schrieben, wie Thomas Mann und Walther Benjamin. Sicher wollte der Autor uns einen Einblick in die Geschehnisse der 20er Jahre geben, ein Thema einleiten, aber es ist dann leider zu viel Zitatenschatz und zu wenig Ella U. In Haselbrunn daraus geworden. Nicht ganz das, was ich erwartet hatte. Schade.

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