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Veröffentlicht am 07.07.2020

Zwischen Vergangenheit und Zukunft – die Nebelkinder

Nebelkinder
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1945: Der Krieg hält auch in Schlesien Einzug. Käthe Vahrenhorst muss mit ihren beiden Töchtern Anastasia (Ana) und Helene (Lenchen) aus Breslau fliehen. Zusammen mit ihrer Schwester Selma Piontek und ...

1945: Der Krieg hält auch in Schlesien Einzug. Käthe Vahrenhorst muss mit ihren beiden Töchtern Anastasia (Ana) und Helene (Lenchen) aus Breslau fliehen. Zusammen mit ihrer Schwester Selma Piontek und ihrem Sohn Wolfi machen sie im allerletzten Zug der fährt auf den Weg nach München. Käthes Mann Ludwig kämpft für´s Deutsche Reich in Italien und will seine Familie nach dem Krieg in München treffen. Käthe ist schwer traumatisiert und so übernimmt die 13-jährige Ana dort die meisten Pflichten des täglichen Lebens.
Viele Jahre später bittet Robert Balan, die große und leider unerfüllte Liebe Ana´s Tochter Lilith diese, den Sohn ihrer verstorbenen Freundin aufzunehmen. Dabei erfährt Lilith, dass Aaron auch der Sohn von Robert ist. Kann und will sie sich dieser Verantwortung stellen? Als sie ihrer Mutter Ana davon erzählt, ist auch sie der Ansicht, dass Lilith Aaron unbedingt zu sich nehmen soll. Für eine Frau gäbe es nichts Schöneres, als das Kind des geliebten Mannes groß zu ziehen. Worte von der Frau und Mutter von der Lilith in den vielen Jahren nie ein „Ich liebe dich“ gehört hat. Gemeinsam begeben sich Mutter und Tochter schließlich auf die Reise nach Breslau in Ana´s Vergangenheit.

Wie Stefanie Gregg in ihrem Nachwort schreibt, ist diese Geschichte ein Teil ihrer Familiengeschichte.
„Nebelkinder“, so wird eine Generation von Kinder bezeichnet, die in den Nachkriegsjahren geboren wurden und die unter den Erlebnissen ihrer Eltern oder Großeltern während der Flucht haben leiden müssen. Auch ich bin so ein Nebelkind, geboren nach dem Krieg, 1954 in Deutschland, nachdem meine Mama und ihre Eltern aus Schlesien haben fliehen müssen. Da hat mich dieses Buch natürlich sehr interessiert. Ich habe aber nicht ahnen können, wie mich dieses Buch bewegen wird und was es mir abverlangt.
Ich begleite drei sehr unterschiedliche Frauen ein Stück durch ihr Leben. Käthe und ihre Tochter Ana und deren Tochter Lilith, die nach dem Krieg in München geboren wird. Die Geschichte im Heute wird immer wieder unterbrochen durch Ansichten auf die Jahre vor und während der Flucht aus Breslau in Schlesien.
Es ist so schlimm zu lesen, was die Frauen und auch die Kinder auf der Flucht erleiden mussten. Angst, Hunger, körperliche Gewalt, Demütigungen, der allgegenwärtige Tod – nur ein paar der unmenschlichen Dinge, die anschließend von vielen Frauen und auch Männern verschlossen bzw. über die nicht mehr gesprochen wurde. Kein Wunder, dass viele dieser Menschen ihr anschließendes Leben mit einem Trauma bzw. Depressionen verbracht haben.
Ganz besonders schlimm finde ich auch die Seiten eines Briefes, den Agnes, eine gute Freundin von Käthe, geschrieben hat und ihr schildert, was sie durch die Soldaten der Roten Armee hat erleiden müssen. Da fragt man sich wirklich, wie viel kann ein Mensch aushalten. Hier erscheint es fast nicht möglich. Und auf der anderen Seite, wie können Menschen einem anderen so etwas antun. Einfach schrecklich und schier unfassbar.
Um dem Erlebnissen im Krieg auch mal etwas den Schrecken zu nehmen, lässt die Autorin hin und wieder kleine humorige Anekdoten einfließen. So habe ich bei einer Szene im Stall des Bauern, der sie nach ihrer Flucht aufgenommen hat, so schmunzeln müssen. Zwischendurch habe ich mein Kopfkino immer mal wieder ausgeschaltet, weil ich die schlimmen Erlebnisse sonst nicht ausgehalten hätte. Bei diesen kleinen Erlebnissen ist es heiß gelaufen.
Schön fand ich auch, dass man in den Jahren nach der Flucht gemerkt hat, dass sie in München gelandet sind. Da wird im Kaufhaus Hertie endlich einmal auch etwas gekauft und nicht immer nur angeschaut, man geht ins Hofbräuhaus zum Tanzen und man besucht das Oktoberfest. Bei dem „Woswuistdafüa“ vom kleinen Franz auf dem Bauernhof vor den Toren Münchens weiß man sofort, dass man in Bayern angekommen ist. Aber auch die schlesischen Begriffe, die ich zum Teil noch von meiner Oma kenne, geben der Geschichte den lokalen Anstrich.

Stefanie Gregg hat mich mit ihrem „Herzensbuch“ gefangengenommen, sehr gut unterhalten, zum Nachdenken gebracht und einige Tränen fließen lassen. Immer wieder habe ich an meine Mama und an meine Großeltern denken müssen, denen es in der ein oder anderen Situation genau so gegangen ist wie Käthe oder Ana. Und es macht mich traurig, dass wir vor vielen Jahren nicht haben über dies alles reden können und sie heute leider nicht mehr da sind.

Danke liebe Stefanie Gregg für diese emotionale und wunderbare Familiengeschichte, die mich sehr berührt hat.

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Auf geht’s – die Alm ruft

111 Almen und Hütten in Oberbayern, die man gesehen haben muss
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Dieses Buch habe ich als Geschenk für meinen Sohn, der seine Freizeit gerne in der Natur verbringt, gekauft. Natürlich wollte auch ich wissen, was dieses Buch beinhaltet.

Die Autorin und begeisterte Bergsteigerin ...

Dieses Buch habe ich als Geschenk für meinen Sohn, der seine Freizeit gerne in der Natur verbringt, gekauft. Natürlich wollte auch ich wissen, was dieses Buch beinhaltet.

Die Autorin und begeisterte Bergsteigerin Astrid Süssmuth vereint in diesem Buch 111 Almen und Hütten in Oberbayern, die man als Bayernliebhaber gesehen haben muss. Auf jeweils einer Doppelseite geht´s von der Anderl-Frey-Hütte über die Finzalm, die Kührointalm, die Moaralm, die Schapbachalm, die Stiealm, die Stoißer Alm bis zur Wirtsalm. Auf den letzten Seiten bekomme ich vier Kartenausschnitte der Alpenregionen, auf denen die Hütten mit der Seitenzahl auf der sie beschrieben sind, eingezeichnet sind.

Die Hütten und Almen sind in ihrer Vielfalt so unterschiedlich, sowohl von den Wegen, die dorthin führen, als auch von der Lage. Egal ob im Sommer zu Fuß oder im Winter mit Rodel oder Skiern – jede Alm oder Hütte hat ihren eigenen Reiz, der sich auch mit jeder Jahreszeit ändert.
Dazu gibt es wunderschöne Fotos und kleine, gruselige, interessante, spannende, alte und neue Geschichten, geheimnisvolle Anekdoten oder Sagen.
Manche der Hütten und Almen sind bewirtschaftet und man sollte sich eine der kleinen angebotenen Brotzeiten gönnen. Andere dienen nur zum Rasten oder Verweilen inmitten der Natur der Berge.
Die im Buch vorgestellten Wanderungen sind in verschiedene Schwierigkeitsgrade eingeteilt. Es geht vom leichten einfachen Spaziergang über die mittelschwere bis hin zur schweren Wanderung, auch mit einer ungefähren Gehzeit. Des weiteren bekomme ich die genaue Adresse, die Anfahrt, die Öffnungszeiten, den Zugang und die Bewirtschaftung.

Bei dieser Vielzahl von Möglichkeiten ist für jeden Wanderer oder Bergsteiger etwas dabei; für Familien genau so wie für sportliche Junggebliebene. Und am schönsten sind alle diese Wanderungen, wenn sich der weiß-blaue bayerische Himmel über einem erstreckt.

Noch mehr hätte ich mich über das Buch gefreut, wenn es nicht in Plastikfolie eingeschweißt gewesen wäre.

Ein tolles Buch, das in jeden Rucksack gehört um zu Wandern und die bayerische Bergwelt zu erkunden.

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Veröffentlicht am 04.07.2020

Ein besonderes Backbuch

Kinder backen mit Christina
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Mit Kindern backen – will ich das überhaupt? Mit meinen Kindern habe ich vor vielen Jahren gekocht und gebacken. Und nun sind bald meine Enkel soweit, dass sie die Welt des Brotes, der Kuchen und des Gebäcks ...

Mit Kindern backen – will ich das überhaupt? Mit meinen Kindern habe ich vor vielen Jahren gekocht und gebacken. Und nun sind bald meine Enkel soweit, dass sie die Welt des Brotes, der Kuchen und des Gebäcks entdecken wollen. Da habe ich in einem Forum dieses Buch entdeckt – und bekommen.

Christina Bauer und ihre Kinder Magdalena und Thomas laden mich ein auf ihren Bauernhof, den Bramlhof, und in ihre Backstube. Schon das Inhaltsverzeichnis auf Seite 3 macht Lust, sich näher mit den 30 leckeren Rezepten, die ja so einfach gehen sollen, und dem Leben auf dem Hof zu beschäftigen.

Wir erfahren alles über die verschiedenen Zutaten. Wie kommt Getreide auf´s Feld, welche verschiedenen Mehlsorten gibt es, wie man Butter selber macht, wie man erkennt, ob ein Ei noch frisch ist und lernen Brotgewürze kennen. Wir versuchen einzelne Zutaten am Geruch oder am Geschmack zu erkennen. Es gibt Tipps fürs Backen mit Kindern und geht’s los. Ich denke, die Laugenbrötchen mit Stacheln, der Geburtstagszug, die Rentier-Muffins und der Ruck-Zuck-Kuchen aus dem Glas werden bei den Kindern besonders gut ankommen.

Im letzten Drittel des Buches mache ich einen Besuch auf dem Bauernhof, wo Christina mit ihren Kindern lebt, und erfahre, was dort das ganze Jahr über so los ist.

Ein tolles Buch zum Lesen und Backen mit vielen farbenfrohen Bildern, die zeigen, dass hier die Kinder im Mittelpunkt stehen. Sollte in keinem Haushalt mit Kindern fehlen. Ich bin mir sicher, dass meinen Enkeln das Backen mit diesen Anregungen großen Spaß machen wird.

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Veröffentlicht am 29.06.2020

Spannend, interessant und eine Prise Humor – einfach klasse

Weißbier-Requiem
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Das Auto bepackt und endlich abfahrbereit. Los geht’s für Alfred Sanktjohanser, den „Sanktus“, seine Frau Kathi, die Kinder Martina und Schorschi und den alten Sanktjohanser in Richtung Hallertau, wo sie ...

Das Auto bepackt und endlich abfahrbereit. Los geht’s für Alfred Sanktjohanser, den „Sanktus“, seine Frau Kathi, die Kinder Martina und Schorschi und den alten Sanktjohanser in Richtung Hallertau, wo sie sich am Eröffnungswochenende im Bier-Wellness-Hotel „Holledauer Hof“ entspannen wollen. Aber wie der Teufel es will, findet der Sanktus am ersten Morgen eine Leiche im Pool. Doch die ist, als die Polizei da ist, plötzlich weg. So deppert, dass er schon fantasiert, kann er doch gar nicht sein. Oder etwas doch?
Zusammen mit seinem Freund Quirin „Graffiti“ Himsl startet er die Suche nach dem Mörder. Leicht ist es nicht, denn der Tote war nicht sehr beliebt. Viele Verdächtige unter den Ehrengästen – viele Motive, aber es dauert bis sich ein kleiner Lichtstreifen des Erkennens am Horizont zeigt.

„Weißbier-Requiem“ ist nach „Schlachtsaison“ der zweite Krimi um den Brauer und Hobbydetektiv Alfred Sanktjohanser, den alle nur unter dem Namen „Sanktus“ kennen. Der unverwechselbare Schreib- und Erzählstil und der Lachtränen fördernde Humor machen das Lesen auch bei diesem Buch zu einem Genuss. Trotzdem gleitet das Buch nicht ins Kitschige ab, sondern hat einen sehr traurigen Hintergrund.

Der Fall, bei dem der Sanktus diesmal die Kommissarin Sabine „Bine“ Schranner unterstützt ist sehr vielschichtig, sehr gut durchdacht und konstruiert und führt mich bis hinunter ins ehemalige Jugoslawien. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich durchblickt habe, was hier alles im Argen liegt und wo mich die Ermittlungsreise hinführen würde.

Ich lerne die verschiedensten Personen kennen, die sich mir im Laufe der Geschichte immer weiter entwickeln. Ich sehe sie mit ihren verschiedensten Charakteren und ihren Ecken und Kanten bald bildhaft vor Augen. Besonders angetan hat es mir der Wirt Bhupinder mit seinem indischen Akzent. Mein Kopfkino, dass sich ab der ersten Seite eingeschaltet hat, hat sich an einigen Stellen fast überschlagen. Einfach klasse.

Ein interessantes, sehr unterhaltsames und kurzweiliges Buch für alle, die München und das Bier lieben, die die Feinheiten der Braukunst kennenlernen und die einen spannenden Fall lösen wollen.

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Veröffentlicht am 27.06.2020

Wie alles zusammenhängt

Gestorben wird immer
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Nach dem Motto „Gestorben wird immer“ steht die 91-jährige Agnes Weisgut in Hamburg immer noch dem Steinmetzbetrieb Weisgut &Söhne vor, den sie vor einigen Jahrzehnten, direkt nach Kriegsende gegründet ...

Nach dem Motto „Gestorben wird immer“ steht die 91-jährige Agnes Weisgut in Hamburg immer noch dem Steinmetzbetrieb Weisgut &Söhne vor, den sie vor einigen Jahrzehnten, direkt nach Kriegsende gegründet hatte. Sie fühlt, dass nun auch ihr Ende immer näher kommt und so beauftragt sie ihre Enkelin Birte, alle Familienmitglieder zusammen zu bringen. Agnes findet, es ist Zeit für die Wahrheit. Aber es ist gar nicht so einfach alle in einen Raum zu bringen. Zwischen einzelnen Familienmitgliedern gärt es gewaltig.

In ihrem Roman erzählt Alexandra Fröhlich die Geschichte dreier Frauen: Agnes, Martha und Birte. Von Agnes Tharau, die es als junges Mädchen zusammen mit ihren Eltern von der Gluckstraße in Königsberg in die tiefste Provinz nach Groß Hubnicken verschlägt; die dort mit einem Mann verheiratet wird, den sie nicht liebt; die von Schwiegermutter und Mann geknechtet wird; 4 Kinder bekommt; wegen des Krieges und ihrer jüdischen Vergangenheit ihre Heimat in Ostpreußen verlassen muss und immer wieder ganz neu anfängt.
Von Martha, ihrer Tochter, die etwas „anders“ ist (warum, erfährt man noch), die ihren Mann und ihre beiden Kinder Birte und Peter sehr früh verlassen und ihre Heimat, die sie in vielen verschiedenen Ländern sucht, bisher nie gefunden hat.
Und von ihrer Enkelin Birte, die ihrer Mutter nie verziehen hat, dass sie sie als sie noch ein Kind war, verlassen hat; die in der Schule gemobbt wird und sich dank ihrer Großmutter zu einer starken jungen Frau entwickelt.
Alexandra Fröhlich hat einen so mitreißenden, bildhaften Erzählstil. Durch den dauernden Wechsel von Zeit und Ort und den Sprüngen zurück in die Vergangenheit baut sich eine Spannung auf, die es mir sehr schwer gemacht hat, Pausen einzulegen. Vor allem die Kapitelenden sind so gewählt, dass immer eine Frage offen bleibt, die ich unbedingt noch geklärt haben wollte.
Die Personen sind sehr bildlich und ausdrucksstark beschrieben und ziemlich bald habe ich ein Bild vor Augen, das sich im Laufe der Geschichte immer weiter stabilisiert. Gerade Agnes ist eine Frau mit so vielen verschiedenen Facetten, dass es, auch wenn sie manchmal etwas rüde und unsympathisch rüber kommt, Spaß macht, sie immer näher kennenzulernen.
Die Geschichte selbst geht unter die Haut. Gerade bei den Geschehnissen auf der Flucht habe ich schlucken müssen. Ich bewundere Agnes, die sich nie hat unterkriegen lassen und die, auch wenn sie irgendwo 5x vorstellig werden musste, eigentlich immer erreicht hat, was sie wollte.
Ein tolles Buch von einer Autorin, die ich bisher nicht kannte und die ich mir nun merken werde. Eine ergreifende, tiefgründige und tragische Familiengeschichte mit Geheimnissen, die hier aufgelöst werden. Absolut lesenswert!

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