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Veröffentlicht am 22.07.2020

Cadis Mut

Ein verzehrendes Geheimnis
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„...Ich kenne im ganzen Tal keine Menschenseele, die nicht traurig und beladen ist...“

Diese Worte sagt Bletsung, die einsam in einer Hütte im Wald lebt, zu der 10jährigen Cadi. Noch ahnt Cadi nicht, ...

„...Ich kenne im ganzen Tal keine Menschenseele, die nicht traurig und beladen ist...“

Diese Worte sagt Bletsung, die einsam in einer Hütte im Wald lebt, zu der 10jährigen Cadi. Noch ahnt Cadi nicht, dass kurze Zeit später die Ursache dafür klar wird, weil alle Geheimnisse offengelegt werden.
Die Geschichte spielt ca. 1850 in den Appalachen. Für Cadi kommt der Wendepunkt ihres Lebens mit dem Tode ihrer Großmutter. Entgegen aller Warnungen schaut sie bei der Beerdigung von Oma Forbis den Sühnemann in die Augen. Er hat die Aufgabe, der Toten die Sünden zu nehmen. Die Tradition haben die Einwohner aus ihrer Heimat Schottland mitgebracht.
Cadi macht sich auf die Suche nach dem Sühnemann. Sie ist niedergedrückt von einer Schuld, die ich als Leser erst später erfahre. Sie möchte davon befreit werden.
Die Autorin hat ein ein fesselndes und tiefgründiges Buch geschrieben. Es geht um Schuld un Vergebung, um Aberglaube und wahren Glauben, um Betrug und Machtgier. Und es geht um die Vergangenheit, um Geschehnisse bei der Ankunft der Schotten im Tal.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Er passt sich gekonnt dem Geschehen an. Sehr gut herausgearbeitet wird Cadis seelische Not. Der einzige, der sich in der Familie normal zu ihr verhält, ist ihr Bruder Iwan. Die Eltern ignorieren sie.

„...Es war Oma, die mir verborgene Pfade und verwunschenen Plätzchen zeigte […] Für sie stöberte ich in unseren hohen Bergen herum, sammelte liebe Erinnerungen. Und es half mir, von zu Hause wegzukommen, weg von Mamas Kummer und verschlossenen Herzen...“

In einer kritischen Situation gesellt sich an Cadis Seite ein kleines Mädchen, das sich Lilybet nennt. Es ist für andere unsichtbar und hilft Cadi, wichtige Entscheidungen zu treffen.
Brogan Kai ist der Herrscher im Tal. Was er sagt, hat zu geschehen. Cadis Suche nach dem Sühnemann ist Widerstand gegen Brogan. Einer aber hilft Cadi. Das ist Fagan, Brogans jüngster Sohn.
Dann aber erscheint ein Gottesmann im Tal. Er will die Menschen zu Jesus führen. Wieder ist es Brogan, der ihm das Predigen verbietet und alle warnt, zu ihm zu gehen. Cadi und Fagan haben den Mut sich zu widersetzen. Dabei kommen Cadi Worte ihrer Großmutter in den Sinn:

„...Adler fliegen höher, wenn ein Sturm kommt. Steife Winde machen die Bäume stark...“

Cadi und Fagan wissen nicht, wie weit Brogan zu gehen bereit ist. Und sie ahnen nicht, dass sie in ein Wespennest stechen, dass bisher geschickt verborgen war. Es gilt, ein Geflecht aus Lügen zu zerreißen.

„...Der Himmel hängt nicht voller Geigen, Cadi. Man muss nehmen, was das Leben einen gibt, und das Beste daraus machen...“

Im Gegensatz zu der inneren Qual in vielen Menschenherzen im Ort wird die Landschaft wunderbar beruhigend.

„...Ich fand die Quelle und trank aus meinen Händen. Um mich herum sangen die Vögel. Es war ein Ort des Friedens, und ich ruhte mich eine Weile aus...“

Cadi und Fagan tragen die Botschaft der Vergebung, die ihnen der Gottesmann vermittelt hat, weiter. Es ist der Anfang von etwas Neuem im Tal. Plötzlich finden auch andere den Mut, die Vergangenheit zu bekennen und dann hinter sich zu lassen.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt, welche Macht der Glaube hat und dass er alte Wunden heilen kann.

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Veröffentlicht am 19.07.2020

Schöne Lovestory

Der falsche Lord für die Lady
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„...Als er auf der Suche nach seinem alten Leben nach London zurückgekehrt war, war er sich bewusst gewesen, dass er sich den Manipulationen des Earls wieder würde fügen müssen. Er war bereit gewesen, ...

„...Als er auf der Suche nach seinem alten Leben nach London zurückgekehrt war, war er sich bewusst gewesen, dass er sich den Manipulationen des Earls wieder würde fügen müssen. Er war bereit gewesen, diesen Preis zu zahlen...“

Wir schreiben das Jahr 1765. Nach einer herben persönlichen Enttäuschung war Anthony, jüngerer Sohn von Earl Stourton, aus Paris zurückgekommen. Momentan amüsiert er sich in Boxclubs und lässt sich volllaufen. Doch sein Vater hat schon gekonnt die Strippen gezogen. Der Earl hat eine Braut für seinen verwitweten älteren Sohn Greg ins Auge gefasst und Anthony soll sich tunlichst derweilen um diese kümmern, bis bei Greg die Trauerzeit abgelaufen ist.
Lady Fiona wurde von ihrem Vater sehr frei erzogen. Er hat ihr Fähigkeiten vermittelt, die sonst nur den Männern zugute kommen. Doch nach dem plötzlichen Tod des Vaters verfrachtet sie der Earl, ihr einziger männlicher Verwandter, zusammen mit seiner Frau auf einen Landsitz. Die Countess will sie nicht nur zur perfekten Lady erziehen, sondern sie auch nach dem Bild ihrer verstorbenen Tochter formen.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Liebesroman geschrieben. Der leichte Schriftstil macht das Lesen zum Vergnügen.
Der Earl regiert seine Familie mit harter Hand. Lob scheint in seinem Wortschatz nicht vorzukommen. Menschen sind Schachfigur, die sich seinen Zügen zu fügen haben. Noch ahnt er nicht, dass es der Countess nicht gelungen ist, Fionas freien Willen zu brechen. Auch nach vier Jahren unter ihrer Fuchtel weiß die jetzt 21jährige Fiona, was sie will.
Das erste Zusammentreffen von Fiona und Anthony passiert, als keiner von beiden ahnt, wer der andere ist. Damit können die durch den Earl beidseitig vermittelten Vorurteile schon mal keine Rolle spielen. Das zarte Pflänzchen Interesse und Zuneigung ist gesät.
Natürlich gibt es dann in der Geschichte ein ständiges Auf und Ab. Anthony traut seinen Gefühlen nicht. Daran ist zum einen seinen Vergangenheit, zum anderen aber auch sein Handicap schuld. Er stottert. Im Gespräch mit seinem Vater geht das so weit, dass er kein Wort herausbringt. Sein Selbstbewusstsein wurde durch den Vater außerdem systematisch zerstört.
Dann wagt es Anthony endlich, dem Vater die Meinung zu sagen. Der schmeißt ihn aus dem Haus. Anthony resümiert:

„...Sein ganzes Leben hatte er sich gewünscht, auf irgendeine Art gut genug zu sein, in den Augen seines Vaters in irgendwas zu bestehen und es wert zu sein, dass er ihn Sohn nannte. […] Anthony wurde nach und nach bewusst, dass der Earl ihn schon immer hatte los werden wollen...“

Bei seinen Onkel in Paris hatte Anthony gelernt, sein Leben in eigene Hände zu nehmen. Er war sich nicht zu schade zum Arbeiten. Das sollte ihn jetzt neuen Mut geben.
Auch Fiona verstößt gegen die Konventionen der feinen Gesellschaft. Glücklicherweise hat sie noch eine Tante, die ihr hilfreich zur Seite steht.
Sehr deutlich werden die Motive des Earls für sein Tun und Handeln. Es geht ihm um Geld – und nur um Geld.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie gibt einen Einblick in die Verlogenheit und Scheinheiligkeit der feinen Gesellschaft.

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Veröffentlicht am 16.07.2020

Die Erweckungsbewegung in England

Stürme der Liebe
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„...Wenn du einen Ehemann finden willst, musst du so gut wie möglich aussehen...“

Diese Worte ihres Vaters hört die 17jährige Caroline, als sie sich zu ihrem ersten Ball in London begibt. Wir schreiben ...

„...Wenn du einen Ehemann finden willst, musst du so gut wie möglich aussehen...“

Diese Worte ihres Vaters hört die 17jährige Caroline, als sie sich zu ihrem ersten Ball in London begibt. Wir schreiben das Jahr 1731. Auf dem Ball lernt Caroline die Brüder George und Andrew Wakefield kennen. George als der Ältere führt das väterliche Gut, Andrew wird in Oxford studieren.
Auf dem Gut lebt auch Hope, die Tante der jungen Männer. Sie bittet Andrew, sich um die Verwandten in Wales zu kümmern. Dort trifft er Dorcas und Gareth Morgan. Ihr Leben ist schwierig, denn der Bergbau, in dem Gareth gearbeitet hat, ist im Niedergang. Andrew nimmt sie mit in seine Heimat und gibt ihnen eine Perspektive.
Der Autor hat erneut einen spannenden historischen Roman rund um die Familie Wakefield geschrieben.
Die Geschichte lässt sich flott lesen. Schon der Ball verspricht eine interessante Konstellation. Andrew ist der Attraktivere und der Intelligentere der beiden Brüder. Allerdings weist eine der Damen auf der Veranstaltung darauf hin, was in ihren Kreisen wirklich zählt:

„...Kein Mann, der dreißigtausend Pfund im Jahr wert ist, hat es nötig, intelligent auszusehen...“

In Oxford schließt sich Andrew den Club der Heiligen an. Ihr Leiter ist John Wesley. Er ist ein begnadeter Prediger, aber ein schlechter Menschenkenner. Vor allem Frauen können ihn geschickt täuschen. Das sollte später zu schwierigen Situationen für ihn führen.
Einen breiten Raum nimmt im Roman die Erweckungsbewegung ein. Von der etablierten Kirche wird sie anfangs mit Argusaugen betrachtet und sehr schnell abgelehnt.
Interessant fand ich den Einfluss der Böhmischen Brüder um Ludwig Graf von Zinzendorf auf die Entwicklung in England. Allerdings gab es gravierende Unterschiede. Selbst Wesley bewundert deren erstaunliche Gelassenheit selbst in lebensgefährlichen Situationen. Zu Andrew sagt einer von ihnen in Bezug auf Wesley:

„...Ja, er kennt die Bibel. Aber ich denke, es ist besser den Gott zu kennen, der die Bibel schrieb...“

Andrew entschließt sich nach einer bitteren persönlichen Enttäuschung, Wesley nach Amerika zu folgen. Doch was sie erwartet haben, finden sie dort nicht. Fehlentscheidungen Wesleys zwingen sie zur Rückkehr. Ihre Wege trennen sich.
Andrew entscheidet sich für den Dienst in der Kirche von England. Er muss durch ein tiefes Tal, bis er endlich seine Bestimmung in privater und beruflicher Hinsicht gefunden hat.

„...Es gibt zwei Arten von Stürmen. Einer ist der physische Sturm, der zum Tode führen kann, aber der andere ist der Sturm in der Seele eines Menschen, und der ist schlimmer als alles andere!...“

Noch eine zweite historische Persönlichkeit spielt in der Geschichte eine besondere Rolle. Dies ist George Whitefield, der das Feuer der Erweckung nach Amerika trägt.
Es wird deutlich, dass die Entstehung und Entwicklung der Methodistischen Kirche kein geradliniger Weg war. Einerseits gibt es Widersprüche zwischen ihren Vertretern, andererseits braucht selbst Wesley lange, bis er zum Kern seines Glaubens vorgestoßen ist.
Je größer die Bewegung, desto größer die Widerstände. Predigten wurden gestört und es gab persönliche Angriffe. Doch große Teile des einfachen Volkes fühlten sich das erste Mal wirklich ergriffen und angesprochen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 14.07.2020

Spannender Nachkriegskrimi

Der Schieber
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„...Der Zünder ist draußen. Jetzt ist die Bombe nur noch ein großes Stahlrohr mit in paar Chemikalien drin. Nicht direkt ungefährlich...“

Hamburg im Jahre 1947. Oberinspektor Frank Stave und die Mordkommission ...

„...Der Zünder ist draußen. Jetzt ist die Bombe nur noch ein großes Stahlrohr mit in paar Chemikalien drin. Nicht direkt ungefährlich...“

Hamburg im Jahre 1947. Oberinspektor Frank Stave und die Mordkommission stehen in einer Halle der einstigen Werft von Blohm & Voss. Dort liegt auf einer Bombe ein toter Junge. Zuerst gilt es, die Bombe zu entschärfen. Dazu ist Millimeterarbeit erforderlich. Das Vorgehen und die Gefahren werden detailliert beschrieben.
Der Autor hat einen spannenden historischen Krimi geschrieben.
Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Sehr anschaulich werden die Zerstörung in Hamburg wiedergegeben.
Die Ermittlungen erweisen sich als schwierig. Der Tote war sehr umtriebig. Er hatte seine Eltern verloren und lebte bei seiner Tante und deren Lebensgefährten. Meist aber war er unterwegs.
Bei seinen Ermittlungen stößt Frank Stave immer wieder auf Kindergruppen. Zum einen sind das die sogenannten Kohlenklauer, zum anderen die Wolfskinder. Letztere stammen aus dem Osten und haben sich auf abenteuerlichen Wegen bis Hamburg durchgeschlagen. Es gibt für all die Gruppen nur ein Ziel: dem Hunger und der Kälte zu entfliehen. Dazu wird gekonnt das eigene Revier abgesteckt. Welche Rolle aber spielte der Tote? Hat er sich hier Feinde gemacht?
Hinzu kommt, dass die Arbeiter von Blohm & Voss wütend auf die Engländer sind, weil sie der Zerlegung ihrer Werft zusehen müssen. Dabei gehen auch ihre Arbeitsplätze den Bach runter. Die englischen Besatzer wissen, dass sie vorsichtig agieren müssen. Trotzdem ist eine Zusammenarbeit von Frank Stave mit einem englischen Offiziellen möglich. Eine offene Frage ist, ob der Fundort des Toten eine Bedeutung hat. Wurde der Junge bewusst dort abgelegt?
Spannend fand ich die Gespräche zwischen dem Kommissar und dem Engländer. Sie zeigen, wie brisant die politische Lage war.

„...“Stalin ist ihr Verbündeter“, erinnert ihn Stave mit sanfter Bosheit. „War, solange Hitler noch sein Unwesen trieb. Nun sind wir nicht mehr glücklich mit Uncle Joe in Moskau. […] Und die Deutschen, die wir gestern noch mit Bomben zugeschüttet haben, würden wir nun lieber auf unserer Seite stehen haben, als auf der Moskaus.“...“

Frank Stave besucht ein Kinderheim, um mit den Insassen zu sprechen, weil viele von ihnen erst auf der Straße gelebt haben. Auch im Krankenhaus stellt er Ermittlungen an. Dort bekommt er sarkastisch gesagt:

„...Ich bin Tbc – Spezialist. Seit zwei Jahren haben sich meine Studienbedingen dramatisch verbessert. Meine Behandlungsmöglichkeiten sind allerdings ebenso dramatisch zurückgegangen...“

Am Ende zeigt sich, dass das Motiv für den Mord viel profaner war. Nicht Hunger oder Neid, nein, die Gier nach Wohlstand und Neuanfang waren die Grundlage dafür.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Dabei ist der Kriminalfall nur eine Seite. Mehr beeindruckt war ich von der realistischen und vielseitigen Beschreibung der Zustände im Jahre 1947.

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Veröffentlicht am 13.07.2020

Bedrückend, aber realistisch

Mit der Faust in die Welt schlagen
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„...Großvater erzählte über das Werk und seine Fahrten mit der Bahn durch den angrenzenden Wald. In der Kantine gab es Bier, wenn man danach fragte. Er berichtete über Männer, die über Generationen dort ...

„...Großvater erzählte über das Werk und seine Fahrten mit der Bahn durch den angrenzenden Wald. In der Kantine gab es Bier, wenn man danach fragte. Er berichtete über Männer, die über Generationen dort arbeiteten. Söhne. Väter. Großväter...“

Die Welt des Großvaters ist eine vergangene Welt in Neschwitz, einem kleinen Ort im Osten Sachsens. Elf Jahre nach der Wende baut Familie Zschornack ein Haus. Die Mutter ist Krankenschwester, der Vater Elektriker nach einer Umschulung. Philipp, der ältere Sohn, empfindet das als Aufstieg. Nun kann er auf manchen seiner Freunde herabsehen. Doch die Euphorie verschwindet schnell.
Der Autor hat einen sehr authentischen Gegenwartsroman geschrieben.
Fünfzehn Jahre darf ich die Entwicklung der Familie und insbesondere der Söhne Philipp und Tobias begleiten. Dabei tauche ich ein in eine Welt der Trostlosigkeit.
Durch den knappen, fast abgehackten Schriftstil wird dieser Zustand besonders betont.

„...Uwe öffnete die Haustür und drehte sich noch einmal um. Die Schuhe in der Hand. Das Licht über dem Eingang. Der Carport blieb dunkel…“

Auch Uwes Schicksal, der von Gelegenheitsarbeiten lebt, wird erzählt. Die Frau ging gen Westen, weil sie dort besser verdiente. Er verlor den Job, fand Trost im Alkohol, hatte keine Kraft, sich aus der Lethargie zu befreien. Gerüchte gehen um, er sie bei der Stasi gewesen.
Zerbrochene Familien, ehemalige Fabriken, die zu Ruinen verkommen sind und als Abenteuerspielplätze dienen, Hoffnungslosigkeit und Frust sind Punkte, die immer wieder eine Rolle spielen. Von Urlaub ist keine Rede. Alles geschieht in ihrer kleinen Welt. Und dazu kommt der Neid auf die Sorben. Warum und wieso bleibt im Dunkeln.
Nach und nach schlägt Frust bei dem einen in Gewalt und Ausländerfeindlichkeit um, bei dem anderen in Resignation. Das Gefühl des Ausgegrenztseins wird mit zunehmenden Alter deutlicher. Und eines deutet sich in wenigen kurzen Sätzen an. Es sind die jungen Männer, die in Perspektivlosigkeit versinken.

„...Mich nervt die ganze Scheiße hier. Immer das Gleiche und alles geht vor die Hunde. Immer schon, als wäre das nie anders gewesen...“

Mädchen gehen aufs Gymnasium und ziehen weg. Mit den aussterbenden Dörfern bricht die Infrastruktur zusammen.

„...Die Schulen, die sie schlossen, die Sparkassen und die Arztpraxen. Die Kreise, die sie zusammenlegten, die Gemeinde und Städte. Die Wege wurden länger, die Entfernungen größer...“

Familien zerbrechen. Es ist kein Miteinander, nur ein Nebeneinander. Von der Politik fühlt man sich in Stich gelassen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es beschreibt fast sachlich und emotionslos eine Entwicklung, die zur Zeit der Flüchtlingskrise eskalierte. Im Buch ist nicht eine Spur von Aufbruch zu spüren, im Gegenteil. Es liest sich wie eine Abwärtsspirale.

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