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Veröffentlicht am 09.08.2020

Der letzte Schliff fehlt

Die letzte Astronautin
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Ich liebe Sci-Fi zum Thema Astronomie, außerirdisches Leben und Raumfahrt - perfekte Voraussetzungen also für "Die letzte Astronautin". Das Buch konnte mich trotz spannender Story und tollen Figuren leider ...

Ich liebe Sci-Fi zum Thema Astronomie, außerirdisches Leben und Raumfahrt - perfekte Voraussetzungen also für "Die letzte Astronautin". Das Buch konnte mich trotz spannender Story und tollen Figuren leider nicht durchweg begeistern, ich erkläre gern wieso:

Die Ausgangssituation war ganz nach meinem Geschmack und mit einem besonderen Kniff, den ich hier nicht verraten möchte, da er im Klappentext nicht erwähnt ist. Wichtig zu wissen ist nur, dass die Ausgangssituation auf jeden Fall genug Potenzial für ein spannendes Wettrennen mit interessanten Figuren hat.

Bleiben wir doch direkt bei den Figuren: Da der Autor hier immer wieder zwischen den Perspektiven wechselt, bekommen wir als Leser einen guten Einblick in fast alle Charaktere und hier hat David Wellington als Autor wirklich ganze Arbeit geleistet: Ich fand jede Figur sehr gut durchdacht und interessant gezeichnet und meine Sympathien schwankten immer mal wieder von einer zur anderen Figur, was ich auch immer sehr mag beim Lesen.

Der Verlauf der Geschichte war es dann, der mich doch etwas enttäuscht hat. Zwar gibt es sehr viele sehr spannende Passagen, doch die Längen zwischendrin sind dann direkt so lang, dass ich manchmal kurz davor war das Buch vorzeitig zu beenden. Außerdem erinnerten mich einige Beschreibungen und Thematiken zwischendrin doch sehr an Jeff VanderMeers "Southern Reach"-Reihe - wer diese Reihe also bereits gelesen hat, ist von "Die letzte Astronautin" mitunter vielleicht ähnlich enttäuscht wie ich.

Fazit: Ein tolles Buch für zwischendurch mit interessanten Charakteren, tollen Ideen, aber leider ein paar sehr langen Längen.

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Veröffentlicht am 27.07.2020

Sanfte Dramatik und subtile Spannung

Wenn du mich heute wieder fragen würdest
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"Wenn du mich heute wieder fragen würdest" ist eine Geschichte voll sanfter Dramatik und subtiler Spannung - eine Geschichte voller Gegensätze. Denn die Autorin Mary Beth Keane versteht es, unaufgeregt ...

"Wenn du mich heute wieder fragen würdest" ist eine Geschichte voll sanfter Dramatik und subtiler Spannung - eine Geschichte voller Gegensätze. Denn die Autorin Mary Beth Keane versteht es, unaufgeregt und trotzdem eindringlich über dramatische und tragische Ereignisse zu schreiben und ohne Pauken und Trompeten für eine leise Spannung zu sorgen, die einen Seite um Seite umblättern lässt. In ihrem Stil erinnert mich Mary Beth Keane damit sehr an die Bücher von Celeste Ng, die von einer ähnlich sanften Dramatik und subtilen Spannung geprägt sind.

Ähnlich wie bei Celeste Ng wechseln auch in "Wenn du mich heute wieder fragen würdest" zwischen den Kapiteln die Sichtweisen, so dass man als Leser ein tiefes Verständnis für jede Figur bekommt und insbesondere die Grautöne zwischen "gut" und "böse" dabei sehr schön beleuchtet werden. So fällt es einem als Leser schwer, Charaktere allzu schnell zu verurteilen und in Schubladen zu stecken. Vielmehr ist man bei jedem neuen Ereignis gespannt, wie es wohl aus der Sicht der anderen Figuren gewirkt haben muss und was diese darüber denken.

"Wenn du mich heute wieder fragen würdest" erzählt für mich von großen Themen wie Vergebung und Familie, aber auch von kleineren Themen wie Nachbarschaftlichkeit und zwischenmenschliche Beziehungen. Es geht um generationenübergreifende Konflikte und verschiedene Arten von "Familienerben", die weitergetragen werden und für jede neue Generation eine andere Bedeutung haben. Wer Spaß an solchen Geschichten hat, wird mit "Wenn du mich heute wieder fragen würdest" ein kurzweiliges Lesevergnügen haben.

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Veröffentlicht am 28.05.2020

Tolles Zusammenspiel an Informationen

Ich hör´ auf mein Bauchgefühl
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Als jemand, der selbst schon jahrelang mit diversen Problemen in der Bauchregion zu kämpfen hat und sich auch schon umfassend mit dieser Thematik befasst hat, dachte ich, dass ich in diesem Büchlein nicht ...

Als jemand, der selbst schon jahrelang mit diversen Problemen in der Bauchregion zu kämpfen hat und sich auch schon umfassend mit dieser Thematik befasst hat, dachte ich, dass ich in diesem Büchlein nicht mehr viel Neues erfahren werde, doch die Autorin hat hier nochmal einen - für mich - neuen Ansatz gefunden, die Traditionelle Chinesische Medizin mit Bewegung zu verbinden und einige sehr schöne und durch die Bilder auch anschauliche Übungen bereitzustellen, mit denen man seine Probleme lindern kann.

Besonders interessant finde ich hierbei auch, dass die Schulmedizin nicht per se schlecht gemacht wird, sondern ein Zusammenspiel aus Schulmedizin und alternativer Medizin dargestellt wird, das mit den praktischen Übungen ergänzt wird. Viele der Tipps sind direkt und ohne größere Mühe oder zusätzliches Equipment umsetzbar, was besonders schön ist für all diejenigen, die einen großen Leidensdruck haben. Der Schreibstil der Autorin ist dabei sehr gut verständlich und macht Mut und Hoffnung.

Mir hat das Buch sehr viel Freude bereitet, ich bin definitiv um ein paar hilfreiche Informationen reicher geworden und ich werde den ein oder anderen Tipp daraus mit Sicherheit mitnehmen.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Entscheidest du noch selbst?

Das Ting
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Wie sähe unsere Gesellschaft aus, wenn ein Tool wie das "Ting", das körperbezogene Daten sammelt, auswertet und auf dieser Basis Handlungs- und Entscheidungsempfehlungen gibt, unseren Alltag bestimmt? ...

Wie sähe unsere Gesellschaft aus, wenn ein Tool wie das "Ting", das körperbezogene Daten sammelt, auswertet und auf dieser Basis Handlungs- und Entscheidungsempfehlungen gibt, unseren Alltag bestimmt? Diese Frage habe ich mir gestellt, als ich den Klappentext zu "Das Ting" las und ich nehme es gleich vorweg: Diese Frage wird im Buch nicht beantwortet.

Warum nicht? Weil es darum gar nicht geht. "Das Ting" ist keine Dystopie, genauso wenig ist es ein Action-Roman, am ehesten ist es wohl eine Gesellschaftskritik, wobei diese Kritik auf die heutige Gesellschaft und den vorherrschenden Selbstoptimierungsdrang bezogen ist. Startet man mit diesem Hintergrundwissen in den Roman, so erwarten einen toll ausgearbeitete, mitreißende Charaktere, die auf sanfte Art die Handlung vorantreiben.

Ganz deutlich merkt man diesem Roman an, wie viel Arbeit nicht nur hinter der Ausarbeitung des teils Gänsehaut-verursachenden Tools des "Ting", sondern auch hinter den insgesamt 4 Protagonisten steckt, die wie aus dem realen Leben gegriffen scheinen. Durch ihre unperfekte und polarisierende Art und das brisante Thema wird man als Leser schnell vom Roman in den Bann gezogen und entwickelt beim Lesen starke Gefühle, die von Sympathie bis hin zu innerem Widerstand und Rage reichen.

"Das Ting" ist definitiv ein Buch, über das man gut diskutieren und nach dem Lesen auch noch länger nachdenkt - über Themen wie Perfektion, Selbstoptimierung, Selbst- und Fremdbestimmung, die Zukunft der Menschheit mit Technologie usw. Doch für mich endete das Buch mit keiner wirklich neuen Erkenntnis, keinem "Aha"-Moment, was ich von einem Roman wie diesem jedoch erwartet hätte. Vielleicht ist hieran jedoch nicht das Buch schuld, sondern vielmehr mein vorhandenes Hintergrundwissen zu diesem Thema, weshalb ich "Das Ting" dennoch uneingeschränkt weiterempfehlen möchte.

Veröffentlicht am 13.08.2019

Eine Dystopie abseits des Mainstreams

Die Geschichte der schweigenden Frauen
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Zugegeben: Ginge es nur nach dem Cover, hätte ich wohl nie zu diesem Buch gegriffen. Es strahlt für meinen Geschmack etwas Altbackenes aus, obwohl ich es gleichzeitig auch toll finde, dass hier mal ein ...

Zugegeben: Ginge es nur nach dem Cover, hätte ich wohl nie zu diesem Buch gegriffen. Es strahlt für meinen Geschmack etwas Altbackenes aus, obwohl ich es gleichzeitig auch toll finde, dass hier mal ein anderer Ansatz gewählt wurde. Dennoch bin ich der Meinung, dass es eventuell etwas an der Zielgruppe vorbeigeht.

Warum ich das Buch trotzdem gelesen habe? Nun, zunächst einmal hat mich der Klappentext neugierig gemacht und als ich dann die ersten Seiten las, war ich direkt so in der Geschichte von Sabine drin, dass ich weiterlesen musste. Tatsächlich war "Die Geschichte der schweigenden Frauen" für mich eine überraschende und überraschend andere Dystopie, die sich von den ganzen massentauglichen Geschichten, die seit "Die Tribute von Panem" auf den Markt geschwemmt wurden, abhebt. Es ist wie die erwachsene, realistischere und weniger romantisierte Version von all den anderen Dystopien.

Das Setting und die Rahmenbedinungen, in dem die Geschichte spielt, haben mir sehr gut gefallen und waren - bis auf einen Punkt - für mich nachvollziehbar. Was ich leider nicht ganz verstanden habe, ist, warum eine Gruppe Frauen, die sich in einer Welt, in der Frauen einerseits wie das höchste Gut, andererseits aber auch wie möglichst gebärfreudige Spielzeug der Männer behandelt werden, in ihrer "Rebellion" dazu entschließt, sich trotzdem den Männern ja fast schon unterwürfig zu machen, obwohl es sicher auch andere Wege gegeben hätte, um an Geld und Nahrung heranzukommen. Hier fehlte mir etwas die logische Erklärung dafür.

Vom Schreibstil und Spannungsgrad hingegen war ich sehr begeistert, die Autorin weiß, wie sie ihre Leser in den Bann ziehen kann. Die unterschiedlichen Perspektiven, die eingenommen werden, waren für mich alle sehr schlüssig und jeder Charakter hatte seine eigene Stimme. Bei den Figuren fand ich es sehr schön, dass keiner hier pauschal "gut" oder "böse" war, sondern diese Grauzonen entstanden, die die Figuren noch einmal interessanter machten.

Insgesamt ist "Die Geschichte der schweigenden Frauen" ein sehr empfehlenswertes Buch und eine Erleichterung für jeden, der mal wieder Lust auf eine Dystopie hat, die aber abseits des Mainstreams und der 0-8-15-Plots liegt.