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Veröffentlicht am 13.08.2020

Bleibt trotz interessantem Ansatz hinter den Erwartungen zurück

City of Girls
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Das Buch “City of Girls" von Elizabeth Gilbert ist am 27.05.2020 im S. FISCHER Verlag erschienen. Auf 496 Seiten erzählt es von dem glamourösen und turbulenten Leben von Vivian Morris im New York City ...

Das Buch “City of Girls" von Elizabeth Gilbert ist am 27.05.2020 im S. FISCHER Verlag erschienen. Auf 496 Seiten erzählt es von dem glamourösen und turbulenten Leben von Vivian Morris im New York City der 40-er Jahre. Die 19-jährige wurde von ihren Eltern dorthin geschickt, nachdem sie kurzerhand aus dem College geworfen wurde – sie lebt nun bei ihrer Tante Peg im Lilys Playhouse und wird sofort Teil des Glamours und der Eskapaden rund um das Theater, die Revuegirls, der unzähligen Bars und natürlich der Männer.
Die Idee des Buches hat mich sofort gefesselt – Die Geschichte wird von Vivian in Form eines Briefes an Angela rund um die Geschichte, welche Beziehung sie eigentlich zu ihrem Vater gehabt hätte, erzählt. Zunächst wissen wir noch nichs über die Hintergründe, wir kennen auch Angela nicht und ich persönlich habe mich sehr lange gefragt, wo das überhaupt hinführen soll. Trotzdem hat mich auch der (anfängliche) Schreibstil sofort gefesselt. Das Buch beginnt recht temporeich und bringt die Unbedarftheit und Naivität von Vivian sehr gut zur Geltung. Besonders mochte ich die ironische Selbstdarstellung, die mich öfter hat schmunzeln lassen. Im weiteren Verlauf des Buches geht diese leider verloren und auch der Schreibstil verliert an Charakter. Streckenweise habe ich dann eher schnell als konzentriert gelesen.
Die Länge des Abschnitts im Leben der 19-Jährigen und der vielen sexuellen Abenteuer und Eskapaden und der Beeinflussung durch das fast schon perfekte Revuegirl Celia war für mich allerdings etwas zu ausufernd und langatmig und steht in keinem Verhältnis zu den restlichen Bereichen ihres Lebens. Erst das letzte Drittel des Buches hat mich wieder sehr angesprochen. Es wurde etwas tiefgründiger und die Autorin hat sehr geschickt die Einflüsse des Krieges, aber auch die Bedeutung richtiger Freundschaft einfließen lassen. Auch Vivian wirkte nun etwas geerdeter, aber das erscheint fast schon selbstverständlich da etliche Jahre in vergleichsweise wenigen Seiten behandelt wurden. Insgesamt fand ich die charakterliche Entwicklung von Vivian eher schwach, nur im letzten Drittel wird hier ein bisschen was erkennbar. Hier habe ich persönlich etwas mehr erwartet, zumal wir ja fast die komplette Lebensgeschichte von Vivian vor uns haben.
Reflektierend fand ich den Schreibstil manchmal etwas unpassend und nicht authentisch in Hinblick darauf, dass der Brief ja eigentlich von einer 90-Jährigen Frau geschrieben wurde – und das umfasst nicht nur die vielen Sexorgien. Während des Lesens ist mir das aber nicht so direkt ins Auge gefallen. Erst hinterher, als man tatsächlich über die genauen Umstände bescheid wusste, fiel mir das sehr störend auf.
Der Anfang des Buches hat wirklich viel versprochen, auch das Ende hatte etwas, aber den überschwänglichen Lobeshymnen, die dieses Buch erhalten hat, wird es leider absolut nicht gerecht, aber zumindest bedient es sämtliche Klischees. So lässt es mich leider etwas enttäuscht zurück. Wer einfach nur etwas Unterhaltung zwischendurch sucht, für den mag dieses Buch aber durchaus geeignet sein. Empfehlen möchte ich es aber nicht.

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Veröffentlicht am 23.07.2020

Erschreckend, aufwühlend, brutal und doch faszinierend

Das wirkliche Leben
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Der Roman “Das wirkliche Leben" von Adeline Dieudonné ist im dtv Verlag auf 240 Seiten erschienen. Die Geschichte beginnt in einer tristen Reihenhaussiedlung am Waldrand und erzählt von einem zehnjährigen ...

Der Roman “Das wirkliche Leben" von Adeline Dieudonné ist im dtv Verlag auf 240 Seiten erschienen. Die Geschichte beginnt in einer tristen Reihenhaussiedlung am Waldrand und erzählt von einem zehnjährigen Mädchen und seiner Familie. Alles erscheint auf den ersten Blick normal – bis auf die Eigenschaften des Vaters, der mit seinen Aggressionen und seiner Leidenschaft zur Jagd und zum Whisky, aus dem Rahmen fällt. Eines Tages passiert ein tragischer Unfall, der das Mädchen und ihren vier Jahre jüngeren Bruder traumatisiert und das Lachen in dem Reihenhaus erstummen lässt.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr eindrücklich und einfach gehalten, teilweise auch sehr bildhaft. Manche Szenen sind mir allerdings schon fast zu bildhaft und brutal. Ich lese gern und viele Thriller und habe auch kein Problem mit Blut und Brutalität, aber das Ausmaß an Tierquälerei war mir einfach zu viel. Ich habe öfter überlegt das Buch beiseite zu legen, aber die Spannung, die die Autorin erzeugt, hat mich durchhalten lassen.
Gerade bei den Szenen der Tierquälerei hat mich die Emotionslosigkeit der Protagonistin etwas verwundert. Rückblickend wirkt das aber auch konsistent mit der Realität, die sie sich schafft und ist erklärbar, durch die verstörende Tragödie. Sie und ihr Bruder waren immerhin Kinder und ohne Rückhalt in der Familie, sind solche Szenen mit Sicherheit nur sehr schwer zu verarbeiten. Ihr Bruder hat sich dem Dunklen und damit seinem Vater zugewandt wohingegen sie sich ganz der Veränderung der Ereignisse widmet.
Die Geschichte selbst hat mich fasziniert und gefesselt und insbesondere das Ende hat mich überrascht und passt sehr gut in die Erzählung. Manche Entwicklungen in der Story haben mir allerdings etwas zu offensichtlich Klischees bedient. Zusammenfassend kann ich das Buch empfehlen, würde aber eine Trigger-Warnung empfehlen. So hat es mich persönlich an einem Sonntag ziemlich aufgewühlt und entsetzt zurückgelassen.

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Von Markenklamotten zu Markenmenschen

Unter Markenmenschen
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Das Buch “Unter Markenmenschen” der Autorin Birgit Rabisch erschien bereits 2002 und wurde 2020 im Verlag duotincta neu aufgelegt. Auf 150 Seiten konfrontiert uns die Autorin mit der Realität von Markenmenschen ...

Das Buch “Unter Markenmenschen” der Autorin Birgit Rabisch erschien bereits 2002 und wurde 2020 im Verlag duotincta neu aufgelegt. Auf 150 Seiten konfrontiert uns die Autorin mit der Realität von Markenmenschen – im Gen-Design-Labor kreirte Menschen und Klone stehen auf der einen Seite der zwei Klassengesellschaft, auf der anderen die wildwüchsigen “No names”. Aus Sicht der nicht gentechnisch optimierten Simone erfahren wir in Tagebucheinträgen ihre persönlichen Erlebnisse und Konflikte mit dieser modernen Weld und dem Erwachsenwerden.
Das Buch und insbesondere das Thema haben bei mir bereits vor dem Lesen sehr hohe Erwartungen geweckt. Die Hauptprotagonistin Simone wächst als nicht gen-manipulierte in einer Gesellschaft unter Markenmenschen auf. Beispielsweise auch ihr Bruder Benjamin, der sie aufzieht, ist genmanipuliert. Die Autorin findet durch Tagebucheinträge, mit denen Simone ihre Erfahrungen und Erlebnisse wiedergibt, ein sehr gutes Instrument, uns teilhaben zu lassen. Besonders gelungen finde ich, dass Benjamin gleichzeitig Doktorvater einer Promotion über die Diskriminierung behinderter Menschen in der alten Welt ist. Hier werden wir Zeuge unterschiedlicher Gedanken zur Ethik der modernen Klassengesellschaft.
Der inhaltliche Rahmen beschäftigt sich dann allerdings sehr schnell mit Themen der sexuellen Selbstfindung. Leider hat das dann nur noch am Rande etwas mit der Thematik der Markenmenschen zu tun und das Thema der Markenmenschen wirkt für mich manchmal fast schon austauschbar. Auch in unserer heutigen Gesellschaft kann ich mir die Erzählung in der Form vorstellen, nur halt in einem etwas anderen Setting. Auch die Auflösung fand ich leider etwas zu vorhersehbar.
Das Buch liest sich wirklich gut und hat viel Spaß gemacht. Insbesondere den Schreibstil der Autorin finde ich sehr gut, allerdings wurden meine Erwartungen in Bezug auf Genmanipulation nicht erfüllt. Hier wirkt das Buch für mich so, als ob zwei Erzählstränge präsentiert werden, auf der einen Seite das Setting der Markenmenschen und auf der anderen, die sexuelle Selbstfindung und die Liebe zweier Menschen aus unterschiedlichen Klassen. Leider tritt die für mich eigentliche Thematik der Genmanipulation schnell in den Hintergrund. Auch die Gesellschaftskritik konzentriert sich zu sehr auf Offensichtliches wie die Reduktion auf die Ästhetik und damit das perfekte Design im Sinne der Optik. Hier sehe ich noch so viel mehr Potential, dass aktuell nicht ausgeschöpft ist.
Ein tolles Buch, dass man definitiv gelesen haben sollte. Es hat auch bei uns zuhause zu vielen Diskussionen geführt. Die Gesellschaftskritik ist bereits jetzt eins-zu-eins anwendbar und braucht nicht erst eine Gesellschaft, die von Markenmenschen angeführt wird.

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Fantastische Ideen und Schreibstil aber zu wenig Fantasy und zu viel Romance

Muse of Nightmares - Das Geheimnis des Träumers
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Mit “Muse of Nightmares – Das Geheimnis des Träumers” ist bereits der dritte Band der Reihe “Strange the Dreamer" von Laini Taylor erschienen. Das Buch umfasst 352 Seiten und ist im Jahr 2020 beim Verlag ...

Mit “Muse of Nightmares – Das Geheimnis des Träumers” ist bereits der dritte Band der Reihe “Strange the Dreamer" von Laini Taylor erschienen. Das Buch umfasst 352 Seiten und ist im Jahr 2020 beim Verlag ONE erschienen. Die Autorin knüpft mit diesem Teil nahtlos an die vorhergehenden Bände an. Sarai findet sich in einem real gewordenen Albtraum wider, in dem ihre Liebe, ihr Leben und das aller Bewohner von Weep auf dem Spiel stehen.
Der Prolog des Buches hat mich wirklich sofort gefesselt. Die Autorin schafft es auf wunderbare Weise fantastische Welten vor dem inneren Auge des Lesers zu kreieren. Der Schreibstil, kommt fast schon poetisch daher und passt wunderbar ins Setting. Ihr Ideenreichtum und auch die Abwechslung gefallen mir wirklich ausgezeichnet. Auch die Charaktere sind sehr gut beschrieben und weisen charakterliche Tiefe auf. Inwieweit sich die Charaktere allerdings durch und mit der Handlung entwickeln, lässt sich für mich nur schlecht beurteilen, da dies für mich der erste Band der Autorin war. Hierzu gleich auch ein Wort der Warnung: Man sollte dieses Buch wirklich nicht ohne Vorkenntnis der ersten zwei Bände lesen. Der Prolog lässt zwar erwarten, das ein einfacher Einstieg möglich ist, aber sobald sich die Erzählungen in die Zitadelle verschieben, ist es ohne Vorwissen schwer zu folgen. Ab ca. der Hälfte des Buches wird es dann aber auch wieder einfacher.
Der Prolog (und der Erzählstrang, der daran anknüpft) war für mich wirklich ein Highlight des Buches. Der Spannungsbogen war toll und die Ereignisse konnten mich immer wieder überraschen. Von der Haupthandlung im Buch haben mich allerdings die ganzen Liebesszenen abgelenkt. Das war mir einfach zu rosarot. Es ist sehr wenig passiert und es wurde sehr viel gekuschelt. Aber das ist meine persönliche Meinung. Damit hatte ich nur leider nach diesem absolut genialen Einstieg nicht gerechnet.
Außerdem stört mich an diesem Band, dass eigentlich kaum etwas passiert. Am Ende des Buches wird erkennbar, in welche Richtung es nun weitergehen könnte und dass vermutlich noch tolle Wendungen und Ereignisse anstehen, aber leider nicht in diesem Band. Dies ist vermutlich der Übersetzung ins Deutsche und damit auch der Teilung des Buches in zwei Teile geschuldet.
Mich konnte das Buch so leider nicht überzeugen, nun auch die restlichen Teile der Reihe noch zu lesen. Mir war einfach der Liebes-Anteil zu groß und abgesehen davon, ist durch die Teilung des Buches einfach zu wenig passiert. Ohne diese Liebesszenen wäre das Buch und vor allem der Schreibstil der Autorin absolut meins. Das Buch ist vermutlich ein Must-Read für alle Leser der Strange the Dreamer-Reihe und auch Fans der Gattung Romantasy.

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Veröffentlicht am 19.05.2020

Starke Symbolik auch über den Inhalt des Buches hinaus

Das Tor
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Die Autorin Basma Abdel Aziz lässt mich nach der Lektüre von “Das Tor” in einem etwas hilflosen Zustand zurück. Und doch passt dieser Zustand auf erschreckende Art und Weise wunderbar zur Thematik des ...

Die Autorin Basma Abdel Aziz lässt mich nach der Lektüre von “Das Tor” in einem etwas hilflosen Zustand zurück. Und doch passt dieser Zustand auf erschreckende Art und Weise wunderbar zur Thematik des Buches: Die Autorin entwirft eine dystopische Geschichte rund um das Tor, zu dem die Bürger des nicht näher benannten Landes wegen jeder Kleinigkeit müssen, um sich eine Genehmigung des Staates zu holen – und zwar für fast alle Aspekte des Lebens, begonnen bei der Erlaubnis Brot zu kaufen bis hin zur Erlaubnis lebensrettender Operationen. Das Problem: Das Tor hat sich seit Niederschlagung der Revolution nicht mehr geöffnet und die Schlange vor dem Tor wird von Tag zu Tag länger.

Die Autorin kreirt eine sehr starke Symbolik, um die Zustände des totalitären Staates zu versinnbildlichen. Diese Symbolik scheint aber weit über die im Buch beschriebenen Aspekte hinauszugehen und auch das nicht-gesagte zu umfassen: Ein Aspekt ist das Nicht-Wissen der Protagonisten, das tägliche Hoffen und Bangen auf die Öffnung des Tores, das Nicht-Wissen um die Wahrheit hinter unterschiedlichen Anschlägen und der Funktion des Systems aber auch das Nicht-Wissen des Lesers. Als Leser erfährt man in einem recht nüchternen, berichtenden Stil über die Ereignisse vor dem Tor oder rund um einige der Protagonisten, aber keine weiteren Hintergründe.

Auch ein anderer Aspekt fiel mir bezüglich der starken Symbolik des Buches auf: Das Warten an sich (vermutlich heißt das Buch daher auch im Englischen “The Queue” – die Warteschlange); sowohl das Warten in der Warteschlange für die Protagonisten im Buch, als auch das Warten auf Beantwortung der vielen Fragen, die sich während des Lesens ergeben. Für den Leser werden diese Fragen aber auch bei Beendigung des Buches nicht zufriedenstellend beantwortet und sorgen somit bei mir für einen zusätzlichen Nachhall des Buches und einen enormen Interpretationsspielraum. Ich kenne bisher kaum ein Buch, dass auf diese Art mit der Symbolik spielt – wirklich sehr beeindruckend!

Bei diesem Buch handelt es sich aber keines Falls um leichte Lektüre. Thematisch handelt es sich um einen sehr anspruchsvollen Roman, der eine allumfassende trostlose, bedrückende und sehr einnehmende Stimmung verbreitet und sehr zum Nachdenken anregt. Aber auch der nüchterne Schreibstil der Autorin gestaltet die Lektüre nicht immer leicht. Manche Passagen empfand ich als sehr schwer zu lesen und auch sehr schwer zu verstehen oder thematisch einzuordnen, was aber auch an der Übersetzung aus dem arabischen liegen kann. Zudem bin ich über ein paar logische Ungereimtheiten gestolpert, die meinen Lesefluss doch etwas gestört haben.

Trotz einiger Schwächen in der Umsetzung kann ich das Buch aufgrund der großartigen Symbolik empfehlen. Die vollständige Wirkung hat sich bei mir allerdings erst nach Beendigung des Buches eingestellt ;) Also: unbedingt durchhalten!

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