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Veröffentlicht am 29.08.2020

Wenn die Vergangenheit noch immer präsent ist...

Das Bild der Vergangenheit
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20 Jahre ist es her, seit Lanas Freundin Klara-Isabell bei einem gemeinsamen Ausflug auf mysteriöse Weise verschwand. Seither hat die 29-jährige Kunsttherapeutin Lana außer ihrer Familie niemanden mehr ...

20 Jahre ist es her, seit Lanas Freundin Klara-Isabell bei einem gemeinsamen Ausflug auf mysteriöse Weise verschwand. Seither hat die 29-jährige Kunsttherapeutin Lana außer ihrer Familie niemanden mehr näher an sich herangelassen, zu sehr liegt ihr der Verlust der Freundin noch auf der Seele. Als Lana eines Abends nach der Eröffnung ihrer eigenen Gemäldeausstellung von zwei vermummten Fremden angegriffen wird und verschleppt werden soll, kann sie sich in letzter Minute durch Selbstverteidigung retten. Lana meldet den Angriff der Polizei, was sofort einige ihrer Brüder auf den Plan ruft, die fürs BKA arbeiten. Kaum ist Lana vor ihrem einsam gelegenen Strandhaus angekommen, steht ein Amerikaner vor ihr, der sich als Connor Landauer vorstellt und sie des Kunstdiebstahls und -schmuggels beschuldigt. Als erneut Angriffe nicht nur auf Lana, sondern auch auf Connors Stiefschwester Carly stattfinden, die in letzter Minute vereitelt werden können, bestehen Lanas Geschwister darauf, sie in Sicherheit zu bringen, wobei auch Connor seine Hilfe anbietet, der bereits sein Herz an Lana verloren hat. Sämtliche Kontakte Lanas werden durchleuchtet, doch was hat es mit Lanas angeblicher Kunstschmuggelei auf sich? Immer mehr führen die Spuren in die Vergangenheit…
Noa C. Walker hat mit „Das Bild der Vergangenheit“ einen neuen packenden Roman um die Wieland-Familie vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite nicht nur durch eine spannungsgeladene Geschichte, sondern auch mit gefühlvollen Passagen und dem tollen Familienzusammenhalt der Wielands zu fesseln weiß. Der flüssige, bildhafte und emotionale Erzählstil schleust den Leser mit wenigen Worten an die Seite von Lana, wo er ihr als unsichtbarer Schatten auf Schritt und Tritt folgt, wobei ihm nicht nur deren Gedankenwelt wie ein offenes Buch präsentiert wird, sondern ihn auch durch eine Achterbahn der Gefühle jagt. Der farbenfrohe Schreibstil der Autorin lässt vor dem inneren Auge des Lesers die Handlung wie einen Kinofilm ablaufen, schon mit dem ersten Kapitel wird der Puls auf Hochtouren gejagt, was auf sehr gut angelegten Spannungsbogen zurückzuführen ist. Wechselnde Perspektiven, die auch den Täter miteinbeziehen, puschen die Spannungskurve immer weiter nach oben. Der enge Zusammenhalt der Familie Wieland wird in diesem Roman erneut sehr deutlich, jeder steht für den anderen ein, niemand wird mit seinen Sorgen allein gelassen, wobei sie sich spielerisch und mit viel Humor gegenseitig liebevoll necken. Dem Leser selbst wäre so viel Einmischung bis in die privatesten Details fast schon zu viel, doch in Anbetracht der einzelnen Schicksalsschläge ist die Fürsorglichkeit gut nachvollziehbar. Kriminalistische Elemente sind hier mit einer sich anbahnenden Liebesgeschichte wunderbar miteinander verwoben.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Eigenschaften wirken sie lebendig und authentisch. Der Leser findet sich von Beginn an in der Mitte von alten Freunden wieder, hofft, bangt und fühlt mit ihnen. Lana ist eine selbstbewusste und schlagkräftige Frau, die niemanden außer ihrer Familie an sich herankommen lässt, zu sehr hat die Vergangenheit Spuren auf ihrer Seele hinterlassen und sie zusätzlich Schuldgefühle plagen. Connor ist ein selbstsicherer, offener Mann mit großem Beschützerinstinkt. Aber auch die Wielands sind nicht ohne, sei es T, Lars, Jonas, Thomas oder Timo. Zusätzlich spielen Peter und Klara-Isabells Familie nicht unerhebliche Rollen in der Geschichte.
Mit „Das Bild der Vergangenheit“ schreibt sich Walker einmal mehr ins Herz des Lesers, denn sie versteht es auf wunderbare Weise, abenteuerliche Spannung und emotionale Liebesgeschichte miteinander zu verbinden. Das gut konzipiertes Handlungskonstrukt sowie der Wechsel zwischen Dramatik, humorvollen, schlagfertigen Dialogen und gefühlvollen Momenten ist unwiderstehlich und lässt den Leser an den Seiten kleben. Absolute Leseempfehlung!!

Veröffentlicht am 29.08.2020

Agent Marigold

Hill House - Der Wind in den Lilien
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1917 Frankreich. Während der Krieg Europa fest im Griff hat und ihre Freundinnen Rose Mandeville und Alice Buxton mit ihren Familien in England weilen, versorgt Vera Lyttleton offiziell als Krankenschwester ...

1917 Frankreich. Während der Krieg Europa fest im Griff hat und ihre Freundinnen Rose Mandeville und Alice Buxton mit ihren Familien in England weilen, versorgt Vera Lyttleton offiziell als Krankenschwester Kriegsversehrte in einem Lazarett in Nordfrankreich. Doch insgeheim ist Vera auch für den englischen Geheimdienst aktiv und sammelt Informationen. Ihr Herz schlägt doppelt so schnell, wenn der schottische Arzt Frederick Redmond in der Nähe ist, der gleichzeitig ihr Vorgesetzter beim Geheimdienst ist und für den ihr Herz Sturm schlägt. Für einen gefährlichen Geheimdienstauftrag muss Vera nach Lille reisen, wo sie sich gegen die deutschen Besatzer behaupten muss. Als Vera erfährt, dass Redmond bei einem Angriff getötet wurde, fällt sie wegen des Verlusts ihrer großen Liebe in ein tiefes Loch. Sie hofft, sich in einer kenianischen Missionsstation mit medizinischen Tätigkeiten ablenken zu können. Ob Vera sich von dem Schlag erholen und wieder glücklich sein wird?
Das Autorenduo Annis Bell hat mit „Wind in den Lilien“ einen spannungsgeladenen und unterhaltsamen Abschlussband ihrer historischen Hill House-Trilogie vorgelegt, der den Leser wieder von Beginn an zu fesseln weiß. Mit flüssigem, packendem und bildhaftem Erzählstil wird der Leser schnell ins damalige Jahrhundert gebeamt, um sich an der Seite von Vera wiederzufinden, während das Kopfkino anspringt. Diesmal wurden Frankreich sowie Kenia als Handlungsorte gewählt und geben dem Leser mit den Schilderungen nicht nur einen guten Einblick in die jeweiligen Örtlichkeiten, sondern zeigen auch die Diskrepanz zwischen den Ländern auf, die sich nicht nur gesellschaftlich, sondern auch landschaftlich sehr voneinander unterscheiden. Tiefgründig lässt die Autorin den Leser an der Doppelbelastung Veras teilhaben, denn das Jonglieren zwischen Krankenpflege und Dienst am Vaterland als Agentin „Marigold“ gehen auch an Vera nicht spurlos vorüber, rufen dabei aufgrund ihres Mutes und ihrer Einsatzbereitschaft nicht nur jede Menge Respekt beim Leser hervor, sondern lassen ihn auch tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelt hineintauchen. Der historische Hintergrund wurde sehr gut recherchiert und mit der Handlung verknüpft. Der Spannungsbogen ist von Beginn an hoch angelegt und steigert sich im Verlauf der Geschichte immer weiter in die Höhe, so dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann.
Liebevoll ausgestaltete und in Szene gesetzte Charaktere überzeugen mit ihren menschlichen Ecken und Kanten, was sie authentisch und lebendig wirken lässt. Der Leser heftet sich lautlos in das Geschehen ein und fiebert mit den Protagonisten mit. Vera hat sich zu einer selbstbewussten und mutigen Frau gemausert, die sich nicht nur dem Dienst am Vaterland verschrieben hat, sondern auch ihre Aufgabe als Krankenschwester ernst nimmt. Sie ist warmherzig und mitfühlend, beweist aber auch Stärke und Kampfgeist. Redmond ist ein Mediziner mit Herzblut, der ebenfalls einen Spagat hinlegt. Trevor Ingram ist ein zurückhaltender Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, der dem Leser schnell ans Herz wächst. Aber auch Mary McGregor, die Portmans, Jodie Green und weitere altbekannte Gesichter bereichern die Geschichte und machen dem Leser den Abschied schwer.
Mit „Wind in den Lilien“ geht eine furiose Trilogie seinem Ende entgegen. Der Roman vereint Freundschaft, Liebe, Schicksalsschläge, Kriegsgeschehen und Abenteuer in sich, was für den Leser eine unwiderstehliche Mischung bedeutet und ihn am Buch kleben lässt. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner!

Veröffentlicht am 23.08.2020

"Gibt's kein höheres Übel doch als den Verlust der Heimat." (Euripides)

So weit die Störche ziehen (Die Gutsherrin-Saga 1)
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1939. im beschaulichen Ostpreußen auf dem Land ist 16-jährige Dora Twardy auf dem Pferdegestüt ihrer Eltern wohlbehütet und weit weg vom Kriegsgeschehen, dass sich immer mehr über ganz Europa ausbreitet. ...

1939. im beschaulichen Ostpreußen auf dem Land ist 16-jährige Dora Twardy auf dem Pferdegestüt ihrer Eltern wohlbehütet und weit weg vom Kriegsgeschehen, dass sich immer mehr über ganz Europa ausbreitet. Zum ersten Mal ist sie verliebt und gönnt sich ein besonderes Kleid, um bei einer Hochzeitsgesellschaft herauszustechen und das Herz ihrer heimlichen Liebe Wilhelm von Lengendorff zu erobern. Aber dann verändert sich die Welt von einem auf den anderen Moment, denn die Deutschen haben sich die Eroberung Polens auf die Fahne geschrieben und marschieren in Doras Heimat ein. Ihr Vater, Bruder Hans und auch Wilhelm werden an die Front geschickt, während das Schicksal des Gutshofes in Doras Hände gelegt wird. Dort ist vom Kriegsgeschehen noch nicht viel zu spüren, aber Dora hat alle Hände voll zu tun, als die ersten Zwangsarbeiter das Gut erreichen und ihre geliebten Pferde für den Krieg beschlagnahmt werden. Der Krieg kommt immer näher und zwingt die Familie bald zur Flucht…
Theresia Graw hat mit „So weit die Störche ziehen“ einen wunderschönen fesselnden historischen Roman vorgelegt, in dem sie große Teile der eigenen Familiengeschichte mit fiktiven Elementen verbindet. Der flüssig-leichte, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil packt den Leser vom ersten Moment an, zieht ihn in die Handlung hinein und schickt ihn auf Zeitreise, um das Leben von Dora und ihrer Familie hautnah miterleben zu können. Lässt die Autorin den Leser zuerst noch eine ländliche Idylle im malerischen Ostpreußen erleben, wo die Dorfgemeinschaft zusammenhält und eine Landhochzeit ein gesellschaftliches Ereignis darstellt, kündigt sich unterschwellig schon die drohende Gefahr durch den Krieg an, der dann mit aller Macht über alle hereinbricht und ihnen die Liebsten nimmt, um sie an die Front zu schicken. Das tägliche Leben auf dem Gestüt geht zwar normal weiter, liegt allerdings jetzt in den Händen einer jungen Frau, die erst in diese Aufgabe hineinwachsen muss, wurde sie doch bisher eher verwöhnt als zur Verantwortung herangezogen. Lebendig schildert die Autorin nicht nur das Leben und die Arbeit auf dem Hof, sondern auch das Kriegsgeschehen brennt sich in die Netzhaut des Lesers während der Lektüre, immer mit dem Gedanken, dass wahrhaftige Schicksale hinter dieser Geschichte stehen. Der Spannungsbogen wird zuerst gemächlich angelegt, steigert sich dann aber während der Handlung immer weiter in die Höhe und lässt den Leser eine wahre Gefühlsachterbahn durchlaufen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll inszeniert und sprühen vor Leben, so dass man das Gefühl hat, sie leibhaftig an der Seite zu haben. Sie überzeugen mit realistischen Eigenschaften und Handlungsweisen, die den Leser mit ihnen leiden, bangen, hoffen und fiebern lassen. Dora zeigt sich zuerst von ihrer verwöhnten, lebenslustigen, aber auch naiven Seite, doch muss sie schnell erwachsen werden und Verantwortung übernehmen. Doch sie nimmt die Herausforderung an und stellt sich mutig und entschlossen allen Widrigkeiten. Wilhelm ist ein zurückhaltender und sanftmütiger Mann, der Doras Herz schnell erobert hat. Curt von Thorau ist ein Lebenskünstler und Abenteurer, der sich für ein gutes Foto in Gefahr begibt. Aber auch Doras Mutter Vera, Philippe, Kinderfrau Erna oder der Offizier Michail machen die Handlung mit ihren Auftritten spannend und abwechslungsreich.
„So weit die Störche ziehen“ ist eine fesselnde, berührende und wunderbar in Worte verpackte Geschichte über die Familie, die heimischen Wurzeln, die Liebe und den Krieg mit all seinem Schrecken. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Lesehighlight – Chapeau – besser geht es nicht!!!

Veröffentlicht am 23.08.2020

"Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben." (Matthäus 10,16)

Der Leutnant und das Mädchen
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1918 England. Mitten im ersten Weltkrieg wird Lieutenant Colin Mabry bei einem Einsatz als britischer Soldat verletzt und von der Französin Jewel Reyer gerettet, der er versprach, sie nach dem Krieg zu ...

1918 England. Mitten im ersten Weltkrieg wird Lieutenant Colin Mabry bei einem Einsatz als britischer Soldat verletzt und von der Französin Jewel Reyer gerettet, der er versprach, sie nach dem Krieg zu heiraten. Mabry wird mit Hilfe seines zukünftigen Schwagers nach seiner Genesung beim MI8 in Hastings eingesetzt, um dort Nachrichten zu dechiffrieren. Als er eine persönliche Botschaft von seiner ehemaligen Lebensretterin erhält, in der sie ihn bittet, nach Paris zu kommen, begibt sich Colin sofort auf die Reise. Doch dort erwartet ihn nicht Jewel, sondern ihre jüngere Halbschwester Johanna, die eigentlich auf der Suche nach ihrem Vater ist und sich von Jewel Unterstützung erhofft hat, diese aber verschwunden ist. Colin ist misstrauisch, macht sich aber gemeinsam mit Johanna daran, Jewel aufzuspüren…
Kate Breslin hat mit „Der Leutnant und das Mädchen“ einen packenden und zugleich berührenden historischen Roman vorgelegt, der den Leser mit den ersten Zeilen in die Geschichte abtauchen lässt. Mit flüssigem, bildgewaltigem und gefühlvollem Erzählstil gewährt die Autorin dem Leser eine Zeitreise in letzte Jahrhundert mitten hinein in den ersten Weltkrieg, wo er zusammen mit Colin und Johanna eine abenteuerliche, aber auch gefährliche Suche beginnt verbunden mit einer Reise durch das kriegsgebeutelte Europa. Die Autorin hat nicht nur hervorragend recherchiert und den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwoben, sondern bündelt in ihrer Geschichte auch verschiedene Schicksalsschläge und Geheimnisse ihrer Protagonisten. Breslin spielt mit ihren Lesern, indem sie die unterschiedlichsten Geheimdienste auf den Plan ruft, die alle ihre Interessen wahren wollen und den Protagonisten das Leben nicht nur schwer machen, sondern sie auch immer weiter in Gefahr bringen. Eindrucksvoll verknüpft sie die Bedeutung von Brieftauben mit ihrer Geschichte, sodass man als Leser nach der Lektüre diese Tiere mit anderen Augen sieht und ihnen sogar Respekt entgegen bringt. Neben der spannungsgeladenen Handlung, die auch so einige überraschende Wendungen für den Leser im Gepäck haben, ist auch der christliche Aspekt sehr schön eingearbeitet, in dem es um Vergebung und Vertrauen geht.
Die Charaktere sind wunderbar herausgearbeitet und lebendig in Szene gesetzt. Mit ihren individuell gestalteten Eigenschaften wirken sie sowohl glaubwürdig als auch authentisch, so dass sich der Leser sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Colin Mabry ist ein Mann von Ehre, denn er fühlt sich an sein Wort gebunden. Seine Verletzung lässt ihn mit dem Leben hadern, doch kämpft er innerlich dagegen an, klammert sich an die Dinge, die er beeinflussen kann. Seine Entwicklung innerhalb der Geschichte ist sehr schön zu beobachten. Johanna Reyer ist eine lebenslustige Frau auf der Suche nach ihren Wurzeln, ihrer Familie. Sie musste bereits einige Schicksalsschläge durchstehen, besitzt Kampfgeist und Mut. Zusätzlich bereichern Protagonisten wie Lord Walenford oder die Tauben die Handlung und steigern die Spannung.
„Der Leutnant und das Mädchen“ ist ein spannungsgeladener historischer Roman, der neben einer Liebesgeschichte zu Kriegszeiten, Spionage und einer Verfolgungsjagd dem Leser auch noch eine Botschaft übermittelt. Wunderbar erzählt und damit eine verdiente absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.08.2020

Turbulente Zeiten für Mines Familie

Ein Gefühl von Hoffnung
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Ende der 1950er, Ruhrgebiet. Sieben Jahre sind seit Katharina Wagners Tod ins Land gezogen, der kleine Jakob feiert seinen Geburtstag ohne seine Mutter, dafür mit Vater Karl, seinem leiblichen Vater Johannes, ...

Ende der 1950er, Ruhrgebiet. Sieben Jahre sind seit Katharina Wagners Tod ins Land gezogen, der kleine Jakob feiert seinen Geburtstag ohne seine Mutter, dafür mit Vater Karl, seinem leiblichen Vater Johannes, Großmutter Mine und seinen älteren Schwestern Inge und Bärbel. Im Ruhrpott geht das Zechensterben um und treibt die Bergleute um, deren Interessen Johannes als Gewerkschafter vertritt. Er ist zwar mit Katharinas bester Freundin Hanna verlobt, doch mit seinem Herzen ist er nicht dabei. Inge arbeitet als Buchhändlerin und ist mit Jugendfreund Peter verlobt, der mal die örtliche Apotheke erben wird. Als Inge von seinem Seitensprung erfährt, ist sie fast erleichtert, dass sie die Verlobung lösen kann, denn ein anderer Mann hat sich bereits in ihr Herz geschlichen, wenn diese Liebe auch nicht sein darf. Währenddessen fliegt Bärbel mit ihrem vorlauten Mundwerk fast von der Schule, aber auch Jakob hat mit seiner Lehrerin kein großes Glück. Zwischen Bärbel und Jugendfreund Klaus fängt es an zu knistern, und Oma Mina hat sie wieder alle durchschaut und hält ihre Brut in schwierigen Zeiten zusammen…
Eva Völler hat mit „Ein Gefühl von Hoffnung“ den zweiten Band ihrer Ruhrpott-Saga vorgelegt und kann auch hier wieder mit Familiengeschichten, Geheimnissen und diversen Schwierigkeiten vollauf überzeugen. Der flüssig-leichte, bildhafte und gefühlvolle Schreibstil mit dem gelungenen Lokalkolorit lässt den Leser sofort wieder an den Seiten kleben und Oma Mines Haus einziehen, um sich unter die Familienmitglieder zu mischen, die mit einigen Neuigkeiten, behördlicher Willkür und so manchem Herzschmerz zu kämpfen haben. Die 60er Jahre stehen fast vor der Tür, die Autorin lässt die damalige Zeit wieder wunderbar lebendig werden. Sowohl die politischen als auch die gesellschaftlichen Entwicklungen blitzen in der Geschichte hervor, bringen die Streiks der Grubenarbeiter wieder in Erinnerung, die damals noch in den Zechen beschäftigt waren. Aber auch ehemalige Nazi-Anhänger, die nun als Lehrer unterrichten dürfen sowie das schulische Ansinnen, alle Kinder müssten mit der rechter Hand zu schreiben, hat die Autorin sehr geschickt mit ihrer Handlung verwoben. Auch Homosexualität in jenen Tagen ist ein Thema, damals wurden gleichgeschlechtlich Liebende noch strafrechtlich verfolgt und stigmatisiert, so dass sie gezwungen waren, ihre Neigung zu verleugnen. Die alltäglichen Sorgen und Nöte werden ebenso authentisch wiedergegeben wie der enge Familienzusammenhalt, wo zwar nicht immer alles eitel Sonnenschein ist, Konflikte oder Probleme aber alle zusammenschweißen und sogar die Nachbarn mit einbeziehen. Dieser Roman lebt geradezu von den zwischenmenschlichen Beziehungen und dem gegenseitigen Miteinander, weshalb man sich als Leser richtig wohl und heimisch unter den Protagonisten fühlt.
Die Charaktere wurden weiter entwickelt und sprühen vor Lebendigkeit und Authentizität. Der Leser findet sich in ihrer Gefühls- und Gedankenwelt wieder und lässt sich gern mitten in die nostalgisch anmutende Atmosphäre hineinfallen, um den Protagonisten beizustehen, sind sie doch zu lieben Freunden geworden. Oma Mine hält den Laden am Laufen, die alte Dame hat ein großes Herz, wenn sie auch manchmal etwas schroff wirkt. Inge ist eine fleißige junge Frau, die sich um alles kümmert und sich dabei fast aus den Augen verliert. Sie ist praktisch veranlagt, hat sich aber auch das Träumen bewahrt. Johannes ist ein lieber Kerl, der sich seiner Verantwortung bewusst ist und niemanden im Stich lässt. Aber auch Karl, Bärbel, Klaus und Matthias spielen wichtige Rollen in dieser Geschichte.
„Ein Gefühl von Hoffnung“ rückt liebevoll die jüngste Vergangenheit ins Licht und schleicht sich ins Leserherz. Familienglück und –schmerz sowie Romantik, Drama und die alltäglichen Sorgen lassen beim Leser Nostalgie aufkommen, so dass man sich kaum von den Seiten lösen kann. Wunderbar gefühlvoll erzählt, dafür gibt es eine absolut verdiente Leseempfehlung!

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