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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.02.2021

wichtig und lehrreich

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Kim Jiyoung, Mitte dreißig, lebt in Korea zusammen mit ihrem Mann in einer kleinen Wohnung. Sie hat gerade ihr erstes Kind bekommen und deswegen aufgehört zu arbeiten als ihrem Mann seltsame Symptome auffallen: ...

Kim Jiyoung, Mitte dreißig, lebt in Korea zusammen mit ihrem Mann in einer kleinen Wohnung. Sie hat gerade ihr erstes Kind bekommen und deswegen aufgehört zu arbeiten als ihrem Mann seltsame Symptome auffallen: Jiyoung schlüpft in die Rollen anderer Frauen wiez. B. die ihrer Mutter oder Schwiegermutter. Daraufhin schickt ihr Mann sie zu einem Psychiater, der nunihre Geschichte erzählt.

Das Buch ist ein iternationaler Bestseller und v.a. in Korea viele Menschen erreicht hat. Und das hat es auch verdient. Während die ersten Seiten in denen Jiyoungs Psychose geschildert wird noch etwas seltsam anmuten, zieht einem ihr Leben vollkommen in seinen Bann. Dieses Leben steht stellvertretend für das Leben vieler Fauen in Korea, aber auch der Welt. Es beginnt mit ihrer Mutter Misuk und ihrer Geburt. Jiyoung hat noch eine ältere Schwester, doch mit jedem Mädchen wird Misuk mehr unter Druck gesetzt, endlich einen Sohn zu bekommen. Denn nur der Sohn ist wichtig, nur das zählt, die Mädchen sind unwichtig und nur Ballast. Das geht so weit, dass Misuk ihr ungeborenes Kind abtreiben muss, weil es wieder kein Junge ist. Und auch bei diesem schweren Schritt ist sie ganz allein. "Misuk ging also allein ins Krankenhaus und ließ die jüngste Schwester von Jiyoung ›entfernen‹. Sie hatte keine Wahl, denn es war ihr Versagen. Sie litt körperlich und seelisch unter ihrer Entscheidung, konnte jedoch nicht darauf hoffen, dass jemand aus ihrer Familie sie tröstete. Einzig die Ärztin hielt ihr die Hand und zeigte Mitleid mit der jungen Mutter, die wimmerte wie ein Tier, das sein Junges verloren hatte." Schon vor Jiyoung war es ihre Mutter Misuk, die mich unglaublich berührt und erschüttert hat, mit dem, was sie ertragen muss. Sie ist so eine tolle und starke Frau, die sich trotz allem liebevoll um ihre Töchter kümmert und zwar nicht verhindern kann, dass ein Sohn bevorzugt behandelt wird, aber die sie dennoch in ihren Träumen und Wünschen untersützt.

Der gesellschaftliche Unterschied zieht sich auch durch Jiyoungs ganzes Leben. Und auch, wenn sie es vermeintlich besser hat, da sie zur Schule und studieren gehen kann, muss sie sich stets als weniger wert betrachtet sehen. Diese Unterschiede sind wie selbstverständlich in der Gesellschaft verankert und kaum jemand stellt sie in Frage. Die Männer dürfen alles, sie dürfen sich über die Frauen erheben, sie ausnutzen, egal ob beruflich, psychisch oder physisch, sie dürfen ihren Körper schamlos betrachten und betatschen und stets wird die Schuld bei den Frauen gesucht und nicht bei den eigentlichen Tätern. Das ist nicht nur in Korea so aber durch die große gesellschaftliche Diskrepanz zwischen Mann und Frau nochmal stärker zu spüren.

Kim Jiyoung ist eine gewöhnliche Frau, wie es viele auf der Welt gibt. Aber sie ist auch selbstbewusst und will für sich einstehen, sie will sich nicht nur als Objekt oder Mutter sehen, sie will arbeiten, kurz: sie will Gleichberechtigung. Nam-Joo Cho schildert hier ein Leben voll von Unterdrückung und Abwertung, immer wieder belegt mit schockierenden Zahlen und Verweisen. Es ist ein Leben zwischen Berufsalltag und Familie, zwischen dem Wunsch nach dem eigenen Lebensweg und den veralteten Erwartungen der Familie. Als Leserin ist man froh, in einem anderen Land aufgewachsen zu sein und dennoch hört man auch hier viele der angesprochenen Punkte immer wieder, wenn auch in abgeminderter Form. Nam-Joo Cho hat ein allgemeingültiges Portrait der Frau geschaffen, die mit vielem alleine dasteht und von denen Mann unendliche Dankbarkeit erwartet. Dabei ist de Selbstaufgabe der Frau für andere alles andere als selbstverständlich und sollte nicht so einseitig sein. „Kannst du damit aufhören zu sagen, wobei du mich unterstützen willst? Mich unterstützen, im Haushalt, der Kindererziehung. Ist das nicht selbstverständlich? Ist das nicht auch deine Wohnung? Ist das nicht auch dein Kind? Wenn ich arbeite, kann ich ganz allein über meinen Verdienst verfügen? Warum sprichst du von Unterstützung und tust so, als wäre es eine Gunst, dass du hilfst?“ Jiyoung begehrt immer wieder auf, sie will ihren eigenen Weg gehen und scheitert doch oftmals an den Traditionen und Erwartungen anderer, denen sie nicht entfliehen kann. So fügt sie sich vermeintlich in ihr Schicksal und droht sich dabei selbst zu verlieren. Aber auch die Männer sind gefangen in diesen Traditionen und selbst die eher modernen Ansichten werden schließlich begraben durch den gesellschaftlichen Ton, der sie in den Himmel hebt.

"Kim Jiyoung, geboren 1982" ist ein Buch, das jeder lesen sollte, egal ob Mann oder Frau, denn es zeigt mutige Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen, die alle Steine auf ihrem Weg überwinden und die dennoch gefangen sind. Es ist ein Buch, das zur Gleichberechtigung aufruft und das zum Nachdenken anregt, das einen berührt, erschüttert und wütend macht und die Missstände v.a. in Korea wieder mehr ins Bewusststein der Menschen ruft. Es ist eine fiktive Protagonistin aber kein fiktiver Roman, das alles passiert tagtäglich genau so.

Veröffentlicht am 08.12.2020

Trauer und Verlust

Bären füttern verboten
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Sidney war noch jung als sie in einem Urlaub in St. Ives ihre Mutter verlor. Über diesen Verlust ist sie nie wirklich hinweggekommen, von ihrem Vater trennt sie eine unsichtbare Barriere und auch vor ihrer ...

Sidney war noch jung als sie in einem Urlaub in St. Ives ihre Mutter verlor. Über diesen Verlust ist sie nie wirklich hinweggekommen, von ihrem Vater trennt sie eine unsichtbare Barriere und auch vor ihrer Lebensgefaährtin Ruth scheint sie immer davon zu laufen. Viele Jahre später ist sie zurück in St. Ives, sie möchte sich ihrer Vergangenheit stellen. Durch den Besuch in St.Ives werden ihre Gedanken aufgewühlt und so verliert die erfahrene Freerunnerin den Fokus und stürzt von einem Hausdach. Doch zum Glück wird sie von Maria und ihrem Hund Stuart gefunden. Maria fühlt sich für diese Frau verantwortlich und so quartiert sie kurzerhand Ruth und Sidneys Vater bei sich ein.

Als ich den Klappentext gelesen habe, hätte ich niemals ein solches Buch erwartet. Elliott verknüpft zwei Erzählstränge, zwei Familien miteinander und schafft so eine Geschichte voller Traurigkeit die doch auch irgendwie ein wohliges Gefühl im Körper hinterlässt. Bei vielen Rezensionen habe ich gelesen, dass die Leser Schweirigkeiten mit dem Schreibsitl der Autorin hatten. Das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Ich empfand die Sprache und den Schreibstil von Elliot als unglaublich intensiv und berührend, sie leitet den Leser über die verworrenen Wege des Lebens und lässt ihn teilhaben an der Trauer und der Freude ihrer Figuren. Auch empfand ich das Buch nicht als sonderlich skurril, wie es angepriesen wurde. Es gibt hier sicherlich die ein oder anderen Facetten, die man als skurril bezeichnen könnte (z.B. ein riesiger (zum Leser) sprechender Wolfshund), doch das hat sich wunderbar ins restliche Bild eingefügt und es gibt deutlich skurrilere Geschichten. Die Figuren selbst sind sicherlich nicht die üblichen Protagonisten, aber sie alle haben ihren Charme und sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Im Laufe der Geschichte wachsen viele der Figuren über sich hinaus, sie haben endlich den Mut, zu sich selbst zu stehen und ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen.

"Bären füttern verboten" ist ein Buch, das voll ist von Traurigkeit, die Leben sind geprägt von Verlust und Schuld, von Liebe und Freundschaft aber auch von der Angst, Nähe zuzulassen und sich (wieder) für andere Menschen zu öffnen. Das Buch hat mich zu Tränen gerührt, mir das Herz schwer werden lassen und mir ein paar Sätze später ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und Hoffnung gegeben. Ein Buch, das mich sehr überrascht hat und bei dem ich ohne große Erwartungen ans Lesen gegangen bin, das mich dann aber sehr schnell überzeugt hat. Ein Buch, das ein Jahreshighlight werden könnte, da es viel stärker ist, als es zunächst scheint, genau wie seine Figuren.

Veröffentlicht am 01.10.2020

weiß oder schwarz?

Die verschwindende Hälfte
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Desiree und Stella sind Zwillingsschwestern. Sie wachsen in den 60ern in Mallard, Louisiana auf, einem kleinen Ort der nirgends verzeichnet ist. Die Bewohner sind stolz auf ihre Herkunft aber v.a. darauf, ...

Desiree und Stella sind Zwillingsschwestern. Sie wachsen in den 60ern in Mallard, Louisiana auf, einem kleinen Ort der nirgends verzeichnet ist. Die Bewohner sind stolz auf ihre Herkunft aber v.a. darauf, dass sie von Generation zu Generation hellhäutiger werden. Für Stella ist klar, dort will sie nicht bleiben, sie fühlt sich eingesperrt und auch Desiree strebt nach mehr, sie will aufs College und nicht mit ihrer Mutter zusammen bei reichen Weißen putzen gehen. Also machen sich die beiden nachts auf die Flucht nach New Orleans um dort neu anzufangen. Doch ihre Wege trennen sich. Während Desiree ein Leben als schwarze Frau, mit einem schwarzen Mann und einer schwarzen Tochter lebt, verschwindet Stella spurlos, sie wechselt die Seite und gibt sich fortan als Weiße aus, mit einem reichen weißen Mann und einer weißen Tochter.

Das war mein erstes Buch von Brit Bennet aber ich mochte ihren Schreibstil direkt. Ihre Protagonisten sind geprägt von dem Wunsch zu fliehen, auszubrechen aus dem für sie vorbestimmten Weg, sie sind rastlos und suchen stets nach einem Ziel aber auch nach der eigenen Identität und einem Gefühl von Zugehörigkeit.

Nach dem ersten Teil war ich ein wenig ernüchtert, die Geschichte von Desiree konnte mich irgendwie nicht richtig packen, sie blieb mir ein Rätsel und ich konnte mich nicht so richtig in sie hineinversetzen (das blieb auch bis zum Schluss so, für mich ist sie die schwächste und unahbarste Figur in Bennets Erzählung). Doch spätestens ab dem 2. Teil war ich gefesselt von den Protagonisten und ihrem Lebensweg, den sie einschlagen. Das Getriebensein und die Konsequenzen, die ihre Hautfarbe für sie bedeuten wird sehr eindrücklich und sensibel geschildert. Man kann sich als Leser gut in die einzelnen Figuren hineinfühlen, sieht die Welt plötzlich mit ihren Augen und spürt die Zerrissenheit am eigenen Leib.

Durch die beiden völlig verschiedenen Lebenswegen, die die Zwillinge einschlagen zeigt Bennet die zwei Seiten der Gesellschaft sehr gut. Schwarz und Weiß beginnen sich zu vermischen, man gibt sich großzügig und pseudoliberal aber die Nachbarschaft soll doch bitte rein bleiben - die schwarze Seite soll doch bitte wieterhin unter sich bleiben. Sie wirft auch einen Blick auf die Gesellschaft abseits von Fragen der Hautfarbe. Die Frage nach der eigenen Identität prägt die Figuren. Sie wollen sich nicht durch festgelegte Kategorien definieren, denn sie spüren, dass diese nicht zu ihnen passen. Die eigene Identität ist geprägt von Veränderungen. Veränderungen, die fließend verlaufen und solche, die Zeit brauchen, Veränderungen, die von Dauer sind und solche, die nur begrenzte Zeit anhalten. Doch jede Veränderung prägt die Figuren und lässt sie zu denen werden, die sie am Ende sind. Sie machen sich frei von Kategorien und Schubladen, frei von Hautfarbe oder Herkunft, vordefinierten Geschlechterrollen und Sexualität, frei von Erwartungen. Und dadurch entwickelt sich etwas, das mich als Leser in seinen Bann gezogen hat.

Veröffentlicht am 26.08.2020

Vaelin Al Sorna ist zurück...

Das Lied des Wolfes
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... und mit ihm ein weiterer Krieg. Die Geschehnisse aus "Die Königin der Flammen" liegen einige Jahre zurück, der Verbündete ist besiegt und die Welt scheint sich beruhigt zu haben. Doch in der Dunkelheit ...

... und mit ihm ein weiterer Krieg. Die Geschehnisse aus "Die Königin der Flammen" liegen einige Jahre zurück, der Verbündete ist besiegt und die Welt scheint sich beruhigt zu haben. Doch in der Dunkelheit lauert eine noch viel größere Gefahr und bedroht Vaelin und seine Heimat aufs Neue. Und nicht nur das, weit über dem Meer schart ein Mann, der sich selbst für einen Gott hält, seine Anhänger um sich und erorbert die dortigen Königreiche. Als Vaelin erfährt, dass Sherin, die Frau, die er einst liebte und aus Angst um sie fortschickte, in Gefahr ist, macht er sich auf den Weg über das Meer zu dem Mann, den man Dunkelklinge nennt.

Anthony Ryan beweist mit "Das Lied des Wolfes" wieder sein schriftstellerisches Talent. Er schafft es, dass seitenweise Kampfszenen nicht langweilen oder als zu viel erscheinen. Auch seine Charaktere sind jedes Mal einzigartig und vielschichtig, niemand ist nur gut oder böse, die Welt ist ein System aus Grau und die Figuren müssen versuchen ihren Weg darin zu finden. Der (Wieder-)Einstieg in Vaelins Welt fiel mir sehr leicht, da Ryan die Landschaften vor meinem inneren Auge entstehen lässt. Lediglich die Namen waren, wie so oft bei ihm, manchmal sehr ähnlich, was mitunter zu Verwechslungen geführt hat bei mir. Ryan beschreibt alles sehr detailliert, aber dennoch spannend und interessant. Dadurch macht es beim Lesen sehr viel Spaß, Vaelin und seinen Freunden zu folgen und man fiebert jeder Schlacht entgegen und fragt sich, wie sie wohl ausgehen mag. Toll fand ich auch, die mitunter sehr eigensinnigen weiblichen Charaktere, die sich in der doch noch immer sehr männerdominierten westlichen Welt sehr gut behaupten können.

Fazit: Ein gelungener Auftakt zu einer neuen Trilogie rund um Vaelin Al Sorna und seine Freunde! Man sollte jedoch vorher die Rabenschatten-Trilogie gelesen haben, da sonst einige der alten Charaktere und ihre Geschichten fehlen.

Veröffentlicht am 20.08.2020

Ein sehr intensiver Roman über jesidische Kurden

Die Sommer
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Wenn Leyla in den Sommerferien zur Familie ihres Vaters fährt, darf sie nicht sagen "Ich fahre nach Kurdistan" sondern sie muss sagen "Ich fahre zu meinen Großeltern". Denn Kurdistan und seien Bewohner ...

Wenn Leyla in den Sommerferien zur Familie ihres Vaters fährt, darf sie nicht sagen "Ich fahre nach Kurdistan" sondern sie muss sagen "Ich fahre zu meinen Großeltern". Denn Kurdistan und seien Bewohner gibt es nicht.

Doch wie kann es etwas nicht geben, dass sich so real anfühlt für Leyla? Wie soll sie anderen begreiflich machen, was in den Sommern in Nordysrien geschieht, was diese Menschen, die es nicht geben soll, ausmacht? Und wie soll sie es ihren Mitmenschen recht machen? Ihren Großeltern ist sie nicht kurdisch genug, ihrem Vater nicht fleißig genug und ihren Mitmenschen nicht deutsch genug.

Ronya Othmann hat mit "Die Sommer" einen sehr besonderen Roman geschaffen, der das Schicksal der Jesiden eindrucksvoll aufarbeitet. Es ist durch seinen Inhalt aber auch durch seinen Aufbau sicherlich kein leichtes Buch, dennoch konnte ich es kaum aus der Hand legen. Leyla erzählt die Vergangenheit ihrer Familie durch Geschichten, durch Gedanken und kurze Momentaufnahmen. Dadurch wirkte v.a. der Mittelteil sehr fragmentarisch, das Fehlen von klar strukturierten Kapiteln trägt ebenfalls nicht zur 'besseren' Ordnung bei. Doch das ist nicht schlimm, denn auch das Leben von Leyla und ihrer Familie ist nicht geradlinig. Trotz dieser 'zerstückelten' Erzählweise schafft es Othmann, eine Verbindung zwischen Leser und Charakteren aufzubauen, die zunehmend intensiver wird.

Leyla lebt in zwei Welten, ihr Leben ist aufgeteilt in zwei Länder und zwei Jahreshälften, und bei jedem Wechsel ist es wie beim ersten Mal. Die Welt dreht sich weiter, doch in beiden Lebenshälften fehlt ihr ein wichtiger Teil dieser Entwicklung, was man als Leser deutlich spürt. Sie muss sich immer wieder neu an die Menschen und ihre Sprache gewöhnen und versteht doch nicht alles. Und mit zunehmenden Konflikten in Syrien und der immer größeren Gefahr für ihre Familie und Freunde im Heimatdorf ihres Vaters, versteht sie ihre Mitmenschen in Deutschland immer weniger. Wie können sie so uinbeteiligt sein, wie ihr normales Leben weiterleben, wenn dort in Syrien die Menschen verfolgt und gefoltert werden und sogar sterben? Und die viel wichtigere Frage, wie kann sie selbst es?

Beim Lesen startet man in der Vergangenheit des Vaters, man spürt seine Hoffnung, dass sich jetzt wo der Präsident tot ist, endlich etwas verändert in seiner Heimat, dass die Jesiden nicht mehr unterdrückt werden. Man spürt die Euphorie und man spürt auch die Enttäuschung, die Resignation, die sich unweigerlich einstellt. Denn es ändert sich nichts, ein Krieg wurde von einem anderen abgelöst, seine Familie ist vielleicht bedrohter denn je. Und immer stärker kommen diese Gefühle auch bei Leyla auf, sie muss eine Entscheidung treffen und weiß doch nicht welche.

Ich dachte, vieles wüsste ich schon, doch Ronya Othmann hat mir mit ihrem Roman gezeigt, dass es nicht genug ist. Durch Leyla und ihre Familie sensibilisiert sie den Leser und animiert ihn zum Nachdenken und Sich-Informieren und schon alleine dafür ist das Buch empfehlenswert.