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Veröffentlicht am 04.09.2020

Die Leiden der Erwachsenen

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
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Giovanna ist am Beginn des Buches 13 Jahre alt und noch fast ein naives Kind, das seine Eltern bewundert und in einer heilen Welt lebt. Doch dann beginnt diese heile Welt zu bröckeln, als ihr Vater eine ...

Giovanna ist am Beginn des Buches 13 Jahre alt und noch fast ein naives Kind, das seine Eltern bewundert und in einer heilen Welt lebt. Doch dann beginnt diese heile Welt zu bröckeln, als ihr Vater eine unbedachte Bemerkung über sie macht. Am Ende des Buches ist Giovanna 16, fast erwachsen und desillusioniert.
Ferrante beschreibt die Entwicklung des Mädchens in der Pubertät sehr eindrucksvoll. Nicht nur die Lügen der Erwachsenen enttäuschen Giovanna, auch das sprunghafte Verhalten ihrer Tante oder die vollkommene Hingabe der Mutter an den untreuen Vater. Sie muss nun ihren eigenen Weg gehen und nabelt sich immer mehr von den Eltern ab.
Ferrante spielt auch hier die Vorzüge aus, die mich schon in den "Neapel-Saga" beeindrucken konnten. Die genaue Kenntnis der Lebensumstände, die sensible Zeichnung der Personen, die exakte Beschreibung der Stadt und ihrer Stadtteile gefielen mir auch in diesem Buch. Allerdings hat das Buch vor allem in der zweiten Hälfte einige Längen, deshalb wird ein Punkt abgezogen.
Insgesamt aber ein sehr lesenswertes Buch ohne Effekthascherei und Oberflächlichkeit!

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Veröffentlicht am 23.08.2020

Köstlich!

Ein Mann der Kunst
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Kristof Magnusson ist ein herrliches Buch gelungen. Hier wird die Kunstszene ganz wunderbar auf die Schippe genommen.
Worum geht es? Das fiktive Frankfurter Privatmuseum "Wendevogel" soll einen neuen Anbau ...

Kristof Magnusson ist ein herrliches Buch gelungen. Hier wird die Kunstszene ganz wunderbar auf die Schippe genommen.
Worum geht es? Das fiktive Frankfurter Privatmuseum "Wendevogel" soll einen neuen Anbau bekommen, das dem Maler KD Pratz gewidmet sein soll. Doch der Maler lebt zurückgezogen auf einer Burg im Rheingau und gewährt niemandem Zugang. Durch die Bemühungen des Museumsdirektors gelingt es schließlich eine Reise zu dem Maler zu organisieren, er fühlt sich wohl durch die Neubaupläne irgendwie geschmeichelt. Doch dann läuft alles aus dem Ruder.
Magnusson kennt sich aus in der Kunstszene, das merkt man schnell. Die Eitelkeiten, Selbstdarstellungskünste, Beziehungsgeflechte etc. bringt er gekonnt auf den Punkt und man liest vergnügt mit.
Besonders den Schluss fand ich herrlich und ich habe mich mit dem Buch köstlich amüsiert.

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Veröffentlicht am 03.08.2020

Interessanter Aufbau

DUNKEL
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"Dunkel" ist der erste Teil einer Trilogie, aber eigentlich der letzte Band, da die Trilogie von hinten nach vor erzählt wird. Keine Sorge, das Buch selbst ist schon chronologisch erzählt, aber es ist ...

"Dunkel" ist der erste Teil einer Trilogie, aber eigentlich der letzte Band, da die Trilogie von hinten nach vor erzählt wird. Keine Sorge, das Buch selbst ist schon chronologisch erzählt, aber es ist der letzte Fall für Hulda Hermannsdottir, die kurz vor ihrer Pensionierung steht.
Sie ist Kriminalkommissarin in Reykjavik und ihr Chef möchte sie gern vorzeitig loswerden. Doch sie erbittet sich eine Schonfrist, denn sie hat sich noch nicht mit dem Gedanken an immerwährende Freizeit vertraut gemacht. Als letzten Fall will sie das Verschwinden einer jungen russischen Asylbewerberin aufklären, die am Meer ertrunken ist. Doch sie hatte kurz vorher ihren positiven Asylbescheid bekommen. Deshalb ist Selbstmord für Hulda unwahrscheinlich. Da in dem Fall schlampig ermittelt wurde, macht sie sich mit dem erneuten Aufrollen nicht nur Freunde unter ihren Kollegen.
Hulda ist eine einsame Frau, die schwere Schicksalsschläge hinnehmen musste und es im Leben nicht einfach hatte. Dieser Hintergrund ist im Buch immer präsent und das macht die Figur so besonders.
Mit hat das Buch sehr gut gefallen, es ist gut geschrieben und spannend bis zum letzten Augenblick. Echte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 03.08.2020

Eindrucksvolles Portrait

Der letzte Satz
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Ein kleines Büchlein mit einem eindrucksvollem Inhalt!
Der berühmte Komponist und Dirigent Gustav Mahler tritt schwer krank seine letzte Reise an. Gemeinsam mit seiner Frau Alma und seiner Tochter Anna ...

Ein kleines Büchlein mit einem eindrucksvollem Inhalt!
Der berühmte Komponist und Dirigent Gustav Mahler tritt schwer krank seine letzte Reise an. Gemeinsam mit seiner Frau Alma und seiner Tochter Anna reist er von New York zurück nach Wien und lässt sein Leben noch einmal Revue passieren.
Robert Seethaler schreibt - wie nach seinen anderen Büchern nicht anders zu erwarten - sehr sensibel und ausgefeilt über Mahlers Gedanken und Erlebnisse und taucht dabei tief in die Seele des kranken Mannes ein.
Sein schlechtes Verhältnis zu seiner schönen Frau Alma spielt dabei eine Rolle, aber auch die Trauer über den Verlust seiner ältesten Tochter, Kompositionsideen zu seiner unvollendet gebliebenen 10. Sinfonie, Erinnerungen an die Kindheit und Jugend und der immer wiederkehrende Ärger mit Institutionen. Man kommt Mahler dabei sehr nahe.
Es hilft, wenn man Mahlers Musik und Leben zumindest in groben Zügen kennt, aber auch sonst ist das Buch eine zwar anspruchsvolle, aber auch erfreuliche Lektüre.

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Veröffentlicht am 23.02.2020

Unbekannte Historie

Der Empfänger
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Josef (Joe) Klein ist in den 1920er Jahren in die USA ausgewandert und schlägt sich mit einfachen Jobs durch. Er ist begeisterter Funker und tritt auf diese Weise in Kontakt mit der ganzen Welt.
Als die ...

Josef (Joe) Klein ist in den 1920er Jahren in die USA ausgewandert und schlägt sich mit einfachen Jobs durch. Er ist begeisterter Funker und tritt auf diese Weise in Kontakt mit der ganzen Welt.
Als die Nazis in Deutschland an die Macht kommen, entsteht auch in der deutschen Community in New York eine starkte Nazibewegung und Josef gerät in diese Kreise. Er soll angeblich für einen Unternehmer Geschäftsdaten nach Hamburg funken, doch in Wirklichkeit funkt er verschlüsselte Informationen für die deutsche Abwehr. Als er auf Drängen seiner Freundin Lauren aussteigen will, wird er zusammengeschlagen.
1941 treten die Amerikaner in den 2. Weltkrieg ein und Josef wird wie viele andere Deutsche auf Ellis Island interniert, kann aber 1946 nach Deutschland ausreisen. Dort nimmt er wieder Kontakt zu seinem Bruder Carl auf.
Das Buch ist eingebettet in eine Rahmenhandlung im Jahr 1953, als Josef in Costa Rica lebt. Dazwischen pendelt die Handlung zwischen den USA und Deutschland. Das macht das Buch lebendig und wegen der Zeitangaben auch gut verständlich.
Ich habe viel über das Wirken der Nazis in den USA gelernt, mit war nicht bewusst, dass es dort so eine starke Nazibewegung gab, die auch sogar in die schwarze Bevölkerung hinein reichte.
Ulla Lenze schreibt sehr sachlich, aber pointiert und gut lesbar. Ihre manchmal sehr poetische Sprache hat mir gut gefallen. Die Heimatlosigkeit und Einsamkeit des Mannes wird sehr deutlich.
Das Titelbild fand ich sehr gelungen, denn trotz der gut erzählten Geschichte bleibt Josef Klein schemenhaft und nicht wirklich zu fassen.

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