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Veröffentlicht am 26.03.2021

Ein lebensverändernder Sommer

Der große Sommer
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Es ist kurz vor den Sommerferien, als der 16-jährige Friedrich feststellen muss, dass er die Schule wohl nicht schaffen wird. Nur eine Nachprüfung in Latein und Mathematik am Ende der Ferien kann ihn noch ...

Es ist kurz vor den Sommerferien, als der 16-jährige Friedrich feststellen muss, dass er die Schule wohl nicht schaffen wird. Nur eine Nachprüfung in Latein und Mathematik am Ende der Ferien kann ihn noch retten. Und so beschließen seine Eltern, dass er nicht mit in den Familienurlaub fahren, sondern die Tage lernend bei seinen Großeltern verbringen soll. Während seine Großmutter Nana eine sanfte Persönlichkeit ist, macht die Gegenwart des strengen Großvaters ihn unsicher. Dennoch wird es ausgerechnet dieser eine Sommer sein, der das Leben des Jungen für immer verändert.

Schon der erste Roman des Autors, „Alte Sorten“, hat mir unglaublich gut gefallen und „Der große Sommer“ kann daran anknüpfen. Die Handlung wird aus Friedrichs Sicht rückblickend erzählt. In der Gegenwart befindet sich der bereits Erwachsene auf einem Friedhof und denkt an die Vergangenheit zurück. Vor den Augen des Lesers entfalten sich so auf ganz persönliche Weise die Ereignisse dieses einen Sommers. Sprachlich leicht und dennoch intensiv erzählt Ewald Arenz von der Bedeutung von Freundschaft und Liebe und davon, dass man Menschen nicht immer auf den ersten Blick durchschauen kann.

Im Zentrum der Geschichte stehen Friedrich und seine Schwester Alma sowie Friedrichs bester Freund Johann und Beate, in die er sich im Schwimmbad verliebt hat. Zu viert erleben sie unbeschwerte Nachmittage voller kleiner und großer Abenteuer, doch nach und nach schleichen sich auch immer mehr ernste Momente ein. Friedrichs Familiengeschichte ist ebenso Thema, wie Almas Praktikum in einem Pflegeheim oder Johanns und Beates unterschiedliche Probleme mit ihren Vätern. Und ganz leise steuert alles auf den großen Knall hin, mit dem sich das Schicksal der Charaktere entscheiden soll.

„Der große Sommer“ ist kein Roman, der von einem Ereignis zum nächsten eilt. Vielmehr sind es viele kleine Momente, die die Figuren zueinander in Beziehung setzen und sie miteinander verknüpfen. So zum Beispiel, wenn Friedrich seinen Großvater bei seiner Arbeit als Bakteriologe begleitet und ihn auf einmal aus einem völlig anderen Blickwinkel wahrnimmt. Solche Szenen sind es, die den Roman so lesenswert machen und die Hoffnung schüren, dass im Kopf des Autors noch Stoff für viele weitere Geschichten vorhanden ist.

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Veröffentlicht am 20.03.2021

Sehr guter zweiter Band

What if we Stay
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Amber Gills hat die letzten Semester nicht besonders viel Energie in ihr Studium investiert. Das schwierige Verhältnis zu ihren Eltern hat ihr die Freude an der Architektur genommen. Als sie dann auch ...

Amber Gills hat die letzten Semester nicht besonders viel Energie in ihr Studium investiert. Das schwierige Verhältnis zu ihren Eltern hat ihr die Freude an der Architektur genommen. Als sie dann auch noch wegen eines blöden Fehler exmatrikuliert wird, lässt ihr Vater seine Kontakte spielen und zwingt seine Tochter, ihr Studium in Vancouver zu beenden. So ist sie zwar wieder in der Nähe ihrer besten Freundin Laurie, aber leider ist Ambers Vater der beliebteste Professor am Institut. Lauries Mitbewohner Emmett hingegen ist ein Musterstudent mit Stipendium, der bewundernd zu Professor Gills aufblickt. Als er und Amber sich in der Vorlesung begegnen, läuft das erst nicht besonders gut. Doch dann schließen beide einen Deal miteinander ab: Emmett hilft Amber, ihr Semester zu bestehen, wenn sie ihn dafür mit ihrer Freundin Morgan verkuppelt.

Sarah Sprinz‘ zweiter Roman rund um die University of British Columbia knüpft an die Ereignisse aus Band eins an, weshalb wir auch jede Menge alte Bekannte wiedertreffen. Um ehrlich zu sein, waren die Protagonisten dieses Mal für mich deutlich interessanter. Amber ist eine starke Persönlichkeit, die zu Beginn der Handlung jede Menge unverbindlichen Sex hat. Emmett hingegen ist unsicher und verschlossen – beide werden im Verlauf der Geschichte noch einiges von sich offenbaren.

Ich gebe zu, dass das Genre New Adult für mich eigentlich nahezu auserzählt ist. Sarah Sprinz schafft es jedoch mit ihrem emotionalen Schreibstil, ihren komplexen Charakteren und deren „Botschaften“, dass ich mich auf jeden Band dieser Reihe freue. Ein Bonus ist natürlich, dass der Personenkreis in solchen Serien konstant bleibt und so auch lieb gewonnene Figuren aus vergangenen Bänden wieder einen Auftritt haben. Die Handlung an sich ist hingegen nicht wahnsinnig komplex und bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar. Da der Fokus allerdings sehr auf der emotionalen Entwicklung und der Beziehung von Amber und Emmett liegt, schmälert das das Lesevergnügen keinesfalls.

Ich freue mich schon auf Band drei, der im Juni erscheinen wird (und wünsche insgeheim Cole seine eigene Geschichte).

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Veröffentlicht am 11.03.2021

Spannende Jugendfantasy in asiatischem Setting

Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger
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Das Leben in Tokito wird durch die Clans bestimmt. Nur wer einem der sechs bestehenden angehört, kann sich einigermaßen sicher durch die Stadt bewegen. Die hitzköpfige Erin hat gerade ihren Job beim Lotus-Clan ...

Das Leben in Tokito wird durch die Clans bestimmt. Nur wer einem der sechs bestehenden angehört, kann sich einigermaßen sicher durch die Stadt bewegen. Die hitzköpfige Erin hat gerade ihren Job beim Lotus-Clan verloren und ist somit schutzlos. Als sie am hellichten Tag auf der Straße entführt wird, kann sie nur durch eines ihr Leben retten: ein Pakt mit dem Distelkönig, einem finsteren Dämon. Der verhilft ihr zwar zu ungeheuren Kräften, versucht aber auf der anderen Seite auch ständig, sie aus ihrem eigenen Körper zu drängen. (Und Schweigen ist auch nicht unbedingt seine starke Seite.) Als sich in Tokito schließlich eine ganze Mordserie ereignet, will Erin unbedingt mehr herausfinden und stößt dabei auf Unglaubliches.

In „Die Clans von Tokito. Lotus und Tiger“ erschafft Caroline Brinkmann eine faszinierende Fantasywelt in asiatisch geprägtem Setting. Die Idee der unterschiedlichen Clans ist spannend und wirkt gut durchdacht. Ein Highlight sind jedoch vor allem ihre eigenwilligen, aber sympathischen Charaktere, die die Handlung tragen und vorantreiben. Erin ist mutig und kämpferisch und setzt einen angenehmen Gegenpunkt zum üblichen weiblichen Klischee; zumal, wenn man den Mann (Mikko) an ihrer Seite betrachtet, der auf den ersten Blick eher Bücherwurm als Krieger zu sein scheint. Darüber hinaus spielen noch Ryanne, eine Freundin von Erin und Mikko, und Außenseiter Kiran eine Rolle, der mit seinem Meister und seiner Mitschülerin ebenfalls die Morde untersucht.

Ich gebe zu: Jugendfantasy hat es schwer, mich zu überzeugen. Aber Caroline Brinkmann ist es absolut gelungen – noch schöner, dass sie eine deutschsprachige Autorin ist. Ihr Schreibstil ist kurzweilig und spannend, der Aufbau der Handlung und die Ausgestaltung der Charaktere erfrischend und unterhaltsam. Wenn ich überhaupt etwas zu kritisieren habe, dann die Tatsache, dass im letzten Drittel der Geschichte gefühlt alles auf einmal passiert. Hier hätte sich die Autorin gerne noch etwas mehr Zeit nehmen können.

Und über einen weiteren Band wäre ich übrigens auch nicht böse. Die Handlung in diesem ist allerdings in sich abgeschlossen.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Ein Roman, der Japan den Spiegel vorhält

Brüste und Eier
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Sommer 2008. Die 30-jährige Natsuko erhält Besuch von ihrer älteren Schwester Makiko und deren 12-jähriger Tochter Midoriko. Es werden seltsame Tage, denn Makiko, die alleinerziehend ist und als Hostess ...

Sommer 2008. Die 30-jährige Natsuko erhält Besuch von ihrer älteren Schwester Makiko und deren 12-jähriger Tochter Midoriko. Es werden seltsame Tage, denn Makiko, die alleinerziehend ist und als Hostess in einer Bar arbeitet, möchte sich in Tokyo unbedingt die Brüste vergrößern lassen. Midoriko hingegen kommt mit den Veränderungen, die die Pubertät mit sich bringt, überhaupt nicht zurecht. Ihrer Mutter gegenüber ist sie verstummt und teilt ihre Gedanken nur noch mit ihrem Tagenbuch. Als Makiko dann am letzten Tag des Besuchs einfach verschwindet, eskaliert die Situation. Acht Jahre später hat Natsuko ihren ersten Roman veröffentlicht, aber seitdem will ihr das Schreiben nicht mehr gelingen. Dafür verfolgt sie immer mehr der eine Wunsch: ein Kind. Doch wie soll das gelingen? Wo sie doch aktuell in keiner Beziehung und außerdem asexuell ist. Und so begibt sie sich auf die Suche nach "ihrem" Kind, recheriert jahrlang über das Thema Samenspende, auch wenn ihr Umfeld teilweise sehr ablehnend reagiert.

"Brüste und Eier" beschäftigt sich intensiv mit der Situation der Frau im modernen Japan. Traditionell wird von dieser immer noch verlangt, sich um Mann, Haushalt und Kinder zu kümmern; das mit einem eigenen Berufsleben zu verknüpfen, ist oftmals unmöglich. In ihrem Roman erzählt Mieko Kawakami von eben diesen Frauen, die durch das Raster der japanischen Gesellschaft fallen. Alleinerziehende, geschiedene Frauen, Frauen, die wieder bei ihren Schwiegereltern einziehen müssen, weil der Mann seiner Rolle als Ernährer nicht nachkommen kann und solche, die auf dem Weg zur eigenen Karriere völlig vereinsamen. Kritik daran wird vor allem durch eine von Natsukos Freundinnen laut: "Denen ist nicht zu helfen", urteilt sie, nachdem sie das Mittagessen mit ehemaligen Arbeitskolleginnen verlässt, allesamt bereit, alles für Mann und Kinder zu opfern. Der Schreibstil der Autorin ist dabei nüchtern, so dass es manchmal schwerfällt, Bezug zu den Figuren herzustellen. Vor allem Natsuko bleibt lange Zeit nur schwer greifbar, ihre Motivation ist kaum nachvollziehbar. Dennoch nimmt man als Leser Anteil an ihrem Leben und wünscht ihr, dass am Ende alles gut mögen werde. Was auch immer das in diesem Fall genau bedeutet.

Fazit: Ein wichtiges Buch, das der japanischen Gesellschaft den Spiegel vorhält

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Veröffentlicht am 01.09.2020

Beeindruckende Aufnahmen

Nachts im Wald
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Kilian Schönberger, Diplom-Geograf und freiberuflicher Landschaftsfotograf, legt mit "Nachts im Wald" einen neuen Bildband vor, der sich mit einem DER Sehnsuchtsorte der Deutschen beschäftigt. Äußerlich ...

Kilian Schönberger, Diplom-Geograf und freiberuflicher Landschaftsfotograf, legt mit "Nachts im Wald" einen neuen Bildband vor, der sich mit einem DER Sehnsuchtsorte der Deutschen beschäftigt. Äußerlich betrachtet fällt zunächst das sehr kompakte Format auf (etwa A5, quer), im Inneren sind es natürlich die umwerfenden Fotografien. In tollen, stimmungsvollen Impressionen führt der Autor durch die unterschiedlichsten Wetterlagen und Jahreszeiten, egal ob Nebel oder Schnee, Morgen- oder Abenddämmerung.

Ergänzt werden die Fotografien um dazu passende Texte: Kilian Schönberger berichtet, wie und wo er die jeweiligen Bilder aufgenommen hat. Dabei geht es nicht um bloße technische Details, sondern er erzählt kleine Geschichten rund um seine Entdeckungstouren und seine Begegnungen mit Mensch und Tier. Dabei macht er auch seine Kindheit im Oberpfälzer Wald zum Thema und wie seine zunehmende Beschäftigung mit dem Ökosystem Wald als Erwachsener seine Sicht nach und nach veränderte. Dennoch wird er für ihn immer ein verzauberter Ort bleiben, dessen Magie er in seinen Bildern einzufangen sucht.

Von der Ostsee bis in den Bayerischen Wald, von der Eifel bis ins "Krabatland" Oberlausitz - die Fotos sind an Orten in ganz Deutschland entstanden. Besonders beeindruckend sind dabei die Aufnahmen des nächtlichen Sternenhimmels und eines Blutmondes sowie märchenhaft verschneite Landschaften. Dabei lässt der Autor auch immer wieder sein Wissen einfließen, über die Sterne und die Milchstraße, aber auch kritische Themen wie Lichtverschmutzung und was diese für zahlreiche Tierarten bedeutet. Am Ende ergänzen ein kleiner Exkurs zu den Sinnen bei Nacht und einige Tipps und Tricks zum Thema Nachtfotografie diesen schönen kleinen Bildband. Für alle Fans des "Waldbadens", für Fotografieexperten wären vielleicht noch konkrete technische Daten zu den aufgenommenen Fotos interessant gewesen.

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