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Veröffentlicht am 18.09.2020

Dunkle Straßen

Dunkelsommer
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Vor drei Jahren verschwand die 17jährige Lina. Ihr Vater hatte sie zum Bus gebracht und nicht gewartet bis der Bus kam. Der Busfahrer sagte aus, Lina sei nicht an der Haltestelle gewesen. Lennart, genannt ...

Vor drei Jahren verschwand die 17jährige Lina. Ihr Vater hatte sie zum Bus gebracht und nicht gewartet bis der Bus kam. Der Busfahrer sagte aus, Lina sei nicht an der Haltestelle gewesen. Lennart, genannt Lelle, macht sich große Vorwürfe und obwohl die Polizei die Ermittlung nach der langen Zeit zwar nicht aufgegeben, aber doch runtergefahren hat, ist es Lelle, der jede Nacht durch die Umgebung fährt und immer weitersucht. Leider war Lelle bisher kein Erfolg beschieden. An Linas Stelle ist ein großes Loch in seinem Leben und auch seine Ehe ist nach dem Verschwinden seiner Tochter in die Brüche gegangen.

Eine Tochter verschwindet und ein Vater kann ihren Verlust nicht verwinden, während die Mutter versucht in ihrer Verzweiflung und Trauer nach vorne zu blicken. Aber hin und wieder findet Lelle einen Hinweis, der sich wenigstens neu anfühlt, auch wenn sich dann herausstellt, dass die Polizei dem doch schon nachgegangen ist. Der Polizist Hassan hilft Lelle hin und wieder, doch meist eher zu Lelles Beruhigung als mit handfesten Taten. Jeden Abend zieht Lelle los und überlegt, welche Straßen er noch nicht abgesucht hat. Er hält Augen und Ohren offen und manchmal trifft er auf seltsame Eigenbrötler.

Vielleicht hat man vor Kurzem ein Buch mit einem ähnlichen Ansatz gelesen und fragt sich, ob eine weitere Lektüre zu dem Thema neue Impulse bringen kann. Doch die Autorin hat einen spannenden Roman geschaffen. In dem sie dem Vater doch kleine Stücke Hoffnung gibt, macht sie die Suche doch irgendwie erfolgversprechend. Und als Leser wird man, nachdem man sich mit der Unangepasstheit des Vaters abgefunden hat, immer mehr gepackt. Gerade auch wenn die vermeintliche Nebenhandlung an größerer Bedeutung gewinnt. Zusätzlich bekommt man einen gefühlvollen Einblick in die tragische Situation einer Familie, die ihr einziges Kind verloren hat.

Veröffentlicht am 17.09.2020

Wieder neu

Geschichten mit Marianne
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Sie sind ein Paar in immer wieder neuen Situationen, er und Marianne. Sie sind alt, sie sind jung. Sie reisen, getrennt oder zusammen. Sie fahren mit dem Auto, er führt kleine Aufträge für sie aus. Sie ...

Sie sind ein Paar in immer wieder neuen Situationen, er und Marianne. Sie sind alt, sie sind jung. Sie reisen, getrennt oder zusammen. Sie fahren mit dem Auto, er führt kleine Aufträge für sie aus. Sie gehen in einen Swinger-Club. Oder sie sind vom Glück gesegnet auf einem Flohmarkt. Die Ausgangssituationen sind harmlos und sie könnten fast in jedem Leben stattfinden. Doch dann bekommen die Situationen eine Wendung, die wenigstens überraschend und mitunter skurril erscheint. Sie führen ein bewegtes Leben, das hin und wieder aus parallelen Universen kommen mag.

Das Wort Geschichten im Titel dieses Buches ist durchaus so gemeint, denn er und Marianne erleben nicht direkt ein gemeinsames Leben, sondern eher gemeinsame Geschichten, die so ausgehen können, dass es eigentlich nicht weitergehen kann. Doch immer wieder beginnt es von Neuen. Marianne und er geraten in ungewöhnliche, witzige oder auch aussichtslos Situationen. Sie können eigentlich nur der Phantasie wohl eher von ihm entsprungen sein. Die Erzählungen wirken so normal und doch so ungewöhnlich. Ist es das Leben, wie so normal wie es ist oder eher so aufregend, wie man es sich wünschen würde.

Marianne und er in Geschichten. Der Anfang dieses Buches ist in seinem Aberwitz beinahe genial. Im Weiteren wird schnell klar, dass es sich bei den Geschichten eben um kurze Erzählungen über ihn und Marianne handelt, denen die Brücke eines Zusammenhangs fehlt. So erwecken die kurzen Beschreibungen eher einer Sammlung aus Eindrücken, wie es zwischen ihm und Marianne sein könnte oder gewesen sein könnte. So darf man manchmal schmunzeln und manchmal fährt einem der Schreck in die Glieder. Man könnte auch an Traum- oder Albtraumsequenzen denken. Jedenfalls ist man wieder und wieder überrascht und fliegt nur so durch die Seiten.

Eine Geschichtensammlung, die mit ihrer Vielfältigkeit punktet und in ihrer Skurrilität oft überrascht.

Veröffentlicht am 13.09.2020

Zweifaltigkeit

Triceratops
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Die Verhältnisse im Elternhaus des Jungen sind schwierig. Der Vater hat für alles einen Bibelspruch zur Hand. Die Mutter ist häufiger wegen psychischer Probleme in der Klinik. Dann muss der Junge, dessen ...

Die Verhältnisse im Elternhaus des Jungen sind schwierig. Der Vater hat für alles einen Bibelspruch zur Hand. Die Mutter ist häufiger wegen psychischer Probleme in der Klinik. Dann muss der Junge, dessen Schwester noch nicht alt genug ist, um auf ihn aufzupassen, zur Tante oder zur Oma Aschenbach. Bei der Oma auf dem kleinen Bauernhof fühlt er sich wohl, denn die Oma kümmert sich um ihn, während er sich daheim des Öfteren um die Mutter kümmern muss. Eigentlich würde der Junge lieber malen und einfach nur Kind sein.

Es wundert einen nicht, dass der Junge von seiner Kindheit überfordert ist. Genau genommen hat er keine richtige Kindheit. So richtig auszudrücken wagt er es nicht, allerdings hat er schwerwiegende Hautprobleme, die der ärztlichen Behandlung bedürfen. Wenn man sich mit psychischen Erkrankungen nicht auskennt, könnte man auf die Idee kommen, die Eltern sollten sich besser um ihre Kinder kümmern, anstatt um sich selbst zu rotieren. Wahrscheinlich jedoch ist deren Wahlmöglichkeit eingeschränkt und wie eigentlich alle Eltern geben sie ihr Bestes, um den Kindern den Weg ins Erwachsenenleben zu ebnen. Es will ihnen nur nicht so recht gelingen. Der Vater flüchtet in die Bibel und wohl auch in den Alkohol, die Mutter flüchtet ins Krankenhaus. Die Oma scheint als Einzige relativ normal, auch wenn drei ihrer sechs Kinder früh gestorben sind und sie manchmal etwas viel vom Krieg redet.

Puh, so eine Familie möchte man nicht geschenkt. Man ist zum einen froh, dass es sich hoffentlich nur um einen Roman handelt und zum anderen ist man froh, dass es bei durchaus vorhandenen Schwierigkeiten in der eigenen Familie mehr Fröhlichkeit zu verteilen gab. In seiner Schwere hat der Roman durchaus einen Nachhall und die fehlende Gefälligkeit muss kein Nachteil sein. Die szenischen Beschreibungen entwerfen Bilder im Kopf. Doch manchmal fragt man sich, ob es der Tragödien nicht zu viele sind für ein kleines Leben. Immerhin der Junge ist stark und er steht seine Kindheit durch. Man fragt sich, ob man seine Stärke hätte oder ob man lieber auswandern würde.

Veröffentlicht am 11.09.2020

Roll the Dice

Die Rückkehr des Würfelmörders (Ein Fabian-Risk-Krimi 5)
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Kann die Gemeinsamkeit sein, dass es keine Gemeinsamkeit gibt? Kommissar Fabian Risk und sein Team stehen immer noch vor einem Rätsel. Sie haben unterschiedliche Morde und nicht wirklich einen Ansatzpunkt. ...

Kann die Gemeinsamkeit sein, dass es keine Gemeinsamkeit gibt? Kommissar Fabian Risk und sein Team stehen immer noch vor einem Rätsel. Sie haben unterschiedliche Morde und nicht wirklich einen Ansatzpunkt. Dennoch kommt Risk der Verdacht, dass die Fälle zusammenhängen und dass es möglicherweise einen Trittbrettfahrer gibt. Abseits von der eigentlichen Ermittlung geht Risk noch weiteren Hinweisen nach, was ihn bei der Chefin nicht gerade beliebter macht. Und wieder gibt es ein Opfer. Ein Opfer, das eigentlich gerettet schien. Wie perfide kann ein Täter vorgehen?

In seinem fünften Auftritt muss Kommissar Fabian Risk die rätselhaften Morde endlich aufklären. Zu diesem Band gehört der vorherige Teil „Der Würfelmörder“, der bereits unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen ist. Im laufenden Fall bekommt man den Eindruck, Risk muss an allen Fronten kämpfen. Er verfolgt diese anderen Hinweise. Und auch in seiner Familie gibt es Probleme. Seine Tochter glaubt an Geister und sein Sohn hat sich mit den falschen Leuten eingelassen. Wie es um seine Ehe steht, kann auch nicht so leicht beantwortet werden. Doch wenigstens hat er eine Kollegin, der er vertrauen kann. Kann er es unter den ungünstigen Umständen überhaupt schaffen, den oder die Täter zu schnappen?

Ein Kriminalroman in zwei Teilen, ob das für den klassischen Krimileser, der davon ausgeht, der laufende Fall ist zum Ende des Romans weitgehend abgeschlossen, das Richtige ist, sollte eben jener Leser einfach ausprobieren. Spannend ist die weitergesponnene Handlung allemal. Zwar gerieren sich manche der handelnden Personen so, als ob sie einen ordentlichen Dämpfer gebrauchen könnten. Und wieder kann man sich fragen, was daraus noch werden wird. Dennoch fesselt Fabian Risk mit seinen ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden und seinem Durchsetzungswillen. Er kämpft förmlich bis zur Erschöpfung, um dem Täter endlich das Handwerk zu legen. Hin und wieder fragt man sich, wie er denn jetzt darauf kommt, aber grundsätzlich ist die Handlung schlüssig und bei dem furiosen Finale hält man während des Lesens tatsächlich manchmal die Luft an.

Veröffentlicht am 10.09.2020

Gitarrensolo

Vintage
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Sein Chef fliegt nicht gerne, deshalb wird sein Aushilfsmitarbeiter Thomas Dupré nach Inverness geschickt, um eine seltene Gitarre auszuliefern. Der Abnehmer Lord Whinsley erweist sich als wahrer Kenner ...

Sein Chef fliegt nicht gerne, deshalb wird sein Aushilfsmitarbeiter Thomas Dupré nach Inverness geschickt, um eine seltene Gitarre auszuliefern. Der Abnehmer Lord Whinsley erweist sich als wahrer Kenner und als er Thomas erlaubt Gitarren aus seiner Sammlung auszuprobieren, schwebt dieser über den Wolken. Doch der Lord hat noch einen Auftrag für Dupré, er soll die seltenste Gitarre der Welt finden, eine Gibson Moderne, von der der Lord behauptet, sie sei ihm gestohlen worden. Ein geringfügiges Problem gibt es dabei, soweit bekannt, soll es von dem Instrument allenfalls Prototypen geben.

Thomas, der eigentlich ein eher unbekannter Musiker, aber auch Journalist ist, ist von der Geschichte des Lords angefixt und natürlich lockt eine lukrative Belohnung. Er begibt sich also auf eine Spurensuche sowohl nach der Geschichte der Gitarre als auch nach einem möglicherweise tatsächlich noch existierenden Instrument. Er beginnt damit in seiner Heimatstadt Paris bei seinem Chef, der sogar ein paar kleine Hinweise für ihn hat. Bald weist jedoch vieles in die USA, die Heimat der Gibson Gitarrenbauer. Dupré reist zunächst nach Tennessee, um einem Post nachzugehen, den er in einem Internetforum gefunden hat.

Über die Gibson Moderne aus dem Jahr 1957 lassen sich im weltweiten Netz einige wenige Informationen finden. Aus diesen hat der Autor einen ausgesprochen spannenden Musik-Thriller geformt. Zwar erscheinen einige wenige Szenen etwas over the top, aber insgesamt liest sich diese Spurensuche wie eine packende investigative Reportage mit persönlichem Touch. Dupré entwickelt sich dabei von einem relativ unbedarften Aushilfsverkäufer zu einem cleveren Detektiv, der sein Ziel nie aus den Augen verliert und sich auch nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt. Gerne hätte man einige seiner Beschreibungen der Musikstücke nachgehört, aber da hat der Autor wohl seine Phantasie spielen lassen. So muss man sich selbst die Vorläufer des Metall komponieren, was die Lektüre beinahe noch packender macht.