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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.10.2020

Beängstigend

Zerrissen
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Fred Abel, Rechtsmediziner beim BKA, muss sich wieder mit einigen rätselhaften Fällen beschäftigen. Da ist das kleine Mädchen im Koma mit Verletzungen, die nicht von einem Sturz kommen können. ...

Fred Abel, Rechtsmediziner beim BKA, muss sich wieder mit einigen rätselhaften Fällen beschäftigen. Da ist das kleine Mädchen im Koma mit Verletzungen, die nicht von einem Sturz kommen können. Dann die ältere Dame, die wieder aufgewacht ist, um dann doch zu sterben. Zwei spektakuläre Mordfälle ordnet er dem Clan-Milieu zu. Er schaltet sich selbst in die Ermittlungen ein und bringt unerwartete Zusammenhänge ans Licht. Dadurch bringt er sich und seine Lebensgefährtin in ernste Gefahr.

"Zerrissen" ist der der erste Roman von Michael Tsokos, den ich gelesen habe. Der bildhafte Schreibstil hat mir sehr gefallen, nur einige Szenen im Sektionssaal hätte ich mir weniger detailgetreu gewünscht. Sehr geschickt hält der Autor von Anfang an die Spannung hoch. Mit dem Wissen, dass die Fälle größtenteils einen realen Hintergrund haben, ist es faszinierend, wie sich nach und nach die Zusammenhänge herauskristallisieren und die Lösung Gestalt annimmt. Die Entwicklung der Geschichte hat mich sehr gefesselt. Gleichzeitig ist es durchaus beängstigend, dass solche grausamen Verbrechen so oder so ähnlich real verübt werden.

Die Personen sind authentisch dargestellt, ihr Handeln ist gut nachvollziehbar
und realistisch. Besonders interessant fand ich den Einblick in die Strukturen des libanesischen Clans, denn dieses Thema ist zur Zeit ja hochaktuell.

Mein Fazit: Ein spannender True-Crime-Thriller, der nicht nur eingefleischte Fans überzeugen wird.

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Veröffentlicht am 05.10.2020

Eine Geschichte vom erwachsen werden

Nalas Welt
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Eigentlich wollte Dean mit seinem Kumpel Ricky um die Welt radeln. Ricky verliert aber schon nach wenigen Etappen die Lust und fährt zurück nach Hause. Dean setzt die Reise alleine fort und stößt in Bosnien ...

Eigentlich wollte Dean mit seinem Kumpel Ricky um die Welt radeln. Ricky verliert aber schon nach wenigen Etappen die Lust und fährt zurück nach Hause. Dean setzt die Reise alleine fort und stößt in Bosnien auf ein abgemagertes Kätzchen. Er nimmt es mit und hat damit seine ideale Reisegefährtin gefunden. Auf ihrem Weg durch Osteuropa bis nach Asien erleben die beiden einige Abenteuer und lassen sich auch von gelegentlichen Rückschlägen nicht von ihren Reiseplänen abbringen. Dabei wird aus dem Partytier Dean ein verantwortungsbewusster Katzenpapa, der mit offenen Augen durch die Welt geht und dabei noch ganz locker auf die aktuellen Probleme der Welt hinweist. Dazu tut er auch noch was dagegen, das ist fast zu gut um wahr zu sein. Er schreibt aber so unspektakulär und macht so wenig Aufhebens von sich selbst, dass man ihm alles unbesehen glaubt. Er sammelt Müll am Strand, er hilft in Tierschutzorganisationen und treibt Spendengelder auf, die er ebenso dem Tierschutz wie dem Umweltschutz zur Verfügung stellt. Bei all diesen Aktivitäten lernt er immer wieder engagierte Menschen kennen und wird überall freundlich aufgenommen.

Dean ist ein großer, kräftiger und sympathischer Schotte, den ich gerne auch mal kennenlernen würde. Mir gefällt seine Art, in seinem Reisebericht auf die aktuellen Missstände dieser Welt hinzuweisen, denn er kriegt das ohne den erhobenen Zeigefinger hin. Dazu trägt sein lockerer Schreibstil ebenso bei wie seine selbstironischen, teilweise schon sehr selbstkritischen Betrachtungen der Situationen, in die er immer wieder gerät. Aufgrund der zahlreichen Umwege, Pannen und kleinen Dramen, die er mit Nala zusammen erlebt, ist das Buch von Anfang an so spannend, dass man es kaum weglegen möchte.
Besonders gefallen hat mir aber, dass Dean nicht nur auf aktuelle Probleme dieser Welt wie Klimawandel, Plastikmüll, Flüchtlingselend und Tierleid hinweist und sie bejammert, nein er wird gleich aktiv und zeigt, dass jeder sein Teil dazu beitragen kann, dass unsere Welt wieder eine bessere wird.

Mein Fazit: Absolut lesenswert, sehr spaßig zu lesen, aber alles andere als seicht.

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Veröffentlicht am 25.09.2020

Aufbruchsstimmung

Und die Welt war jung
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Über eine Spanne von zehn Jahren nach dem zweiten Weltkrieg schildert Carmen Korn die miteinander verknüpften Geschichten dreier Familien in Köln, Hamburg und San Remo. Alle drei Familien kämpfen mit den ...

Über eine Spanne von zehn Jahren nach dem zweiten Weltkrieg schildert Carmen Korn die miteinander verknüpften Geschichten dreier Familien in Köln, Hamburg und San Remo. Alle drei Familien kämpfen mit den Problemen ihrer Zeit, mit Mangel, Traumata und Wiederaufbau. Mit gegenseitiger Unterstützung gelingt es ihnen, allen Widrigkeiten zu trotzen und gemeinsam die schwierigen Zeiten zu überstehen, so dass jede der Familien ihr kleines Glück und ihr Stück vom Wirtschaftswunderkuchen abbekommt.

Schon die Jahrhundert-Trilogie von Carmen Korn habe ich mit Begeisterung verschlungen, das Erscheinen dieses Buches konnte ich kaum erwarten. Mit ihrem schnörkellosen, fast schon unspektakulären Schreibstil gelingt es Carmen Korn, die Charaktere ihrer Protagonisten so anschaulich zu beschreiben, dass ich mich mit jedem einzelnen identifizieren kann. Besonders gut ist ihr die Darstellung von Nina gelungen, ihre Zerrissenheit und den Kampf mit ihrem Gewissen konnte ich gut nachfühlen.
Allgemein ist die Geschichte erstklassig recherchiert, die Darstellung des Lebens in den 50-er Jahren ist sehr nahe an dem, was mir aus den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern in Erinnerung geblieben ist.

Obwohl eigentlich "nur" über den Alltag der Familien erzählt wird, fand ich das Buch sehr spannend und konnte es kaum aus der Hand legen. Das etwas abrupte Ende lässt mich auf eine Fortsetzung hoffen, die ich kaum erwarten kann. Zumindest die Geschichte von Pips ist meiner Meinung nach noch nicht fertig erzählt.

Mein Fazit: Unbedingt empfehlenswert.


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Veröffentlicht am 18.09.2020

Eine verwickelte Geschichte

Das fremde Gesicht
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Meghan, die vor einem halben Jahr ihren Vater durch einen Unfall verloren hat, macht gerade ihre ersten Karriere-Schritte als Reporterin. Während sie in einer Klinik recherchiert, begegnet sie der sterbenden ...

Meghan, die vor einem halben Jahr ihren Vater durch einen Unfall verloren hat, macht gerade ihre ersten Karriere-Schritte als Reporterin. Während sie in einer Klinik recherchiert, begegnet sie der sterbenden Annie, die ihr zum Verwechseln ähnlich sieht. Das ist der Beginn einer verwickelten Geschichte, in deren Verlauf Meghan damit fertig werden muss, dass ihr Vater nicht der war, für den sie ihn gehalten hat. Zudem entstehen Zweifel an seinem Tod, er gerät unter Mordverdacht und seine Firma wird in einen Betrugsfall verwickelt. Meghan will das alles nicht glauben und beginnt eigene Ermittlungen, in deren Verlauf sie selbst in tödliche Gefahr gerät.

Ein verunglückter Geschäftsmann, seine trauernde Familie und ihre Freunde, ein paar undurchsichtige Kollegen und ein besessener Stalker - das sind die Hauptfiguren dieses Thrillers, der von Seite zu Seite spannender wird. Dazu trägt außer dem prägnanten, kurzweiligen Schreibstil auch die Tatsache bei, dass die Protagonisten zum Teil ein wenig undurchschaubar gehalten sind. Außer Meghan, ihrer Mutter Catherine, Mac und Kyle konnte ich anfangs niemanden so richtig einschätzen. Erst sehr spät trennt sich hier Gut von Böse, die wirkliche Auflösung des Falles im Laufe des rasanten Finales war eine echte Überraschung für mich.

Mein Fazit: Das Thema der Geschichte mit einer tot geglaubten Hauptperson und einem Angehörigen, der der Sache auf den Grund geht, ist nicht ganz neu, hier aber meisterhaft umgesetzt. Spannender geht es kaum.

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Veröffentlicht am 25.08.2020

Authentisch und berührend

Jahresringe
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Als junges Mädchen kommt Leonore auf der Flucht vor den Russen nach Lich-Steinstraß auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen. Der Bäcker Hannes gibt ihr Arbeit und ein Zuhause. Als evangelischer Flüchtling ...

Als junges Mädchen kommt Leonore auf der Flucht vor den Russen nach Lich-Steinstraß auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen. Der Bäcker Hannes gibt ihr Arbeit und ein Zuhause. Als evangelischer Flüchtling wird sie von den erzkatholischen Dorfbewohnern jedoch nur geduldet und findet keinen Anschluss, deshalb sucht sie ihre Zuflucht im Wald. Nach der Geburt ihres Sohnes Paul und der Übernahme von Hannes`Bäckerei empfindet sie das Dorf trotzdem als Heimat. Als Paul zwölf Jahre alt ist, sollen Wald und Dorf dem Tagebau weichen. Leonore stemmt sich gegen die Umsiedlung in eine seelenlose Neubausiedlung, muss aber nach sechs Jahren den Widerstand aufgeben. Paul zieht dort seine beiden Kinder Jan und Sarah groß, die später im Kampf um die Reste des Waldes - inzwischen Hambacher Forst genannt - als erbitterte Gegner gegenüber stehen.

Andreas Wagner ist ein überzeugendes Debüt gelungen. Sehr sachlich, authentisch und trotzdem berührend erzählt er nicht nur die Geschichte der Leonore Klimkeit und ihrer Familie, sondern auch von Flucht und Vertreibung nach dem zweiten Weltkrieg und vom Kampf um den Hambacher Forst. Sehr kritisch beleuchtet er die Machenschaften der Firma Rheinbraun, dem Betreiber des Tagebaus, der die Bewohner des Dorfs zur Umsiedlung nötigt. Auch mit der Zwangsevakuierung der "Baumbesetzer" die um die Reste des Waldgebiets kämpfen, setzt er sich sehr detailliert und kritisch auseinander. Hier kann man deutlich spüren, dass er sich mit diesem Thema sehr intensiv befasst hat.

Ganz besonders beeindruckt hat mich Leonore, die ganz allein auf sich gestellt nicht nur die Flucht bewältigt hat, sondern auch für Hannes und seine Mutter da war und später nicht nur ihren Sohn, sondern auch ihre Enkel großgezogen hat. Eine starke Persönlichkeit, die trotz aller Anfeindungen ihren Weg gegangen ist. Ihre Geschichte, verknüpft mit der Geschichte des Hambacher Forsts, hat mich so gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte.

Fazit: Sehr empfehlenswert für jeden, der Interesse an der neueren deutschen Geschichte hat.

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