Profilbild von liesmal

liesmal

Lesejury Star
online

liesmal ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit liesmal über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.09.2020

Auf Wegen und Umwegen durchs Leben

Das Buch eines Sommers
0

Die Geschichte beginnt in einem Sommer vor langer Zeit…
Nicolas träumt davon, seinem Onkel Valentin nachzueifern und ebenfalls Schriftsteller zu werden. Gern nimmt er nach dem Abitur dessen Einladung ...

Die Geschichte beginnt in einem Sommer vor langer Zeit…
Nicolas träumt davon, seinem Onkel Valentin nachzueifern und ebenfalls Schriftsteller zu werden. Gern nimmt er nach dem Abitur dessen Einladung an, seine Ferien bei ihm zu verbringen. Valentins Villa ist „an einem netten Ort, irgendwo, wo es sich leben lässt.“ Sie steht mitten in einem naturbelassenen, fast schon verwilderten Park und hat vielleicht gerade dadurch einen ganz besonderen Charme.
Nicolas erfährt in den Wochen mehr Liebe von seinem Onkel, als ihm sein eigener Vater jemals entgegengengebracht hätte. Mehr als einmal sagt Valentin ihm, wie lieb er ihn hat. Doch auch ohne dass er es gesagt hätte, spüre ich beim Lesen die innige Verbindung zwischen den beiden Menschen.
Von Valentin hat Nicolas erfahren, wie kostbar doch die Zeit ist, auch die, an die man lieber nicht mehr denken mag. „Denn was ist das Leben anderes als eine Aneinanderreihung von Momenten? Wenn man sich die wegwünscht, hat man sich am Ende das ganze Leben weggewünscht.“ Dieses Zitat ist nur eines von vielen Beispielen, mit denen Valentin Nicolas helfen will, den richtigen Weg auf der Reise seines Lebens zu finden.
In der Geschichte gibt es einen großen zeitlichen Sprung, das Leben kommt dazwischen.
Viele Sommer später…
Nicolas glaubte Verantwortung übernehmen zu müssen, als er die Firma seines Vaters weiterführte. Dadurch blieb für Frau und Kind kaum Zeit. Die Wünsche und Träume für sein eigenes Leben schienen vergessen. Die Erinnerung daran kam erst nach dem Tod von Onkel Valentin.
„Aus dem eingefahrenen Leben kommt er nicht wieder heraus, da bleibt er gefangen“, so waren meine Gedanken. Doch der Autor Bas Kast hat mich etwas anderes gelehrt. „Werde, der du bist“, heißt es im Untertitel. Vollkommen gebannt habe ich die fesselnde Geschichte von Nicolas verfolgt.
Es war ein wunderbarer Weg voll unerwarteter Überraschungen, den ich mitgehen durfte, manchmal voller Fröhlichkeit, dann wieder mit traurigen Situationen, in denen meine Augen so brannten, dass ich kaum mehr weiterlesen konnte.
Es gibt unglaublich viele Zitate, die mich unsagbar berührt haben, wie ich es mit Worten nicht beschreiben kann: Trauer: „… und die Welt um uns herum sich verdunkelte, als hätte man ihr jäh eine Handvoll ihrer schönsten Farben gestohlen…“
Besser geht nicht!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.09.2020

Manchmal bin ich sprachlos

Still!
0

Mariella spricht nicht mehr. Irgendwann ist sie einfach still. Dabei finde ich es eher zweitrangig, aus welchem Grund sie sich gegen das Reden entschieden hat – ob sie sich dazu entschlossen hat, weil ...

Mariella spricht nicht mehr. Irgendwann ist sie einfach still. Dabei finde ich es eher zweitrangig, aus welchem Grund sie sich gegen das Reden entschieden hat – ob sie sich dazu entschlossen hat, weil ihre Eltern sich getrennt haben, weil niemand sie verstehen will oder weil ohnehin zu viel geredet wird. Mich fasziniert besonders, wie rigoros sie das durchzieht. Das stelle ich mir wirklich nicht einfach vor. Ob es ihre Mitschüler oder ihre Lehrer sind, egal wo sie unterwegs ist und wen sie trifft – nirgends verliert sie auch nur ein Wort. Damit stößt sie sehr häufig auf Unverständnis, was für mich unbegreiflich ist und worüber ich nur mit dem Kopf schütteln kann.
Dabei hat sie doch so viel zu sagen und das erzählt Dirk Pope in seinem Roman „Stille“ – bewundernswert, eindringlich und berührend, aber auch humorvoll, mit wunderbaren Worten und zauberhaften Wortspielereien.
Eine unerwartete Änderung in Mariellas Leben gibt es, als jemand an ihrem Lieblingsplatz sitzt. Der anfängliche Ärger, den sie spürt, wandelt sich bald, denn in dem gehörlosen Stan findet sie einen Freund, der sie so mag, wie sie ist. Irgendwie verstehen sie sich sofort und entdecken ihre eigene Art des Gesprächs. Sie erleben viel Schönes, doch es gibt auch traurige Situationen.
Mich hat die Geschichte von Mariella und Stan sehr berührt. Ich habe noch jetzt, wo ich die Rezension schreibe, das Gefühl, ich müsste ganz vorsichtig sein, um nichts zu zerstören.
Eines der bewegendsten Bücher, das ich in diesem Jahr gelesen habe – und eines, bei dem ich die fünf Sterne ganz fett drucken möchte, weil sie gar nicht ausreichen.
Ein grandioses Werk, das ich von Herzen gern weiterempfehle!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2020

Vom Festhalten und Loslassen, Vergeben und Verzeihen

Bären füttern verboten
0

„Und was wäre, wenn ich sagen würde, ich überliebe dich?“



Eine außergewöhnliche Geschichte ist der Autorin Rachel Elliott mit dem Roman „Bären füttern verboten“ aus dem mareverlag gelungen.

Es gibt ...

„Und was wäre, wenn ich sagen würde, ich überliebe dich?“



Eine außergewöhnliche Geschichte ist der Autorin Rachel Elliott mit dem Roman „Bären füttern verboten“ aus dem mareverlag gelungen.

Es gibt ein ansprechendes Cover, das Häuser und ihre Dächer zeigt. Die Dächer gehören zu Sydney, der Protagonistin, deren Leidenschaft „Freerunning“ ist. „…dass der Verstand abschaltet und man aufhört zu denken…“ Ist der Sport tatsächlich eine Leidenschaft für Sydney oder versucht sie dadurch Vergangenes zu bewältigen?

In Sydneys Kindheit hat ihre Familie einige Jahre den Urlaub in St. Ives verbracht. Doch dann muss etwas geschehen sein, denn erst viele Jahre später – Sydney ist mittlerweile 47 Jahre alt – kehrt sie an den Ort ihrer Kindheit zurück.

Im Buch gibt es zeitliche Sprünge, die ich irgendwie faszinierend finde, obwohl diese Art des Schreibens am Anfang doch für einige Verwirrung bei mir sorgte. Freerunning auch hier?

Neben diesem ständigen Wechsel der Zeiten lebt das Buch von Gedanken, Träumen und Erinnerungen, in erster Linie von denen Sydneys und ihres Vaters. Dabei ist zu spüren, dass etwas zwischen ihnen steht. „Und wenn er die Hand ausstreckt, werde ich nie wissen, ob er damit sagt komm her oder bleib weg.“

Ein bewegender Schreibstil, der die Traurigkeit über das Geschehen mit allen Facetten, aber auch das Unvermögen loszulassen und sich wieder dem Leben in der Gegenwart hinzugeben, sehr eindringlich wiedergibt.

Doch neben allem Bedrückenden kommt auch der Humor nicht zu kurz. Es macht unglaublichen Spaß, die Menschen von St. Ives kennenzulernen, sich mit ihren Eigenarten vertraut zu machen. Tatsächlich gibt es viele skurrile Typen, aber auch Menschlichkeit und Freundlichkeit begegnen uns – und Stuart, ein liebenswerter Hund mit menschlichen Zügen.

Das Buch hat mich von Anfang an gepackt, weil es immer wieder neue Überraschungen bereithält. Die Leselust hat mich bis zum Schluss nicht losgelassen. Begeisterung pur bei diesem Lesehighlight!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.09.2020

Kalmann - wunderbar anders

Kalmann
0

„Großvater hatte mir einmal gesagt, dass jeder in gewisser Weise anders sei, und darum sei ich ganz normal.“

Island – Felsen bis ins Wasser, schneebedeckte Berge, ein Haus in der Ebene von ...

„Großvater hatte mir einmal gesagt, dass jeder in gewisser Weise anders sei, und darum sei ich ganz normal.“

Island – Felsen bis ins Wasser, schneebedeckte Berge, ein Haus in der Ebene von Melrakkaslétta: Das Cover macht Lust auf die Einsamkeit Islands mit seinen besonderen Menschen. Die Geschichte führt ganz nach oben in den Nordosten. Dort liegt der kleine Ort Raufarhövn, die Heimat von „Kalmann“, der Titelfigur des Romans von Joachim B. Schmidt, erschienen bei Diogenes.
Von manchen Leuten wird er bezeichnet als „Dorftrottel“. Dabei ist er doch der selbsternannte Sheriff von Raufarhövn, lebte lange Jahre bei seinem Großvater, von dem er alles gelernt hat, was man braucht. So wurde Kalmann nicht nur ein guter Jäger, sondern auch ein Haifischfänger, der stolz ist, wenn er hört, dass sein Gammelhai fast so gut ist wie der seines Großvaters. Das Zusammenleben von Großvater und Enkel ist geprägt von Liebe und Respekt. Großartig finde ich zum Beispiel die Erklärung des Großvaters zu den Quotenspekulationen.

Als Kalmann eines Tages eine Blutache im Schnee entdeckt, lebt sein Großvater bereits in einem Heim. So muss er allein entscheiden, wie er mit seiner Entdeckung umgeht. Ihn dabei zu begleiten, an seinen Gedanken teilhaben zu können und festzustellen, dass er sein Herz am rechten Fleck hat, war für mich pure Leselust.
In der Buchbeschreibung heißt es: „…in Kalmanns Kopf laufen die Räder manchmal rückwärts.“ Das ist eine wunderschöne Umschreibung und ich glaube, gerade das ist es, was mich an Kalmann so fasziniert. Dabei ist er auf keinen Fall so trottelig, wie er manchmal scheint oder wie er von einigen Leuten dargestellt wird. Er kann sogar recht pfiffig sein und ist überzeugt davon: „Kein Grund zur Sorge.“ Gerade wegen seiner fast kindlichen Naivität und seiner Ehrlichkeit hat es nicht lange gedauert, bis ich Kalmann richtig liebgewonnen hatte.
Ich bin begeistert von dem einzigartigen Schreibstil des Autors, von der Beschreibung der Landschaft und der Menschen, der Darstellung der Charaktere, von denen mir Noi, der einzige Freund Kalmanns, und Magga, die Kalmann jeden Samstag mit ihrem Auto und einem rasanten Fahrstil zu seinem Großvater gefahren hat, am besten gefallen haben. Toll war das Gespräch mit Joachim B. Schmidt am Ende des Buches, denn dadurch gab es noch interessante Informationen.
Der Autor muss Land und Leute lieben, ansonsten wäre es wohl kaum möglich gewesen, so viel Herzenswärme in diese Geschichte zu legen. Sehr empfehlenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.09.2020

Kleines Buch mit großem Inhalt

Deine Seele will blühen
0

„Deine Seele will blühen“ – Das ist nicht nur der Titel des kleinen Büchleins von Dania König, sondern die Autorin zeigt mit ihren kurzen Geschichten und poetischen Gedanken, dass es tatsächlich gelingen ...

„Deine Seele will blühen“ – Das ist nicht nur der Titel des kleinen Büchleins von Dania König, sondern die Autorin zeigt mit ihren kurzen Geschichten und poetischen Gedanken, dass es tatsächlich gelingen kann.
Dass es sich bei dem Buch um einen kleinen Schatz handelt, habe ich bereits beim ersten Durchblättern gespürt. Auf dem Cover sind der Titel und die Unterzeile „Im Alltag Wundern begegnen“ eingebettet in einen Rahmen aus exotischen Blüten und grünen Zweigen, die mit der Hintergrundfarbe wunderbar harmonieren. Genau diese Hintergrundfarbe ist es auch, die für die Texte und die liebevoll gezeichneten Bilder verwendet wird. Das ist ungewöhnlich, aber ein echter Hingucker.
In ihrem Willkommensgruß stellt sich Dania König vor, dass Menschen wie Gärten sein könnten. Bereits bei diesem Vergleich hat mich der bildhafte Schreibstil gepackt und ich konnte mich hineinsinken lassen in die wunderschönen Gedanken und Beschreibungen. Nach dem Willkommen sind es die Jahres-, aber auch die Tageszeiten, die mit wachsenden Wundern – nicht nur zu Hause, sondern auch unterwegs – aufwarten und mich zum Staunen über „Gott und die Welt“ bringen. Die Begegnungen mit Gott und die zitierten Bibelstellen sind geeignet, immer wieder Wundern im Alltag zu begegnen. Es ist nur wichtig, Augen und Ohren offen zu halten.
Was mich total fasziniert ist die Tatsache, dass ich einfach in das Buch hineingreifen kann und immer etwas Schönes entdecke – jetzt gerade zum Beispiel dies: „Dafür hat Gott mich! Dafür, eine Vision von dieser Welt zu haben, wie sie besser sein könnte, und dann daran zu arbeiten, dass sie wahr wird.“
Mich hat das kleine Buch mit großem Inhalt total begeistert und verzaubert, und ich weiß schon jetzt, dass es zu den Büchern gehört, die mich noch lange begleiten werden. Darum wird es bei mir einen Platz finden in meinem "Immer-wieder-reinschauen-Regal".

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere