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Veröffentlicht am 26.12.2020

Zu viele Themen für einen Krimi

Eine unbeliebte Frau (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 1)
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Nele Neuhaus ist bei deutschen Krimi-Fans beliebt und da ich noch nichts von ihr kannte, habe ich mich an den ersten Fall für Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein gewagt - “Eine unbeliebte Frau”. Kurz: ...

Nele Neuhaus ist bei deutschen Krimi-Fans beliebt und da ich noch nichts von ihr kannte, habe ich mich an den ersten Fall für Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein gewagt - “Eine unbeliebte Frau”. Kurz: mir hat das gar nicht gefallen. Abgesehen davon, dass Neuhaus in diesem Buch generell lange Sätze verwendet, die nur erzählen, anstatt “zu zeigen” (Stichwort: show, dont’t tell), gab es leider viele Stellen, die ziemlich problematisch sind. ⚠️ [TW: Body Shaming, Fatphobia, Folter, häusliche Gewalt, Menschenhandel, Mord, Suizid, Verharmlosung psychischer Krankheiten]

Klappentext: Eine Ladung Schrot aus dem eigenen Jagdgewehr beschert dem Frankfurter Oberstaatsanwalt ein schnelles, wenn auch sehr hässliches Ende. Die schöne junge Frau, die tot am Fuß eines Aussichtsturms im Taunus liegt, ist viel zu unversehrt, um an den Folgen eines Sturzes gestorben zu sein. Kriminalhauptkommissar Oliver von Bodenstein und seine neue Kollegin Pia Kirchhoff sind sich einig: Der erste Todesfall war ein Selbstmord, der zweite jedoch ein Mord. Bald häufen sich sowohl die Motive als auch die Verdächtigen. Doch was hat den Staatsanwalt in den Tod getrieben?

Dass sich die Verdächtigen häufen, ist keine Untertreibung. Ich hatte teilweise Probleme zu folgen welche Person nun wer ist, weil es für mich schlichtweg zu viele waren. Auf mich wirkte es so, als hätte Neuhaus zu vieles in einem Krimi unterbringen wollen. Durch die vielen unterschiedlichen Themen wurde es sehr schnell unübersichtlich. Menschenhandel, Eifersucht, Betrug in Beziehungen und bei Aktien. So viele Verzweigungen, dass die Spannung dann verloren ging und ich auch gar keine Lust mehr zum Lesen hatte.

Nun zu all den kleineren Dingen, die mich gestört haben: Neuhaus benutzt anstatt Suizid sehr häufig “Freitod” und wenn sie nur ganz kurz diesen Begriff ein Goggle eingegeben hätte, wüsste sie, wie schrecklich dieses Wort ist. Ich hasse dieses Wort. Suizidpraevention.de schreibt: “Ein Suizid ist meist der Endpunkt einer psychischen Krise und großer innerer Not. Dieser psychische Zustand legt kaum die Möglichkeit einer ‘freien Entscheidung’ nahe.” Der Begriff impliziert allerdings, dass es ein gewähltes Verhalten ist und beschönigt den Sachverhalt.

Es ist unglaublich, wie sehr das Aussehen der Menschen in diesem Buch verurteilt wird. Ich versteh nicht, wozu die abfälligen Bemerkungen von Bodenstein und Pia über das Aussehen von Frau Jagoda geschrieben wurden. "Walküre" und "grotesk" haben die beiden sie genannt, aber ich habe schon nach "fett" und den Beleidigungen von Herr Jagoda "Fette Henne" und Isabel "Walross" verstanden, dass sie fett ist und wohl absolut widerwärtig. Frau Jagoda spricht offen aus, "Ich bin zwar fett, aber ich bin trotzdem eine Frau. ... Es ist demütigend, aber ich weiß, dass Leute wie Sie über mich lachen und es als pervers empfinden, wenn eine Dicke wie ich sexuelles Verlangen verspürt." Pia fühlt sich dabei nicht ertappt oder so? Nicht peinlich, dass sie die Frau selbst als grotesk bezeichnet hat und mit einem Walross verglich? Eine andere Frau wird unentwegt als “mopsgesichtig” und "stämmig" beschrieben und macht eine erstaunlich graziöse Bewegung, weil so eine Frau sich natürlich wie ein Elefant bewegt. Dann wird allen Frauen unterstellt, dass sie Frauen Isabell aufgrund ihrer Schönheit nicht leiden können. Dass es eventuell an ihrem Charakter liegen könnte, ist wohl zu abwegig. Das Gesicht einer Frau wurde auch als "reizloses Gesicht" beschrieben und ich weiß nicht, was man sich darunter vorstellen soll.

Nun zu den Männern, so wurde Hans Peter Jagoda beschrieben: “harmlos, beinahe weibisch", weil er schmaler gebaut ist! Was bin ich da wütend geworden. Weibisch! Döring hätte eine gespaltene Persönlichkeit, weil er aggressiv wird, nachdem er Alkohol getrunken hat. Er hat aber keine dissoziative Identitätsstörung und so leichtfertig sollte man nicht mit Vergleichen von psychischen Krankheiten umgehen. Dann hatte ich mir auch “maskuline Anmut” notiert, aber nicht mehr auf was es bezogen war. Aber dennoch… was ist “maskuline Anmut”?

Außerdem gab es so viele Handlungen von Bodenstein, die ich einfach nicht nachvollziehen konnte. Ich meine, ist es normal als Polizist eine Zivilistin einfach so mit zum Tatort zu nehmen und überhaupt diese Info weiterzugeben? Sowieso finde ich Bodenstein sehr arrogant und unsympathisch. Er lernt Thordis, eine junge Frau kennen, und vermutet, dass sie ihn so unglaublich attraktiv findet und als sie das anspricht, ist er peinlich berührt und Angriff ist die beste Verteidigung, ne. Er äfft den Tonfall von Thordis nach und nennt sie “zickiges kleines Mädchen” und behandet sie infantil. Gut, dass sie Konter gibt. Bodenstein fragt sich, wieso er plötzlich empfänglich für fremde weibliche Reize ist und sucht die Schuld bei der Abwesenheit seiner Frau oder bei der Wiederbegegnung mit Inka. Wieso nicht bei sich selbst? Dann ist er kurz davor sich mit Inka einzulassen, denn “Bodenstein will nicht mehr vernünftig sein”... OK, aber dann sollte er vielleicht erstmal mit seiner Frau darüber sprechen. Später erzählt er seiner Frau Cosima bei einem Anruf, dass er nicht mehr viel länger treu sein kann, wenn sie nicht bald nach Hause kommt. So wie Bodenstein das aber erzählt halt, klingt es eher so als würde er einen Witz über Ehebruch machen... Wenn Cosima wüsste wie nah dran er gewesen ist sie zu betrügen. Dann noch etwas, was nichts mit all dem zu tun hat, aber mich hat es sehr verwundert, dass er wusste, wo ein bestimmte Bibelvers in der Bibel steht.

Am Ende weitere Fragen an das Buch, weil ich so vieles nicht nachvollziehen kann: Die Polizei observiert Haus, aber bekommt nicht mit, wie da etwas über den Rasen geschleppt wird? Wieso wird die Polizei so inkompetent dargestellt? Wieso bleiben Menschen in Beziehungen, wenn sie ihre Partner*in nicht ausstehen können? Was für eine faule Zusammenfassung von Dingen war das auf S. 438? Wie kann das Kind kein Trauma haben? Wie kann Bodenstein über Selbstjustiz hinwegsehen? Was zum Teufel vermittelt das der Leserschaft.

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Veröffentlicht am 07.12.2020

Miserable Darstellung von Sexualität und psychischen Krankheiten

ONE OF US IS LYING
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“One Of Us Is Lying” von Karen M. McManus hat generell sehr gute Bewertungen. Tja, ich ziehe die wohl mit meiner ziemlich herunter. Die Darstellung von psychischen Krankheiten und Sexualität ist schrecklich ...

“One Of Us Is Lying” von Karen M. McManus hat generell sehr gute Bewertungen. Tja, ich ziehe die wohl mit meiner ziemlich herunter. Die Darstellung von psychischen Krankheiten und Sexualität ist schrecklich in diesem Buch und sie werden als Plot Device verwendet, was widerwärtig ist. [TW: Alkoholmissbrauch, bipolare Störung, Depression, erzwungenes Coming Out, Homophobie, Slut Shaming, Suizid, Suizidversuch, toxische Beziehung]

Die vier Protagonistinnen verkörpern die typischen High School Klischees und das Buch macht auch keinen Hehl daraus. Bronwyn: das Superhirn auf dem Weg nach Yale. Addy: die perfekte Homecoming-Queen. Nate: der Bad Boy. Cooper: der Baseball-Star. Dann gibt es noch Simon, der eine App programmiert hat, auf der er Gerüchte postet, die sich im Nachhinein immer als wahr herausgestellt haben. Sie waren zu fünft beim Nachsitzen, als Simon plötzlich zusammenbricht und kurz darauf im Krankenhaus stirbt, woraufhin die Polizei wegen Mordes ermittelt. Denn Simon wollte am Folgetag einen Post veröffentlichen, der die Geheimnisse von Bronwyn, Addy, Nate und Cooper preisgibt.

Aber zunächst einmal das Positive: Es hat mich gefreut ein bisschen Diversität zu lesen. Bronwyn und Keely sind biracial, Yumikos Name impliziert einen japanischen Hintergrund, generell haben einige Nebencharaktere Namen, die einen asiatischen Hintergrund vermuten lassen oder sie werden mit einem dunklen Hautton beschrieben. Es wird früh klar, dass Addy in einer toxischen Beziehung ist und ich fand sie gut dargestellt und freute mich sehr über Addys Charakterentwicklung. Die gesamte Geschichte empfinde ich als schlüssige und auch der einfache Schreibstil trägt dazu bei, dass das Buch ziemlich schnell gelesen ist.
Nach etwa einem Drittel des Buches habe ich mir schon gedacht, wie es aufgelöst wird, aber das finde ich nicht schlimm, weil ich die Hintergründe immer am spannendsten finde. Ich habe früher auch immer zuerst das erste Kapitel gelesen und dann das letzte.

Nun zu dem Negativen, wobei es immer schlimmer wird, je mehr ich schreibe. Das Buch wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, aber es ist immer der gleiche Erzählstil, sodass man überhaupt keinen Unterschied merken würde, wenn davor nicht der Name stehen würde. In einer Szene liest Bronwyn nebenbei “Ulysses” von James Joyce, während sie etwas auf Netflix schaut. Hat sich die Autorin das Buch mal angesehen? Das kann man nicht einfach nebenbei lesen! Ich muss es wissen, denn ich war so eine Streberin, die mit einem Freund und unserer Literatur-Lehrerin einen Lesekreis gründen wollten, um dieses Buch zu lesen, weil es so anspruchsvoll ist. (Hat nur leider aus Zeitgründen nicht geklappt, und ok das ist eine sehr unwichtige Kritik, aber trotzdem hat mich das gestört)

Alle Protagonist
innen sind schön, haben makellose Haut bzw. sind muskulös, nur das depressive Mädchen hat schlechte Haut… Außerdem waren alle Eltern irgendwie schrecklich? Lediglich Coopers Oma war cool! Als hätten alle eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung.

Und nun zu den wirklich schlimmen Sachen: Das ganze Buch über findet Slut Shaming statt und bei einer Szene hätte ich das fast übersehen, weil es sich gerechtfertigt anfühlte. Ein Mädchen macht sich über die Homosexualität eines Charakters lustig und daraufhin wird ihre sexuelle Aktivität angeprangert und wie sie sich jedem an den Hals schmeißt. Hinzu kommt auch noch die Doppelmoral zwischen Jungen und Mädchen. Ein Mädchen wird gemobbt, als herauskam, dass sie einen ONS hatte, obwohl sie in einer Beziehung ist. Ein Junge, der eine monatelange Affäre hatte und diesbezüglich auch keine Reue zeigt…

Darüber wird einfach hinweggesehen? Einige werden es wahrscheinlich als Spoiler sehen, aber eine sexuelle Orientierung ist kein Spoiler, deshalb: Natürlich musste die einzig queere Person eine Affäre haben. Urgh. Homosexualität wird als Plottwist verwendet und dann gibt es noch ein erzwungenes Coming Out.

Kommen wir zu den psychischen Krankheiten und wie schlecht sie repräsentiert werden. Depression wird als böse dargestellt und bipolare Störung bedeutet anscheinend, dass man eine miserable Mutter ist und sein Kind im Stich lässt. Es herrscht bereits genug Stigmatisierung und solche Darstellungen tragen dazu bei, dass solche Stigmata und Vorurteile aufrechterhalten werden. Dann wird ein Suizidversuch einfach so nebenbei erwähnt und es wird überhaupt nicht darauf eingegangen, wie die Person dann damit umging. Was mich aber am meisten störte und auch das wird für viele ein Spoiler sein: Suizid sollte nicht als Plot Device verwendet werden. Suizid als Racheakt sollte nicht dargestellt werden. Dadurch wird Suizid nicht nur auf makabre Art und Weise glorifiziert, was schlichtweg nicht richtig ist, es vermittelt auch wieder einmal, dass Menschen mit psychischen Krankheiten gefährlich für die Gesellschaft sind. Suizid ist ein ernst zu nehmendes Thema und wenn man schon nichts tut, um dem Stigmata entgegenzuwirken, sollte man diese zumindest nicht auch noch festigen.

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Oberflächliches Buch, das keine neuen Erkenntnisse liefert

Das Café am Rande der Welt
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John Strelecky erzählt in seinem Buch “Das Café am Rande der Welt” wie er vorhatte seinem Alltag zu entfliehen und dabei unerwarteterweise eine Reise zum eigenen Selbst antrat. In einem Café mitten im ...

John Strelecky erzählt in seinem Buch “Das Café am Rande der Welt” wie er vorhatte seinem Alltag zu entfliehen und dabei unerwarteterweise eine Reise zum eigenen Selbst antrat. In einem Café mitten im Nirgendwo konfrontiert ihn die Speisekarte mit drei Fragen: Warum bist du hier? Hast du Angst vor dem Tod? Führst du ein erfülltes Leben? Das Buch ist durchgehend mit vierfarbigen Illustrationen von Root Leeb versehen, die mir persönlich nicht zusagen.

In einer surrealen Atmosphäre erleben wir mit, wie John versucht diese Fragen für sich zu beantworten. Dabei sollen auch die Leser*innen dazu animiert werden diese Fragen auch sich selbst zu stellen und nach dem “Zweck der Existenz” zu suchen. Allerdings hatte ich das Gefühl, als würde ich viele alte Lebensweisheiten wieder lesen. Außerdem bin ich der Meinung, dass sich Strelecky das ganze zu einfach macht.

[S P O I L E R, aber es ist ja eh nicht gut, also lest ruhig weiter] Laut der Erzählung, sollte man das tun, was einen erfüllt, denn man ist so begeistert und so voller Leidenschaft, sodass man sich total gerne das ganze Wissen aneignet und alle anderen dazu bewegt einem helfen zu wollen. Sorry but I call bullshit. Ich meine, in einer Utopie funktioniert das vielleicht, aber in der Realität, in der wir momentan leben, haben die meisten gewisse Verantwortungen und können sich so etwas schlichtweg nicht leisten. Wenn jemand nun mal Geld verdienen muss, um sich um seine/ihre Familie zu kümmern, wann soll die Person denn bitteschön sich die Zeit nehmen und alles zu lesen, zu lernen und zu üben?

Was mich auch gestört hat, ist die Tatsache, dass Heinrich Bölls “Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral” erzählt wird, ohne dass er namentlich erwähnt wird. Auf mich wirkte es so, als hätte Strelecky versucht diese Anekdote als sein geistiges Eigentum zu verkaufen. Außerdem, wer sagt denn, dass wir den Zweck “finden müssen”? Wir können dem doch auch selbstbestimmt einen Zweck “verleihen”!

Einige sprachliche Bilder haben mir ganz gut gefallen, aber letztendlich war der Ton zu predigend und sehr gestelzt. Hinzu kommt, dass für mich keine neue Erkenntnis mit dabei war und es wundert mich tatsächlich, dass John erst mit über 30 über den Sinn des Lebens nachdenkt. Habt ihr auch schon in eurer Jugend über den Sinn des Lebens nachgedacht oder habe ich einfach zu früh mit dem philosophieren angefangen?

Eventuell hatte ich zu hohe Erwartungen an diesen Bestseller, einige Denkanstöße sind gut gemeint, aber das war’s auch schon.

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Veröffentlicht am 14.09.2020

Gute Idee, die Umsetzung hingegen überhaupt nicht

Realmord
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“Tödliche Regie” ist das Erstlingswerk von Ralph F. Wild und die neu überarbeitete Ausgabe des bereits 2015 bei Digital Publishers erschienen Titels Realmord. Obwohl die Idee wirklich gut ist, war es die ...

“Tödliche Regie” ist das Erstlingswerk von Ralph F. Wild und die neu überarbeitete Ausgabe des bereits 2015 bei Digital Publishers erschienen Titels Realmord. Obwohl die Idee wirklich gut ist, war es die Umsetzung leider überhaupt nicht. Ich hätte nicht nur den Klappentext, sondern auch die Leseprobe lesen sollen, dann hätte ich von vornherein gewusst, dass dieses Buch mir nicht zusagt.

In diesem Thriller wird der deutsche Unternehmer und Topmanager Frank Mellendorf ungewollt der Hauptdarsteller im neuen Film seines Freundes Michael Mc Lorey. Um als Legende in die Filmgeschichte einzugehen, hat der Regisseur vor einen Film zu drehen, in dem ein echter Mord begangen wird. Dabei soll kein Geringerer als Mellendorf selbst der Mörder sein.
Ehrlich gesagt, gibt es sehr viel zu kritisieren und nicht wirklich etwas zu loben. Bereits am Anfang des Buches fand ich es schrecklich, dass die Frauen ständig mit "langbeinig" und als "Schönheiten" beschrieben wurden. Etwas Abwechslung hätte da nicht geschadet. Und diese Fixierung auf die Füße der Sekretärin.... Aber nun gut, kann ja auch ein Fetisch von Mellendorf sein. Den empfinde ich übrigens als viel zu naiv, insbesondere da er doch ein erfolgreicher Geschäftsmann ist!

Das Buch habe ich am Kindle gelesen und evtl. lag es da an der Formatierung, aber in den Kapiteln gab es häufig inhaltliche Sprünge oder plötzliche Ortswechsel, die mich sehr verwirrt haben. Da hätte ich mir einen Absatz mehr gewünscht oder eine Art von Kennzeichnung, damit man sofort Bescheid wusste, dass man jetzt woanders ist.

Generell ist das ganze Buch zu hektisch und zu unlogisch gestalten. Konstant war ich am Kopfschütteln und “urgh”-Laute von mir geben, weil es immer abstruser wurde.
Außerdem fangen so viele Sätze mit Pronomen, den Namen der Charaktere oder "der Deutsche/Amerikaner/Ungar" an. Das fand ich wirklich schrecklich! Für mich war es regelrecht eine Qual weiterzulesen und ich hätte das Buch längst abgebrochen, wenn es kein Rezensionsexemplar gewesen wäre. Es fehlt an jeglicher Spannung, die Frauen werden nur sexualisiert und der Schreibstil ist für mich schlichtweg nicht ansprechend.

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Veröffentlicht am 11.09.2020

Gute Hauptthematik, aber sexuelle Belästigung wird heruntergespielt

Der Club der toten Dichter
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Ich hätte wissen müssen, dass das Buch nicht gut ist, wenn ein Schauspielername um ein vielfaches größer gedruckt ist als der Name der Autorin. Ich bin so unfassbar wütend, dass mein Bruder ausgerechnet ...

Ich hätte wissen müssen, dass das Buch nicht gut ist, wenn ein Schauspielername um ein vielfaches größer gedruckt ist als der Name der Autorin. Ich bin so unfassbar wütend, dass mein Bruder ausgerechnet das hier in der Schule lesen musste, wenn es doch so viele andere gute Alternativen gibt. Aber alles der Reihe nach. Und kleine Warnung, je länger ihr das lest, desto… unsachlicher werde ich. Konnte einfach nicht anders.

“Der Club der toten Dichter” erschien zuerst als Film und Nancy H. Kleinmann nutzte das Drehbuch, um daraus einen Roman zu machen. Den Film habe ich nicht gesehen, dementsprechend weiß ich nicht, was es da für Unterschiede gibt.

Vier Jungs besuchen das reine Jungsinternat Welton, wo die Leitideen “Tradition, Ehre, Disziplin, Leistung” lauten und die Schüler das auch zu spüren bekommen. Alle vier stehen unter dem großen Druck der Eltern und der Schule. Insbesondere Todd Anderson, der im Schatten seines älteren Bruders steht. Welton hat John Keating, der selbst ein Absolvent des Weltons war, als neuen Englischlehrer eingestellt. Die Schüler finden heraus, dass Keating dem “Club der toten Dichter” angehörte und lassen diesen wiederaufleben - ein Geheimbund, in dem sie frei von Zwängen und Erwartungen ihren Gefühlen freien Lauf lassen können. Keating ermutigt seine Schüler jeden einzelnen Tag ihres Lebens zu nutzen, ganz nach dem Motto “Carpe Diem!” Dies führt allerdings zu Auseinandersetzungen mit der Schulleitung, da die vier Protagonisten anfangen ihren strikten Gehorsam infrage zu stellen.

Nachdem ihr bis hierhin gelesen habt, denkt ihr wahrscheinlich, “So schlimm klingt das doch gar nicht! Was hat die denn?” Das zentrale Thema des Buchs finde ich ja auch gut! Denn es handelt von dem Konflikt zwischen der konservativen Schulleitung und den nach Selbstentfaltung strebenden Jungs. Allerdings war ich einfach nur noch genervt, als die ersten weiblichen Charaktere zu den Jungs stießen. Alter Falter, die waren nur am Kichern und sind wortwörtlich dem einen Jungen um den Hals gefallen, weil er ein Gedicht rezitiert hat… Und die Mädchen waren wohl um die 20 (man weiß es nicht) und die Jungs 16? Aber darüber hätte ich ja noch hinwegsehen können (auch wenn das pädophile Züge hat, aber die Autorin hat das genaue Alter der Mädchen/Frauen nicht preisgegeben). Außerdem fand ich die Vorstellungen der Jungs nicht gelungen, ich musste bei einer Charakterisierung nachzählen wie viele es denn nun waren, weil ich mir nicht alle sechs Jungs merken konnte. Über zwei von ihnen erfährt man fast nichts; Meeks ist ein Genie und Richard... keine Ahnung, der ist halt da.

[T R I G G E R W A R N U N G: Sexuelle Belästigung]

Das Schlimmste war, dass einer der Jungs, Knox Overstreet, ein Mädchen während einer Party sexuell belästigte. Sie hat mit ihrem Freund im Dunkeln herumgemacht und dachte die Hände, die sie berührten, wären die ihres Freundes. Knox war sich dessen bewusst und hat das voll ausgenutzt. Er wurde erwischt und der Freund hat Knox eine heruntergehauen. (Gut so!) Er entschuldigt sich und sagt dem Mädchen wie sehr er sie doch liebt (und das, nachdem er sie nur einmal gesehen hat...) Entschuldigt meine Wortwahl, aber was soll denn der Scheiß? Die Autorin schreibt die Szene nämlich so, sodass man mit Knox Mitleid haben sollte, denn er ist doch ach so schwer verliebt und kann sich einfach nicht kontrollieren. Irgendwann sucht er sie auch noch bei ihrer Schule auf und stürmt in ihren Unterricht, um (Achtung: Sarkasmus) ganz romantisch ein Gedicht vorzutragen, das er ihr geschrieben hat. Sie schämt sich zu Grund und Boden und stellt ihn später zur Rede und versucht ihm klar zu machen, dass er das alles lassen soll und dass sie verdammt nochmal einen Freund hat! Man könnte nun meinen, dass Knox das kapiert hat, aber NEIN! Genau dieses kleine Wort will unser Knox einfach nicht akzeptieren. Und wisst ihr was? Gleich kocht euer Blut, denn natürlich! Natürlich lässt sich das Mädchen breitschlagen, denn er verspricht ihr, dass er sie nach dem einen Date nie wieder belästigen wird, was sie ja noch nicht einmal selbst glaubt! Holla, die Waldfee, was für eine Message wird denn da vermittelt?! Bedrängt das Mädchen einfach so lange bis es “ja” sagt. Toll! Und das wird in Schulen gelesen! Und der größte Ich-kann-es-echt-nicht-fassen-aber-natürlich-musste-das-auch-noch-kommen-Moment war, dass sich das Mädchen selbstverständlich auch in Knox verliebt! Hallo?! Die betrügt ihren Freund und auch das wird mit keinem weiteren Wort erwähnt. Ich könnte kotzen. Widerwärtig finde ich so etwas. Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn es solche Szenen gibt, aber dann soll der/die Autorin uns Leserinnen gefälligst nicht das Gefühl vermitteln, dass wir mit dem Täter Mitleid haben sollen. Knox wurde ja noch nicht einmal wie Joe aus der Netflix-Serie “You” als Psychopath dargestellt. Den einen Stern kriegt das Buch für die Hauptthematik, aber diese Knox-Szenen (hat man’s gemerkt?) hat das alles für mich kaputt gemacht.

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